Am 28. April 2025 um 12:33 Uhr kam es zu einem der größten Stromausfälle in der Geschichte der Iberischen Halbinsel. Binnen Sekunden fiel in nahezu ganz Spanien und Portugal der Strom aus, auch Andorra und Teile Südfrankreichs waren betroffen. Über 50 Millionen Menschen waren zeitweise ohne Elektrizität, der Verkehr, Kommunikationsnetze und kritische Infrastrukturen waren massiv beeinträchtigt. Mit mindestens drei Toten war der Blackout folgenschwerer als der Reaktorunfall von Fukushima. Der Nationale Sicherheitsrat wurde einberufen und die Öffentlichkeit dazu aufgefordert, die Ruhe zu bewahren.
Tatsächlich wurden in den sozialen Medien Bilder von tanzenden Menschen auf den Plätzen Madrids gezeigt. Es darf aber ausgeschlossen werden, dass die gute Laune auch bei einem mehrtägigen Stromausfall, wenn Trinkwasser und Nahrungsmittel knapp werden, bewahrt worden wäre. Der Blackout hat jedenfalls eine Debatte um die Sicherheit eines Stromsystems mit hohem Anteil erneuerbarer Energien losgetreten.
In den etwa zwanzig Stunden danach leisteten die Elektroingenieure des spanischen Übertragungsnetzbetreibers Red Eléctrica (REE) Übermenschliches und bauten das Netz aus dem gänzlichen Nullzustand wieder auf.
Maßgeblich ist die Frage, wie es zum kompletten Systemzusammenbruch kommen konnte. Es hatte zuvor etliche Warnzeichen gegeben. Die Strommärkte auf der Iberischen Halbinsel zeigten lange vor dem Blackout erste Instabilitäten: Negative Strompreise durch Überangebot an Wind- und Solarstrom, zunehmende Drosselungen erneuerbarer Energien und sinkende Einnahmen für Betreiber sind Anzeichen von Fehlanreizen im Strommarkt. Bereits im Frühjahr 2024 und erneut zwei Monate vor dem Blackout warnte die REE und deren Mutterkonzern Redeia vor dem Risiko „schwerer Stromabschaltungen“ aufgrund des hohen Anteils erneuerbarer Energien und der Schließung konventioneller Kraftwerke.
In den Tagen vor dem Blackout kam es laut REE zweifach zu einer „Kombination von Ursachen, die nie zuvor gleichzeitig aufgetreten waren“: kurzfristig wechselnde Stromflüsse mit Portugal (Export/Import), kurzfristige Schwankungen bei der Photovoltaik-Produktion, hohe Exporte nach Frankreich bei eingeschränkter Leitungsnutzung, regionale Spannungsschwankungen und häufige automatische Schutzabschaltungen. Diese Einflüsse sind einzeln gut zu verkraften, in der Kombination führten sie aber schon am 22. und 24. April zu Beinahe-Zusammenbrüchen des Stromnetzes.
Am 28. April 2025 erreichte das iberische Stromnetz schon morgens einen kritischen Zustand. Hohe Leistungen an Solar- und Windenergie drängten thermische Kraftwerke (in Spanien vor allem Gas- und Kernkraftwerke) aus dem Markt, gleichzeitig mussten mehrere Gigawatt an Leistung nach Portugal und Frankreich ausgeführt werden. Die Momentanreserve, das ist die Kapazität zur kurzfristigen Stabilisierung des Netzes, sank auf unter 27 Prozent – ein kritischer Wert für die Netzsicherheit.
Zwischen 12:05 und 12:22 Uhr konnten von Spanien bis nach Lettland Frequenzschwankungen gemessen werden. Bis 12:30 Uhr sank die Momentanreserve in Spanien auf nur noch 9,5 GW, das Überangebot an Solar- und Windstrom verschärfte die Situation.
