Die Akte Habeck, Teil 2
2009 war es endlich so weit, dass die Finanzindustrie dem Klima-Komplex beitrat und nun märchenhafte Summen zur Verfügung standen für die Klima-Garden, die man NGOs nannte, bspw. den Green Climate Fund, die European Climate Fundation, die Stiftung Klimaneutralität, das Öko-Institut, die Agora Energiewende – letztlich eine Vielzahl von NGOs, hinter deren Aushängeschildern sich häufig die gleichen Leute aufhielten.
In diesen NGOs wurden dann die Konzepte zum „ökologischen Umbau“ der „Industriegesellschaften“ und auch zum „kulturellen Umbruch“, zum größten Umverteilungs- und Raubzug in der europäischen Geschichte entwickelt, die in Deutschland Angela Merkel als Kanzler und ihr politischer Schwiegersohn Robert Habeck als Wirtschaftsminister umsetzten.
Es war kein Zufall, dass Robert Habeck den Klima-Chefideologen, Gründer und Leiter der Agora Energiewende, Patrick Graichen, der bei Rainer Baake und bei Mister-Eine-Kugel-Eis-Jürgen-Trittin gelernt hatte und der die Vorstellungen der politischen Ökonomie des Sozialismus für sein Projekt der klimaneutralen Gesellschaft im Sinne Fischers adaptierte, in sein Ministerium holte und zum Staatssekretär machte.
Ein zweiter Stichwortgeber für Habecks peinliche Eitelkeiten war die italoamerikanische Wirtschaftswissenschaftlerin Marianna Mazzucato, deren Konzept einer vom Staat gelenkten Wirtschaft den großen Möchtegernwirtschaftslenker Robert Habeck aufgrund des oberflächlichen Phrasengeklingels beeindruckte, dessen Mischung aus politischer Leitung der Wirtschaft und moralischem Pietismus für ihn verständlich und so schön einfach war, weil sie einfach falsch war.
Elektrifizierung, die zweite
Mazzucatos Grundidee bestand darin, dass der Staat mittels Interventionen, bspw. GEG, Verbrenner-Aus, CO2-Bepreisung, EEG, Abschaltung der AKWs, und Subventionen der Wirtschaft die Richtung vorgibt, und nicht nur der Wirtschaft, sondern auch den Investoren, indem der Staat als Investor erster Ordnung auftritt, um die privaten Investoren zu zwingen, ihm zu folgen.
Beide Wege Habecks, der Staat als Investor erster Ordnung und als Gestalter der Wirtschaft auf der einen Seite und die utopische Vorstellung von der Elektrifizierung aller Lebens- und Wirtschaftsbereiche, wie sie Graichen vertrat, sind krachend gescheitert und haben die Wirtschaft auf eine Talfahrt geschickt, deren Ende noch nicht abzusehen ist. Sie erinnern an Lenins GOELRO-Plan, dem „Staatsplan zur Elektrifizierung der Wirtschaft” aus den ersten Jahren der Sowjetmacht. Hieß es bei Lenin: „Kommunismus ist Sowjetmacht plus Elektrifizierung des ganzen Landes“, so heißt es bei Habeck sinngemäß: Klimaneutralität ist Grünenmacht plus Dekarbonisierung des ganzen Landes.
Im Grunde konnte Robert Habeck am Anfang seiner Amtszeit nichts Besseres widerfahren als der Ukraine-Krieg – und Habeck, der Mann für jede Gelegenheit, nutzte diese Gelegenheit zynisch. Mit dem Ukraine-Krieg, mit dem steten Verweis auf Putin, gelang es Habeck, die Elektrifizierung der deutschen Wirtschaft und der deutschen Gesellschaft, die sogenannte „Dekarbonisierung“ zu begründen und zugleich jeden Misserfolg, den seine utopistische Wirtschaftspolitik zeitigen musste, Putin geradezu persönlich in die Schuhe zu schieben. An allem, was Habeck verbockte, war Putin schuld.
