Unternehmen Zuversicht #1
Wenn ich Diskussionen über unsere Energiezukunft verfolge oder Politiker im persönlichen Gespräch erlebe, fällt mir auf, dass viele Menschen stur und einseitig auf eine einzige Lösung setzen: „Erneuerbare Energien – oder nichts!“
Diskussionen über Alternativen wie die Kernenergie werden gar nicht zugelassen, als handele es sich dabei um eine längst überholte Technologie. Aber es geht hierbei um mehr als Technik. Es geht um die Zukunft unserer Wirtschaft, um Wohlstand, Frieden und Freiheit.
Darüber bin ich besorgt, manchmal auch wütend. Die Zeit läuft uns davon, denn ohne eine stabile, bezahlbare und ressourcenschonende Energieversorgung wird die Zukunft düster aussehen. Der alleinige Fokus auf erneuerbare Energien reicht nicht. So wie wir aktuell handeln, steuern wir auf eine Sackgasse zu und fahren das „Unternehmen Zukunft“ an die Wand.
Der Schwarzwald und die Ressourcen des Fortschritts
Ich lebe im Schwarzwald, einer Region, die heute für ihre dichten Wälder und ihre natürliche Schönheit bekannt ist. Doch das war nicht immer so. Vor einigen Jahrhunderten waren die Wälder fast vollständig abgeholzt. Holz war damals ein wichtiger Rohstoff, mit dem der Fortschritt vorangetrieben wurde. Aus dem Holz des Schwarzwaldes wurden Boote und Schiffe gebaut, und das Holz wurde zur Energiegewinnung genutzt. Köhler rodeten die Wälder, um Holzkohle zu produzieren, die für die Verarbeitung von Metallen bei hohen Temperaturen benötigt wurde.
Erst die Entdeckung von Steinkohle und deren Nutzbarmachung – zunächst in England und später auch in anderen Teilen der Welt – machte Holz als Hauptenergieträger für die Industrie weitgehend überflüssig.
Kohle war nun die Ressource, die den Fortschritt voranbrachte und die Dampfmaschinen, die Eisenbahnen, die industrielle Revolution antrieb. Dann wurde in den USA das Erdöl als fossile Energiequelle entdeckt.
Bis heute sind fossile Energieträger für unsere Energieversorgung und den daraus erwachsenden Wohlstand von zentraler Bedeutung.
Doch fossile Energien haben Nachteile. In den 60er- und 70er-Jahren lagen Smogwolken über dem Ruhrgebiet, der saure Regen war ein großes Problem. Schon damals zeigte sich, wie abhängig wir von Energiequellen sind. Ich erinnere mich noch gut an die autofreien Sonntage in den 70ern, die wegen der Ölkrise eingeführt wurden.
Heute stehen wir vor neuen Herausforderungen. Der weltweite Energiebedarf steigt rasant. Bis 2050 wird er um etwa 50 Prozent zunehmen. Gleichzeitig werden fossile Ressourcen knapper. Das, was der Club of Rome schon vor 50 Jahren vorhersagte, wird nun Realität.
Dieser zunehmende Bedarf wird den Wettbewerb um knappe Ressourcen weiter verschärfen, besonders in Schwellenländern, die ihren Anteil am globalen Wohlstand sichern wollen.
In dieser angespannten Situation erscheinen erneuerbare Energien als die vermeintliche Rettung – doch auch sie haben erhebliche Schwächen.
Die Mär vom ressourcensparenden System
Wir haben es mittels Technik und eines vernünftigeren Umgangs mit Ressourcen und Natur in vielen Bereichen geschafft, für eine lebenswertere Welt zu sorgen, die nicht in Abgasen und Giften erstickt.
Der Schwarzwald ist heute wieder bewaldet und Sie können den Schatten der Bäume bei langen, erholsamen Spaziergängen genießen. Sie können im Ruhrgebiet weiße Wäsche zum Trocknen in den Garten hängen, in Emscher, Ruhr und Lippe schwimmen wieder Fische.
Es gibt viele Gründe, zuversichtlich zu sein – besonders, wenn man unseren Umgang mit der Umwelt betrachtet.
