Alle reden über die Hitze – tun wir’s auch!

Sommerzeit, und alle reden über das Wetter. Insbesondere über die Hitze. Nicht zuletzt unser Gesundheitsminister Karl Lauterbach, der am 13.07.2023 twitterte: „Heute in Bologna Italien eingetroffen, jetzt geht es in die Toskana. Die Hitzewelle ist spektakulär hier. Wenn es so weiter geht werden diese Urlaubsziele langfristig keine Zukunft haben. Der Klimawandel zerstört den Süden Europas. Eine Ära geht zu Ende.“ 

Eine Äußerung, die den TV-Journalisten Andrea Giambruno, Lebenspartner von Italiens Ministerpräsidentin Giorgia Meloni, bald darauf in seiner Sendung beim privaten Sender „Rete 4“ schimpfen ließ: „Wenn es dir nicht passt, dann bleib zu Hause!” 

Wieder zu Hause angekommen, verkündete Lauterbach am 28.07., im vergangenen Jahr seien rund 8.000 Menschen in Deutschland an Hitze gestorben und er wolle diese Zahl in diesem Jahr deutlich senken: „Wir haben das Ziel, die Zahl der Sterbefälle in diesem Jahr zu halbieren, also unter 4.000 zu halten.“

Im Hintergrund der Hitze-Alarmismen von Lauterbach und vielen anderen steht immer das Narrativ vom ausschließlich CO2-bedingten Klimawandel. Kein Wort über mögliche andere Ursachen hören wir etwa in den Nachrichtensendungen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. 

Es würde wohl das schrille Narrativ zu sehr stören, wenn auf natürliche Ursachen einer Wetterveränderung hingewiesen würde. Da schweigt man lieber über andere Erwärmungsursachen. Grund genug, an dieser Stelle darüber zu reden. 

Es wird wärmer

Zunächst einmal ist tatsächlich festzuhalten: Ja, es wird wärmer. Ganz aktuell etwa ist im Juli 2023 die Abweichung der globalen Temperatur vom 30-jährigen Mittel der satellitengestützten Messungen der University of Alabama (UAH) gegenüber dem Mai sehr deutlich angestiegen: 

 

Der Wert beträgt 0,64 Grad Celsius und stellt die zweithöchste Abweichung vom langjährigen Mittel seit 1979 dar. Im Durchschnitt pro Jahrzehnt seit 1979 beträgt der Temperaturanstieg 0,14 Grad Celsius.

Auch längerfristig ist die Temperaturentwicklung der letzten Jahrzehnte von einer starken Erwärmung gekennzeichnet. Und es ist nicht zu bestreiten, dass die in den letzten Jahrzehnten stark angestiegene CO2-Konzentration in der Luft einen Beitrag zu dieser Erwärmung geleistet hat. 

Aber eine allseits (auch vom IPCC) anerkannte Messreihe des englischen Hadley-Zentrums der Universität East Anglia in Norwich zeigt, dass die Temperaturentwicklung keineswegs immer dem CO2 folgt. Es müssen offenbar auch noch andere Einflüsse wirksam sein als das seit 60 Jahren unaufhörlich steigende CO2 (mehr dazu in meinem Buch „Die große Energiekrise“).

Strahlungsbilanz der Erde

Über einen dieser Einflüsse hatte ich vor knapp zwei Jahren in einer peer-reviewed Veröffentlichung (wissenschaftliche Arbeit, die durch unabhängige Gutachter aus dem gleichen Fachgebiet geprüft wurde) von Hans-Rolf Dübal und mir in der Zeitschrift „Atmosphere“ berichtet: die Erhöhung der globalen Sonnenscheindauer und den Rückgang der Wolken (eine Zusammenfassung der Publikation in Deutsch ist hier zu finden). 

