Konstruktiver Widerstand

Im November 2023 hielt ich auf Usedom an der Ostsee bei der jährlichen Konferenz des Magazins „eigentümlich frei” auf Einladung dessen Herausgebers André Lichtschlag den folgenden Vortrag darüber, wie Freiheitliche in einem immer unfreier werdenden Land ihre Ohnmacht überwinden können, einen Vortrag, der heute noch immer aktuell ist. 

Er wurde von den Veranstaltern auf Video aufgezeichnet, sie können sich ihn hier anschauen bzw. anhören. 

Alternativ können Sie nachfolgend das Manuskript lesen. 

Lieber André, liebe Freunde der Freiheit,

im Sommer 2022 war ich wie jeden Sommer in Südtirol, stand bei strahlendem Sonnenschein auf meiner Terrasse 1.500m über Usedom, blickte ins Tal und war kurz vor dem Verzweifeln.

Mir stand vor Augen, dass Politiker und Parteien das Problem und nicht die Lösung sind, andererseits aber Politiker und Parteien die einzigen in diesem Land sind, die jetzt im Moment die Macht haben, das System der Parteiendemokratie zu verändern. Ich fand diese Lage zumindest auf den ersten Blick ziemlich aussichtslos. Ich litt allzu melancholisch am offensichtlichen Niedergang Deutschlands, am Abrutschen in den Sozialismus, ja am Zerfall des ganzen Abendlands.

Ich hatte aber andererseits gar keine Lust zu verzweifeln. Und darum grübelte ich und fühlte mich schlecht.

Dann kippte das Wetter. Warme, trockene, leichte Luft wurde von kalten, feuchten, schweren Luftmassen gerammt – genau über unserem Tal. Wolken türmten sich auf, Blitze zuckten im Sekundentakt und der Donner hallte zwischen den Felswänden hin und her. 

Und dann stürzten die Wassermassen aus dem Himmel, wie ich es noch nie erlebt habe. Ich war ins Haus geflüchtet, konnte aus dem Fenster die drei Meter entfernte Hecke nicht mehr sehen, so stark regnete und hagelte es. Vor dem Fenster prasselten die Hagelkörner waagrecht vorbei und schlugen den Bäumen das Laub von den Zweigen. Das Rauschen des Wassers war so laut dass ich mein eigenes Wort nicht verstanden hätte. Aber ich sagte sowieso nichts.

Nur etwa 20 Minuten später ließ der Starkregen schon wieder nach. 

Und dann begann das eigentliche Schauspiel, das mich tief beeindruckt hat und das in Stück weit mein Leben geändert hat.

Die Sirenen aller freiwilligen Feuerwehren in der Umgebung heulten. Überall brach hektisches Treiben aus. Alle einheimischen Männer waren auf den Beinen. Es gab viel zu tun! Der Hagel hatte die Abflüsse zugesetzt und es war auch einfach zu viel Wasser auf einmal gewesen, weshalb Häuser vollgelaufen, kleinere Erdrutsche abgegangen, Bäume umgestürzt und Straßen zugeschüttet waren, außerdem war die Bergstraße stellenweise unterspült. Eine Mühle und mehrere Brücken waren einfach weg. Die Bergbewohner verloren keine Minute – Aufräumen war angesagt!

Im ganzen Tal gab es erheblichen Sachschaden. Aber keinen einzigen Personenschaden. Die Leute wissen einfach, wie man sich bei Extremwetter zu verhalten hat, sie wachsen von klein auf mit den Naturgewalten auf: Mit Kälte, Hitze, Wasser, Sturm, Schneemassen, mit umstürzenden Bäumen, mit ins Tal krachenden Felsen. Sie können reagieren, sie haben Reflexe, sie wissen, was zu tun und wo es sicher ist. Jeder hat eine Motorsäge im Haus, jeder hat ein Allradfahrzeug, jeder weiß mit Werkzeug umzugehen, jeder ist ausreichend versichert. 

