Das Märchen vom Geldschöpfungsmonopol des Staates

Diesen Text gibt es auch als Episode im Wurlitzer, dem Podcast des Sandwirts: Hier.

Protokolle der Aufklärung #43

Entgegen der in meinen Protokollen #38 bis #41 dargestellten Sachverhalte, die auf nachvollziehbaren Beobachtungen und Analysen beruhen, wird oft die These vertreten, dass die Geldschöpfung beim Staat läge. Der Staat hätte hier ein Monopol. 

Diese Auffassung stützt sich vor allem auf die Theorie des Georg Friedrich Knapp und z. T. auf die sogenannte Modern Monetary Theory. Sie wird auch in libertären Kreisen gern vertreten. Die Libertären dürften wesentlich durch das Geldbuch des Friedrich von Hayek (1976) beeinflusst worden sein. 

Hayek unterstellt beim Staat „ein Monopol der Geldausgabe“ und möchte „die gegenwärtigen nationalen Gelder durch konkurrierende andere Gelder ersetzen, die von der Privatwirtschaft angeboten werden“ (1981). Er sieht nicht, dass in jeder Kreditgeldwirtschaft das Geld seit vielen Jahrzehnten privatwirtschaftlich entsteht, und zwar im Wettbewerb und in den Verträgen zwischen Banken und den übrigen Wirtschaftsteilnehmern (den „Nichtbanken“). Nur die Wertbemessung des Geldes (Dollar, Euro, Yen) ist oft an Nationen gebunden und insofern unterschiedlich.

Die Antwort auf die Frage, ob es ein staatliches Geldmonopol gibt oder nicht, ist in den oben genannten Protokollen eigentlich schon gegeben. Aber immer noch fehlt eine hinreichend überzeugende Erklärung dafür, wie die Fehleinschätzung der Geldschöpfung bei ansonsten recht wachen Köpfen zustande kommt. 

Münzregal und Noten

Jeder weiß, sofern er anlässlich einer Investition (Hausbau oder Firmengründung) verschiedene Kreditangebote bei den Banken einholt, dass diese miteinander im Wettbewerb stehen. Der Wettbewerb zeigt sich bei der unterschiedlichen Geldnutzungsgebühr, die sie verlangen – in Form von Zins. 

Also gibt es beim Geldangebot schon mal kein Monopol. Wie gelangen viele Geldtheoretiker aber zu der Ansicht, dass es bei der Geldschöpfung ein solches gäbe? Wie lässt sich erklären, dass sich solche Ansicht so hartnäckig über Jahrzehnte hin durchhält – trotz gegenteiliger Ergebnisse jeder kritischen Untersuchung? 

Die These vom Geldschöpfungsmonopol des Staates wird erstens an dem Umstand festgemacht, dass er in alleiniger Regie Münzen prägen lässt. Er hat das sogenannte „Münzregal“. Das ist zweifellos ein Monopol. Die These stützt sich außerdem auf die Tatsache, dass die staatliche Zentralbank Banknoten drucken lässt und diese zusammen mit den Münzen, die sie vom Staat erwirbt, auf den Markt bringt. Auch dies ist zweifellos ein Monopol. 

Ein Staatsmonopol in Sachen Geld gibt es also in der Tat. Allerdings bezieht es sich erstens nur auf die marginale Menge des Bargelds, und zweitens nur auf dessen technischen Erzeugungsprozess. Dabei haben es der Staat bzw. seine Bank nicht in der Hand, wieviel sie davon wann herstellen und unter die Leute bringen. Diesbezüglich sind die Geldnutzer die Initianten. Inwiefern?

Die Zentralbank stellt Bargeld immer nur dann zur Verfügung, wenn es die Geschäftsbanken im Auftrag ihrer Kunden haben wollen. Es muss bei der Geldnutzergemeinschaft der Wunsch nach Umtausch ihres Wirtschaftsgeldes (Giralgeldes) in Münzen und Banknoten bestehen. Und erst wenn dieser Wunsch erfüllt werden soll, wird die bei den Staatskritikern so verhasste „Gelddruckmaschine“ angeworfen. 

Die „Gelddruckmaschine“ tut nichts anderes als eine alternative symbolische Objektivierung für in der Wirtschaft bereits vorhandenes und dort geschaffenes Geld (Giralgeld) anzubieten. Sie erzeugt also kein neues Geld, sondern druckt nur eine Alternative, die gegen schon existierendes Geld umgetauscht werden kann, und zwar immer dann, wenn der Bankkunde das will.

