Die Degeneration der Linken

Im Sommer 2006 rief das Kollegium an einer Schule in Berlin-Neukölln den Notstand aus und beklagte die katastrophalen Zustände. Gewalt, Bedrohungen und Vandalismus seien inzwischen Alltag. An Unterricht sei kaum noch zu denken. Was sich seit dem geändert hat, konnte die Nation an Silvester bestaunen. Die Gewalt richtet sich jetzt anscheinend nicht mehr nur gegen Lehrer, sondern inzwischen auch gegen Feuerwehrleute, Polizisten und Rettungskräfte.

Vor ein paar Tagen ging die Meldung durch die Presse, dass im Studentenparlament der FU Berlin nur noch Anträge behandelt werden, in denen korrekt gegendert wird. „Studierende“ reicht da übrigens nicht mehr aus, da damit nicht „alle“ Geschlechter genannt werden. 

Seit einigen Monaten kleben sich hauptsächlich in Berlin immer wieder selbsternannte Klimaschützer auf die Straße, um damit den drohenden Klimawandel zu stoppen. Dieser unerlaubte Eingriff in den Straßenverkehr wird von den örtlichen Gerichten, wenn überhaupt, äußerst kulant geahndet. 

Alle diese Ereignisse fanden in Berlin statt. Die Stadt wird seit über 20 Jahren in wechselnden Koalitionen von SPD, Grüne und Linke regiert und gilt als eine Art „Kleinod“ linker Politik. Einige gehen sogar soweit, und betrachten den Zustand der Stadt Berlin als Sinnbild für die fortschreitende Degeneration linker Ideen.

Eine Liebeserklärung an die Linken

Dabei fing alles sehr verheißungsvoll an: Die junge Bundesrepublik wurde 1968 durch massive Studentenproteste erfasst. Die Jugend begehrte gegen die spießige Gesellschaft auf und gewann. Ja, wir haben der 68er Bewegung viel zu verdanken: Sexuelle Freizügigkeit, Emanzipation und die Aufarbeitung der Nazizeit. Dank der 68er können heute Paare, ohne verheiratet zu sein, eine Wohnung mieten. Sofern sie sich diesen Luxus noch leisten können. 

Dass Homosexualität nicht mehr kriminalisiert wird, ist ebenfalls ein Verdienst der 68er. Zusätzlich haben viele Linke die Kultur- und Kunstszene nachhaltig bereichert. Denken Sie nur an streitbare Autoren wie Böll, Brecht oder Enzensberger, Musiker wie Biermann, May und Deter oder Filmemacher wie Fassbinder oder Menge. Zusätzlich engagierte sich die SPD in den 70ern noch hauptsächlich für die Belange der Arbeiterklasse.

Erste Risse in der linken Bewegung wurden in den 80ern sichtbar. Die Friedensbewegung machte zum ersten Mal deutlich, was später zum neuen Markenkern werden sollte: Argumente und der Einsatz für die kleinen Leute wurden durch Moral und abstruse Forderungen ersetzt. 

In den 90ern fand die endgültige Degeneration der Linken statt: Der Sozialismus im Osten scheiterte krachend, die Jugend war nicht mehr an den angestaubten Versatzstücken interessiert und dann kamen 1998 die 68er auch noch an die Macht. Drei „Katastrophen“, die bis heute nachwirken. 

Vor allem letzteres hat eine Sache knallhart aufgezeigt: Die Linken kämpfen nicht mehr gegen das System, sie sind das System. Als Rot-Grün 1998 den Koalitionsvertrag besiegelten, sprachen die meisten Medien von dem „rot-grünen Projekt“. Die Älteren werden sich sicher erinnern, welche Hasstiraden Helmut Kohl 16 Jahre lang über sich ergehen lassen musste, ohne dass irgendjemand gegen Hass und Hetze aufgestanden ist. Dagegen wurde die neue Regierung fast wie eine heilige Kuh behandelt. Ein Vorzeichen auf das, was heute fast Alltag ist.

Verloren und doch gewonnen

Das rot-grüne Projekt war übrigens 2005 auch schon wieder vorbei. Warum? Ganz einfach: Die Realität holte die Weltverbesserer sehr schnell ein. Die prekäre wirtschaftliche Situation veranlasste Kanzler Schröder zur Agenda 2010. Diese Agenda spaltete die SPD und viele Anhänger wechselten zur Linkspartei. Im Mai 2005 stellte Kanzler Schröder die Vertrauensfrage (ausgerechnet Paragraph 68 des Grundgesetzes, Zwinkersmiley) und verlor. 