Um 12:32:57 Uhr spitzte sich die Lage zu. Zwei Solarkraftwerke mit zusammen über 300 MW (Omledilla und UF Sabinar) fielen gleichzeitig aus, möglicherweise infolge von Frequenzschwankungen. Zwischen 12:33:00 und 12:33:20 Uhr verschwanden rund 15 GW Erzeugungsleistung aus dem Netz – etwa 60 Prozent des zu diesem Zeitpunkt verbrauchten Stroms.
Die Frequenz scheint noch durch Systemreserven stabilisiert worden zu sein, bis zu einem größeren Sprung um 12:33:16. Um 12:33:21 stürzte die Netzfrequenz auf nur noch 48 Hz ab. Schutzrelais trennten das iberische Netz vom europäischen Verbund, die Verbindung zu Frankreich brach ab. Kaskadierende Abschaltungen aller Kraftwerkstypen (Wetterabhängige, Gas, Kernkraft, Wasserkraft) führten zum vollständigen Systemzusammenbruch bis 12:33:24.
Erst um 12:34 Uhr, also infolge der spanischen Netztrennung, wurde auch das französische Kernkraftwerk Golfech 1, das nahe der spanischen Grenze steht, automatisch abgeschaltet. (Hierüber hatte es zunächst widerstreitende Meldungen gerade von Kernkraftgegnern gegeben.)
Zur sorgfältigen Erforschung der genaueren Ursachen hat der Verband der europäischen Stromnetzbetreiber entso-e eine Arbeitsgruppe gebildet. Was wir bisher wissen, ist, dass es eine Verkettung von Ereignissen gab: Zwei nahezu zeitgleiche Ausfälle großer Erzeugungseinheiten im Südwesten Spaniens bei gleichzeitig sehr hoher Einspeisung aus Solarenergie (über 70 Prozent der asynchronen Erzeugung) sind immer eine Herausforderung.
Es muss konstatiert werden, dass die geringe Momentanreserve und fehlende Systemträgheit durch den hohen Anteil erneuerbarer Einspeisung es wohl entscheidend erschwerten, die Störung abzufangen. Nicht hilfreich war auch die schlechte internationale Anbindung Spaniens – nur ca. 3 Prozent der spanischen Kraftwerksleistung können über Interkonnektoren ausgeglichen werden.
Bedenklich war die Abschaltung konventioneller Kraftwerke in den Monaten zuvor – einer Strategie, die auch in Deutschland im Zuge von Atom- und Kohleausstieg verfolgt wird. Gleichfalls in Analogie zu Deutschland wurde trotz starken Ausbaus wetterabhängiger Energien das Stromnetz nicht hinreichend ertüchtigt. Ganz im Gegenteil: Der Ausbau wetterabhängiger Energien hat in Spanien wie in Deutschland einen geradezu religiösen Charakter. Die Netzertüchtigung beispielsweise durch dezentrale Batteriespeicher und den Ausbau von Konnektoren hinkt dagegen um Jahre hinter den Anforderungen her.
Die eigentliche, tiefere Ursache – unabhängig von einzelnen Auslösern, die hierfür klar zu unterscheiden sind – sind automatisierte Schutzsysteme, die bei Frequenzabweichungen einzelne Stromerzeugungskomponenten, Großverbraucher und ganze Netzregionen abtrennen, um Schäden zu vermeiden. Das Bemerkenswerte dabei ist, dass die automatischen Mechanismen auf vor allem einen Regelungsparameter – die Netzfrequenz – reagieren. Dabei können sich Erzeuger und Verbraucher gegenseitig beeinflussen. Vielleicht gar gegenseitig aufschaukeln? Dies wäre eine mögliche Erklärung für das Phänomen der Frequenzschwingungen, die in der halben Stunde vor dem Blackout zu messen waren, und für jedes Systemdesign außerordentlich unerwünscht sind.
Das europäische Verbundnetz ist die mit Abstand größte Maschine, die die Menschheit je gebaut hat. Es umspannt Europa vom Atlantik bis nach Osteuropa und vom Nordkap bis rund um das Mittelmeer. In diesem riesigen Gebiet müssen Spannung, Frequenz und Phase des Stromnetzes immer genau geregelt werden, egal wie hoch der Stromverbrauch zu einem bestimmten Zeitpunkt ist.