Und nach einem Unwetter wird nicht gejammert und nach Papi Staat gerufen, sondern sofort zugepackt, repariert, instandgesetzt, aufgeräumt, gepumpt, gebaggert, geschaufelt, gesägt, geputzt. Jeder hilft seinem Nachbarn. Abends trifft man sich am Feuerwehrhaus, trinkt ein paar Bier, lacht, erzählt sich die haarsträubendsten Geschichten und am nächsten Tag in aller Herrgottsfrühe geht’s weiter. Alles andere bleibt liegen. Totale Priorität. Solange, bis die Trümmer und Baumstämme weggeräumt, überall Notbehelfsbrücken errichtet und alle Straßen wieder befahrbar sind. 

Ich war mittendrin, staunte und um mich herum fand eine Demonstration der Widerstandskraft statt. Das mitzuerleben war für mich ein heilsamer Schock. Mir wurde klar: So geht’s ja auch!

Die Resilienz, die Unbeugsamkeit und die selbstverständliche Entschlossenheit der Bergleute, hat mich sofort aus meiner Lethargie gerissen. 

Am Naturereignis können sie nichts ändern, auf die Krise reagieren sie mit: Handeln. Tun. Machen. Selbstorganisiert. Selbstmotiviert. Selbstfinanziert. Sie lassen sich ihre Kultur, ihre Traditionen, ihre Lebensweise nicht so einfach zerstören. Von nichts und niemandem. Sie beseitigen die Schäden, dann wird gefeiert und dann geht’s weiter.

Wenn ich diese Haltung übertrage auf die gesellschaftlichen Krisen unter denen wir alle leiden, dann ist die wichtigste Erkenntnis: Ich kann es mir komplett sparen, von den anderen Akteuren Verhaltensänderungen zu fordern! 

Also z.B. von der CDU, dass sie wieder konservativ sein soll. Von Lindner, dass er zurücktreten und seinen Buschmann gleich mitnehmen soll. Von Scholz, dass er aufhören soll zu lügen. Von den Funktionären in den Arbeitgeber- und Industrieverbänden, dass sie endlich ihren Job tun und in Berlin Rabbatz machen und unsere Eigentumsrechte vertreten sollen. Von den Klerikern, dass Sie aufhören sollen, sich den Sozialisten anzubiedern und stattdessen wieder christliche Zivilisation vorleben sollen. Von den Aktivisten der Öffentlich-rechtlichen, dass sie aufhören sollen zu indoktrinieren und sich eine ehrliche Arbeit suchen sollen. Von den Bürokraten im Möchtegern-Superstaat EU, dass sie aufhören sollen uns zu bevormunden und sich am besten freiwillig auflösen sollen. Von den Neocons in Washington, dass sie aufhören sollen uns in Kriege zu jagen. Von den Moslems, dass sie mit ihrem Dschihad aufhören sollen. Vom Geheimdienst, dass er uns sagen soll, wer die Pipelines gesprengt hat. Und so weiter. 

Forderungen aufstellen ist die Dokumentation von Ohnmacht. 

Wenn ich partout will, dass andere etwas tun und sie tun es einfach nicht, dann kann ich noch so viele Theorien aufstellen und mich noch so sehr im Recht wähnen – das einzige, was passiert, ist, dass ich krank werde. Erst an Gemüt und Seele, dann psychisch, dann körperlich. 

Die erste deutliche Vorstufe von solchen emotionalen Abwärtsspiralen ist das tägliche Herumnörgeln, die permanente Kritisiererei, die ausgiebige Negativkommunikation, die man auch bei unsereinem, bei vielen regierungskritischen Social-Media-Accounts, bei vielen Beiträgen in den wilden Medien immer wieder sehen kann.

Was ich tun kann, um gesund zu bleiben: selber die Motorsäge schnappen und loslegen!

Wenn also der entscheidende Punkt ist ins Handeln zu kommen – was heißt das dann für mich konkret?