Für viele Menschen ist der Fortschritt bei den erneuerbaren Energien dabei einer der wichtigsten Hoffnungsträger.
Auf den ersten Blick wirken erneuerbare Energien ja auch wie die perfekte Lösung: Sonne und Wind sind unerschöpflich und kostenlos, so heißt es gern. Doch das Bild täuscht.
Die Herstellung und der Betrieb von Windkraftanlagen und Solarpaneelen erfordern riesige Mengen an Ressourcen, an Platz, an Rohstoffen – und diese Rohstoffe sind alles andere als unerschöpflich.
Große Solarparks verschlingen riesige Flächen – Hunderte, mitunter Tausende Hektar Land. Noch gravierender fällt der Flächenverbrauch der Windkraft aus: Wenn die Ausbaupläne vollständig umgesetzt werden, wird eine Fläche von rund 715.000 Hektar mit Windkraftanlagen überbaut sein. Das entspricht mehr als einer Million Fußballfeldern, ein Ausmaß, das die Dimension dieses Umbaus greifbar macht.
Und das ist nur die sichtbare Seite. Hinzu kommt die gewaltige Infrastruktur, die notwendig ist, um den Strom aus windreichen Regionen dorthin zu transportieren, wo er gebraucht wird: Stromleitungen, Konverterstationen, Speicher – ein flächendeckendes Umbauprojekt, dessen räumliche, technische und materielle Dimension kaum zu unterschätzen ist.
Vor allem aber: Der Umbau auf erneuerbare Energien ist kein ressourcensparendes Projekt. Im Gegenteil. Er erfordert eine dramatisch zunehmende Menge an Metallen und Mineralien. Mehr als die Erde dauerhaft bereitstellen kann oder als sich mit vertretbarem Aufwand fördern lässt. Seltene Erden, Kupfer, Nickel, Lithium, Kobalt – sie alle sind nicht unbegrenzt verfügbar. Und sie stammen zu einem erheblichen Teil aus Regionen, die von Autokratien kontrolliert und geopolitisch instabil sind.
Der finnische Rohstoffexperte Simon Michaux hat vorgerechnet, dass die weltweit bekannten Ressourcen schlicht nicht ausreichen, um einen vollständigen Übergang zu erneuerbaren Energien im heutigen Maßstab zu realisieren. Seine Analyse zeigt: Die Vision einer vollständig „grünen“ Energiezukunft ist technisch nicht nur ambitioniert, sie ist unrealistisch.
Was folgt daraus? Wer die Augen nicht verschließt, erkennt: Der weltweite Wettlauf um knappe Rohstoffe hat längst begonnen. Und er wird sich zuspitzen. Schwellenländer drängen in den Wohlstand, globale Industrien ringen um Vorräte, Lieferketten stehen auf dem Spiel. Die geopolitischen Spannungen, die daraus erwachsen, könnten neue Konflikte auslösen – ganz im Schatten der vermeintlich nachhaltigen Energiewende.
Wenn wir diese Risiken nicht sehen wollen, begeben wir uns in eine gefährliche Illusion. Es braucht nicht nur den Mut zur Innovation, es braucht auch den Mut zur Wahrheit.
Homo faber und unsere wertvollste Ressource
Wer Ressourcen wirklich schonen will, darf sich nicht nur auf Verzicht und Recycling verlassen. Kreislaufwirtschaft, Müllvermeidung und effizientere Prozesse sind wichtige Ansätze, aber sie allein reichen nicht aus, um den steigenden Energiebedarf unserer Welt zu decken.
Der Mensch ist nicht nur Konsument, er ist Gestalter. Homo faber – der handelnde, vorausschauende Mensch – hat stets Werkzeuge geschaffen, um Krisen zu überwinden. Und eines dieser Werkzeuge liegt längst in unserem Werkzeugkasten bereit: die moderne Kernenergie.
Die Kernenergie ist mehr als eine „Brückentechnologie“ oder ein Relikt der Vergangenheit. Richtig genutzt ist sie eine der saubersten, sichersten und ressourcenschonendsten Formen der Energieerzeugung, insbesondere in ihrer neuesten Ausprägung: der Reaktortechnologie der Generation IV.
