Wem hilft die Dämonisierung der AfD?

Der politpsychologische Frühstückssmoothie #44

Den politischen Gegner zum Bösen schlechthin zu stilisieren, erzeugt kurzfristige Befriedigungsimpulse und Gefühle der moralischen Überlegenheit, auf die lange Sicht ist diese Dämonisierung für die Regierungskunst und damit das ganze Land gefährlich und riskant. 

Und dies besonders, wenn der politische Gegner schon bei 25 Prozent der Stimmen der Wähler steht. Dies ist eher ein Symptom, dass mit der politischen Elite und ihrem Regierungsstil seit Jahren etwas nicht stimmt. Aber die AfD wird seit Jahren dämonisiert. Auf diesem Wege ist sie zur stärksten Oppositionspartei geworden und wächst weiter weiter. 

Die Dämonisierung der AfD im politischen und medialen Betrieb Deutschlands ist ein Zeichen der politischen Schwäche und des demokratischen Bankrotts. Wo Diskussion und Diskurs stattfinden sollten, wird mit Massendemonstrationen und Verbotsgedankenspielen vermeintliche Stärke gezeigt. 

Die ebenso törichten wie simplen Strategien der Agitation „gegen Rechts“ stärken die extremen Kräfte im Land immer mehr. Sie sollten einer freiheitlichen Kultur des wahrhaft demokratischen Diskurses weichen. Nur so kann Mut und Stärke der eigenen politischen Haltung gezeigt werden. Wenn man eine Politik betreibt, die Wohlstand und Wohlfahrt des Volkes mehren, braucht es keine ängstlichen Abwehrstrategien gegenüber dem politischen Gegner. 

Am Anfang des Aufstiegs der AfD wurde noch vollmundig verkündet, dass man den Gegner politisch und in Debatten stellen und bekämpfen müsse. So werde man ihn schon klein bekommen. – Eine selbstbetrügerische Illusion, wie sich mit jeder weiteren Wahl seit dem Merkelschen Migrationsfiasko ab dem Jahr 2015 herausstellte. Die Politik der damaligen Regierungen und der anschließenden Ampel-Koalition waren in der Realität Kraftfutter für die Rechten. Und dies aus einem einfachen Grund: Kontinuierlich Politik gegen die Mehrheit der Bevölkerung in Sachen Migration, Energie, Wirtschaft und innerer Sicherheit zu betreiben, rächt sich am langen Ende. 

Diese Entwicklung zeigt die Schwächen einer repräsentativen, parlamentarischen Demokratie mit dominierendem Verhältniswahlrecht klar auf: Die herrschenden Parteien dominieren mit ihren Funktionären den gesamten Staat! Sie können über viele Jahre eine Politik, die ihrer abwegigen Ideologie, aber nicht der Wohlfahrt des Volkes dienst, betreiben, ohne dass sie darin zu stoppen wären.

Kontraproduktiv

Ein möglichst schnelles Ende des infantilen, radikalen Schwarz-Weiß-Denkens im Umgang mit der rechten Opposition ist anzumahnen, damit der gesellschaftliche und kulturelle Schaden nicht noch mehr anwächst. Die Wähler haben dies schon lange erkannt und mit dem Votum für eine Mitte-Rechts-Koalition mit fast 50 Prozent der Zweitstimmen mit mehr als 57 Prozent der Mandate bei der letzten Bundestagswahl klar artikuliert. Nur die Spitzen der zu puren Machtkartellen erstarrten Parteien von CDU bis Linke wollen die Signale immer noch nicht verstehen. 