Das heißt für mich in Bezug auf den Niedergang unserer Gesellschaft, dass ich nicht nur die ersten beiden, sondern auch den dritten Schritt tun muss – und der hatte bislang gefehlt. 

Der erste Schritt: Renitenz. Nicht mitmachen. Nicht gehorchen. Sich widersetzen.

Der zweite Schritt: Resonanz. Den Mund aufmachen. Wahrnehmbar werden.

Der dritte Schritt: Reaktion. Etwas unternehmen. Parallelstrukturen aufbauen.

Die ersten beiden Schritte sind noch einfach. Aber sie fokussieren sich alleine auf das Von-weg. Auf das Nein.

Erst wenn der dritte Schritt hinzukommt, wird aus Widerstand konstruktiver Widerstand. Aber dazu muss der Widerständler sich auch entscheiden, was er will. Also nicht nur, was er nicht will. Sondern auch was er stattdessen will. Nicht nur von-weg, sondern auch hin-zu. Es braucht auch ein großes Ja.

Mir war das bis zu diesem Zeitpunkt damals in Südtirol nur rational klar, aber überhaupt nicht emotional. Außer mich bei bestimmten Dingen zu verweigern, die mir gegen den Strich gingen, beschränkte ich mich vor allem in den letzten Jahren zum eigenen Schaden darauf, mich lautstark zu beschweren, über den Irrsinn und das Zerstörungswerk der narzisstischen Politiker und ihrer Freunde in BigPharma, BigTech und BigMedia zu jammern, sie öffentlich in den Social Media zu kritisieren, mich am Staat und allen mit ihm zusammenhängenden Missständen abzuarbeiten. 

Aber eben kaum etwas zu unternehmen.

Als mir das klar geworden ist, war es einfach: Ich habe mich gefragt, was ich gut kann. Dann führte ich ein paar Telefonate, wenige Wochen später ging der Sandwirt online, das Magazin des konstruktiven Widerstands, das ich seitdem herausgebe und das gerade seinen ersten Geburtstag gefeiert hat.

Seitdem komme ich deutlich besser klar damit, als Teil der freiheitlichen Minderheit in einem Land zu leben, das ganz anders tickt als ich und in dem freiheitliche Ideen auf absehbare Zeit keine Mehrheit bekommen werden. Ich komme klar, weil ich im konstruktiven Widerstand bin.

Und das beinhaltet alle drei Facetten. Oder anders gesagt, ich beanspruche für mich diese drei Freiheiten: 

Erstens: Renitenz. 

Das heißt, Ich mache nichts mit, wogegen meine Ehre und mein Gewissen sprechen. Nicht freiwillig. Man muss mich schon mit Gewalt dazu zwingen. Steuern zu zahlen zum Beispiel. 

Renitent sein fiel mir schon immer leicht. Ich habe mich in meinem Leben oft geweigert und mich gewehrt und habe vieles nicht mitgemacht. Gerade zur Coronazeit gab es eine Menge nicht mitzumachen. Da will ich hier gar nicht ins Detail gehen. 

Sie können ohnehin nur für sich selbst entscheiden, was Sie nicht mitmachen.

Nur: Nicht mitmachen ist zwar notwendig, aber eben nicht hinreichend, um irgendetwas zu bewegen. 

Notwendig ist das Nein aber dennoch, weil es eben auch eine Frage von Selbstwert ist. Die Coronazeit war dafür das perfekte Spielfeld der Selbsterkenntnis. 

Unter meinen Mitarbeitern waren beispielsweise mehrere, die sich die mRNA spritzen ließen, obwohl sie das eigentlich gar nicht wollten. Heute, obwohl die Aufarbeitung der Corona-Verbrechen erst begonnen hat und noch niemand wirklich Rechenschaft ablegen musste, wissen wir ja alle, dass diese Spritzen nicht nur nichts geholfen haben, sondern außerdem auch viel zu hohe Gesundheitsrisiken mit sich gebracht haben. 

