Die fragile Freiheit

Es muss irgendwann im Januar 2021 gewesen sein. Ich lud gerade meine Supermarkteinkäufe in den Kofferraum, als mich eine raue Herrenstimme ansprach. Ich wandte mich zu der Stimme und sah mich drei Polizisten gegenüber. Der Herr mit der rauen Stimme forderte mich in schroffem Ton auf, zu erklären, was ich denn hier zu suchen hätte. Irritiert von der Frage wies ich auf meinen Einkauf. Als er merkte, dass ich keine Ahnung hatte, wovon er sprach, zeigte er auf mein Nummernschild und ich verstand.

Ich war gerade umgezogen und mein Auto hatte noch immer das Kennzeichnen meines alten Wohnorts. Problem war, dass dieser Wohnort über 100 Kilometer von meinem aktuellen entfernt lag und gerade eine Corona-Schutzverordnung in Kraft getreten war, die den Bewegungsradius der Menschen auf 15 Kilometer beschränkte. Da ich mich noch nicht umgemeldet hatte, bedurfte es einiger Diskussionen und Diplomatie, die glücklicherweise durch eine Wohnungsgeberbescheinigung, die ich zufällig mit mir führte, gelöst werden konnte.

Unter Kontrolle

Wenn ich heute an diesen Tag, an diese Zeit zurückdenke, sehe ich noch immer die aberwitzigen Parallelen zu Orwells Meisterwerk „1984”. Niemals hätte ich geglaubt, dass ein Staat derart schnell und umfassend in die persönliche Freiheit des Menschen eingreift. Es gab Ausgangssperren zu bestimmten Uhrzeiten, es gab ein sogenanntes Verweilverbot, was den Menschen untersagte, bei einem Spaziergang stehen zu bleiben oder aber ein Buch auf der Bank zu lesen, Kinderspielplätze wurden mit Flatterband abgesperrt, Geschäfte mussten wochenlang den Betrieb einstellen, der Staat forderte die Menschen auf, eine App zur Kontaktverfolgung zu benutzen, Besuche bei Freunden und Familie waren untersagt oder nur unter strengen Auflagen erlaubt. 

Der Staat hatte die Kontrolle über das Leben der Menschen übernommen. Der öffentlich rechtliche Rundfunk, aber auch die privaten Medien bombardierten einen in Endlosschleife mit Inzidenzwerten, Bildern von überfüllten Krankenhäusern, der permanenten Bedrohung von Leib und Leben. Politiker nutzten diese Zeit und profilierten sich mit Forderungen nach immer noch härteren Maßnahmen, während (und das ist das eigentlich Verrückte an der Sache) ein großer Teil des Volkes Beifall klatschte und jede noch so unsinnige Maßnahme verteidigte oder sogar einforderte.

So kam es zu Bildern, die Polizisten zeigten, wie sie Rodler von einem Berg vertrieben, wie ein junger Mann von einem driftenden Polizeiwagen verfolgt und beinahe überfahren wurde, nur weil er keine Maske trug, oder andere aufmüpfige Maskenverweigerer unter Anwendung von Gewalt zu Boden gerungen wurden. Menschen schwärzten einander an, wenn denn der Nachbar unerlaubten Besuch hatte oder Jugendliche eine Party feierten. Der staatliche Einfluss auf das Leben wurde nicht nur akzeptiert, er wurde gefordert. 

Zu allem bereit

Jeder, der sich dagegenstellte, wurde von Medien und Politikern als Querdenker bezeichnet, beschimpft und ausgegrenzt. Eine Satirikerin des ÖRR setzte Menschen, die die Corona-Impfung verweigerten, mit einem Blinddarm gleich, der nicht überlebenswichtig für eine Gesellschaft wäre. Die Bundesregierung machte es sich persönlich zu eigen, einen Fußballspieler aufzufordern, er möge sich doch bitte impfen lassen und per Gesetz verbot man allen, die es nicht taten, am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen.

Dass ein Staat derart eskaliert, wenn man ihn denn lässt, verwundert mich nicht. Dass es derart schnell geht, verwunderte mich hingegen tatsächlich. Und auf gewisse Weise muss man dankbar sein, dass man Zeuge einer solchen Entwicklung sein durfte. 

Was mich aber am meisten wundert, sind die Menschen, die all das mitgetragen haben. Und dabei geht es mir nicht um die Maskenpflicht, sondern viel mehr um die völlig albernen Maßnahmen, die völlig widersprüchlich zueinander standen und keinerlei Effekt auf irgendein Pandemie-Geschehen haben konnten. Die Menschen waren von der Angst infiziert und bereit, alles zu tun und zu akzeptieren, um ihr eigenes Überleben zu sichern.

Die Freiheit der anderen

Heute spricht niemand mehr darüber. Gehen Sie mal los und fragen Sie jemanden im Supermarkt, warum er keine Maske trägt. Die Wahrscheinlichkeit, dass Sie böse angeraunzt werden, ist nicht sonderlich gering. Oder stellen Sie sich mal vor ein Restaurant und fragen die Menschen beim Betreten nach einem Impfnachweis. Auch könnten Sie die Menschen fragen, warum sie sich nicht die vierte oder fünfte Impfung abholen, wo sie noch vor wenigen Monaten bereit waren, Ungeimpfte zu inhaftieren.

Die Freiheit ist ein fragiles Gut, auf das wir aufpassen müssen. Corona hat gezeigt, wie wenig den Menschen die Freiheit wirklich bedeutet, wenn sie den persönlichen Interessen entgegensteht. Es war die Angst, die die Medien und die Politiker verbreiteten und die Angst, selbst Sorge für sein Leben und seine Gesundheit tragen zu müssen, die es Millionen von Menschen schmackhaft machte, auf Freiheit zu verzichten.

Und weil ich es immer wieder erlebe: Was während der Corona-Pandemie passiert ist, war kein Zufall, kein Zusammenkommen unglücklicher Umstände, kein menschliches Versagen. Nein, vielmehr ist es die Natur der meisten Menschen, den eigenen Vorteil zu suchen, auch auf Kosten der Freiheit anderer.

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3 Kommentare. Leave new

  • Die Standarderklärung von Politikern und Journalisten lautet: “Das konnte man damals ja nicht anders wissen.”
    Die Erklärung der Mitmacher und Hetzer aus meiner Verwandtschaft:
    “Das war nötig und es hat ja auch geholfen. Sonst sässen wir nicht hier.”

    Ist das nun kaltschnäuzig oder blöd?

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  • Ja, genau DAS hat mich auch so erschüttert: Wie bereitwillig “der Deutsche” wieder, obrigkeitshörig wie eh und je, seine Mitmenschen bespitzelt, anschwärzt und sich über die Strafen freut, die diese erhielten. Allen, die ein “nie wieder” ständig einer Montranz gleich vor sich hertragen, sei gesagt: nie war es einfacher, diese Aussage zu widerlegen.

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