Die gesellschaftliche Spaltung und der Vertrauensverlust in die politischen Institutionen sind dadurch jetzt schon enorm angewachsen. Wenn in einem Land der Widerspruch gegen die von den Vorgängerregierungen betriebene Politik so stark anschwillt wie in Deutschland seit der Wahl 2017, sollten die Verantwortlichen sich ernsthafte Gedanken über eine einschneidende Kurskorrektur ihrer Politik machen. Dies gelingt aber einerseits bei den linksgrünen Kräften nicht, da sie so sehr ideologiegebunden sind, dass sie kaum für Realpolitik in den Feldern Migration und Energie offen sind. Die CDU/CSU andererseits hat sich durch ihre rigide Brandmauerpolitik so sehr den Parteien des linken Spektrums ausgeliefert, dass sie ihren natürlichen Werten in der Praxis nicht folgen kann und immer wieder durch Winkelzüge von linksgrün vorgeführt wird. 

Statt eine pragmatische Mitte-Rechts-Politik zu betreiben, werden die CDU/CSU-Führungskräfte von den Linken immer wieder in die strategischen Planspiele zum Verbot der stärksten Oppositionspartei hineingezogen. Dies soll riskanterweise auf der Basis eines windigen Gefälligkeitsgutachtens des Inlandsgeheimdienstes für die ehemalige SPD-Innenministerin Faeser und der den linken Parteien genehmen Besetzung zukünftiger Richterstellen am Bundesverfassungsgericht geschehen. 

Die Reaktionen und Abwehrmechanismen gegen das Heraufziehen einer starken Rechten in Deutschland bewegen sich im Spektrum von infantiler Dämonisierung bis hin zu totalitärem Verbotsreflex. Alles genau die falschen Rezepte! Es ist wie auf dem Narrenschiff, wo die Mannschaft sehenden Auges auf die Klippen zufährt und noch jeden Moment des Rausches von Macht und Beherrschung genießen, bevor es final kracht. Dem Land fehlt, auch unter der jetzigen Regierung, klare und mutige politische Führung. Der rechten Opposition ist durch gute Politik und mutige Diskussionen zu begegnen.

Spaltung und Radikalisierung

Dämonisierung ist ein uraltes psychologisches Muster: Ein unerwünschtes oder undurchschaubares Gegenüber wird so stark mit Emotionen negativ aufgeladen, dass es nicht mehr realistisch als ambivalent und komplex, sondern nur noch als böse und gefährlich wahrgenommen wird. Aus dieser gelenkten Perzeption entspringen noch intensivere emotionale Konsequenzen wie Ekel, Verachtung und Hass. 

Was im Mythos als Kampf gegen Dämonen begann, zeigt sich in der Moderne in politischen Diskursen, in medialen Inszenierungen und in alltäglichen Konflikten in sozialen Netzwerken. Wie sehr Dämonisierung den öffentlichen Diskurs verengt, illustriert das Beispiel der AfD ganz aktuell klar und präzise: Wenn der Tübinger Oberbürgermeister Boris Palmer zu einer Diskussionsveranstaltung mit dem führenden AfD-Landespolitiker von Baden-Württemberg einlädt, was demokratische Alltagspraxis sein sollte, reagiert die hysterische Linke, als ob die Welt unterginge und morgen die Nazis die Macht im Lande übernähmen. Dies ist genau die Form der Dämonisierung, die die Demokratie nicht braucht und die die Mehrheit der Wähler abstößt. 

Deutschland tut sich mit rechten und rechtsextremen Parteien besonders schwer. Aber es muss im Sinne eines politischen Erwachsenwerdens lernen, politische Vielfalt zu integrieren statt abzuspalten, bevor sich einzelne Richtungen immer mehr radikalisieren und obendrein bei ihren Sympathisanten noch einen Opfer-Bonus erhalten. 

Abspaltung ist ein sehr einfacher psychologischer Abwehrmechanismus. Es entspricht dem primitiven frühkindlichen Muster, die Augen zu verschließen und zu glauben, dass das unbeliebte Objekt dadurch nicht mehr da sei. Schon das höfliche Grüßen zu verweigern oder die gemeinsame Fahrt mit einem AfD-Abgeordneten im Aufzug des Reichstags zu vermeiden, ist von dieser frühkindlichen Sorte Abwehrmechanismus. So gelingt demokratische Staatskunst nicht! Und obendrein: Was der Wähler mit seiner Stimme vereinen will, darf der Politiker in seiner ideologischen Verblendetheit nicht immer tiefer spalten!