Große Klappe, nichts dahinter
Im März 2022 posaunte Habeck in die Welt hinaus, dass Mitte dieses Jahres „die russischen Ölimporte nach Deutschland voraussichtlich halbiert sein“ werden und Deutschland zum Jahresende „nahezu unabhängig“ von russischem Öl sein wolle. Einen Monat später zog die außenministerielle Werte-Feministin Annalena Baerbock in Riga nach, stampfte mit dem Füßchen auf und sagte: „Wir wollen alle die Gaslieferungen auslaufen lassen, lieber heute als morgen”, und gab dann als Ziel vor: „Wir werden bis zum Sommer das Öl halbieren und bis Ende des Jahres bei null sein“.
Um schließlich noch Richtung Robert Habeck von weltpolitischer Bühne aus ins verschlafene Berlin zu mahnen: „Was wir mehr denn je tun müssen, ist, unsere Energieimporte von Russland ein für alle Mal zu beenden.”
Mit diesen Aussagen hatten Baerbock und Habeck auch den letzten Unterabteilungsleiter im Kreml erheitert, denn natürlich war klar, dass die beiden Cheerleader grünen Illusionismus in dem Moment, als sie das apodiktisch verkündeten, nicht die kleinste Ahnung besaßen, wo sie das Erdöl und das Erdgas für die deutschen Haushalte und für die deutsche Wirtschaft herbekommen sollten. Von Anfang an wurde die neue deutsche Politik nur in den deutschen Medien als Politik der Stärke gefeiert, in der übrigen Welt aber als Politik der Schwäche und vor allem der Selbstschwächung belächelt.
Noch im Moment von Habecks Bückling vor dem Emir von Katar in Doha Ende März 2022 feierten deutsche Medien Habecks großen Erfolg, dass Katar mit Gaslieferungen für die Russen einspringen würde, doch hatten weder Robert Habeck, der noch ganz im Wohlgefühl des Bücklings schwelgte, noch die deutschen Medien genau zugehört, denn die Zusage hatte der Emir nie erteilt. Der zuständige Energieminister zeigte sich lediglich bereit, über die Lieferung größerer Mengen von LNG in der Zukunft zu sprechen, wenn neue Gasfelder erschlossen werden würden, was aber lange Lieferverträge voraussetzte, die die deutsche Seite aus Gründen der Vollelektrisierung, des Wasserstoff-Hochlaufs und der Dekarbonisierung gar nicht eingehen wollten.
Mangelwirtschaft
Als dann am 26. September 2022 ein Anschlag auf die Nord-Stream-Pipelines verübt wurde, bei dem beide Stränge von Nord Stream 1 und einer von zwei Strängen von Nord Stream 2 abschnittsweise zerstört wurden, drohte eine Gasmangellage im Winter 2022/23.
Baerbock und Habeck hatten das Land an den Abgrund regiert. Dass die Ampel anscheinend nicht wirklich wissen wollte, wer für den Anschlag verantwortlich war, legt den Schluss nahe, dass sie vorab informiert gewesen sein könnte. Deutschlands Verlust von Nord Stream stellte für Habeck einen Gewinn dar. Weil Habeck von Deutschland als Paradies der sogenannten erneuerbaren Energien träumt, zeigte er sich in den Verhandlungen mit Katar, mit Norwegen und mit Kanada auch nicht bereit, sich auf längere Vertragslaufzeiten einzulassen.
Das Ergebnis: Deutschland würde weder aus Katar, noch aus Norwegen zusätzliches, noch aus Kanada LNG bekommen. Weder war die deutsche Energieversorgung kurz- noch mittelfristig gesichert. Weil man außenpolitisch nicht behutsamer in Fragen der Erdgasversorgung vorging, weil man außerdem mehr Erdgas zur Verstromung einsetzen musste, sich zudem weigerte, die AKWs hochzufahren, und die Kohleverstromung zu drosseln versuchte, waren nun Strom und Gas äußerst knapp. Die Preise explodierten.
