Na Servus! – Das war der Juli 23

Eine politische Monatskolumne ausgerechnet mit dem schönen Monat Juli zu beginnen, ist reichlich kühn. Denn im Juli passiert nichts. Das Wetter ist einfach nur schön, von ein paar Gewittern abgesehen. Und die Politiker sind im Urlaub. Normalerweise. Aber was ist im Juli 2023 schon normal? Das Wetter? Ist es nicht. Eine Hitzewelle folgt der anderen. Tödliche Bedrohung durch Sommerhitze! Und die Politiker?

Ja, die machen auch keine Pause. Denn eine Klimakatastrophe, auch eine erfundene, macht keine Pause. Und deshalb können sie sich nicht einfach hinweg bewegen und mal nichts sagen und nichts tun. Nein, die Politiker sind immer präsent. Das einzige, was wirklich schmilzt, ist zwar der Mittelstand, ist zwar der Wohlstand – was natürlich nicht an der Hitze liegt, sondern am kollektiven Hitzschlag in den Köpfen der politischen Klasse in Berlin – aber so ist es nun einmal. 

Die Hitzewelle bringt die Hitzehysteriker, die Katastrophenpolitiker in Wallung. Was dann passiert, könnte ich an einem Dutzend Beispielen erläutern. Aber ich will es mit einem bewenden lassen: Unser famoser Gesundheitsminister Karl Lauterbach.

Was macht er? Er macht alles im Juli. Er gibt sich jede Mühe, dass möglichst viele Kliniken bankrottgehen. Er gibt sich alle Mühe, dass in den Apotheken immer noch nicht genügend Arzneimittel zu kaufen sind, was eine Schande ist für ein industriell entwickeltes Land wie das unsere. Er kriegt es nicht hin, dass endlich genügend Pflegepersonal in den Kliniken arbeitet. Nein, er kümmert sich um etwas ganz anderes, was, wie er glaubt, wichtiger ist und von dem anderen ablenkt: Er kümmert sich um die tödliche Gefahr der Hitze. 

Da werden Maßnahmen ersonnen, die an Covid erinnern. Da könnte man doch die Leute auch wieder in ihren Häusern einsperren, sie dazu zwingen, die Fenster zu schließen, kaltes Wasser in sich hinein oder besser noch über sich aus zu kippen. Mit kaltem Wasser duschen – fällt Ihnen etwas auf? Ja, genau. Es geht ums Energiesparen, also um die Klimakatastrophe. Kalt duschen gegen die Hitze in den Köpfen der Politiker und gegen die Klimakatastrophe. Das sind zwei Fliegen mit einem Schlag. 

Und deshalb: Politiker können in dieser Katastrophenstimmung, die sie selbst erzeugt haben, nicht einfach in den Urlaub fahren. Das haben sie vielleicht früher mal gemacht.

Ja, so war das. Heute sehen Sie in den Sommerinterviews bei ARD und ZDF die Politiker immer nur in Berlin herumsitzen, auf den Treppen am Reichstag oder vielleicht auch auf einem Dach in ihrem Wohnort. Früher sind die wirklich in den Urlaub gefahren. Da war die Toskana-Fraktion in der Toskana anzutreffen, und da fuhren wir Journalisten hin. 

Ich weiß, wovon ich spreche: Ich habe damals als Studioleiter des ZDF diese Sommerinterviews erfunden! Wir fuhren zu den Politikern einfach in den Urlaub und unterhielten uns dann ein bisschen über ein paar Sachen, die man in Berlin und Bonn damals nicht besprechen konnte. Über den Tellerrand der Aktualität hinaus. 

In meinem Album habe ich hier gerade zum Beispiel dieses Foto gefunden. 

Erkennen Sie ihn? – Franz-Josef Strauß in seiner Villa in Les Issambres an der Côte d’Azur?

Der Jüngling daneben? –Ja, das bin ich! Wir haben eine ganze Menge Champagner getrunken, bevor wir zum Interview schritten. Das gehörte sich damals. So korrupt war man. 