Wir hatten dort die Strahlungsbilanz der Erde in den letzten 20 Jahren untersucht. Der Nettostrahlungsfluss, also die Differenz zwischen solarer Einstrahlung und lang- und kurzwelliger Abstrahlung, bestimmt die Veränderung des Energieinhaltes des Klimasystems. Ist er positiv, so heizt sich die Erde auf, ist er negativ, so bedeutet das eine Abkühlung. 

Das von der NASA betriebene satellitengestützte CERES-Projekt liefert seit zwei Jahrzehnten solche Strahlungsdaten sowie Daten zur Entwicklung der Bewölkung in zeitlicher und räumlicher Auflösung. Diese Daten werden sowohl auf eine Höhe von ca. 20 km (TOA = „Top of Atmosphere“) als auch auf die Erdoberfläche bezogen bestimmt. 

Höhere Durchlässigkeit der Wolken

Nach unserer Untersuchung ist die Erwärmung der Erde in den letzten 20 Jahren im Wesentlichen auf eine höhere Durchlässigkeit der Wolken für die kurzwellige Sonneneinstrahlung zurückzuführen. Die kurzwellige Abstrahlung ist in diesem Zeitraum stark zurückgegangen, und zwar gleichermaßen auf der Nord- und Südhalbkugel. 

Das bedeutet bei nahezu konstanter Sonneneinstrahlung, dass mehr kurzwellige Strahlung die Erdoberfläche erreicht hat und damit zur Erwärmung beitrug. Auf Grund der Strahlungsdaten des CERES-Projekts konnten wir feststellen, dass die langwellige Rückstrahlung (der sog. Treibhauseffekt) in diesen 20 Jahren nur zu einem geringeren Teil zur Erwärmung beitrug. Er wurde sogar weitgehend kompensiert durch die ebenfalls ansteigende Durchlässigkeit der Wolken für von der Erde ausgehende langwellige Strahlung. Zu ähnlichen Ergebnissen kam ein Team der NASA-Forscher um Norman Loeb.

Über die Ursachen der Wolkenverdünnung gibt es bislang keine gesicherte Erklärung, und eine Diskussion unter Klimawissenschaftlern über dieses überraschende Ergebnis fand noch nicht statt. Nun haben wir – zwei Jahre später – die neuesten Satellitendaten ausgewertet und stellen fest, dass der Rückgang der Wolken anhält und den wesentlichen Teil der Erwärmung ausmacht. 

250 Sonnenstunden mehr

Dies gilt auch für Europa. Im Rahmen des Copernicus-Programms der EU wurden die Sonnenscheindauer und die Wolkenbedeckung in Europa mit dem beeindruckenden Ergebnis ermittelt, dass die Wolkenbedeckung seit 35 Jahren in Europa ab- und die Sonnenscheindauer zunimmt: In den letzten Jahren hat es gegenüber den 80er Jahren über 250 Sonnenstunden mehr pro Jahr gegeben (siehe folgende Abbildung). 

Mit der rechts dargestellten verstärkten Sonnenscheindauer nimmt auch die Temperatur zu. Vergleicht man sie mit der in der folgenden Grafik dargestellten Temperaturänderung in Europa, so ist eine sehr große Übereinstimmung feststellbar: 

 Mittlerweile gibt es auch eine öffentliche Veröffentlichung eines polnischen Wissenschaftler-Teams, die auch für Polen für die letzten 40 Jahre einen deutlichen Rückgang der Wolken und einen Anstieg der Sonnenscheindauer feststellt

Aerosole und AMO

Was sind die Ursachen der Wolkenverdünnung? Hier kommen im Wesentlichen zwei Faktoren in Frage:

1. Der Rückgang der Aerosole (Staubpartikel) auf Grund der Luftreinhaltung in den letzten 30 Jahren. Aerosole können die Wolkenbildung begünstigen. Saubere Luft könnte dazu geführt haben, dass die Bildung niederer Wolken zurückgegangen ist.

