Am 9. Mai 2025 schlug das Herz der Margot Friedländer zum letzten Mal. Eine Dame, deren Leben ein Monument der Menschlichkeit war, eine Holocaust-Überlebende, die mit wundem, beeindruckendem, unermüdlichem Engagement die Erinnerung an die Schoah wachhielt und sich für jüdisches Leben in der deutschen Diaspora und für Israel einsetzte. Ihre Stimme, mahnend einerseits, doch versöhnlich andererseits, wird fehlen, gerade in Zeiten des importierten Judenhasses, der jüdisches Leben Tag für Tag und immer weiter verunmöglicht.
Am 5. November 1921 wurde Anni Margot Bendheim in Berlin geboren. Ihre Familie wurde auseinandergerissen: Der Vater wurde 1942 in einem Vernichtungslager ermordet, ihre Mutter und ihr Bruder Ralph 1943 in Auschwitz vergast. Margot überlebte, da die Todesangst sie erfinderisch machte. Sie tauchte in Berlin unter, färbte ihre Haare rot, tauschte den Davidstern gegen ein Kreuz ein. Oftmals war die Identitätsverleugnung die einzige Chance, in dieser Zeit als Jude am Leben zu bleiben.
Doch aller Kreativität zum Trotz wurde sie 1944 von jüdischen „Greifern“ an die SS verraten und nach Theresienstadt deportiert. Unter jüdischen „Greifern“ versteht man Juden, die während der NS-Zeit von der Gestapo unter Androhung der Gaskammer gezwungen wurden, andere Juden aufzuspüren und zu denunzieren, um deren Deportation zu ermöglichen. Sie handelten unter Zwang, um ihr eigenes Überleben oder das ihrer Familien zu sichern, was eine kaum vorstellbare moralische Zwickmühle darstellte.
So wie beim 7.10. „hat es damals auch angefangen“.
In Theresienstadt traf sie ihren späteren Mann Adolf Friedländer, mit dem sie nach der Befreiung 1946 in die USA emigrierte. 2010, im Alter von 88 Jahren, kehrte sie nach Berlin zurück – ein Akt der Versöhnung, der sie zur Berlinerin im Herzen machte, wie sie oft betonte: „Ich bin hier geboren. Ich gehöre hierher.“
Friedländers Rückkehr war jedoch kein Akt der Nostalgie, sondern eine Mission. Sie sprach in Schulen, Gedenkstätten und in Parlamenten, um die Verbrechen der NS-Zeit nicht in Vergessenheit geraten zu lassen. Ihre Botschaft war klar, fast stoisch humanistisch: „Seid Menschen, respektiert jeden, ganz egal, welche Religion er hat, welche Hautfarbe er hat.“
Sie richtete sich besonders an junge Menschen, die sie als „Zweitzeugen“ aufforderte, ihre Geschichte weiterzutragen: „Was war, können wir nicht ändern. Es darf nur nie wieder geschehen.“
Eine Haltung, die bis heute gelten soll. Das Erinnern mag wichtig sein, doch Erinnern ohne Konsequenzen für das Leben in Deutschland heute bleibt ein zweckloses Unterfangen, das nur den Betroffenheitstrunkenen selbst hilft, nicht aber Juden heute.
Auch deswegen fehlt Margot Friedländer. Sie war nicht nur eine Zeitzeugin, sondern eine Mahnerin für die jüdische Diaspora in Deutschland. Sie verstand die Zerbrechlichkeit jüdischen Lebens in einem Land, das einst die systematische Vernichtung der Juden betrieb.
Ihre Worte waren ein Plädoyer für ein selbstbewusstes jüdisches Leben, das sich nicht verstecken muss, nie mehr verstecken muss. Gleichzeitig war sie eine leidenschaftliche Verfechterin Israels. In einer Zeit, in der der jüdische Staat zunehmend delegitimiert wird, betonte sie die Bedeutung Israels als Zufluchtsort und Symbol jüdischer Selbstbestimmung. „Israel ist unser Land, unser Schutz“, sagte sie in einem Interview, und ihre Worte spiegeln die tiefe Verbundenheit wider, die sie mit dem Staat der Juden empfand.