Psychologischer Nutzen und Schaden 

Dämonisierung reduziert Komplexität, stiftet Orientierung und verschafft emotionale Entlastung. So weit so gut, aber auch so weit so schlecht, denn die Dämonisierung schaltet rationales Denken und freie Meinungsäußerung aus und fördert hyperemotionale Reaktionen und Massenhysterie. Der Preis der Dämonisierung ist viel zu hoch in einer Demokratie. Wenn die Parteien der Mitte die Politik betreiben würden, für die sie gewählt wurden, gäbe es gar keine AfD um die 25 Prozent! 

Eine besonders schlimme Konsequenz der durch Dämonisierung erzeugten Spaltung besteht darin, dass für die einen die Fähigkeiten der AfD-Politiker ausschließlich im Bösen liegen, für die Sympathisanten jedoch nur im Guten. Ein ausgewogener, differenzierte Blick wird für alle Seiten unmöglich. Der dämonisierte politische Gegner gewinnt in den Augen der Sympathisanten immer mehr an Kompetenz und idealen Eigenschaften, auch wenn dies gar nicht so ist. Ein wahrhaft gefährlicher Prozess! Projektionsflächen entstehen im Schlechten wie im Guten, anstatt dass notwendige Realpolitik betrieben wird. 

Kognitiv sortiert Dämonisierung die Welt in Schwarz und Weiß und verkennt somit, dass es auch beim politischen Gegner vernünftige und anständige Menschen gibt. Die Unanständigen werden überhöht und bekommen dadurch nach und nach immer mehr Macht. Dümmer geht es nicht! 

Im emotionalen Bereich sorgen verfestigte Feindbilder vor dem Hintergrund des Schwarz-Weiß-Denkens für immer stärkere negative Emotionen von Angst, Wut bis hin zu Hass. Dass seit dem Aufkommen der AfD von Seiten der traditionellen Parteien immer mehr von Hass und Hetze die Rede ist, stellt eine weitere Projektionsfehlleistung der eigenen Gefühle und Ängste dar. Hass und Hetze sind ein Grundübel aller Extremisten, egal ob rechts, links oder religiös. 

Die Dämonisierung stärkt obendrein das Wir-Gefühl der Dämonisierer. Am Ende entsteht eine Wagenburg-Mentalität ohne realen Bezug zur Außenwelt. In der Wagenburg finden sich Konservative, Sozialdemokraten, Liberale und Kommunisten Seite an Seite. Dies entspricht gefühlt dem Zustand der Blockparteien in der ehemaligen DDR. Man sollte sich seine politischen Weggefährten sorgfältiger aussuchen! 

Statt sich mit dem Gegner intensiv politisch zu befassen und die eigene Politik zu optimieren, finden sich die aufgeputschten Aktivisten unter der Regie steuerfinanzierter linksgrüner NGOs zu Massendemonstrationen zusammen, um sich ihrem Gruppenrausch hinzugeben. Dies trägt nichts zur Lösung der Probleme des Landes bei und macht den Gegner durch Ausgrenzung und Beschimpfung noch mehr zum Opfer. 

Das Ganze erinnert im archetypischen Sinne des Psychoanalytikers C.G. Jung an den ultimativen Kampf Gut gegen Böse, Licht gegen Dunkelheit oder Oberwelt gegen Unterwelt. Eine maßlose Übertreibung und auch eine überhebliche Verkennung und Verklärung der eigenen Rolle! 

So stabilisiert die exzessive Dämonisierung des Gegners das eigene Selbst- und Weltbild, was dadurch immer irrealer und psychotischer zu werden droht. Besonders bei Massenveranstaltungen werden durch die spezielle Atmosphäre Momente von Rausch und Psychose erzeugt. Dies alles geschieht auf Kosten der notwendigen Differenzierung, Ambiguitätstoleranz und Dialogfähigkeit.