Die Geldnutzer müssen lieber mit Münzen und Banknoten als mit dem von den Geschäftsbanken und sonstigen Finanzinstituten geschaffenen Giralgeld oder „Plastikgeld“ (girocards, creditcards) bezahlen wollen. Erst dann möchten sie Bargeld haben. Das erwerben sie auf dem Weg eines Tauschgeschäfts gegen ihr anderes Geld (Giralgeld). Das andere Geld, das sie für einen solchen Umtausch benötigen, entsteht aber nicht bei einem Monopol, sondern im wirtschaftlichen Wettbewerb der Banken am Markt: letztlich auf Veranlassung bestimmter Kreditnehmer. 

Der Staat erzeugt nur so viele Münzen als ihm die Zentralbank abkauft. Und die kauft nur so viele ab und druckt nur so viele Noten dazu, wie sie an die Geschäftsbanken auf deren Veranlassung weiterreichen kann, also je nach Bedarf. Der Bedarf richtet sich letztlich nach dem Wunsch der Bankkunden, der sogenannten „Nichtbanken“. Nur die „Nichtbanken“ bestimmen über die Ausgabe von Bargeld (Staatsgeld) und auch über dessen Menge. Sie erwerben es im Tausch gegen bereits vorhandenes und im ökonomischen Wettbewerb erzeugtes Geld. 

Dem münzprägenden Staat und der notendruckenden Zentralbank kommt lediglich die Rolle zu, eine alternative Geldform bereit zu halten, auf die der Markt, wenn er will, ersatzweise und im Tausch gegen das Wirtschaftsgeld (Giralgeld) zugreifen kann. Hier liegt unweigerlich die Grenze des staatlichen Handelns beim Geldschöpfungsgeschäft. Wenn kein Bargeld abgefragt wird, entsteht auch keins. Das heißt, dass die Geldnutzer es selbst in der Hand haben, wie viel Staatsgeld und ob überhaupt solches auf den Markt kommt. Wenn sie es nicht abrufen, bleibt es unberührt im Safe der Zentralbank. 

Geldschöpfungsthese nicht begründbar

Die angeblich verheerende Rolle der „staatlichen Gelddruckmaschine“ berührt die Finanzmärkte zunächst einmal gar nicht. Die Aktivität dieser Maschine hat ihre Grenze dort, wo kein Bedarf nach ihrem Produkt besteht.

Mit den beiden Monopolen Münzregal und Notendruck ist die These von einem Geldschöpfungsmonopol nicht begründbar. Das Geld entsteht außerhalb des Einflussbereichs des Staates: bei Finanzinstituten unterschiedlichster Art, und zwar vor allem bei Banken. Zu den Banken gehört die staatliche Zentralbank. Die ist bei ihren Refinanzierungsgeschäften zwar ebenfalls Geldschöpferin, aber in dieser speziellen Funktion keine Monopolistin. Denn Geschäftsbanken können sich auch anderwärts refinanzieren als bei der Zentralbank bzw. sich innerhalb bestimmter Grenzen auf dem Weg ihrer eigenen endogenen Geldschöpfung selbst Finanzmittel verschaffen. 

Die These vom Geldschöpfungsmonopol des Staates bzw. der staatlichen Zentralbank ist noch nicht einmal dann richtig, wenn man (wie Helmut Creutz, 1997 und andere) ausschließlich Münzen und Banknoten als das wahre Geld ansieht – eine mittlerweile etwas weltfremde Sicht der Dinge. Münzen und Banknoten sind nichts anderes als eine andere Vergegenständlichungsform von bereits (meist elektronisch) vorher im Wettbewerb erzeugtem Geld. 

Die Bargeldherstellung erhöht die Geldmenge nicht. Bargeld gelangt nur via Tausch auf den Markt und nicht via Schöpfung. Im Gegenzug verschwindet Giralgeld (Wirtschaftsgeld). Um an Bargeld heranzukommen, muss Giralgeld hergegeben werden. Es muss also schon Geld da sein, bevor Bargeld ins Spiel kommt. So gesehen ist eigentlich nicht das Bargeld der Zentralbanken das „Basisgeld“, wie oft behauptet, sondern das im gesamten Bankensystem über Kredite geschöpfte Giral-bzw. Wirtschaftsgeld (s. die oben genannten Protokolle).

Was bedeutet also das Faktum Münz- und Notenausgabemonopol für die Stützung der These vom angeblich gefährlichen staatlichen Geldmonopol? – Nichts. Man kann die These unbeschadet vergessen. Das Bargeld ist nur insoweit von Bedeutung, als es uns ein nützliches und handliches Ersatzgeld für bereits geschaffenes Geld liefert. Der Staat erzeugt es nicht einfach und verteilt es unter uns (etwa mit einem „Geldhubschrauber“ à la Milton Friedman). Wir rufen es ab, wenn wir es brauchen und geben Wirtschaftsgeld dafür her. 