Aber auch damals, 2021 wussten diese meine Mitarbeiter bereits, dass diese Spritzen weder gegen Ansteckung noch Weitergabe des Virus halfen. Sie waren ja auch alle nicht über 80 und fettleibig und darum keine Corona-Risikogruppe. Außerdem waren damals die Risiken der Spritzen komplett unbekannt und damit unabwägbar. Aber dennoch sagten sie nicht Nein, sondern gaben sich das Zeug.

Warum? Weil sie laut ihren eigenen Aussagen „wieder am gesellschaftlichen Leben teilnehmen wollten”. Restaurants, Kneipen, Kino, Konzert, Fußballstadion und so weiter. Das heißt im Klartext nichts anderes, als dass sie ihr aufmuckendes Gewissen, oder anders gesagt, ihr Selbstwertgefühl, das sich meldete, das eigentlich Nein sagte, überstimmten und verraten haben. Für Luxus, Bequemlichkeit, Konformität, keinen Ärger, keinen Stress, Spaß und Zerstreuung, Dazugehören. Sie waren nicht bereit, für ihren Selbstwert Opfer zu bringen. 

Der Preis, den sie dafür gezahlt haben, wiegt schwer. Im Nachhinein bereuen sie es nämlich alle. Ausnahmslos. Sie haben sich dann auch nicht boostern lassen, sondern haben nach der ersten oder zweiten Spritze Nein gesagt, weil sie sich damit so schlecht gefühlt haben. Sie sagten: „Ich lass mich doch nicht weiter verarschen.” – Was aber impliziert: Beim ersten Mal haben sie sich verarschen lassen. Kein angenehmes Gefühl. 

Aber auf sein Gewissen hören, seine Würde bewahren und Nein sagen – das alleine ist dennoch noch nicht genug!

Zurecht sagen mir beispielsweise viele, dass Nichtwählen nichts hilft. Das stimmt. Zwar hilft wählen auch nichts, aber Nichtwählen alleine hilft tatsächlich nur mir selbst ein besseres Gewissen zu haben, nämlich keine Politiker und Parteien zur Herrschaft zu legitimieren. Es bewirkt darüber hinaus aber nichts. Renitenz ist nicht genug. 

Ich muss außerdem den Mund aufmachen. 

Darum zweitens: Resonanz

Dafür braucht es nicht nur Selbstwert wie bei der Resilienz, sondern auch etwas Mut. Wenn Sie den Mund aufmachen und wahrnehmbar werden, ist das nämlich niemals gratis. Sie bekommen Gegenwind. Aber auch den kann man nutzen.

Beispielsweise habe ich durch meine große Klappe in der Öffentlichkeit schon einige Kunden verloren, ich habe auch Mitarbeiter verloren, die mit meinen öffentlichen Meinungen nicht assoziiert werden wollten. Ich habe mich auch aus meinem Rotary-Club geschossen, weil ich meinen Mund nicht halten konnte, als sie angefangen haben, gegen Umgeimpfte zu hetzen.

Ich habe auch Leute vor den Kopf gestoßen, denen ich, sagen wir mal, zu direkt war. Und die sich dann von mir abgewendet oder zurückgekeilt haben.

Aber gut. Wer austeilt muss auch einstecken.

Und im Gegenzug habe ich neue Kunden gewonnen, neue Mitarbeiter eingestellt und neue Bekanntschaften geschlossen und das hat mich jedesmal weitergebracht und hatte ein höheres Niveau als zuvor. 

Anfang 2022 ging beispielsweise ein Hashtag viral, den Jan Fleischhauer losgetreten hatte. #Ichbinraus hatte er geschrieben in Bezug auf die nicht enden wollene Corona-Hysterie. Vielleicht erinnern Sie sich noch daran.

Ich surfte damals ein Stückchen auf der Welle mit und twitterte unter diesem Hashtag, dass ich raus war, raus bin und raus sein werde, und dass ich von Anfang an der Meinung war, Gesundheit sei Privatsache.