Wer die AfD auf die dämonisch-hyperemotionale Art bekämpft, wähnt sich moralisch auf der richtigen Seite. Er geriert sich als moralisch korrekt und unantastbar, weil er im Besitz der „richtigen” Werte sei. Wer zur Differenzierung mahnt, gerät schnell in den Verdacht, zu relativieren und die wahren Werte der Demokratie zu verraten. Die moralische Überhöhungsstrategie der linksgrünen Aktivisten ist mehr eine eigene Immunisierungsstrategie. Im Windschatten dieser Strategie ist es der Linken gelungen, sich als Partei der Mitte darzustellen, obwohl sie als direkte SED-Nachfolgeorganisation viele linksextremistische Positionen und Führungskräfte aufweist. Diese Aspekte können im Gefolge der hypermoralischen Inszenierung gegen den Dämon ohne weiteres Zutun verdrängt werden. 

Obendrein wird die inzwischen durch törichtes politisches Handeln der anderen Parteien zur größten Oppositionspartei angeschwollene AfD als existentielle Bedrohung inszeniert. Ein weiterer irrealer Aspekt der Dämonisierung. Eine zugelassene Partei mit – zugegebenermaßen – vielen problematischen Führungskräften kann nicht das Böse an sich sein und schon gar nicht die ultimative existentielle Bedrohung. 

Politik „by the people, for the people“ hilft in solchen Situationen ungemein! Oder: Dem Volk aufs Maul schauen, wissen, wo es drückt – von Berlin-Mitte und Prenzlauer Berg mal nach Gelsenkirchen, Oberhausen und Unna schauen!

Der inzwischen in Politik und Kartellmedien fest verankerte Dämonisierungsmechanismus verschafft vordergründige Entlastung bei drängenden gesellschaftlichen Problemen: Von Migration, Wirtschaftskrise, überspitzter Klimapolitik bis hin zu Kriminalität im öffentlichen Raum. Alles erscheint klein im Vergleich zum übermächtigen Feind und dessen dunkle Machenschaften. Aber: Das alles ist ein Scheineffekt, also nur Selbstbetrug. Verdrängung, Verschiebung, Leugnung und Projektion sind die übermächtigen psychologischen Mechanismen, die dabei am Werke sind. 

Dem Gegner wird sogar zugeschrieben, Machtergreifungen wie 1933 wieder bewerkstelligen zu können, wenn man ihn nicht strengstens bekämpft. Hier zeigen sich die psychotischen Folgen der Dämonisierungsstrategie. Auf den Gegner werden einfacherweise die Ursachen aller Probleme projiziert. Ein Narrativ, an das trotz Dauerbombardement durch die Kartellmedien immer weniger vernunftbegabte Menschen im Land glauben wollen. Ein weiterer Grund für das stete Anwachsen der AfD in der Bevölkerung!

Die Rolle der Medien 

Die schon erwähnten Kartellmedien spielen in dem beschriebenen Prozess eine zentrale Rolle. Viele ihrer Berichte folgen dem Muster der Skandalisierung und Emotionalisierung. Schlagzeilen zielen weniger auf Aufklärung und Differenzierung, sondern auf Empören und Moralisieren. Global und undifferenziert benutzte Begriffe wie „Brandstifter“, „Gefahr für die Demokratie“ oder „toxische Bewegung“ laden das Thema emotional auf, während sachliche Analysen oft fehlen. 

Dieser Mechanismus hat mehrere unerfreuliche Folgewirkungen: Endlose Bestätigungsschleifen für das Publikum, das die AfD ohnehin ablehnt und sich so nicht mit alternativen Sichtweisen für dringende politische Notwendigen herumschlagen muss, sondern immer wieder in ihrer Haltung verstärkt wird, ohne dass sie Gegenargumente kennenlernen. Gleichzeitig fortschreitende Radikalisierung der AfD-Anhänger, die sich in ihrer Opfererzählung immer wieder bestätigt sehen. Dazu zunehmende Erosion des Vertrauens in etablierte Medien, die als belehrend und einseitig parteiisch wahrgenommen werden. Damit unterstützt die Berichterstattung genau jene Dynamiken, die sie im Sinne objektiver und neutraler Positionierung bekämpfen sollte.