In der Vergangenheit waren es die großen Schwungmassen der Generatoren von Kohle-, Atom- und Gaskraftwerken, die kleine Schwankungen von Angebot und Nachfrage ausgleichen konnten. Je mehr dieser Schwungräder fehlen, desto „anspruchsvoller“ wird die Netzregelung. Es muss nun manuell geregelt werden, was früher durch einfache Physik möglich war. „Manuell“ ist trifft es nicht ganz, denn es werden zahlreiche Regelmechanismen eingesetzt, um das Netz automatisiert zu beeinflussen.
Genau hier kommt die Kybernetik ins Spiel. Je mehr Sensoren (Messgeräte) und Aktoren (Steuerelemente) ein System enthält, desto unberechenbarer wird es. In der Physik gibt es eine ganze Disziplin, die sich mit der Analyse solcher Systeme beschäftigt, die so genannte „nichtlineare Dynamik“. Mein Studienschwerpunkt vor dreißig Jahren.
Oszillationen wie hier die Frequenzschwankungen sind ein deutliches Zeichen für Instabilität. Wenn sie sich durch Zufallsereignisse aufschaukeln, können leicht Schwellenwerte in der Netzfrequenz überschritten werden, ober- oder unterhalb derer automatische Eingriffe das System weiter verändern: Sinkt die Netzfrequenz unter bestimmte Werte, schalten sich Großverbraucher oder sogar ganze Teilnetze automatisch ab; steigt die Netzfrequenz, werden Kraftwerke abgeschaltet. Auch die PV-Anlagen in Spanien haben solche Selbstschutzmaßnahmen eingebaut. Die Krux ist, dass diese Maßnahmen „auf Autopilot“ sich zu Schwingungen aufschaukeln können.
Solche Schwingungen werden in einem „guten“ Systemdesign mit eingebauten Dämpfungen verhindert. Im Stromnetz fällt diese Rolle den rotierenden Massen der Großkraftwerke zu. Sie sind passive Sicherungssysteme und wirken Schwingungen entgegen. Ob batteriegestützte Momentanreserven, die aktiv gesteuert werden müssen, dies in allen Situationen so gut wie passive Systeme leisten können, ist fraglich und kann vielleicht nie bewiesen werden.
Festzuhalten ist, dass es keiner externer Ereignisse bedarf, um den Zusammenbruch des Netzes zu verstehen. Die frühen Spekulationen über eine Cyberattacke oder „seltene“ atmosphärische Ereignisse konnten früh ausgeschlossen werden. Sie lenken eher ab von der Frage, wie stabil ein Stromerzeugungssystem ist, das auf wetterabhängigen Energien beruht, die umso engagierter gestellt werden sollte.
Der Blackout am 28. April 2025 war das Ergebnis einer Verkettung technischer und struktureller Schwächen. Ein hoher Anteil an erneuerbarer, wetterabhängiger Einspeisung ohne ausreichende Netzertüchtigung und Momentanreserve hat das Gesamtsystem der Stromerzeugung nachhaltig destabilisiert. Die schwache internationale Netzanbindung führte dazu, dass die Nachbarn wenig helfen konnten.
Das Ereignis unterstreicht die Notwendigkeit, die Strategie des Ausbaus wetterabhängiger Energien zu hinterfragen. Ein Moratorium für diesen Ausbau würde helfen, die europäische Zusammenarbeit zu stärken, die Herausforderungen eines wetterabhängigen Stromerzeugungssystems genauer zu verstehen, und die europäische Energiestrategie abzuändern.
Warum Deutschland dringend ökologischen Realismus braucht, beschreibt der Autor dieses Beitrags in seinem Buch „Schluss mit der Energiewende”, das Sie im Kaufladen des Sandwirts finden.
2 Kommentare. Leave new
Interessanter Artikel.
1) Kann man beziffern, was der spnisch/portugiesische Stillstand gekostet hat?