Bargeld muss auch in Wirtschaftsgeld (Giralgeld) zurückgetauscht werden können – falls jemand aus der Geldnutzergemeinschaft das will. Insofern ist das für Bargeld hergegebene Giralgeld eine Verbindlichkeit (eine Schuld) der Zentralbank und muss als solche in deren Bilanz verbucht werden.

Dieser Sachverhalt lässt es nicht zu, in Bezug auf das Geld von einem „Zwangsgeldsystem“ zu sprechen. Ob die Staatsbürger mit Giralgeld (Wirtschaftsgeld) oder mit Bargeld (Staatsgeld) zahlen wollen, oder auch mit einer anderen Währung, steht ihnen völlig frei. – Die Gefahr bei den Finanzgeschäften im Zusammenhang mit dem Staat geht von ganz anderem aus (s. z.B. unten).

Unter Berücksichtigung der am Geldmarkt wahrnehmbaren Phänomene kann also nicht von einem „willkürlichen Anwerfen der Gelddruckmaschine durch den Staat“ oder einem „Fluten des Marktes mit staatlichem Scheingeld“ gesprochen werden, oder höchstens im Zuge eines primitiven, für Aufklärungszwecke höchst unangebrachten Bildgebrauchs. 

Staat und Geldgesetzgebung

Die These vom Geldschöpfungsmonopol des Staates beruht offensichtlich auf einer Verwechslung. Der Staat hat zwar nicht das Geldschöpfungsmonopol, aber er hat das Gesetzgebungsmonopol. Damit hat er Einfluss auf die Geldumgangspraxis. Er legt die Handlungsnormen dafür fest. (Dabei ist zu fragen, ob es staatliche Regelungen für die Finanzwirtschaft überhaupt braucht.) 

Das Gesetzgebungsmonopol des Staates ist Fakt. Der Staat hat, weil er Inhaber des Gesetzgebungsmonopols ist, die Macht, im Alleingang unter anderem auch für das Geldwesen Regeln zu schaffen und diese mit Gewalt durchzudrücken. 

Aufgrund des Gesetzgebungsmonopols können die Geldnutzer vom Staat dazu gezwungen werden, eine bestimmte Form der Kaufvertragserfüllung zu akzeptieren: Sie müssen z.B. Bargeld als Tauschobjekt annehmen, wenn man es ihnen anbietet („Annahmezwang“). 

Auch kann der Staat in seiner Rolle als Gesetzgeber die Geschäftsbanken dazu zwingen, einen bestimmten Reservesatz an Geld bei der Zentralbank zu hinterlegen. Er kann Großinvestoren, z.B. Versicherungen, dazu bringen, ihr Anlagevermögen in Staatsbonds zu investieren. Er kann auch Gesetze machen, die die Banken nötigen, insbesondere seine eigene Zentralbank, tilgungsunfähigen Darlehensnehmern Kredit zu gewähren.

Jimmy Carter und die Finanzkrise

Seinerzeit wurde durch den ehemaligen US-Präsidenten Jimmy Carter ein Gesetz auf den Weg gebracht (der Community Reinvestment Act), durch das die amerikanischen Geschäftsbanken unter Strafandrohung gezwungen wurden, im gesellschaftlichen Subprime-Segment, also in einem Umfeld, in dem kaum jemand in der Lage ist, größere Schuldenbeträge zu tilgen, Hypothekendarlehen zu vergeben – frei nach dem Motto „Jedem sein eigenes Häuschen“. 

Dieses Gesetz verlangte, mehr oder weniger große Darlehen unter Missachtung elementarster Bonitätskriterien zu vergeben. Das führte am Ende zum Zusammenbruch einiger Großbanken und zu einer enormen Verunsicherung des gesamten internationalen Finanzmarkts. Denn zwei Jahrzehnte später (2007/2008) löste die Verbriefung dieser Darlehen – gut in gemischten Wertschriftenbündeln versteckt und von den angesehensten Ratingagenturen der Welt als gut befunden – eine globale Finanzkrise aus. 

Einen solchen Vorgang initiiert ein Staat aber nicht kraft eines Geldschöpfungs-, sondern kraft seines Gesetzgebungsmonopols. Dies ist ein völlig anders geartetes Monopol als das Geldschöpfungsmonopol. Die Gesetzgebung des Staates hat – das sei hier noch einmal ausdrücklich gesagt – Einfluss auf die Art des Umgangs mit Geld, nicht aber auf die Art der Entstehung des Geldes. 