Moderne Kernkraftwerke liefern grundlastfähige Energie, rund um die Uhr, unabhängig von Wetter und Tageszeit – ein entscheidender Vorteil in einer Industrienation. Doch was sie wirklich einzigartig macht, ist ihre Effizienz:
Ein Thorium-Flüssigsalzreaktor erzeugt über seine Lebensdauer hinweg 2.000-mal mehr Energie, als für seinen Bau und Betrieb eingesetzt werden muss. Zum Vergleich: Der Erntefaktor (Energy Return on Investment, kurz EROI), liegt bei Windkraftanlagen bei etwa 3,9, bei Photovoltaik gar nur bei 1,6. Das heißt: Während Solarzellen kaum mehr Energie erzeugen, als für ihre Herstellung nötig ist, liefern moderne Kernreaktoren ein Vielfaches dessen zurück.
Diese Effizienz hat tiefgreifende Folgen für den Rohstoffbedarf: Ein Reaktor braucht nur einen Bruchteil der Materialien, die für Wind- und Solaranlagen benötigt werden, um dieselbe Energiemenge zu erzeugen. Das entlastet nicht nur Umwelt und Landschaft, es macht uns auch unabhängiger von globalen Rohstoffmärkten.
Und welche Rohstoffe braucht die neue Kernkraft?
Vor allem Thorium, ein Element, das nicht nur in vielen Ländern reichlich vorkommt (etwa in den USA, Norwegen, der Türkei, Australien, Brasilien und Indien), sondern sogar in der Asche alter Kohlekraftwerke enthalten ist.
Und der Bedarf ist minimal: Eine Kugel Thorium in der Größe eines Golfballs reicht aus, um den gesamten Energiebedarf eines Menschen für sein ganzes Leben zu decken. Das entspricht rund 1.000 Eisenbahnwaggons voller Kohle.
Sie erkennen daran, dass der technologische Fortschritt uns Lösungen bietet, die oft effizienter, nachhaltiger und gerechter sind als der Rückzug ins Vorindustrielle. Wer wirklich eine Zukunft gestalten will, die sauber, sicher und bezahlbar ist, der sollte den Mut haben, über Ideologien hinauszudenken – und sich der Kraft der Kernenergie erneut zu öffnen.
Reaktoren der IV. Generation eröffnen einen neuen Weg: weg von einer Energiepolitik, die in ihrer gegenwärtigen Form weder ressourcenschonend noch geopolitisch nachhaltig ist. Mit dieser Technologie entfällt die Notwendigkeit, große Mengen an Kupfer, Stahl, Beton und seltenen Erden für Windkraft- und Solaranlagen zu verbauen. Komponenten, die zu über 90 Prozent aus China stammen. Auch die Abhängigkeit von Öl und Gas, die wir bislang aus dem Nahen Osten und den USA beziehen, würde obsolet.
Deutschland hätte die Chance, sich aus diesen äußeren Zwängen zu lösen. Statt sich auf fragil gewordene Lieferketten und volatile Weltmärkte zu verlassen, könnte das Land seine industrielle Basis festigen, die eigene Wertschöpfung steigern und technologisch wieder eine Führungsrolle einnehmen.
Wir sollten diese Möglichkeiten und Chancen der Kernenergie wiederentdecken.
Gehen Sie ohne ideologische Scheuklappen, ohne übertriebene Angstszenarien im Hinterkopf an die Energiegewinnung heran, dann werden Sie die Kernenergie als die günstigste, sicherste, CO2-freie, ökologische, ressourcenschonendste Form der Energieerzeugung erkennen.
Ich bin zuversichtlich, dass viele Menschen dies in naher Zukunft so sehen werden, denn ich bin davon überzeugt, dass wir als Menschen nicht dauerhaft unsere wertvollste Ressource verschwenden – unsere Vernunft.
„Zuversicht ist kein Gefühl, das man einfach hat. Sie ist eine Haltung, die man sich erarbeitet.”
Wilfried Hahn