Darauf bekam ich Resonanz. Viel Zustimmung einerseits und einen Shitstürmchen andererseits. Der war nach einem bestimmten, durchgängigen Muster gestrickt, und das fand ich interessant. 

Der Tenor klang etwa so: „Ja, dann bitte raus aus dem Land!“ – „Hoffentlich weit weg und nicht in unserem Sozialstaat!“ – „Prima, hau einfach ab! Und wieder wird dieses Land ein Stück besser.“ – „Und Tschüss.“ – „Die Gesellschaft kann auf Typen wie dich verzichten.“ – „Bitte wandere endlich aus!“

Ich würde es mir zu einfach machen, diese Rückmeldungen einfach als Dummheit, Hass, Überheblichkeit usw. abzutun. Diese Abstoßungstendenz der anderen Weltsicht, dieses Loswerdenwollen derer, die nicht mitmachen, ist doch auch einfach die nackte Realität. Die meinen das wirklich so: Die wollen Leute, die nicht mitmachen, irgendwie wegmachen, irgendwie entfernen, irgendwie aus ihrer Welt schaffen. Die Menschen sind so. Und so sehr sie auf der einen Seite damit komplett im Unrecht sind, so sehr haben sie – und das ist meine These – damit auf der anderen Seite vollkommen recht!

Denn sie machen ja nur deutlich: Kollektivisten und Individualisten wollen und können unterm Strich einfach nicht zusammenleben. Also sollten wir konsequenterweise aufhören, das zu versuchen und endlich getrennte Wege gehen. 

Nehmen wir die Spaltung doch mal ernst. Sie ist real. Wir brauchen darum dringend mehr als nur einen Einheitsstaat für alle. Wir brauchen nicht nur zwei, sondern mehrere, vielleicht viele. Der Kleinstaaterei innerhalb einer Nation war über Jahrhunderte unsere Vergangenheit und ihr gehört die Zukunft. Nicht nur aus ethischen und ökonomischen Gründen, wie Hans-Hermann Hoppe und auch Titus Gebel schon so oft und so stringent ausgeführt haben, sondern alleine schon, damit wir uns nicht ständig an die Kehle gehen und in Frieden leben können. Einfach, damit sich die Menschen aussuchen können, mit wem sie freiwillig zusammenleben wollen. 

Aus der bislang im Kulturkampf gebundenen und dann frei werdenden Energie würde enorme Aktivität entspringen. 

Und Aktivität bringt mich zum dritten und entscheidenden Schritt: Reaktion. Etwas unternehmen.

Etwas gemeinsam tun schweißt zusammen. Viel mehr als nur miteinander zu reden. Eine Paarbeziehung lebt beispielsweise zum ersten von gemeinsamen Haltungen, also gemeinsame Jas und gemeinsame Neins. Zum zweiten von guter, ehrlicher Kommunikation, also den Mund aufmachen. Aber eben auch davon, gemeinsame Projekte zu haben. 

Eine gute Ehe ist somit so eine Art permanenter konstruktiver Widerstand gegen das Chaos in der Welt.

Kinder großziehen ist so ein Projekt. Aber Vorsicht: Projekte sind definiert durch ihre begrenzte Dauer. Irgendwann gehen sie zu Ende, die Kinder ziehen zum Beispiel aus. Und wehe, Sie haben dann nicht schon eine neues gemeinsames Projekt.

Eine solche konsistente Abfolge von Projekten kann nur entstehen, wenn es eine übergeordnete Idee gibt, die hoch gehalten wird. Ein Ideal, ein Konzept. Es muss einen Strang geben, an dem man immer wieder gemeinsam ziehen kann.

In Unternehmen oder Sportmannschaften gilt das gleiche: Wenn Mitarbeiter oder Spieler in einem Team nicht am gleichen Strang ziehen, also für gemeinsame Ziele arbeiten, dann geht das nicht lange gut. Die Mitarbeiter kündigen, das Unternehmen schreibt rote Zahlen und die Mannschaft verliert die Spiele und steigt ab. 