Die Schöpfung des Euro

Auch bei der Einführung eines neuen Bewertungsmaßes (z.B. des Euro) hat der Staat seine Hand im Spiel – als Gesetzgeber, der eine vorher von Fachleuten geschaffene Konvention rechtlich fixiert. Dies hat aber nichts mit der Schöpfung des aufgrund dieser Konvention bewerteten Geldes zu tun. Die geschieht an der „Basis des Marktes“: anlässlich der Verschuldungen, die die Marktteilnehmer mit ihren Banken eingehen. 

„Man hat zur politischen und moralischen Rechtfertigung der währungspolitischen Eingriffe die Lehre aufgestellt, dass die Obrigkeit das Geld schaffe und dass das Geld ‚ein Geschöpf der Rechtsordnung‘ sei. Das Geld wird jedoch vom Marktverkehr geschaffen und nicht von der Obrigkeit“ (Ludwig von Mises).

Schon vor einem Jahrhundert stellte der Bankfachmann Argentarius fest, „dass der Staat im Grunde gar nichts mit der Entstehung des Geldes zu schaffen hat, und dass er, wenn er sich dennoch schöpferisch betätigt, das Geld fast regelmäßig ruiniert“ (1921). Das ist z.B. nach dem 1. Weltkrieg in Deutschland dann auch wirklich passiert. 

So wie manches andere Märchen hat also auch das Märchen vom staatlichen Geldschöpfungsmonopol einen realen Hintergrund. In der Folge der Knapp‘schen Geldtheorie konnten sich in den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts die staatliche Zentralbank und auch einige regionale Banken in der Tat zu Gelddruckmaschinen entwickeln, ohne dass dies in der Öffentlichkeit Anstoß erregte. Nach dem 1. Weltkrieg gab es die vielbeschriene staatliche „Gelddruckmaschine“ tatsächlich. Heute hat man sie nicht mehr. Sie ist durch eine Wertschriftendruckmaschine ersetzt.

„Entnationalierung“ des Geldes

Die z.B. von Friedrich von Hayek, dem wir ansonsten sehr wichtige Thesen zur Aufklärung gesellschaftlicher Zusammenhänge verdanken, fälschlich und heiß ersehnte sogenannte „Entnationalisierung“ des Geldes (damit Gelder unabhängig vom Staatsmonopolismus existieren und dezentral im Wettbewerb entstehen können) hatte 1976, dem Erscheinungsjahr seines Geldbuchs, längst stattgefunden. 

Von einem Monopol des Staates oder seiner Zentralbank im Zusammenhang mit der Geldschöpfung kann schon deshalb nicht die Rede sein, weil die Geldströme heute hochgradig internationalisiert sind und verschiedene Währungen miteinander konkurrieren. Dennoch hält sich unverdrossen die These vom „gefährlichen Geldmonopol des Staates“. 

Kein Mensch konnte bisher nachweisen, dass das heute allgemein umlaufende Wirtschaftsgeld beim Staat entsteht. Der Staat kann Gelder nicht schaffen und auch nicht vernichten. Er kann sie nur umschichten – zulasten Einiger und zugunsten Anderer, eine Wahrheit, die in aller Klarheit schon vor über hundert Jahren in den Werken des Argentarius veröffentlicht worden ist. 

An dieser Stelle muss unter anderen auch Joseph Huber und James Robinson (2014) widersprochen werden. Die beiden Autoren sehen wohl, dass der Staat das Geldschöpfungsmonopol nicht hat. Sie wünschen aber, dass er es habe. Sie glauben feste daran, dass nur dadurch der Handel zivilisiert und maximiert werden kann. Sie fordern zur Durchsetzung ihrer Vorstellungen sogar Verfassungsänderungen.

Für die Währungen sind allerorten die Gebietsbeschränkungen weggefallen, die es einstmals gegeben hatte. Die Geldmärkte sind internationalisiert. In nationalen Grenzgebieten, z.B. an der Grenze zwischen Deutschland und der Schweiz, gehört es zum Alltag, mit zwei Währungen zu leben. Dort ist es gleich, ob man in Kreuzlingen (Schweiz) mit Euro oder in Konstanz (Deutschland) mit Franken zahlt. Die Geschäftswelt gibt nicht viel auf die angeblich staatliche Abkunft von Zahlungsmitteln. Hauptsache, der Kunde kauft. 

In einer vernunftgerecht organisierten Gesellschaft wird jeder selbst beanspruchen wollen, irgendwelche Gut-Schuld-Bescheinigungen als Zahlungsmittel zu akzeptieren und damit Handel zu treiben. Er sollte nicht daran gehindert werden, neben dem Währungsgeld auch andere Zahlungsmittel anzunehmen. Schließlich ist er für deren Substanz allein verantwortlich. Er selbst muss den eventuellen Ausfall der sie deckenden Tilgungsvermögen verkraften.