Vom Dämon zum Hoffnungsträger?!

Ein oft übersehener psychologischer Effekt der Dämonisierung ist ihr Potenzial, in Idealisierung umzuschlagen. Dämonisierung und Idealisierung sind psychologische Zwillinge. Wo ein Objekt extrem negativ aufgeladen wird, entsteht zugleich die Möglichkeit, dass es – in den Augen der offenen und geheimen Sympathisanten – heroisiert wird.

Im Fall der AfD zeigt sich dies deutlich: Die ständige Darstellung der AfD als in Gänze böse und unberührbar nährt bei Teilen der Bevölkerung das Bild einer „verfolgten Opposition“ oder gar einer letzten ehrlichen Kraft im Land. Der nette AfD-Mann vom Wahlstand auf dem Marktplatz kann auf Dauer nicht als teuflischer Dämon wahrgenommen werden, wenn er sich besser mit den Sorgen der Bürger vor Ort auskennt als der ideologieschwätzende grüne Listenkandidat. 

Das Schwarz-Weiß-Denken, das zuerst dämonisiert, treibt so paradoxerweise Idealisierung und Heroisierung voran. Aus psychologischer Sicht handelt es sich um denselben Mechanismus der Projektion: Wer Ambivalenzen nicht aushält, wechselt leicht zwischen Feind- und Heilsbild. 

Statt die AfD durch Realpolitik wahlweise zu entzaubern oder mit ins Boot zu holen, wird sie immer weiter dämonisch aufgeladen. Diese Dynamik macht die öffentliche Auseinandersetzung nicht nur irrationaler, sondern auch politisch gefährlicher – weil sie die Diskurse weiter polarisiert und extremistische Ränder stabilisiert. So entstehen selbst erfüllende Prophezeiungen und diskursive No-Go-Areas, die es in einer Demokratie nicht geben sollte. 

Psychologische und gesellschaftliche Folgen

Die Dämonisierung der AfD ist nicht folgenlos geblieben. Sie blockiert den dringend notwendigen demokratischen Dialog, verschärft Polarisierung und schwächt die demokratische Resilienz der Mitte. Derweil rutscht das Land immer tiefer in die Krise. Wer Gegner nur noch als dämonisch sieht, verliert die Fähigkeit, ihre Motive zu verstehen, ihre Wähler ernst zu nehmen und politische Lösungen zu verhandeln. Dies sind aber die Kernaufgaben einer funktionierenden Demokratie. 

Die Demokratie ist nicht „unser“, gehört keinem, sondern muss lebendig mit möglichst vielen, die guten Willens sind, gelebt werden. Und das sind alle außer den Extremisten von ganz links und ganz rechts. Und Extremismus wird dabei nicht vom Verfassungsschutz definiert, sondern von der politischen und psychologischen Vernunft. Denn ein Viertel der Wahlbevölkerung sind keine Extremisten! Sie reagieren mit ihrer Wahlentscheidung auf die hochideologische Politik der politischen Eliten der letzten zehn Jahre. 

Für die AfD selbst ist die Dämonisierung paradoxerweise ein Mobilisierungsvorteil: Je stärker sie als „geächtet“ gilt, desto attraktiver erscheint sie ihren Anhängern als die einzig wahre Opposition, wird also mehr und mehr idealisiert.

Wege aus der Falle

Noch ist es nicht zu spät, der Brandmauer-Falle zu entkommen. Aber die verbleibende Lücke wird sich bald schließen, wenn – im Zuge einer verschärften Wirtschafts-, Migrations- und Gesellschaftskrise – die AfD auf Stimmenanteile von deutlich über 30 Prozent kommen wird. Dann wird sich jegliche Dämonisierungsstrategie als nur noch destruktiv erweisen. 

