Auf dem Plattenspieler: Gotan Project

Künstler: Gotan Project

Album: La Revancha Del Tango (2001 XL Recordings, ¡Ya Basta! Records)

Das Ende des vergangenen Jahrtausends war für einen jungen DJ nicht so leicht, wenn man für mehr als 20 Insider auflegen mußte. Die großen Trends waren auserzählt, Techno löste den Rock ab und ein überraschendes und befremdliches Wiederaufleben des deutschen Schlagers den Techno. Die Charts des Jahres 1999 waren wie eine Aneinanderreihung von One-Hit-Wundern, wie zum Beispiel „Mambo No.5” von Lou Bega, das so erfolgreich wie enervierend war und damals ging auch der Stern von Britney Spears auf, der hell erstrahlte, aber auch sehr kurz. Der R’n’B verwendete gefühlt in jedem zweiten Track den markanten Sample von Luniz’ „I Got 5 On It”. Nicht so leicht, eine gute Mischung zu finden, für die man sein Gesicht hinhalten könnte.

Da saß ich nun zwischen einem Stapel Promos, um den einen oder anderen besonderen Moment zu finden für eine der zahllosen Millenium-Parties. Ich arbeitete mich durch gefälligen, aber oft recht seelenlosen Disco-House, durch Remixe von Robbie Williams und Celine Dion, viel Latin-Pop und sogar vom damals noch gelittenen Xavier Naidoo war etwas dabei. Allerdings wollte ich nichts davon spielen, es mangelte durchwegs an Originalität oder Tanzbarkeit. Vielleicht sollte ich einfach einen nostalgischen Abend daraus machen und die Hits der Neunziger zu Gehör bringen, aber schon der Gedanke ermüdete mich.

Der Tag ging zu Ende, genau wie meine musikalische Aufnahmefähigkeit und nach der nächsten sollte Schluß sein. „Vuelvo al sur” stand darauf und ich befürchtete ein weiteres Jennifer-Lopez-Imitat.

Doch was passierte da?

Ein Bandoneon, eine Gitarre und ein Dub-Beat wirkten distanziert und umschmeichelten mich gleichermaßen. Ein Arrangement, so ungewöhnlich wie die 10-Zoll-Schallplatte, auf der sie daherkam. Da hatte ich ja doch noch meinen besonderen Moment gefunden und der Titel (ursprünglich aus der Feder von Astor Piazzolla, der wohl für den Tango Nuevo so bedeutend war, wie Nelson Mandela für Afrika) wurde fester Bestandteil meines Sets.

Das dazugehörige Album „La Revancha Del Tango” hatte sich etwas Zeit gelassen und erschien erst Anfang 2001. Der französische DJ Philippe Cohen, der deutsch-schweizerische Produzent Christoph H. Müller und der argentinische Gitarrist Eduardo Makaroff hatten ein echtes Juwel des Downbeat geschaffen, das bis heute strahlt. Großartige Adaptionen von Frank Zappas „Chunga’s Revenge” und Gato Barbieris „Last Tango In Paris” sind nur zwei Glanzstücke dieser zehn außergewöhnlichen Titel, die Sie gehört haben sollten.

Inzwischen ist das Werk auf audiophilem Vinyl erhältlich und hat nichts von seinem Zauber eingebüßt, zwischen Distanz und Anziehung.

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Was die Obristen sagen

1 Kommentar. Leave new

  • Gertrud Aumann
    6. April 2024 18:21

    Die Musik von Gotan Project ist wirklich toll! Ich habe sie schon vor vielen Jahren entdeckt und bin ein grosser Fan! Tango finde ich per se gut! Vielen Dank und liebe Gruesse

    Antworten

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