Da die Gas-Preise in die Höhe schossen, wollte Habeck durch eine dubiose Gas-Umlage die deutschen Haushalte belasten. Inzwischen taumelte der größte Gasversorger Deutschlands, Uniper, in Richtung Insolvenz. Uniper versorgte bis zu 40 Prozent der deutschen Haushalte mit Gas, 50 Prozent des Gases stammte aus Russland, 420 der 900 deutschen Stadtwerke wurden von Uniper beliefert.
Außerdem ist Uniper der bedeutendste Betreiber von Erdgasspeichern in Deutschland: Etwa 5,6 Milliarden Kubikmeter werden von Uniper gespeichert; insgesamt umfassen alle Speicher Deutschlands eine Kapazität von 22,9 Milliarden Kubikmetern.
Doch Uniper musste eingestehen, dass das Unternehmen die gesamte Kreditfazilität der staatlichen Förderbank KfW in Höhe von neun Milliarden Euro „vollständig ausgeschöpft“ habe und kurzfristig vier Milliarden Euro benötigte, um liquide zu bleiben. Inzwischen drohte auf dem europäischen Strommarkt ein Pleitetsunami, denn die Großhandelspreise für Elektrizität stiegen auf über 1000 Euro pro Megawattstunde.
Fluchtpunkt Verstaatlichung
In dieser Situation versuchte es Habeck mit Humor, in dem er behauptete, dass Deutschland kein Strom-, sondern ein Wärmeproblem habe. Uniper sprach davon, dass sich die Gaspreise mehr als versechsfacht hatten. Dadurch schlugen bei Uniper täglich weit über 100 Millionen Euro am Tag zahlungswirksame Verluste zu Buche.
Javier Blas, Energiemarktexperte bei Bloomberg, rechnete damit, dass in den kommenden 24 bis 48 Stunden mehr Staatshilfen nötig sein werden, um die Zahlungsfähigkeit der europäischen Energieversorger abzusichern. Während die Energiepreise, Gas und Strom, in Deutschland für den Verbraucher explodieren, deckelte ab September die französische Regierung die Strompreise für die französischen Privathaushalte.
Die AKWs hochzufahren, daran dachte Habeck nicht, im Gegenteil, zu dieser Zeit wurde im BMWK in Tätereinheit mit dem Umweltministerium, das in der Hand der Grünen Steffi Lemcke lag, eine Haupt- und Staatsintrige gesponnen, um die letzten deutschen AKWs vom Netz zu nehmen. Deutschland sollte nur noch von Sonnen- und Windenergie, also von Zufallsenergie abhängig sein, von den Launen des Wettergottes.
Schließlich blieb Habeck nichts anderes übrig, als Uniper zu verstaatlichen. Im Raum stand eine Summe von 30 Milliarden Euro. In der Pressekonferenz am 21. September 2022 versuchte Habeck, den Deal mit dem Eigner von Uniper, dem finnischen Fortum noch als glänzendes Geschäft der Bundesregierung darzustellen, denn er machte die Milchmädchenrechnung auf, dass Fortum eine Investition von 8 Milliarden Euro für knapp 500 Millionen Euro verkaufen würde.
Der Bundeswirtschaftsminister vermied es dabei, sowohl Fortums 8 Milliarden gegen die 30 Milliarden des Bundes und gegen die sich täglich im dreistelligen Bereich generierenden Folgekosten zu rechnen. Allerdings verhedderte er sich mehrmals in der Pressekonferenz, wenn er beispielsweise den Anteil von Fortum an Uniper, den Deutschland übernimmt, mit 6 Prozent statt mit 77,96 Prozent angab und wenn er tatsächlich sagte: „Damit gehört Fortum dem deutschen Staat“, wo doch Uniper und nicht Fortum verstaatlicht wurde.
Die Energiekrise war eine politische, eine wirtschaftliche, eine ideologische aber auch eine intellektuelle Krise.