Und auch in Gesellschaften rächt sich das Fehlen eines Strangs, an dem alle gemeinsam ziehen können. Solange es einen Feind gibt, z.B. die hochgerüsteten Kommunisten im Osten hinterm eisernen Vorhang, halten alle zusammen. Wenn der Feind wegfällt, bröckelt es. Wenn es eine totalitäre DDR gibt, ist es viel einfacher, eine freiheitliche Bundesrepublik zu bauen und zu erhalten. 

Oder wenn es ein kollektives Ziel gibt, die Mondlandung etwa, oder einen gemeinsamen Traum von Freiheit, Aufstieg und Wohlstand wie den American Dream, dann fällt eine Gesellschaft nicht so leicht auseinander. Wenn es diesen Dream nicht mehr gibt, entsteht der Great Divide rasend schnell.

Der Islam mit seiner Idee von Unterwerfung aller Ungläubigen und der Welteroberung mit dem Schwert ist auch so eine einigende Idee, die uns buchstäblich den Kopf kosten kann, wenn wir dem nichts eigenes mehr entgegensetzen können. 

16 Jahre totale Visionslosigkeit unter Merkel sind selbst für eine einst mehr als nur passabel funktionierende Gesellschaft wie die deutsche zu wenig Strang. Und der aktuelle Versuch der Ökosozialisten, mit ihrer Klimareligion die Gesellschaft hinter ihrem Zerstörungsprojekt zu versammeln, ist so idiotisch und so feindselig und so herbeigelogen, dass dieser Strang gerade reißt und die Gesellschaft spaltet, statt vereint. 

In einer sich auflösenden, vielfach gespaltenen Gesellschaft bilden sich dann Subgemeinschaften um andere, verschiedene Gemeinsamkeiten. Die Fridays-for-Future-Bewegung und die Klimakleber oder jüngst die vom Massaker des 7. Oktober so merkwürdig gestärkte Pro-Palästina-Bewegung sind Beispiele.

Aber auch der Aufschwung des Libertarismus in Deutschland, der plötzlich auch wieder nicht nur für alte weiße Männer, sondern auch für junge Leute hoch attraktiv ist, ist ein Beispiel.

Wie groß das Potenzial der freiheitlichen Idee ist, wenn letztlich nur noch die Wahl zwischen Freiheit oder Elend ist, zeigt Javier Milei in Argentinien, der schon jetzt ahnen lässt, was konstruktiver Widerstand bewirken kann. Egal, wie die Wahl am Sonntag ausgeht. Weil er nicht nur vehement ein Von-weg, sondern auch ein klares Hin-zu formuliert. Weil er einen Strang anbietet, an dem die Argentinier gemeinsam ziehen können und daran tausende Projekte aufhängen können. 

Die freiheitliche Bewegung bei uns wird nur attraktiv bleiben und weiter erstarken, wenn wir uns nicht darauf beschränken, öffentlich an den Politikern und Parteien und ihren Freunden in den Medien herumzunörgeln. Sondern dem etwas Reales, Konkretes, Konstruktives entgegensetzen. 

Damit meine ich: Parallelstrukturen aufbauen. 

Am weitesten aber noch lange nicht am Ziel sind wir da bei den Medien, bei Bitcoin und bei den freien Privatstädten. Aber es ist noch so viel mehr anzupacken!

Beispielsweise: 

  • Private statt staatliche Wohlfahrt organisieren. 
  • Kunst und Kultur für Freiheitsliebende statt staatsgesponsert.
  • Privat organisierte Bildung, die Neuerrichtung von Schulen und Universitäten abseits des staatlichen Bildungssystems.
  • Echter Geschäftsverkehr mit Bitcoin statt mit Zentralbankgeld.
  • Gründen von Bürgergenossenschaften, um das gesellschaftliche Leben lokal neu zu organisieren inklusive des Themas Gesundheit.
  • Lokale Mehrheiten erringen durch organisierten Zuzug von Libertären wie in New Hampshire.

Und vieles mehr.

