Bisphenol-A: Umweltbombe in Windkraftanlagen

Windkraftanlagen werden von der deutschen Politik als umwelt- und klimafreundlich eingeordnet und sollen daher weiter ausgebaut werden. Doch viele Aspekte der Umweltbilanz von Windkraftanlagen bleiben bislang weitgehend unbeachtet, einer davon ist Bisphenol-A (BPA) – eine Chemikalie, die lange Zeit als harmlos galt und in zahlreichen Alltagsprodukten wie Babyflaschen, Konservendosen, Thermopapier und Trinkflaschen verwendet wurde.

Inzwischen hat sich das Bild gewandelt. Neue toxikologische Erkenntnisse führten 2023 zu einer drastischen Neubewertung durch die Europäische Lebensmittelbehörde EFSA: Der Grenzwert für die tägliche Aufnahme von BPA wurde um den Faktor 20.000 gesenkt – von 4 µg/kg auf nur noch 0,2 ng/kg Körpergewicht.

Der Grund: Studien zeigen, dass BPA bereits in geringsten Mengen das Immunsystem beeinflusst – insbesondere durch eine Erhöhung von Th17-Zellen, die mit Autoimmunreaktionen und chronischen Entzündungen in Verbindung stehen. Darüber hinaus gilt BPA als fruchtbarkeitsschädlich, möglicherweise krebserzeugend und als endokriner Disruptor, der hormonelle Prozesse stören kann.

Rotorabrieb: Der unterschätzte Chemikalienweg

Moderne Windkraftanlagen bestehen aus glasfaserverstärkten Verbundstoffen, die mit Epoxidharzen stabilisiert werden – häufig unter Verwendung von Bisphenol A (BPA). Besonders anfällig für Materialverschleiß ist die Vorderkante der Rotorblätter, die mit bis zu 300 km/h Wind, Regen, UV-Strahlung und Sand ausgesetzt ist.

Dabei entstehen Partikel, die als potenzielle Träger von BPA gelten. Die Einschätzungen zur Freisetzung sind bislang uneinheitlich: Eine niederländische Studie des Büros RoyalHaskoningDHV (2023) beziffert die BPA-Freisetzung mit 0,2–2 g pro Windrad und Jahr und stuft diese Menge als „nicht signifikant“ ein. Doch angesichts der drastischen Grenzwertsenkung durch die EFSA erscheint diese Bewertung nicht mehr haltbar. Selbst geringe Mengen können toxikologisch relevant sein – insbesondere bei kumulativer Belastung über Luft, Wasser und Boden. Es kommt hinzu, dass durch den fortgesetzten Ausbau der Windkraft in einigen deutschen Regionen bereits eine hohe Dichte von Windkraftanlagen in unmittelbarer Nähe zu Siedlungen realisiert wurde, was das Risiko weiter verstärkt.

Problematisch ist insbesondere, dass die Freisetzungsrate stark von der Partikelgröße abhängt: Je feiner die Partikel, desto größer ihre chemisch aktive Oberfläche – und desto intensiver die Auswaschung unter UV-Strahlung, Salz und mechanischer Fragmentierung. Eine Untersuchung der Organisation Windwiki.nl (2024) spricht von einer bis zu 4096-fachen Erhöhung der Freisetzungsrate durch Mikrofragmentierung.

Werkstofftechnische Analysen und empirische Studien bestätigen: Umweltfaktoren wie UV-Strahlung, Feuchtigkeit und salzhaltige Luft verstärken die Freisetzung von BPA aus Epoxidharzen deutlich – ein Effekt, der bei Rotorblättern besonders relevant ist, da diese unter intensiver Witterungseinwirkung stehen und BPA-haltige Materialien enthalten.

Die Relevanz dieser Erkenntnisse wird durch weitere Untersuchungen zur Umweltwirkung von Rotorabrieb unterstrichen:

  • Wind Concerns (2024) beschreibt Rotorabrieb als „Toxic Blade Time Bomb“ und warnt vor BPA-haltigem Mikroplastik, das durch Erosionsprozesse freigesetzt wird. Die Partikel gelangen über Luft, Boden und Wasser in die Nahrungskette und stellen ein erhebliches ökologisches und toxikologisches Risiko dar.
  • Green Warriors of Norway / NMF dokumentierten endokrine und mutagene Effekte von BPA bei Fischen und warnen vor einer verlängerten Umweltpersistenz unter arktischen Bedingungen, wo niedrige Temperaturen den Abbauprozess deutlich verlangsamen.

Die stille Gefahr im Wind

Die Erkenntnisse zur BPA-Freisetzung aus Rotorabrieb sind längst keine theoretischen Annahmen mehr – sie sind durch werkstofftechnische Analysen und Umweltstudien klar belegt. In Verbindung mit den drastisch verschärften Grenzwerten der Europäischen Lebensmittelbehörde EFSA ergibt sich ein toxikologisch relevantes Risiko, das bislang kaum Eingang in die Umweltbewertung von Windkraftanlagen gefunden hat.

BPA kann bereits in Spuren hormonelle Prozesse stören und das Immunsystem beeinflussen. Selbst geringe Emissionen sind daher bedeutsam – insbesondere bei kumulativer Belastung in dicht besiedelten oder ökologisch sensiblen Regionen. Die dokumentierte Mikrofragmentierung und die damit verbundene Vervielfachung der Freisetzungsrate verschärfen das Problem zusätzlich.

Die Partikel gelangen über Luft, Wasser und Boden in die Nahrungskette und entfalten dort Wirkungen auf das Hormonsystem und das Erbgut. Die Umweltpersistenz dieser Stoffe wird zum kumulativen Problem: Was heute freigesetzt wird, bleibt morgen noch wirksam.

Die Summe dieser Befunde lässt keinen Zweifel: Die Risiken sind real – und sie verdienen Aufmerksamkeit.

Grüne Energie mit toxischen Nebenwirkungen

Der fortgesetzte Ausbau der Windkraft wirft drängende Fragen zur Nachhaltigkeit auf. Es braucht eine kritische Auseinandersetzung mit den Materialien, Nebenwirkungen und Langzeitfolgen technischer Lösungen. Die Freisetzung von BPA aus Rotorabrieb zeigt exemplarisch, wie ein vermeintlich grünes System unsichtbare Risiken bergen kann.

Transparenz über Inhaltsstoffe, Emissionsverhalten und Umweltwirkungen muss zum Standard werden – nicht nur in der Forschung, sondern auch in Genehmigungsverfahren, Umweltverträglichkeitsprüfungen und politischen Debatten. 

Nur wenn Risiken benannt und verstanden werden, kann Energiepolitik ökologisch und gesundheitlich verantwortungsvoll gestaltet werden.

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