2. Die seit 1985 festzustellende Erwärmung des Atlantiks auf Grund der atlantischen dekadischen Oszillation (AMO) die in einem 60-jährigen Zyklus zwischen Wärme- und Kälteperioden schwingt. Die Korrelation ist hoch (zur AMO siehe meinen Sandwirt-Beitrag vom 20.12.2022).

Welchen Anteil an der Erhöhung der Sonnenscheindauer der Rückgang der Aerosole und/oder die zyklische AMO haben, wird sich in den nächsten Jahren herausstellen. 

Ungeeignete Modelle

Natürlich könnte auch das CO2 zum Wolkenrückgang beigetragen haben, weil es die Meere erwärmt hat. Aber auch dann bleibt festzuhalten, dass nicht die Zunahme der durch CO2 bedingten langwelligen Rückstrahlung der wesentliche Grund für die Erwärmung der letzten 20 Jahre war, sondern die Zunahme der direkten Sonneneinstrahlung auf Grund des Rückgangs der Wolkenbedeckung. 

Dann reden wir nicht mehr über den Treibhauseffekt, sondern über einen anderen Mechanismus, der in den gängigen Klimamodellen, die die politische Debatte prägen, überhaupt keine Rolle spielt. Weil sie sie die falsche Ausgangsgleichung haben und somit eigentlich in die Tonne gehören. 

Diese Modelle rechnen ja bis 2100 mit einer Verstärkung des Treibhauseffektes durch Infrarot-Wärmestrahlung, die Wolken aber kommen in diesen Überlegungen gar nicht vor. 

So überrascht es auch überhaupt nicht, das, was die folgende Grafik zeigt: dass fast alle der gängigen 102 Modellrechnungen im Wert der Abweichung von einem langjährigen Mittel (schwarze Linien) deutlich oberhalb der gemessenen tatsächlichen Temperaturwerte der letzten 40 Jahre (rote, grüne und blaue Linien rechts) liegen. Die Erwärmung der letzten 40 Jahre war also nur halb so groß wie in der Berechnung einiger Modelle. 

Wenn wir die reale Entwicklung zugrunde legen, würde auch bei einer Verdoppelung der CO2-Emissionen das 2-Grad-Ziel nicht überschritten. 

Die Modelle sind also nicht geeignet, um die Erfordernisse der Gesellschaft nach Antworten auf die Frage zu erfüllen, wie stark sich die klimatischen Verhältnisse auf Grund anthropogener Einwirkungen verändern werden. Sie führen aber durch ihre vermeintliche Sicherheit in der Prognose zu Fehlallokationen, zur Erfüllung politischer Forderungen auf Grund von ungesicherten und unwahrscheinlichen Extremszenarien, die Panikmache und Angst auslösen.

Dünnes Eis

In Anbetracht der offenen Fragen über den Anteil des CO2 an der Temperaturerhöhung der letzten 20 Jahre muss man über die Rigidität und Rücksichtslosigkeit erschreckt sein, mit der die deutsche und europäische Politik eine Netto-Null Politik für CO2 im Alleingang betreibt und damit die Zerstörung unseres Wohlstands in Kauf nimmt.

Politik definiert sich zunehmend als Klimapolitik. Daher tragen Klimaforscher eine hohe Verantwortung in unserem Land, in dem sie wie in kaum einem anderen Land einen hohen politischen Einfluss haben. Dabei wird wenig beachtet, dass Klimaforscher sich auf Grund der medialen Nachfrage aufs dünne Eis gesellschaftspolitischer Ratschläge begeben.

So war in den heißen Tagen des Julianfangs der Klimaforscher Mojib Latif ständiger Gast auf allen öffentlich-rechtlichen Kanälen. Er meinte darauf hinweisen zu müssen: „Wenn sich das Klima immer weiter ändert, können Sie den Wohlstand auch vergessen. Dann funktioniert nichts mehr auf der Welt. (…) Dabei habe die nächste industrielle Revolution bereits begonnen (…) Es wird auch um erneuerbare Energien gehen.” Deutschland könne aber das Nachsehen haben: „Die Chinesen zum Beispiel sind viel schneller als wir. Wir laufen Gefahr, die neuen Märkte zu verlieren.”