Die Chancen für solche an der Idee der individuellen Freiheit, der Freiwilligkeit und des Nichtagressionsprinzips orientierten Projekten sind seit kurzem wieder viel besser. 

In der Zeit der totalitären Coronamaßnahmen ist eine neue Opposition gegen den Staat (nicht innerhalb des Staats) entstanden, von Leuten, die bis dahin eher unpolitisch waren und die erstmals gemerkt haben, dass die staatlichen Akteure nicht auf ihrer Seite sind, nicht auf der Seite der Freiheit. Sondern genau auf der anderen Seite des großen Grabens, der sich da aufgetan hat. 

Etwa 1/3 bis 1/4 der Gesellschaft hat nicht mitgemacht. Eine siebenstellige Zahl von Bürgern hat an mindestens einem Spaziergang teilgenommen. Zum ersten Mal für ihre Freiheit aufzustehen, war für viele eine einschneidende Erfahrung. Die gab es zuvor einfach nicht.

Man könnte auch sagen, es war ein Lackmustest. Die Regierung hat die Bevölkerung gezwungen Farbe zu bekennen. Bist du bereit für deine Freiheit einzustehen oder bist du gehorsam und gefügig? 

Insofern hat die Coronamaßnahmenkrise, negativ ausgedrückt zu einer unüberwindbaren Spaltung der Gesellschaft geführt, aber positiv ausgedrückt: Viele Freiheitsliebenden sind sich dadurch erst ihrer selbst bewusst geworden. 

Spaltung ist gar nicht so schlecht. Sie bringt auch einfach die Wahrheit der unterschiedlichen, unvereinbaren Weltanschauungen ans Licht. 

Viele der Netzwerke und Initiativen, die in dieser Zeit entstanden sind, tragen weiterhin und wachsen. Der Kontrafunk ist gegründet worden. Corrigenda, die Freiheitsfunken, Der Sandwirt und viele weitere Medien, Blogs, Podcasts, Youtuber, und natürlich die Atlas-Initiative von Markus Krall.

Insbesondere freiheitliche oder libertäre Projekte haben entweder neuen Auftrieb bekommen oder wurden in dieser Zeit initiiert. Die Leute, die gelernt haben, nicht nur den Regierungsparteien, sondern dem Staat insgesamt und seinen Akteuren und Institutionen zu misstrauen, begannen sich zu widersetzen, den Mund aufzumachen und – und das ist das neue und besondere: Konstruktiv zu werden. Also am Aufbau von Parallelstrukturen mitzuwirken. 

Und viele haben gerade erst gelernt: Wer selbst kein Initiator ist, kann dennoch Initiatoren unterstützen. Als Follower, als Verstärker, als Finanzier. Auch so wird man Teil des konstruktiven Widerstands.

Ob der Untergang des Abendlands damit letztlich aufzuhalten ist oder nicht, macht gar keinen Unterschied. Denn zum Kampf für die Freiheit gibt es für uns ohnehin keine Alternative.

Und wer weiß, was aus diesen Keimzellen des konstruktiven Widerstands noch alles sprießen wird. 

Helmut Schmidt sagte 2010: „In diesem Jahrhundert steht die Selbstbehauptung der europäischen Zivilisation auf dem Spiel.”

Der wirtschaftliche und politische Kollaps, auf den wir in Deutschland gerade unaufhaltsam zusteuern, wird den Niedergang der Berliner Republik besiegeln. Aber ich bin davon überzeugt, dass wir das so entstehende Chaos im Nachhinein als den Beginn von etwas Neuem erkennen. 

Und wenn sich dann in der Geschichte mal wieder ein Spalt auftut, dann können aus diesem konstruktiven Widerstand heraus, der nicht nur gegen, sondern auch für etwas kämpft, neue Gesellschaftsversuche in der westlichen, abendländischen Tradition entspringen, die ganz im Sinne Helmut Schmidts die Selbstbehauptung der europäischen Zivilisation bedeuten.

Vielen Dank.

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