Der Fall Löffler und der Niedergang der CDU

Diesen Text gibt es auch als Episode im Wurlitzer, dem Podcast des Sandwirts: Hier.

Die Zeiten, in denen man kluge und kritische Abgeordnete in den eigenen Reihen hatte, gehen bei der CDU zu Ende. Das zeigt die Nominierung der Landtagskandidaten im „Ländle“ Baden-Württemberg, einstmals Unions-Hochburg mit einer langen Tradition von CDU-Ministerpräsidenten. Von 1953 bis 2011 führten Männer wie Gebhard Müller, Kurt Georg Kiesinger, Hans Filbinger, Lothar Späth, Erwin Teufel, Günther Oettinger und Stefan Mappus, unbeschadet teilweiser persönlicher historischer Belastungen, das Land.

Die „guten alten Zeiten“ sind mit der Regierungsübernahme durch Winfried Kretschmanns Grüne vorbei, auch wenn die CDU seit 2016 als „Juniorpartner“ mitregieren darf. Von „Unionshandschrift“ merken die Menschen im Land schon länger nichts mehr.

Ausgebootet

Im März 2026 finden die nächsten Landtagswahlen statt und die Union hat ihre Kandidatenlisten aufgestellt. Da möchte man doch meinen, dass die bereits erfolgreichen Kandidaten, die so genannten „besten Pferde im Stall”, wieder ins Rennen geschickt werden?

So gelang es dem Rechtsanwalt Dr. Reinhard Löffler in der Grünen-Hochburg Stuttgart den Wahlkreis Stuttgart III von 2006 bis 2016 und wieder 2021 für die CDU zu gewinnen. Über Reinhard Löffler sagt man, dass er nicht nur ein engagierter und exzellenter Strafverteidiger ist, sondern auch ein kritischer Geist und rhetorisch begnadeter Redner.

Reinhard Löffler nimmt es ernst mit den Dingen, die er anpackt. So fiel er im Landtag mit kritischen Fragen an die Regierungsvertreter aus dem „eigenen Lager“ auf. Und er verteidigte Michael Ballweg in dem Strafprozess, der nach neun Monaten Untersuchungshaft des angeklagten Corona-Massnahmenkritikers mit einer Minimalstrafe für 19,53 Euro falsch verbuchter Umsatzsteuer ausging.

Weil Rechtsanwalt Dr. Reinhard Löffler seinen Beruf als Rechtsanwalt ausübt, wird er nun von der ach so christlichen und überaus demokratischen Union an einer erneuten Kandidatur für den Landtag, durch eine besondere Form der Mehrheitsbeschaffung gehindert: Löffler selbst berichtete im Gespräch mit Apollo News, dass unmittelbar vor der Nominierungsversammlung 69 neue Mitglieder in seinen Kreisverband aufgenommen wurden und seine bisherigen Wähler abtelefoniert worden seien, ihn nicht mehr zu wählen.

Dass die parteiinterne „Abstrafung“ des Rechtsanwalts Reinhard Löffler auch im Interesse von Landesinnenminister Thomas Strobl sei, wird gemunkelt. Parteiinterne Kritiker stören das so sehr gepflegte Bild der Geschlossenheit nach außen. Ob die Wählerinnen und Wähler „Geschlossenheit“ überhaupt noch als eine Parteitugend empfinden, das interessiert diese Riege von Parteifunktionären nicht.

Niemand aus dem Kreisverband möge ihn mehr, weil er einen Corona-Leugner verteidigt, und sie hätten jetzt beschlossen, dass er sein Nachfolger werde, soll sein Gegenkandidat Shajeevan Thavakkumar zu Löffler sinngemäß gesagt haben.

Rechtsstaat in Sonntagsreden

Thavakkumar ist aktuell noch Büroleiter des Bundestagsabgeordneten Max Mörseburg und soll ab April Geschäftsführer der CDU Nordwürttemberg werden. Der 31-jährige Vorsitzende der CDU Zuffenhausen setzte sich gegen den amtierenden Landtagsabgeordneten Dr. Reinhard Löffler durch. Von den gültigen 99 Stimmen entfielen auf Shajeevan Thavakkumar 89 Stimmen und Dr. Reinhard Löffler erhielt 10 Stimmen.“

Mörseburg ist der Kreisvorsitzende der CDU in Stuttgart. So werden toxische Seilschaften gebildet, keine konstruktiven Beziehungen. Das ist Korruption durch Macht. Ein Thavakkumar wird, sollte er in den Landtag gewählt werden, nie vergessen, wem er dieses Amt „zu verdanken hat“.

Das Verständnis von Rechtsstaatlichkeit und Demokratie in dieser Partei ist scharf zu kritisieren, wenn ein Rechtsanwalt dafür „bestraft“ wird, dass er seine Arbeit macht. Zur Erinnerung: es gibt grundsätzliche rechtliche Garantien für das Recht eines Beschuldigten auf angemessene Verteidigung durch einen Rechtsanwalt. Wer einen Rechtsanwalt wegen der Ausübung seines Berufes kritisiert und wie im Fall von Reinhard Löffler durch eine organisierte Abwahl abstraft, zeigt ein höchst gespaltenes Verhältnis zu eben diesen rechtsstaatlichen Grundprinzipien, die in Sonntagsreden allzu gern wieder bemüht werden.

Parteisoldaten statt Persönlichkeiten

Was hätte wohl Clemens Winckler (CDU, Stuttgart III, MdL 1996 bis 2006) zum „Schicksal“ von Reinhard Löffler gesagt? Clemens Winckler war ein sehr gewissenhafter Haushaltspolitiker, der sich auch mit streitbaren Ministerpäsidenten wie Erwin Teufel und Günther Oettinger aber auch mit Stefan Mappus, damals Verkehrsminister (2004/05) und CDU-Fraktionsvorsitzender (2005/11) fachlich auf hohem Niveau auseinandergesetzt hat.

Ich durfte Clemens Winckler, der Mappus die Idee von „Stuttgart 21“ ins Ohr geflüstert haben soll, noch persönlich kennenlernen. Männer wie ihn oder einen Dr. Reinhard Löffler wird man in den Parlamenten, zumindest in den Reihen der Union, künftig vergeblich suchen.

Wer durch Gleichschaltung und Bestrafung uniforme und völlig austauschbare „Parteisoldaten“ heranzieht und eine amöbenartige amorphe Konsistenz als Partei schafft, wie es die CDU spätestens seit 2015 tut, der braucht sich nicht wundern, wenn ihm die Wähler in Scharen davon laufen!

Das Niveau der Abgeordneten bei der Union wird weiter sinken; Persönlichkeiten, die sich die Wähler im politischen Diskurs dringend wünschen, sind dort nicht mehr zu finden.

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1 Kommentar. Leave new

  • Leider gehen der Intrige (was müssen das für Kreaturen sein, die nach einem Telefonanruf einen Dr. Löffler nicht mehr nominieren!) folgende unbestritten defizitäre CDU-Figuren voraus: Oettinger, Mappus, Strobl. Ein Anfangsverdacht ist erlaubt bei Schäuble: Geldcouvert? start-up von Merkel? “ … würde Europa in Inzucht degenerieren lassen.“? mit knapp 80 Jahren noch mal BT-Abgeordneter?

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