Die Banken und die Bonität

Es wird nach all dem, was in den oben genannten Protokollen dargestellt wurde, deutlich: in der heute etablierten Finanzwirtschaft ist ein Geldschöpfungsmonopol weder vorhanden noch notwendig, noch erwünscht. Der Staat erzeugt nur das Bargeld, und das auch nur als Ersatz für ein anderweitig bereits geschöpftes und insofern bereits vorhandenes Geld. Wer eine gegenteilige Behauptung aufstellt, muss eine Geldtheorie liefern, mit der er seine Behauptung beweisen kann.

Jede Geschäftsbank „macht“ uns Geld, wenn wir es wollen – und wenn sie es will. Sie „macht“ es in Form von E-Geld auf unserem Girokonto oder auf unserer Kreditkarte. Diesem „Machen“ ist durch das Eigenkapital und die Risikobereitschaft der Bank eine Grenze gesetzt. Ihr Geschäftsrisiko hängt wesentlich ab von der Professionalität ihres Bonitätsprüf-Managements. Das „Geldmachen“ im Bankensystem ist die übliche Form heutiger Geldschöpfung. Zu den „Geldmachern“ zählen auch die Zentralbanken.

Die allgemeine Akzeptanz des Geldes als Tausch- und Zahlungsmittel gründet nicht auf dem Geldschöpfungspotential von Staaten, sondern auf dem Vermögen der Banken, die Bonität der Emittenten von Schuldentilgungsversprechen (zu denen übrigens auch die Staaten gehören) korrekt zu ermitteln. Diese Erkenntnis folgt aus der Beobachtung der real sich vollziehenden Geldschöpfungsakte, sie mögen banktechnisch noch so verwickelt erscheinen.

Nur die Banken, auch die staatliche Zentralbank, haben Bonitätsprüfstellen, der Staat als solcher hingegen nicht. Insofern kann der Staat auch keine Gewähr für die Substanz des Geldes geben, wie Georg Friedrich Knapp noch glaubte. Dass der Staat die Substanz des Geldes zu gewähren habe, ist ein auch in der Wissenschaft unausrottbarer Mythos. Der Staat scheint dies zu tun, wenn er z. B. Kreditwesengesetze erlässt oder Bargeld herausgibt. Aber all das berührt die wesensstrukturellen Vorgänge bei der Geldschöpfung nicht.

In einer entwickelten Finanzwirtschaft ist es nicht der Staat, der die Substanz des Geldes gewährleistet. Er ist gar nicht dazu fähig. Denn ihm fehlen Bonitätsprüfstellen. Nur das Bankensystem verfügt über solche. Und nur mit Bonitätsprüfungen kann man die „Güte“ der Kreditschuldner und damit die Substanz (Deckung) des Geldes garantieren. Die Substanz beruht auf der „Güte“ (Bonität) der Banken. Und die besteht darin, die Bonität ihrer Kreditnehmer richtig einzuschätzen. Ob solche „Güte“ im derzeitigen Bankensystem umfänglich vorhanden ist, darf nach den Erfahrungen der letzten Jahre bezweifelt werden.

Die Banken müssen sicherstellen, dass sich hinter den Tilgungsversprechen, aus denen sich Geld generiert, ein leistungsstarker Kreditnehmerkreis befindet. Sonst geraten sie in Not – und in der Folge auch die Gesamtheit der Geldnutzer. Die Verbindlichkeiten, die die Kreditnehmer einer Bank gegenüber haben, befinden sich in ihren Bilanzen. Die Banken müssen also schauen, dass die Kreditnehmer das Leistungspotential aufweisen (und auch realisieren!), das dafür nötig ist, diese Verbindlichkeiten zu löschen. Sonst müssen sie dies selbst tun – zu ihren eigenen und letztlich (beim Bankenkonkurs) zu aller Lasten.

Die das Geld schaffenden Banken (und mit ihnen die Zentralbanken) stehen zwar in engem Kontakt miteinander, sind aber wirtschaftlich voneinander unabhängig und befinden sich im Wettbewerb. Sofern die in Staatshand befindliche Zentralbank bei der Geldschöpfung tätig ist, dann nur in der Rolle eines Refinanzierungsinstituts neben anderen Refinanzierungsinstituten oder als Wertschriftenankäuferin neben anderen Wertschriftenankäufern. Außerdem ist sie so etwas wie eine Wechselstube, die Buchgeld in Bargeld oder eine Währung in eine andere umtauscht.

Der Autor dieses Artikels hat in der Edition Sandwirt die Buchreihe „Die freie Gesellschaft und ihre Entstellung, Band 1-4“ veröffentlicht.

