Söders Energie-Ende

Am 25.10.2025 sollen die Kühltürme des bayrischen Kernkraftwerks Gundremmingen gesprengt werden. Markus Söder schweigt.

Söder ist eine der schillerndsten Politikpersönlichkeiten in Deutschland. Sein Vorgänger im Amt des Ministerpräsidenten Bayerns, Horst Seehofer, hielt ihm schon mal „charakterliche Defizite und Schmutzeleien” vor, als es darum ging, sich den Weg in die Staatskanzlei zu ebnen, dabei Christine Haderthauer politisch „auszuschalten” und Ilse Aigner auf einen geeigneten Posten „wegzumanövrieren”. Spöttern von Horst Seehofer wird nachgesagt, sie hätten den Namen ihres Parteichefs zu „Drehhofer” abgewandelt, in Anspielung zur politischen Volatilität seiner Meinungen und Forderungen.

Kernkraft ja und Kernkraft nein

Die berufliche Laufbahn des 1967 geborenen Söder führt über ein erstes juristisches Staatsexamen mit Promotion und ein Volontariat beim Bayerischen Rundfunk sogleich in den Landtag, dem er seit 1994 angehört. Er ist „Berufspolitiker” und Franz-Josef Strauß ist sein Idol. Die Büste von Strauß ziert sein Amtszimmer in der Staatskanzlei und einstmals hing ein übergroßes Poster von Strauß in Söders Kinderzimmer an der Wand.

Sein fränkischer Landsmann Günther Beckstein machte ihn 2007 zum Staatsminister für Bundesangelegenheiten und Medien, Seehofer ernannte ihn 2008 zum Staatsminister für Umwelt und Gesundheit und 2011 für Finanzen, Landesentwicklung und Heimat. 

Im Januar 2010, noch als Umweltminister, forderte Söder die Verlängerung der Laufzeiten für Kernkraftwerke. „Wir können mit Verhandlungen und Entscheidungen nicht noch länger warten”, sagte er dem Spiegel. 

Im Februar zitierte ihn der Münchner Merkur, Söder habe sich gegen eine „Ewigkeitsgarantie” für Atomkraftwerke ausgesprochen; darunter verstehe er eine Verlängerung der Laufzeiten auf 60 Jahre.

Am 12. März 2011 sprach er davon, dass „unsere Atomkraftwerke sicher” seien, in der „Nachrüstungsdebatte” könne man nachbessern, aber Tsunamis gebe es bei uns nun mal nicht und auch die geologische Situation sei mit Japan nicht vergleichbar.

Am 16. März 2011, nur vier Tage später forderte er einen „schnelleren Umstieg auf erneuerbare Energien”, Japan habe alles verändert. Ende Mai desselben Jahres drohte er mit Rücktritt, falls sich der Freistaat auf einen späteren Zeitpunkt für den Atomausstieg als 2022 festlegt. 

Reaktivierungspläne hin und her

In jenem Jahr, 2022, deutet Söder an, seine früheren Positionen zu überdenken. Er spricht in mehreren Interviews und Reden über Netzstabilität, Energieversorgungslücken und schlägt vor, dass eine Rückkehr zur Kernenergie Teil der Lösung sein könne, insbesondere in Form von Reaktivierung bereits abgeschalteter Anlagen.

2023 sagte der CSU-Vorsitzende und Bayerische Ministerpräsident im ARD Sommerinterview, er halte eine Reaktivierung von Kernenergie ab 2025 für möglich – falls die Union in eine Bundesregierung eingebunden wäre. 

Söder forderte noch vor Umsetzung des Atom-Aus eine eigene Länderzuständigkeit für den Weiterbetrieb der Kernkraft: „Solange die Krise nicht beendet und der Übergang zu den Erneuerbaren nicht gelungen ist, müssen wir bis zum Ende des Jahrzehnts jede Form von Energie nutzen.”

Vielleicht hätte sich Söder an seinen politischen Übervater Franz-Josef Strauß erinnern sollen. Der sagte in seiner Regierungserklärung am 17.Juli 1986 nach dem Reaktorunfall von Tschernobyl im Bayerischen Landtag, es gebe zwar ein Restrisiko, doch dürfe man deshalb keinen „Hexenprozess” gegen die Kernenergie führen. Ein Verzicht auf sie würde die Industriegesellschaft destabilisieren und die Bundesrepublik würde auf „ein primitives Niveau” zurückgeworfen.“

Im Februar 2025 forderte Söder sogar die Reaktivierung der drei zuletzt abgeschalteten Kernkraftwerke in Deutschland. Er sagte, das sei „in diesem und im kommenden Jahr jederzeit möglich“ und die Kosten „nicht sehr groß“. 

Zwei Monate später, nach Abschluss des Koalitionsvertrags im Bund im April 2025, den die CSU als erste der drei Parteien gebilligt hatte, sagte Söder, dass aktuell eine Rückkehr noch möglich gewesen wäre, es habe „aber keine politische Mehrheit“ gegeben, daher sei „die Kernenergie nicht mehr möglich zu machen“ gewesen. 

Die Grünen im Bayerischen Landtag feiern die Aufgabe der Reaktivierungspläne. Der grüne Landtagsabgeordnete Martin Stümpfig warf Söder vor, er habe mit seinen „illusorischen Inbetriebnahmeplänen” die Wähler nur getäuscht. Die Aussagen zur Wiederinbetriebnahme seien „irrsinnig” gewesen.

Zerstörungswerk

Die Zerstörungswut der von Links beeinflussten Regierungspolitik Deutschlands geht weiter. Dabei war das Kernkraftwerk Gundremmingen ein Erfolgsmodell. In 37 Betriebsjahren wurden mehr als 700 Terawattstunden Strom erzeugt, verlässlich, stabil und preiswert. Geschätzt 573 Mio. Tonnen CO wurden gegenüber fossiler Erzeugung vermieden.

Die Blöcke B und C in Gundremmingen brachten es auf 2,57 Gigawatt Leistung. Damit konnte der Energiebedarf von München, Zürich, Bern, Linz, Graz, Regensburg, Augsburg, Genf, Nürnberg und Salzburg zeitgleich abgedeckt werden. Diese zehn Städte repräsentieren zusammen ca. 4,5 Mio. Einwohner und einen jährlichen Verbrauch von etwa 22,3 TWh.

Die Sprengung der Kühltürme demonstriert die absichtsvolle Zerstörung eines Erfolgsmodells. Technologie, die am ehemaligen Hightech-Standort Deutschland entwickelt wurde, geht verloren. Strauß hatte recht: Deutschland wird auf ein primitives Niveau zurückgeworfen und Politiker wie Markus Söder tragen dazu bei.

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