Neuigkeiten vom Rand

Die RAND Corporation dürfte vielen bekannt sein: Sie ist der wohl einflussreichste amerikanische Thinktank, dessen Analysen und Prognosen über Jahrzehnte hinweg die amerikanische Außenpolitik beeinflusst haben – und dies noch immer tun. Schon vor einiger Zeit wurde infolge der Veränderungen auf der Weltbühne das „American Century“ ausgerufen – ein Konzept, das nunmehr offensichtlich droht, eben kein ganzes Jahrhundert zu währen, und das in letzter Zeit deutlich ins Stottern geraten ist.

Man will es nicht wahrhaben, aber vor allem China galoppiert den USA in fast jeder Hinsicht davon. Die Tatsache, dass die Chinesen auf den strategisch wichtigen Seltenen Erden sitzen und über funktionierende Lieferketten verfügen, erklärt ihr zunehmend selbstbewusstes und konfrontatives Auftreten. Militärisch sind sie – berücksichtigen Sie die russisch-chinesische Entente – kaum in den Griff zu bekommen, und allenthalben droht weiteres Ungemach: Die amerikanischen Farmer bleiben auf ihren Feldfrüchten sitzen, der Iran rüstet bis an die Zähne auf, und die sogenannte „freie Welt“ umfasst mittlerweile kaum mehr als 15 Prozent der Weltbevölkerung.

Sogar enge Verbündete Washingtons – etwa Ottawa, Seoul und Tokio – drohen abzuschwenken, zu wenig profitversprechend sind die Forderungen der Trump-Regierung. Abgesehen davon, dass sich auch in den USA Widerstand regt: „No Kings!“-Rufer, Israelkritiker und andere Unzufriedene erheben ihr Haupt und die Aura von Trump beginnt zu verblassen.

Das ist auch den RAND-Strategen nicht entgangen. Nun ist ein rund 100-seitiges Papier erschienen, in dem neue Töne anklingen, fast wie in Beethovens Ode an die Freude.

Die zentralen Thesen lauten sinngemäß:

China und die USA sollten sich bemühen, einen Modus vivendi zu erreichen, in dem sie jeweils die politische Legitimität des anderen akzeptieren und ihre Bemühungen einschränken, einander zu untergraben – zumindest in einem vernünftigen Maß. Besonders bedeutsam – und aufschlussreich – ist RANDs Empfehlung an die US-Führung, die Vorstellung eines „absoluten Sieges“ über China aufzugeben, die Ein-China-Politik zu akzeptieren und damit aufzuhören, China mit militärisch motivierten Besuchen in Taiwan gezielt zu provozieren und in Alarmbereitschaft zu versetzen.

„Hört, hört!“ – bin ich versucht zu sagen. RAND bezieht sich hier auf historische Erfahrungen, vor allem auf die weitgehend funktionierende Koexistenz zwischen der UdSSR und den USA von der Kubakrise bis 1989.

Selbst Lenins Sowjetunion, so heißt es dort, habe trotz ihres erklärten Ziels einer marxistischen Weltrevolution eine Vision stabiler Beziehungen zum Westen gehabt. Beide Seiten erkannten schließlich, dass eine unbegrenzte Eskalation gefährlich und unerschwinglich war.

Wie wahr. Die massive Verschuldung des Westens und seine Abhängigkeit von russischen Rohstoffen sowie chinesischer Produktionskapazität dürften jedem sofort einleuchten – außer vielleicht unserem Friedrich und seinen europäischen Spezis. Sollten die USA tatsächlich umschwenken, wie RAND es vorschlägt – wobei nicht ausdrücklich gesagt wird, dass dies aus Einsicht geschieht, sondern eher aus einem „mehr zog sie ihn, mehr sank er hin“, also weil das Spiel im Grunde verloren ist –, dann dürfen Sie erwarten, dass unsere hiesige Elite das als Letzte begreift.

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