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8 Kommentare. Leave new

  • Andreas Schnebel
    08/08/2025 8:54

    Dietrich Eckardt übersieht, dass das staatliche Gesetzgebungsmonopol im Geldwesen praktisch gleichbedeutend mit einem Geldschöpfungsmonopol ist – nur in delegierter Form.

    Technisch mag Giralgeld in den Büchern privater Banken entstehen. Faktisch aber:

    ► Der Staat bestimmt, wer überhaupt als Bank auftreten darf (Lizenzpflicht).
    ► Der Staat definiert, in welcher Währung geschöpft werden darf und macht diese zum gesetzlichen Zahlungsmittel mit Annahmezwang.
    ► Der Staat reguliert, unter welchen Bedingungen Kredite vergeben werden können, wie hoch Reserven und Eigenkapital sein müssen und welche Refinanzierungswege erlaubt sind.
    ► Der Staat kontrolliert den Zugang zur Zentralbankliquidität, die für das Überleben der Geschäftsbanken entscheidend ist.
    ► Der Staat setzt über Rettungspakete, Einlagensicherung und Insolvenzregeln die Systemarchitektur fest, innerhalb derer alle Geldschöpfung stattfindet.

    Das bedeutet: Auch wenn der operative Akt der Giralgeldschöpfung dezentral erfolgt, ist er vollständig vom staatlich vorgegebenen und kontrollierten Rahmen abhängig. Es handelt sich um ein reguliertes Monopol mit privaten Agenten, nicht um einen freien Markt.

    Der Vergleich liegt auf der Hand: Wenn nur staatlich zugelassene Taxifahrer auf vorgeschriebenen Routen mit genehmigten Fahrzeugen fahren dürfen, kann man formal von „vielen Anbietern“ sprechen – tatsächlich aber existiert ein Monopol, das nur durch Lizenzen aufgeteilt wird.

    Dietrich Eckardts Schlussfolgerung, der Staat habe kein Geldschöpfungsmonopol, verkennt diese strukturelle Abhängigkeit. Das Monopol ist nicht technisch, sondern rechtlich-institutionell – und damit ebenso wirksam.

    Antworten
    • Dietrich Eckardt
      11/08/2025 14:34

      Lieber Andreas Schnebel,
      Monopol ist ein ökonomischer Begriff und meint einen Alleinanbieter am Markt. Beim Geld ist dies der Staat offensichtlich nicht.
      Sollte es eines Tages einem dämonischen Wassergeist gelingen, den Staat in einem gewaltigen Strudel hinabzuziehen (ein heimlicher Wunsch von mir), was bleibt dann auf dem Finanzsektor übrig und was nicht? Die Münzprägemaschine wird vielleicht mit untergehen. Die Finanzmittel Gutschein, Handelswechsel, Wertschrift und Geld, die die Wirtschaft hervorbringt, werden bleiben. D. h. sofern die Marktverkehrsform „Kreditieren“ bleibt, die all diese Dinge erzeugt. Sollte sich die Menschheit jedoch eines Tages dazu entschließen, mit der nackten Bonität der Marktteilnehmer Handel zu treiben (die technischen Voraussezungen dafür sind vorhanden; Nähres in meinen früheren Sandwirt-Beiträgen zur Finanzwirtschaft), können auch die Finanzmittel verschwinden. Dann wird es sehr schwierig für den Staat, Einfluss zu nehmen. Beste Grüße Eckardt

      Antworten
  • Andreas Schnebel
    08/08/2025 9:35

    PS: Mit der geplanten Einführung des digitalen Euro als direkt zugängliches Konto bei der EZB für alle Bürger fällt zudem die bisherige Trennung zwischen Zentralbankgeld und Publikumskonten weg. Damit verschiebt sich das bisher nur gesetzgeberisch vermittelte Monopol in eine unmittelbare operative Kontrolle: Die Zentralbank könnte nicht nur die Rahmenbedingungen der Geldschöpfung setzen, sondern auch direkt Zahlungsverkehr, Geldhaltung und -zuteilung steuern.
    Dies bedeutet:

    ► Markterosion für Geschäftsbanken, da Einlagen in großem Stil zur EZB abwandern können.
    ► Ausweitung staatlicher Eingriffsmöglichkeiten bis hin zu programmierbaren Nutzungsbeschränkungen oder Negativzinsen.
    ► Systemische Zentralisierung: Geldschöpfung würde nicht mehr nur reguliert, sondern faktisch zentralisiert – das delegierte Monopol wird zum unmittelbaren Monopol.

    Damit frisst sich das Gesetzgebungsmonopol weiter in den verbleibenden Restmarkt hinein, indem die EZB nicht nur indirekt, sondern künftig auch direkt über die Geldschöpfung verfügen kann.