Ist Herrn Latif entgangen, dass Chinas Marktführerschaft bei Solarzellen, Windturbinen, Batterien und Elektroautos, mit denen sie demnächst Europa überschwemmen werden, im Wesentlichen bedingt ist durch die Erzeugung billigen Stroms auf Basis von Kohle und Kernenergie? Die CO2-Emissionen Chinas steigen dramatisch, die in Europa sinken bei Strafe des wirtschaftlichen Untergangs. 

Wie wäre es mit der Idee, dass Europa bei den Gütern, bei denen wir im harten Wettbewerb mit China stehen, die CO2-Emissionen nur insoweit reduzieren, wie dies auch China – mit Abstand die größte Exportnation der Erde – zu tun bereit ist?

Ich frage mich, wie gut dieser Mann die vier Grundrechenarten beherrscht, wenn er bemängelt, dass wir nicht so erfolgreich und kostengünstig sind wie China, und das angesichts einer Situation in Deutschland, in der 

  • die Politik der Industrie und den Bürgern den Mühlstein der höchsten Strompreise der Welt um den Hals gehängt hat,
  • deutsche Industriestrompreise auf Grund der hohen europäischen CO2-Zertifikatskosten dreimal so hoch wie in China sind, 
  • ohne jede Vernunft aus der Kernenergie ausgestiegen und viel zu einseitig auf die Erneuerbaren Energien vertraut wird.

Reden wir übers Wetter, reden wir über die Hitze – aber bitte auf realistischer statt alarmistischer Basis und ohne dabei unseren Wohlstand und unsere Wettbewerbsfähigkeit fahrlässigst zu riskieren!

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3 Kommentare. Leave new

  • Stephan Fleischhauer
    25. August 2023 9:27

    Wenn sich die Wolkenbedeckung verringert, bedeutet das auch eine Abkühlung bei den nächtlichen Temperaturen. Vahrenholts These ist also widersprüchlich.

    Was die Klimamodelle angeht: Vahrenholt gibt leider die den Modellrechnungen zugrundegelegten Emissionsszenarien nicht an, daher ist seine Betrachtung wertlos.

    Antworten
  • Sehr geehrter Herr Vahrenholt, Sie sagen: „Und es ist nicht zu bestreiten, dass die in den letzten Jahrzehnten stark angestiegene CO2-Konzentration in der Luft einen Beitrag zu dieser Erwärmung geleistet hat.“ Dafür hätte ich gerne den Beleg. CO2 folgt der Wärme – nicht umgekehrt, das können Sie leicht experimentell nachweisen. Was also soll diese Pflege des Narrativs, das meiner Meinung nach nur ein einziges Ziel hat: Geld zu verdienen. Macht auszuüben. Und Sie beteiligen sich daran.
    Und welchen Wert hat eigentlich die Angabe einer globalen Temperatur? Es gibt sehr viele Klimazonen auf der Erde, das Klima verhält sich also überall anders, was sich auch in unterschiedlichen Temperaturen und -schwankungen ausdrückt. Das können Sie mit einer globalen Temperatur nicht abbilden. Tut mir leid, solche Aussagen von Ihnen sind enttäuschend.

    Antworten
  • Jens Stieckenroth
    27. August 2023 8:58

    Mal abgesehen davon, dass die absolute Messung einer „globalen Temperatur“ kein sinnhaftes Ergebnis liefern kann, könnte hingegen die oben dargestellte Zeitreihe einen Indikator für Temperaturveränderungen liefern. Dazu meine Frage: Inwiefern hat sich die Methodik zur Messung der „globalen Temperatur“ in den vergangenen Dekaden verändert? Z.B. welche Auswirkungen hatte der Anstieg der Satelliten?

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