Es ist gar nicht so lange her, da kam es in Berlin zu einem folgenschweren Unfall: Eine Radfahrerin wurde von einem Betonmischer erfasst und starb einige Tage später. Pikant: Der Rettungswagen stand in einem Stau, verursacht durch selbsternannte Klimaaktivsten, die sich auf die Straße geklebt hatten. Seitdem ist eine wilde Debatte entfacht, wer denn nun schuld an dem Tod der Frau sei: Die Klimakleber, welche die Straße blockiert haben, die Autofahrer, die keine Rettungsgasse gebildet haben, oder der Fahrer des Betonmischers, der nicht aufgepasst hat. Für die Radfahrerin interessiert sich tatsächlich so gut wie niemand. Jeder versucht, den Unfall für seine Agenda zu instrumentalisieren. Ähnlich wie nach einem Anschlag oder Amoklauf.
Die „Letzte Generation“ ist gescheitert
Trotzdem ist die selbsternannte „Letzte Generation“ mit ihrem Protest gescheitert. Auch wenn prominente Klimaaktivisten wie Luisa Neubauer weiterhin in Talkshows eingeladen werden und immer wieder betonen, wie wichtig der Protest sei, wenden sich nun immer mehr Menschen von den Aktionen der „Letzten Generation“ ab. Das Meinungsforschungsinstitut Civey hat kürzlich ermittelt, dass 86 Prozent der Deutschen das Vorgehen der „Letzten Generation“ ablehnen. Auch prominente Politiker der Grünen, wie Robert Habeck, die dem Klimaaktivismus traditionell offen gegenüberstehen, kritisieren die Aktionen inzwischen als „wenig hilfreich“.
Das heißt nicht, dass nicht viele Deutschen den Klimawandel durchaus als Problem erkannt haben. Ganz im Gegenteil. Dennoch steht dieses Thema momentan in Konkurrenz mit vielen anderen Themen. Corona, Krieg in der Ukraine, Inflation, Energiekrise, drohende Rezession und die anstehende Darts-WM sind nur eine kleine Auswahl von Dingen, die viele Menschen gerade bewegt und verunsichert.
Ja, der Ausstieg aus fossilen Energieträgern ist richtig und wichtig. Aber es muss eben mit Augenmaß geschehen, um bestehende Krisen nicht noch zu verschärfen. Ob das ehrgeizige Ziel erreicht wird, in Zeiten von Energieknappheit und dunklen Innenstädten sehr bald von Verbrenner auf Elektromobilität umzusteigen, darf indes ernsthaft in Zweifel gezogen werden.
Langsam, langsamer, Politik
Trotz dieser Fakten kleben sich die Aktivisten immer noch auf die Straßen Berlins, obwohl ihr Protest fürs Klima von Anfang an als gescheitert betrachtet werden darf. Den großen Fehler, den die Klimaprotestler machen, liegt meines Erachtens in ihrem erklärten Ziel, Druck auf die Politik ausüben zu wollen. Das hat auch schon Graeme Maxton, der ehemalige Generalsekretär des „Club of Rome“, erkannt, der lieber „radikale globale Notstandsgesetze“ einführen möchte, da die „liberale Demokratie, in der jeder wählen darf und jede Stimme das gleiche Gewicht hat“ in der Krise nicht hilfreich sei. Denn die Politik in einer Demokratie arbeite immer langsam.
Hier hat Maxton schon recht. Aber das hat eben zwei sehr gute Gründe: Erstens sind die Wege in einer parlamentarischen Demokratie immer sehr lang, weil eben keine übereilten Entscheidungen getroffen werden sollen, und zweitens ändern sich die Machtverhältnisse und damit die Themenpräferenzen alle paar Jahre. Vor allem während der Coronakrise haben wir gesehen, was passiert, wenn die Politik übereilte Entscheidungen trifft. Die Folgen spüren wir bis heute. Stichwort Inflation.
Und ganz ehrlich: Die Politik scheitert seit Jahren an „komplexen“ Themen wie der Abschaffung von Sommer- bzw. Winterzeit oder dem Bau eines Flughafens. Dass die Bundeswehr noch nicht mal bedingt einsatzfähig ist, sei nur nebenbei bemerkt. Und das soll jetzt auf einmal ein kompetenter Partner in der Klimakrise sein?
„Wir haben doch keine Zeit“
Diskutiert man mit Klimaaktivsten, kommt sehr schnell das Argument, dass man zu solchen Maßnahmen (Straße kleben, Kunstgegenstände beschmieren) greifen müsse, da man ja keine Zeit mehr hätte und die Klimakrise JETZT sei.