2) Was heißt, es könne vielleicht nie bewiesen werden, dass Batteriespeicher Netzzusammenbrüche ähnlich effektiv wie Schwungmassenpuffer verhindern können? – In der Schweiz wird gerade ein gr0ßer Battereispeicher gebaut. Wäre der geeignet für diesen Zewck?
Sehr geehrter Herr Peters,
Wie bei vielen Katastropen unfällen und dergleichen mehr haben wir einiege verchiedene arten der sichtweisen… Die erste ist stets zu beklagen wie schrecklich es doch sit wile veile menschen getorben sind, daszu denn perönlichs zu diesen menschen über Leid u.s.w. etwas länger dauert es bs dass wir erste technische kmmentare lesen. Dann kmmenauch die verschwörngstheoretiker hinzu. Wir findenbei den technischen kommentaren wider untershciedliche interessen. Da wollen Leute rechinche geräte verkaufen und Werbung schalten, da wollen sich leute die keine ahnung haben profiieren und da wollen Leute irgend welche fehlschlüsse stützr weil sie ein ntersse daran haben. Wir sehen in dr folge utersuchungsberichte die mehr oder weniger offenmitdenfregenumgehen und wir erleben das mmer mehr bewise vorgelet werden, oder auch nicht. In den medien sehen wir und hören wir diese fehlinformationen denn in dne echokammern weil die publizisten natürlich nicht n der lage sind die Beweise zu beurteilen und der eine vom anderen abschreibt was er für plausibel hält…..
So haben wir gesehen ds beim Brückeneinsturz in Italien niemals klar die genaue technische Ursache bekannt wurde. Diese brücke sie von vorne herien nicht geignat grwesen , schuld sind also die toten! Niemals die dit tatsächlch versagt haben ! und in Dresden das selbe Ergbis! in dresden war der einsturz aufgrund der dr öffentlichkeit zugänglichen satlittendaten zu erwarten, bloß in dresden hat men die daten einfach nicht analsiert m obwohl man um die Spannungsrisskorossion des Stahls wusste.
Der black out in Spanien wird nun in gleicher Weise missbraucht, auch von Ihnen für irgend welche Interessen… Wieso geben Sie die momentanreserve falsh an? Wieso verschweigen Sie dass unmittelbar vor dem black out die französiche Atomkaft brutel und zu negativenPreisen in das spanische Netz drückte, und im weteren verlauf die massive europäsiche Momentanreserve, isbesondere die Wucht der französischen Kerkraft die AC leitung nach frenkreich wegfetzte, so wie die Wucht eines Voschlaghammers dereine uhr auf ene Ambos trifft! damit war die zeitliche Synchronasition verloren und der plötzliche wegfall der brutalen erzwungenen Atomkraftimporte konnte nun in Spanien nicht mehr kompensiert werden! Die wirkung rotierender Massen ist ihrerseits gar nicht erst verstanden worden. Im besseren fall können sie die reaktionszeit i der die primäre Regelung ansprechen muss um einige zehntel sekunden verlängern…. Rechne Sie den Unsinn den Sie schreiben einfach mal nach !
Entso gibt rund 70 GVAS für die Momentanreserve an. Davon sind in den 2,9 sekunden bei dem frequenzabfall von 220 Milliherz 0,894% nutzbar = 611,9 MWS über 2,9 sekunden vertielt sind es 211 MW die die momentanreserve im Zeitraum zwischen der störung und der zerstörung der Leitung nach Frankreich beigetragen hat! gefehlt haben aber nach meiner erinnerung 2,2 GW so dass die Daten aufzeigen das die Verbindung nach Frankreich pötzlich mit rund / knapp 2 GW aus euroäischer momentanreserve, hier primär der der brutalen kernkraftwerke zusätzlich belastet wurde, weit über ihre technische Kapazität damit war sie weggefetzt und das Desaster nahm seienen Lauf! Genauere Ausarbeitung schicke ich ihnen gerne zu!
die primäre tegelung benötigt
rofen