Auf dem Plattenspieler: Kruder & Dorfmeister

Künstler: Kruder & Dorfmeister 

Album: DJ-Kicks (Studio K7, 1996)

Independent Labels, also kleinere Plattenfirmen, die unabhängig von den großen Medienkonzernen Schallplatten und CDs veröffentlicht haben, schossen in den 90ern wie die Pilze aus dem Boden. Bis Dato mussten Musiker ihre Demos im Prinzip nur an die vier Marktriesen mit all ihren Unterlabels einsenden, also Warner Bros., Sony Music, Universal Music Group und damals noch Virgin Records. Diese Demos mussten aber einen Minimumanspruch an Kommerzialität erfüllen, um eine Chance zu bekommen. 

Ein A&R-Manager von Warner Music erzählte mir mal Mitte der 90er, er bekäme bis dahin im Schnitt 100 Demos die Woche. Das änderte sich im Verlauf des Jahrzehnts aber, nämlich durch das Aufkommen einiger kleinerer und unabhängiger Labels. Diese ermöglichten Bands, auch in geringeren Auflagen zu veröffentlichen und machten somit den Weg frei für weniger kommerzielle Acts, für brandneue Innovationen und für den Underground. 

Einige dieser Firmen machten sich auch einen Namen, weil sie sich auf einen bestimmten Sound oder ein Genre spezialisierten. So konnte gute Musik, die trotz vorhandener Fans vielleicht nicht populär genug für vordere Positionen in den Charts war, aber trotzdem eine Daseinsberechtigung in der Musiklandschaft hatte, unter die Musikliebhaber gebracht werden. 

All diese Labels sorgten neben den berühmten Künstlern, wie den Rolling Stones oder Michael Jackson, für ein bedeutend vielseitigeres Musikangebot in den Plattenläden und ermöglichten vielen Künstlern, in den Zeiten vor der Digitalisierung überhaupt Gehör zu bekommen. Leider verschwanden die meisten von ihnen nach der Jahrtausendwende auch wieder schnell, als das Internet den Künstlern ganz neue Veröffentlichungsoptionen bot.

Eines der übrig gebliebenen Independent Labels kommt aus Deutschland, genauer aus Berlin, und ist nicht zuletzt wegen der hohen Qualität seiner Veröffentlichungen bis heute international sehr erfolgreich. Die Rede ist von Studio K7 oder K7 Records oder einfach !K7, das von Horst Weidenmüller seit Mitte der 90er betriebene, komplett unabhängige Musiklabel für elektronische Musik.

Bekannt geworden ist K7 in erster Linie durch die brillante Idee, eine qualitativ sehr hochwertige Compilation Serie namens DJ-Kicks zu entwickeln. Bekannte Musiker und DJs sollten eine Songauswahl erstellen und diese perfekt zusammenmixen. Dabei verarbeiteten die Künstler mitunter auch Material aus eigener Feder. 

Seitens des Labels gab es nur eine einzige Auflage: Die ausgewählten Songs sollten im Club genauso gut funktionieren wie gemütlich zuhause im Wohnzimmer. Die Serie erlangte schnell Kultstatus und für die meisten Künstler war es ein Ritterschlag, für die DJ-Kicks-Serie einen Mix machen zu dürfen. 

Ganze 75 DJ-Kicks-Alben hat K7 neben all ihren klassischen Künstleralben bis heute veröffentlicht. Das Lineup der Kicks-Reihe klingt wie das Who is Who der Musikszene zwischen elektronischer Musik, Trip Hop, Drum & Bass, Dubstep und verwandten Stilrichtungen: Carl Craig, Kid Loco, Stereo MCs, Thievery Corporation, Nightmares on Wax, Massive Attack, Hot Chip, Nicolette, Rockers Hi-Fi, um nur ein paar wenige zu nennen.

Für mich persönlich stammt eine der besten DJ-Kicks allerdings von zwei Herren aus Österreich, die in den 90ern für Furore gesorgt haben und zu den innovativsten Produzenten und Remixern gehören: Kruder & Dorfmeister! Die beiden sind ein kongeniales Team bestehend aus Peter Kruder, ausgebildeter Frisör und Gitarrist, sowie Richard Dorfmeister, studierter Flötist und Gitarrist, der dann über die Jahre zum Keyboarder mutierte und Synthesizer-Sammler wurde. Bei Richard Dorfmeister stehen in großer Menge die unterschiedlichsten Tasteninstrumente im Studio, es mutet fast an wie ein Musikinstrumente-Museum. Die beiden in Wien beheimateten Produzenten erlangten schnell über die Landesgrenzen hinaus großen Ruhm und durften sogar für Künstler wie Madonna und Depeche Mode arbeiten.

Kruder & Dorfmeisters DJ-Kicks-Ausgabe war eine der ersten überhaupt, erschien 1996 und enthielt 17 großartige Songs, eine stilistisch perfekte Mischung aus Trip-Hop-lastigen, dubbigen und elektronischen Sounds mit dezenten Einflüssen aus dem Drum&Bass-Bereich. 

Auf der Vinyl-Version finden Sie alle Songs einzeln in voller Länge, sehr gut gepresst als Doppelalbum, perfekt für die DJs, die die Tracks selber auflegen wollen. Auf der CD dagegen haben die beiden Österreicher alle musikalischen Perlen technisch wunderbar zusammengemischt.

Empfehlen kann ich die komplette DJ-Kicks-Serie. Bei dieser Auswahl an hervorragenden Künstlern, findet bestimmt fast jeder seine Highlights und Kruder & Dorfmeisters Mix ist dafür ein perfekter Einstieg. 

Hören Sie auf YouTube ihr komplettes DJ-Kicks-Album in der gemixten Variante.

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