    Antworten
  • Spitzbart Helmut
    09/08/2025 8:29

    Die Banken haben zuviel Geld an die Häuslbauer verliehen und sie haben zuwenig Geld zurückbekommen. Das kann nur in den Konkurs vieler Banken führen.
    Der Zinseszins hat die meisten Häuslbauer zahlungsunfähig gemacht. Warum wird nicht eine verhandelbare Ausleihgebühr verlangt.
    Der Zinseszins ist im höchsten Maße unmoralisch und betrügerisch.

    Manche Häuslbauer zahlen mehr als das doppelte vom Kredit zurück.

    Im Mittelalter sprach man vom Zehent (10%).

    Heute sind es 100 bis 150 %.

    Die heutigen Banken sind Wucherer und Banditen. Und alles ist staatlich erlaubt.

    In welchen Zeiten leben wir ?

    LG Heli Sp.
    Austria

    Antworten
  • Nordlicht
    09/08/2025 12:21

    Laut dem AI Grok3 ist der deutsche Anteil an den gedruckten bzw. geprägten Euros rd. 900 Mrd. €.
    Auf deutschen Konten div. Art sollen 3,4 Billionen Euros liegen.

    Antworten
  • Lieber Dietrich,
    wir beide wissen: Die Münzprägemaschine ist nicht der Ursprung des Geldes, genauso wenig wie der Notendrucker. Das schöpferische Moment liegt im Kreditvertrag, wenn eine Bank Bonität annimmt und dafür eine Einlage schreibt. So entsteht Giralgeld – endogen, im Wettbewerb. Da hast du recht. Bargeld ist nichts anderes als Verkleidung: Es zieht sich Giralgeld die Jacke der Haptik an, damit es am Schalter oder in der Tasche herumgetragen werden kann.
    Aber: Wer den Staat aus dieser Gleichung völlig herausschiebt, unterschätzt das Gitter, in dem dieser Vogel fliegt. Die Banken flattern zwar frei, aber nur in einem Käfig, den der Staat gebaut hat. Lizenzpflicht, gesetzliches Zahlungsmittel, Eigenkapitalanforderungen, Zentralbankzugang – das alles sind Stäbe, die den Raum begrenzen. Die Giralgeldschöpfung ist also nicht Marktautonomie pur, sondern ein delegiertes Monopol: operativ dezentral, strukturell zentralisiert.
    Das ist der eigentliche Trick. Man lässt die Banken das Geld „machen“, aber nur unter Bedingungen, die der Staat setzt – und im Ernstfall springt er als Rettungsnetz ein. Gewinne privat, Verluste sozialisiert. Wer das nicht Monopol nennt, mag es als „regulierten Oligopol-Käfig“ bezeichnen. Der Unterschied ist akademisch, die Abhängigkeit bleibt.
    Was mich an der ganzen Debatte stört, ist das falsche Entweder-oder: Entweder der Staat ist der Schöpfer des Geldes, oder die Banken. Beide Sichtweisen greifen zu kurz. Der Staat ist der Architekt des Spielfelds, die Banken die Spieler. Ohne den Architekten gäbe es das Spiel so nicht. Ohne die Spieler bliebe es eine leere Arena.
    Zum Zinseszins: Viele schreien „Betrug“, dabei ist er nur banale Mathematik. Wer sich 30 Jahre verschuldet, zahlt mehr zurück als er geliehen hat – logisch. Der Betrug liegt nicht in der Rechnung, sondern in der Asymmetrie: Banken dürfen falsch kalkulieren, und wenn die Bonität kippt, springt der Staat ein – mit Steuergeld, mit Inflation, mit Rettungspaketen. Das ist der wahre Wucher, denn er stiehlt von allen, auch von denen, die nie einen Kredit aufgenommen haben.
    Die eigentliche Substanz des Geldes ist Bonität. Wer Bonität hat, darf schöpfen. Wer keine hat, bleibt Bittsteller. Die Banken prüfen Bonität – aber sie tun es nach Regeln, die ihnen der Staat schreibt, und sie wissen: Im Zweifel trägt er die letzte Last. Das ist kein freier Markt, sondern eine Zwangssymbiose von Bank und Staat.
    Und jetzt der Blick nach vorn: Mit dem digitalen Euro fällt die Maske. Bisher konnte der Staat sagen: Wir setzen nur den Rahmen, das Geschäft macht der Markt. Mit CBDC wird er selbst zum Spieler. Dann ist das „delegierte Monopol“ kein Monopol mehr in privater Hand, sondern ein direktes. Programmierbare Guthaben, Verwendungsbeschränkungen, Negativzinsen – alles ist dann unmittelbar möglich. Die Käfigstäbe werden enger, und der Vogel flattert nicht mehr, er wird dressiert.
    Deshalb, Dietrich: Es reicht nicht, auf die Marktseite zu zeigen und zu sagen: „Hier entsteht das Geld.“ Das stimmt technisch, aber nicht strukturell. Wer über Eigentum und Freiheit spricht, darf nicht bei der Formfrage stehenbleiben. Die wahre Frage ist: Wer kontrolliert die Bonität – den letzten Anker, an dem alle Tilgungsversprechen hängen? Heute sind es Banken unter staatlichem Zwangsrahmen. Morgen könnte es die Zentralbank direkt sein.
    Wenn wir aber eines Tages die Bonität selbst als Handelsgut freigeben – also die Tilgungsversprechen direkt zirkulieren lassen –, dann wird es wirklich spannend. Dann bräuchten wir keine Münzprägestelle, keine Notendruckerei und auch keine Zentralbank mehr. Dann würde der Staat tatsächlich überflüssig im Geldwesen. Und dann erst wäre Hayeks Traum einer „Entnationalisierung“ eingelöst – nicht 1976, nicht heute, sondern dann, wenn Vertrauen und Vertrag reichen, ohne dass ein Zwangsapparat darüber wacht.
    Bis dahin bleibt der Staat der unsichtbare Mitspieler: nicht der Schöpfer, aber der Regisseur.