Man beachte die Sommermode von Franz-Josef Strauß. Es war übrigens sein letztes langes Interview – 1988. Ein paar Wochen später war er tot. 

Oder natürlich mit Helmut Kohl am Wolfgangsee. In Berlin war der Bär los, die Mauer gefallen, nun ging es um die Wiedervereinigung. Aber das hinderte natürlich den Kanzler der Einheit nicht daran, am Wolfgangsee über die Zeitläufte nachzudenken. Warum sollte ihm da auch weniger einfallen als in Bonn? Das ist so eine neue Idee: zu glauben, man müsse zuhause bleiben oder heimlich verreisen, nur ja keinen Neid verursachen, wenn man Urlaub macht. Das ist längst vorbei. 

Dabei spielt es überhaupt keine Rolle, ob Politiker im Urlaub sind oder hier. Das kann man am Deutschen Bundestag sehr gut erkennen. In der letzten Sitzungswoche in diesem Juli 23, ja, was ist da passiert? Da sollten die Abgeordneten auf den letzten Drücker in aller Hast das furchtbare Heizungsgesetz durchwinken, ohne es gelesen zu haben, ohne es verstanden zu haben, ohne sich überhaupt länger damit befasst zu haben. In kürzester Zeit sollten sie das alles durchwinken, sollten vergessen, wozu sie eigentlich da sind, nämlich dazu, die Regierung zu kontrollieren. Das war so in alten Zeiten, die sind längst vergessen. 

Und daran gehindert wurden sie nur durch den Spruch des Bundesverfassungsgerichts. In der letzten Sekunde sozusagen wurde dieser Anschlag auf den Geist der Demokratie, so muss man das leider ausdrücken, verhindert. Und das wurde angeregt, das wurde eingeleitet, das ist zu verdanken: einem einzigen Abgeordneten, einem Abgeordneten von der CDU. Dem hat aber nicht einmal seine eigene Fraktion dabei geholfen. 

Die Hitzewelle hat offenbar dafür gesorgt, dass auch der demokratische Geist verdampft. Und bei diesem Verdampfen spielte auch der Fraktionsvorsitzende der CDU/CSU natürlich eine wichtige Rolle: Friedrich Merz. Der allerdings hat jetzt reagiert. Und auch das ist etwas, woran wir uns in diesem Monat erinnern müssen. Er hat seinen Generalsekretär gefeuert und hat jetzt einen neuen: Carsten Linnemann.

Ich kenne ihn ganz gut. Ihm ist einiges zuzutrauen. Ihm ist zuzutrauen, dass er anknüpft an die großen Generalsekretäre, die die CDU immer gehabt hat – Heiner Geißler, Kurt Biedenkopf, die sich dadurch auszeichneten, dass sie den Konflikt mit ihrem Vorsitzenden, damals Helmut Kohl, immer wieder wagten, die die Partei lebendig gehalten haben durch eine Vielfalt von Meinungen und Debatten, die nicht nur die Chefintellektuellen und Vordenker ihrer Partei gewesen sind, sondern auch die Motoren.

Nun kann man hoffen, dass das bei Friedrich Merz wieder passiert. Was bewegt ihn dazu, jetzt plötzlich umzusteuern? Na, die Werte der AfD steigen, die Werte seiner eigenen Partei steigen nicht. 

Und vor allem die Kanzlerkandidatur seiner Partei, die ist ihm noch lange nicht sicher. In dieser Situation hat er sich zum Äußersten entschlossen und nun einen Mann an seine Seite genommen, der ihn zum Jagen tragen soll. Wir werden sehen, was daraus wird. Die Vorschusslorbeeren wachsen jedenfalls schon ganz gewaltig. 

Wir haben es unter dem Strich in diesem Monat Juli mit einer Klimakatastrophe zu tun. Ja, allerdings mit einer Katastrophe des politischen Klimas. Das ist leider das Fazit. 

Und das war der Juli 23.

Na Servus!

Diesen Text gibt es auch als Video mit Wolfgang Herles im Televisor des Sandwirts: Hier.

Und außerdem auch als Episode im Wurlitzer, dem Podcast des Sandwirts:

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