Seine Nachfolgerin wurde eine gewisse Angela Merkel. Die ersten Jahre ihrer Regierung verliefen ereignisarm bis sie dazu überging, die feuchten Träume der Linken nach und nach umzusetzen: Abschaffung der Wehrpflicht, Energiewende und die Grenzöffnung von 2015. 

Was blieb nun für die Linken übrig? Sie hatten endlich alles geschafft, was sie sich immer erträumt hatten! 

Alles alternativlos

Was macht die Linke also heute, nachdem sie so ziemlich alles erreicht hat? Richtig, sie fordern weiter und immer abstruser. Dabei werden die zunehmend schrillen Forderungen damit begründet, dass man den Menschen ja nur retten möchte. Ein uraltes Narrativ, um Übergriffe in den privaten Lebensbereich der Bevölkerung zu verteidigen. 

Ob nun Einschränkungen der Mobilität wegen der drohenden „Klimakatastrophe“, das Gendern oder die Beschränkungen der Grundrechte während der Coronazeit. Die Forderungen werden zunehmend radikaler und finden weder bei der Bevölkerung, noch bei allen Linken breiten Zuspruch. Fragen Sie doch mal Herrn Prantl, was er von den Grundrechtseinschränkungen während der Coronazeit gehalten hat. Oder Gregor Gysi, wie er es mit dem Gendern hält bzw. Scholz, was er über die Klimakleber denkt. Kritik, vor allem wenn sie aus den vermeintlichen eigenen Reihen kommt, wird gerade bei den radikalen (woken) Linken nicht sehr gerne gesehen, da das eigene Handeln gerne als alternativlos dargestellt wird. 

Besonders hart hat es kürzlich zwei Leute getroffen: Gronkh und die Harry-Potter-Autorin J.K. Rowling. Für alle, die Gronkh nicht kennen: Unter Anderem spielt er live auf Online-Plattformen Computerspiele. Vor einigen Tagen hat er angekündigt, das Spiel „Hogwarts Legacy“ spielen zu wollen. Zusätzlich meinte er, dass ihm die Vorgeschichte von J.K. Rowling egal sei. 

J.K. Rowling steht seit einiger Zeit im Verdacht transphob zu sein, weil sie Trans-Frauen (Männer, die sich als Frauen definieren) nicht als Frauen akzeptiert. Das ZDF hat dazu übrigens kürzlich eine Kachel mit den „transfeindlichen Aussagen“ von Frau Rowling veröffentlicht. 

Da nun Gronkh diese Ungeheuerlichkeit schlicht egal ist, ist er natürlich auch transphob. Tagelang tobte der Shitstorm der links-woken Siffblase auf allen sozialen Netzwerken. Inzwischen werden nicht nur Rowlings Aussagen, sondern auch ihre Werk seziert. Es heißt, sie bediene antisemitische Narrative in ihren Büchern, da die Kobolde in ihrer Darstellung an Juden erinnern würden. Dass nun schon mehreren jüdischen Persönlichkeiten und Organisationen J.K. Rowling gegen diesen Vorwurf verteidigt haben, wird von den Kritikern übrigens gerne verschwiegen. 

Außerdem seien Rowlings Bücher hochgradig neoliberal, da die Winkelgasse rein materiell dargestellt wird, und konservativ, da es im traditionellen Internatsleben in Hogwarts keine gleichgeschlechtlichen Paare geben würde. Falls Sie nun noch einen Beweis benötigen, dass wir in einer ganz merkwürdigen Simulation leben: Voilà, da ist er! 

Es ist schon erstaunlich, wie schnell und gezielt die radikale links-woke Blase auf vermeintliche Kleinigkeiten mit maximaler Zerstörungswut reagieren. Dabei geht es vor allem darum, das Opfer wirtschaftlich komplett zu zerstören und allen anderen die eigene – alternativlose – Meinung aufzuzwingen.

Wenn linke Träume platzen

Einer der zentralen und sensibelsten Forderungen von links war immer die Zuwanderung. Wenn Sie das nicht glauben, dann fordern Sie mal offen in einer Universitätskantine in Berlin zur Mittagszeit, dass der Staat alle ca. 300.000 offene Abschiebungen konsequent durchführen soll. Ich kann Ihnen versprechen, da wird kein Auge trocken bleiben. 

Dass nun ausgerechnet Frau Faeser nach dem Messerattentat von Brokstedt fragte, wie ein Mann mit einem solchen Vorstrafenregister noch im Land sein kann, während sie selber noch im Dezember Abschiebungen blockiert hat, wirkt nicht nur auf die Hinterbliebenen der Opfer von Brokstedt zynisch. 