    Antworten
  • Ergänzung zur Staatsbonität:
    Das größte Märchen ist nicht die Gelddruckmaschine, sondern die prüfungsfreie Bonität des Staates.
    Jeder Unternehmer, jeder Häuslebauer, jeder Handwerker muss seine Bonität offenlegen – Einkommen, Sicherheiten, Leistungsfähigkeit. Jeder Fehler wird sofort geahndet.
    Der Staat hingegen braucht keine Prüfung. Er erklärt sich selbst zum risikofreien Schuldner. Seine Anleihen gelten den Banken als gleichwertig zu Bargeld, 1:1 in der Bilanz. Wertloses Papier wird als vollwertiger Aktivposten verbucht – durch Gesetz, nicht durch Markt. Kein Banker darf daran zweifeln, kein Wirtschaftsprüfer darf es abschreiben.
    Das ist die eigentliche „Bonität“ des Staates: keine Bonität, sondern Zwangsannahme. Eine Bonität ohne Tilgung, ein ewiger Schuldner, der niemals insolvent wird, weil er sich das Insolvenzrecht selbst schreibt.
    Das erklärt auch, warum der Staat in der Geldarchitektur nicht bloß der Architekt des Spielfelds ist, sondern zugleich der Spieler mit Jokerkarte. Er muss nicht wie alle anderen seine Bonität nachweisen, er setzt sie einfach voraus – und zwingt alle anderen, das Spiel mitzuspielen.
    Insofern ist der Staat nicht neutraler Regisseur, sondern der Privilegierte im System, der einzige Marktteilnehmer ohne Risiko. Er gibt sich selbst Kredit, und die Banken buchen das ohne Murren. Das ist keine „freie Gesellschaft“, sondern die pure Entstellung: ein Kreditwesen, in dem der größte Schuldner als unfehlbar gilt.

    Antworten
  • Wenn man die Fäden der Diskussion zusammenzieht, zeigt sich: Das eigentliche Problem liegt nicht bei der Münzprägung oder beim Notendruck, sondern bei der Bonitätspflicht – oder genauer: bei ihrer Umgehung.
    Für jeden gewöhnlichen Schuldner gilt: Tilgung löscht Geld, Bonität entscheidet über Kredit. Das ist die Marktlogik.
    Der Staat dagegen entzieht sich dieser Logik. Er ersetzt Tilgung durch Neuschuld, er erklärt seine Anleihen per Gesetz zu risikofrei und zwingt die Banken, sie 1:1 wie Bargeld zu verbuchen. Damit fällt die Bonitätsprüfung beim größten Schuldner vollständig weg.
    Die Folge: fehlende Geldvernichtung. Der Geldüberhang bleibt, wächst weiter, schiebt das Ponzi-System auf die nächste und übernächste Generation. Hier liegt der eigentliche Inflationstreiber – nicht im kleinen Häuslebauer, sondern in der strukturellen Privilegierung des Staates.
    Deshalb ist der Staat nicht nur Architekt des Rahmens, sondern zugleich Hauptakteur mit Sonderstatus. Er baut den Käfig, flattert selbst darin und verbietet jede Prüfung seiner eigenen Flügel.
    Wer die Geldordnung verstehen will, darf diese Doppelrolle nicht ausblenden.

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