OK, stimmt. Es gibt eine Reihe von Modellen und Berechnungen. Die schlimmsten wurden inzwischen zwar widerlegt, aber trotzdem ist der Klimawandel ein reales Problem. Nur: Wie effizient sind die Maßnahmen der Klimaschützer? Sie fordern die Politik auf, sofort Maßnahmen gegen den Klimawandel zu ergreifen. Häufig werden dabei das 9-Euro-Ticket und das Tempolimit genannt. Außerdem solle Deutschland so schnell wie möglich aus fossilen Energien aussteigen.
Das 9-Euro-Ticket wird sehr wahrscheinlich daran scheitern, dass a) jemand die Kosten dafür übernehmen muss und b) die Infrastruktur in Deutschland dafür (noch) nicht vorhanden ist. Jeder kann das gerne im Selbstversuch machen: Fahren Sie mal mit der Regionalbahn von Dinkelsbühl in das ca. 75 km (Luftlinie) entfernte Neuburg an der Donau. Viel Spaß bei der knapp fünfstündigen Fahrt!
Als passionierter Stausammler klingt das Tempolimit für mich auf den ersten Blick besser. Allerdings bleibt für mich offen, ob es fällt, wenn alle Deutschen auf das E-Auto umgestiegen sind. Zumal der Spritverbrauch der PKWs seit 25 Jahren kontinuierlich sinkt. Warum Klimaschützer, die sich selbst stets als „Wissenschaftsultras“ und „Fakten-Fanboys“ bezeichnen, diesen Erfolg weder hervorheben noch ausbauen wollen, bleibt fürs erste ihr Geheimnis.
Beim Ausstieg aus den fossilen Energien herrscht hingegen große Einigkeit. Allerdings ist das ohne größere gesellschaftliche Verwerfungen erst in zehn, wahrscheinlich eher in 15 bis 20 Jahren realistisch. Wenn alles glatt läuft.
Da Deutschland einen geringen Anteil am weltweiten CO2 Ausstoß hat, müssen dann erst die anderen Länder diesen Weg als sinnvoll für sich erkennen und umsetzen. Wir reden hier aber von relativ großen Ländern wie China, USA und Indien. Das wird, optimistisch geschätzt, nochmal locker 30 Jahre in Anspruch nehmen. Heißt, die Welt wird frühestens in ca. 50 Jahren auf fossile Energien verzichten können. Wenn alles gut läuft. Realistisch sind wahrscheinlich eher 70 oder vielleicht auch 100 Jahre. Heißt also: Mit den Klimaprotesten erreichen die Aktivisten – richtig – gar nichts.
Selbst ist der Aktivist
Was können die Klimaschützer als nun tun? Ich denke, die meisten von denen wissen, dass diese Art des Protests praktisch sinnlos ist. Es geht hier, wie immer, um ganz andere Dinge. Man möchte vor allem zwei Dinge erreichen: Erstens die Deutungshoheit über das Ausmaß der Klimakrise gewinnen. Frei nach dem Motto: Entweder 9-Euro-Ticket oder Holland versinkt nächste Woche im Meer. Zweitens geht es um Macht und Geld: Der Klimaaktivismus ist ein einträgliches Geschäft. Es gibt mehrere Firmen, die bereit sind zu spenden, und internationale Klimafonds zur Finanzierung von „Aktionen“ stehen auch bereit. Des Weiteren stehen Pöstchen in diversen Parteien zur Aussicht.
Wenn die Aktivisten wirklich etwas erreichen wollten, dann würden sie sich morgen in ein Ingenieursstudium einschreiben und die Fertigkeiten erlernen, um in einem Unternehmen oder einer Forschungseinrichtung technische Neuerungen zu entwickeln, um so dem Klimawandel zu begegnen.
Beispielsweise werden dringend Speicher für regenerative Energien benötigt. E-Autos brauchen eine großflächige Infrastruktur von Ladesäulen. Umweltfreundliche Batterien wären ebenfalls eine willkommene Alternative. So ein Studium dauert auch nur ca. fünf bis sieben Jahre und ist damit deutlich schneller und effizienter, als das Festkleben auf einer Straße oder das Bewerfen von Kunstwerken mit Omas Kartoffelbrei.
Allerdings wäre so ein Studium mit deutlich mehr Arbeit und wesentlich weniger Selbstinszenierung verbunden.
1 Kommentar. Leave new
Klimakrise? Jetzt? Und so dramatisch, dass ich Sachbeschädigung und Körperverletzung in Kauf nehmen muss? Wenn die Prämisse aber gar nicht stimmt? Wie weiland jemand eine todsgefährliche Virenkrise ausgerufen hat, die aber gar nicht da war, aber die Gegenmassnahmen tatsächlich Schaden erzeugt, Existenzen vernichtet und Leben gekostet haben?
Der Autor traut sich nicht seine Wohlfühlblase zu verlassen und Tacheles zu reden. Intellektuelle Redlichkeit würde gebieten weiter zu denken! Na, zumindest ein Anfang ist gemacht…