Diesen Text gibt es auch als Episode im Wurlitzer, dem Podcast des Sandwirts: Hier.
Vom Grünen lernen heißt, sich einer ganz neuen Semantik zu unterwerfen. Als Robert Habeck einer ungläubig dreinschauenden Sandra Maischberger erklärte, ein Unternehmen sei nicht pleite, es produziere nur nicht mehr, war das selbst der Staatsfunk-Moderatorin zu viel und sie musste nachhaken, was für die zahme Frau vom sogenannten Ersten Deutschen Fernsehen eigentlich eine Seltenheit darstellt, zumindest, wenn es um Regierungspolitiker geht.
Eine ähnliche, atemberaubend unschlüssige Semantik legt das Außenministerium an den Tag: „Über die Erteilung von Genehmigungen für Rüstungsexporte entscheidet die Bundesregierung im Einzelfall und im Lichte der jeweiligen Situation nach sorgfältiger Prüfung unter Einbeziehung außen- und sicherheitspolitischer Erwägungen nach den rechtlichen und politischen Vorgaben. Dabei berücksichtigt die Bundesregierung die Einhaltung des humanitären Völkerrechts. Bei dieser Einzelfallbetrachtung wird immer die aktuelle Situation berücksichtigt, dazu gehören sowohl die Angriffe auf Israel durch Hamas und Hisbollah als auch der Verlauf des Einsatzes in Gaza.“
Abendessen mit Judenfeinden
Muss man zweimal lesen, nicht wahr? Der Fall handelt von der zögerlichen Waffenlieferung von Deutschland an den jüdischen Staat. Man könnte auch sagen, Stichwort Grüne Semantik: Deutschland verkauft zwar nicht keine Waffen an Israel, sie werden nur nicht mehr geliefert. Übrigens soll die Betonung auf „verkauft“ liegen, denn Israel bezahlt für das Kriegsgerät, was man von der Ukraine nicht behaupten kann. Man kommt nicht umhin, sich zu fragen, ob der jüdische Staat für die Grünen nicht ein einziger Dorn im Auge ist.
Apropos: „Warum siehst du den Splitter im Auge deines Bruders, aber den Balken in deinem Auge bemerkst du nicht?“, heißt es in der Bergpredigt. Die merkwürdigen Patzer ihres Spitzenpersonals scheinen die Grünen nicht zu stören, während ihnen im übrigen alles als rechtsextrem gilt, was nicht bei drei „Klimawandel“, „Solidarität“ oder „Kampf gegen rechts“ ruft.
Dabei ist der Balken in ihrem Auge, um biblisch zu bleiben, offenkundig. Vor wenigen Wochen traf sich Annalena Baerbock mit waschechten Israelhassern. Die Moderatorin Andrea „Kiwi“ Kiewel bringt es in einem lesenswerten offenen Brief in der Jüdischen Allgemeinen auf den Punkt: Kiwi lebt in Tel Aviv und ist mit einem Juden liiert. Schon häufiger hat sie sich deutlich auf die Seite ihrer Wahlheimat gestellt, wenn es um Terror und Judenhass geht. In der Jüdischen Allgemeinen verfasste die beliebte Moderatorin nun einen offenen Brief, der mit diesen Zeilen beginnt: „Finden Sie wirklich, dass Ihr Abendessen mit der Journalistin Alena Jabarine, die öffentlich und unmissverständlich sowohl antiisraelische als auch antisemitische Positionen bezieht, etwas mit einem Austausch mit ‚in Teilen oder fundamental Andersdenkenden‘ zu tun hat?“
Claudia Roths Begeisterung
Alena Jabarine ist Mitarbeiterin des öffentlich-rechtlichen Qualitätsjugendformats „Funk“. Die Dame aus Hamburg trägt gerne mal ein T-Shirt, auf dem Israel gar nicht mehr existiert. Ferner ist für sie Gaza ein „Freiluftgefängnis“, Israel ein „Apartheidsregime“, aus dem keiner entfliehen kann. Dass das muslimische Ägypten die Grenzen ebenso dicht gemacht hat wie Israel selbst, um sich vor Terror zu schützen, verschweigt sie. Die gleiche Alena Jabarine saß bei der Außenministerin zu Tisch und freute sich im Nachgang, wie offen sie sprechen konnte. Ob Baerbock im Gegenzug Kritik an der israelfeindlichen Position der Hamburgerin äußerte, ist nicht bekannt.
Und da ist ja noch Claudia Roth. Die Kulturstaatsministerin, bei der unbekannt ist, wodurch sie bekannt geworden ist, freute sich noch zur Documenta 2023, wie gelungen die Ausstellung doch sei. Die Grünenpolitikerin durfte sogenannte Kunst noch vor den regulären Besuchern begutachten und war begeistert, so wie Claudia Roth begeistert bekopftuchte iranische Judenhasser umarmt. Wenig später stellte sich heraus: So begeisterungswürdig war die Documenta gar nicht, eher durchzogen von antijüdischen Stereotypen, die ein bis dato völlig unbekanntes Künstlerkollektiv aus Indonesien als Ausstellungsstück für den staunenden Gast zur Verfügung stellte.
Das Israelproblem der Grünen
Das Israelproblem der Grünen ist so alt wie die Grünen selbst. Bereits in den Achtundsechzigern gab es große Vorbehalte, was den Staat Israel angeht. „Seid ihr alle taub und stumm, denn Israel bringt Kinder um“, wurde auf deutschen Straßen von akademisierten Linken erfunden. Dass es sich dabei um ein klassisches, antijüdisches Stereotyp handelt, ist ihnen egal.
Keine dreißig Jahre nach der Befreiung von Auschwitz waren es die Linken, die auf den dunklen Spuren ihrer Eltern unterwegs waren. Zwar wurden fleißig und auch in Teilen mit Recht die Altnazis bloßgestellt und beruflich kaltgestellt, soweit sie in relevanten Posten waren, aber beim Thema israelbezogener Antisemitismus waren sie sehr schnell sehr still.
Dafür bleibt der Widerstand wacker gegen die Altnazis, obwohl diese schon tot sind, gegen die Neonazis, obwohl kaum sichtbar, gegen die AfD, die FPÖ oder die Identitäre Bewegung. Es scheint, dass der alte Spruch, „je länger das dritte Reich zurückliegt, desto größer ist der Widerstand dagegen“ jeden Tag wahrer wird. Das Israelproblem der Grünen wird dabei allerdings gleichzeitig nicht kleiner.
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