Wir erinnern uns: 2015 wurde, ausschließlich moralisch, argumentiert, dass Flüchtlinge aufgenommen werden sollen, weil sie etwas mitbringen, das wertvoller als Gold sei, den Fachkräftemangel beheben sollen und unsere Gesellschaft bunt und vielfältig machen würden. Mit Flüchtlingen war übrigens jeder gemeint. Egal ob Migrant, Asylant. illegaler Einwanderer oder Kriegsflüchtling. Alle waren willkommen und alle Kritiker waren rechts. 

Dass acht Jahre später der Fachkräftemangel immer noch nicht behoben ist, wird von links weitestgehend ignoriert. Genauso wie die Gemeinden, die komplett überfordert sind mit der Aufnahme von Flüchtlingen. Was in Berlin und anderen Städten – mal wieder – an Silvester los war, ist vielen sicher auch noch in Erinnerung. 

Back to the roots

Bei all dem sollten wir aber nicht vergessen, dass die Degeneration der Linken teilweise recht amüsante Früchte trägt. Während Klimakleber auf der Straße gegen das böse Auto kämpfen, weil ja sonst spätestens übermorgen der Planet stirbt, machen einige der Klimaaktivsten dennoch Urlaub auf Bali. Natürlich sind sie, dank des 49-Euro-Tickets, den ganzen Weg dorthin mit der Bahn gefahren. 

Dieselben Leute, die Rowling Antisemitismus unterstellen, sind plötzlich ganz still, wenn die eigenen Leute antisemitische Positionen als „Israelkritik“ tarnen. Was viele Flüchtlinge über Frauenrechte und Trans-Menschen denken, wollen wir an dieser Stelle lieber nicht vertiefen, es könnte Sie nachhaltig verunsichern.

„Science ist meins“ singen Linke auch nur solange, wie es der eigenen Sichtweise (meistens verbunden mit Einschränkungen der Grundrechte) nützt. Geht es allerdings um Fusionsreaktoren, ist die Wissenschaft auf einmal nicht mehr so cool. 

Was Linke bei ihren Forderungen vergessen, ist, dass der Durchschnittsdeutsche von seinen Wünschen her eher konservativ ist. Laut einer Studie des Spiegel aus dem Jahre 2015 wünschen sich die Deutschen vor allem finanzielle Sicherheit, Gesundheit, eine Familie, ein Haus, ein Auto usw. Unisex Toiletten, gendergerechte Sprache und Klimaneutralität gehen halt an der Lebensrealität der meisten Menschen in diesem Land vorbei. Beispielsweise werden das Gendern und die Klimakleber, je nach Studie, von 70 bis 80 Prozent der Deutschen abgelehnt. Trotz Dauerbeschallung des ÖRR wohlgemerkt.  

Zu hoffen bleibt, dass die mehrheitlich vernünftigen Linken die Oberhand über die kleine radikale Minderheit gewinnen und wieder das machen, was sie am besten können: Die Interessen und Wünsche der kleinen und großen Leute in diesem Land vertreten und im Falle der Grünen: Frösche während der Laichzeit über die Straße tragen.

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1 Kommentar. Leave new

  • Betr.: “Dank der 68er können heute Paare, ohne verheiratet zu sein, eine Wohnung mieten.”

    Das ist schon sehr weit hergeholt und verwechselt einiges. De facto bekam man in der DDR nur eine Wohnung, wenn man verheiratet war. Da hatten die 68er wirklich keinen Einfluß.

    Wikipedia sagt zur hirstorischen Rechtslage: “Bis zur Einführung des § 180 Absatz 3 StGB im Jahr 1927 machte sich der Vermieter einer Wohnung wegen Kuppelei strafbar, wenn er einem nicht verheirateten Paar … etc.”. Das verdeutlicht, daß auch auch vor 1968, nämlich seit 1927, Mann und Frau gemeinsam eine Wohnung mieten konnten. Und Wohngemeinschaften gab es in Berlin und anderen Großstädten schon weit vor 1968.
    Wiki weiss weiter, daß Vermieter keine Einzelzimmer an unverheiratete Paare vermieten durfte, wg. Prostitution etc. Ausserdem steht da: “Bis 1970 war es üblich, dass sich der Vermieter vor Abschluss eines Mietvertrags den Trauschein des Paares vorlegen ließ.” Es mag “üblich” gewesen sein, aber nicht erforderlich.

    Die bürgerliche Gesellschaft war pragmatischer als man heute meint – wie überhaupt auch in der Meinungsvielfalt toleranter als die woken Aufpasser heute. Es waren die bürgerlichen Professoren, die aufmüpfige Linke als Assistenten annahmen und promovierten.

    Anders herum ist es undenkbar, daß ein linker Professor einen rechten Studenten fördern würde.

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