Ein konstruktiver Umgang mit dem politischen Gegner ist längst überfällig. Es braucht einen klugen psychologischen und kommunikativen Ansatz: Klare Kritik an problematischen Positionen, ohne pauschale Abwertung aller Wähler; offene, kontroverse Debatten, die auch unbequeme Themen zulassen und nicht aussparen; ehrliche Analyse eigener politischer Versäumnisse, die den Aufstieg der AfD erst begünstigt haben; die Fähigkeit, auch Spannungen, Widersprüche und Unsicherheiten auszuhalten, ohne in Schwarz-Weiß-Muster zu verfallen. Ohne die Bildung von Mitte-Rechts-Regierungen wird der Aufstieg der AfD durch Ausgrenzung und Dämonisierung weiter fortschreiten. Die Partei muss durch Realpolitik entzaubert werden, bevor sie die stärkste Partei im Land ist.

Dämonisierung ist wie ein psychologischer Kurzschluss: Sie schafft falsche Einfachheit, wo komplexe und differenzierte Reaktionen nötig wären, und hysterische Emotionalität, wo Gelassenheit geboten wäre. Sie mag kurzfristig mobilisieren – langfristig aber zerstört sie Dialog, verstärkt Spaltung und unterminiert die demokratische Kultur. Die politischen Eliten müssen entweder abgelöst werden, was überfällig erscheint, oder endlich ihre Aufgaben erfüllen: Einfach gute Politik machen!

Wer es ernst meint mit Demokratie und gesellschaftlichem Zusammenhalt, muss lernen, auch mit dem Unbequemen differenziert umzugehen. Gefragt ist eine neue Form der Mündigkeit: den Gegner scharf zu kritisieren, ohne ihn zu entmenschlichen. Übrigens alles schon mal da gewesen, als Liberalismus noch liberal und freiheitlich und nicht woke war! Denn erst, wenn wir aufhören, politische Gegner zu Dämonen – oder zu Helden – zu machen, kann aus einem vergifteten Klima wieder ein streitbarer, aber konstruktiver öffentlicher Raum entstehen.

Beitrag teilen …

Der nächste Gang …

Dawid Baran Blog

Auf dem Plattenspieler: A-ha

Die KI und die Conditio Humana

2 Kommentare. Leave new

  • G. Meinikheim
    11/09/2025 22:43

    Wie soll denn mittlerweile eine Mitte-Rechts-Regierung aussehen bzw wer soll sie bilden?
    Weite Teile der Union sind so weit nach links abgedriftet, daß mit ihr nur noch bedingt eine Politik für die Bevölkerung und das Land gemacht werden kann. Die FDP, einst die Partei für Freiheit und Wirtschaftlichen Wohlstand, hat sich auch zugrunde gerichtet in der Ampel.

    Es kann derweil nur eine Antwort geben auf die heutige Misere im Lande: Eine Regierung unter Führung von Frau Weidel bei gleichzeitiger Rückbesinnung der Union auf ihre einstigen Werte und damit eine Koalition mit der AFD!
    Nach meiner Überzeugung aus ca 50-jähriger Politikbeobachtung ist die AFD das, was die CDU vor Merkel war.

    Antworten
  • Peter Würdig
    13/09/2025 20:39

    Ich habe selten eine so gute und kompetente Beschreibung der politischen Situation in unserem Lande gelesen. Leider fehlt den zur Zeit verantwortlichen der Mut, endlich die Signale der Zeit zu erkennen. Wie lange werden wir noch die Fehlentwicklung in unserem Land ertragen müssen ?

    Antworten

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Fill out this field
Fill out this field
Bitte geben Sie eine gültige E-Mail-Adresse ein.
You need to agree with the terms to proceed

Autoren