Friedländers Engagement für Israel war daher keine blinde Loyalität, sondern eine Antwort auf die Geschichte. Sie wusste, dass der Judenhass, den sie als Kind erlebte, nicht verschwunden ist. „So hat es damals auch angefangen“, warnte sie angesichts des zunehmenden Judenhasses in Deutschland, besonders nach dem Hamas-Angriff am 7. Oktober 2023.
Ihre Sorge galt nicht nur vermeintlich rechtsextremen Strömungen, die von Medien stets überbetont werden, sondern auch linken und islamistischen Narrativen, die Israel dämonisieren und jüdisches Leben in der Diaspora gefährden.
„Ihr helft mir, wenn ihr mir zuhört.”
Besonders kritisch betrachtete Friedländer die Politik von Grün-Rot, die durch ihre ideologischen Verirrungen und Nachgiebigkeit gegenüber antisemitischen Strömungen jüdisches Leben in Deutschland erschwert haben. Die rot-grüne Politik, oft von moralischer Selbstüberschätzung geprägt, hat durch ihre Unterstützung der BDS-Bewegung und ihre Zurückhaltung gegenüber islamistischem Judenhass ein Klima geschaffen, in dem Juden sich immer weniger sicher fühlen.
Ein Beispiel ist die Toleranz gegenüber Demonstrationen, auf denen antisemitische Parolen skandiert werden. In Berlin-Neukölln wurden 2024 jüdische Einrichtungen mit Davidsternen beschmiert, und auf sogenannten „pro-palästinensischen“ Kundgebungen wurden Aufrufe zur Vernichtung Israels laut.
Friedländer kommentierte die Situation für Juden in Deutschland so: „Ich hätte nie gedacht, dass das möglich ist. Das ist seit drei, vier Jahren wieder so.“
Ihre Worte sind ein Appell an die Politik, Verantwortung zu übernehmen, statt jüdisches Leben durch Untätigkeit oder falsche Prioritäten zu gefährden.
Trotz ihres Leids und ihrer klaren Worte war Margot Friedländer nie verbittert. Im Gegenteil: Sie trat Menschen nicht mit Vorwürfen, sondern mit Offenheit und Respekt entgegen. „Ihr helft mir, wenn ihr mir zuhört“, sagte sie in einem Interview mit der ZEIT.
Später gründete sie die Margot-Friedländer-Stiftung, um ihre Zeitzeugenarbeit fortzuführen, und der nach ihr benannte Preis ehrt Initiativen für Toleranz und gegen Judenhass.
Ihre Liebe zu Berlin zeigte sich in kleinen, liebevollen Gesten: Sie posierte für die „Vogue“ in einem roten Miu-Miu-Mantel und erzählte von ihrem Traum, Modedesignerin zu werden – ein Traum, den die Nazis zerstörten. Doch selbst in ihrem hohen Alter bewahrte sie eine unbändige Lebensfreude, die sie mit anderen teilte.
Nun ist sie tot und hinterlässt eine Lücke, die nicht zu füllen ist. Sie verkörperte ein jüdisches Selbstverständnis, das stolz, selbstbewusst und doch versöhnlich war.
Ansporn für ein besseres Leben
In einer Zeit, in der Judenhass jüdisches Leben bedroht, fehlt ihre Stimme schmerzlich. Sie war eine Mahnerin, die uns lehrte, Menschlichkeit über Hass zu stellen, und eine Fürsprecherin Israels, die die Bedeutung des jüdischen Staates für die Diaspora betonte. Ihre Botschaft – „Seid Menschen!“ – bleibt ein Auftrag für uns. Wir stehen in ihrer Pflicht, ihre Worte zu bewahren und ihr Vermächtnis weiterzutragen.
Nicht für die toten Juden, diese werden nicht wiederkommen, sondern für diejenigen, die heute in Deutschland leben! Für die 11-jährigen Kids, denen in Ballungszentren abgeraten wird, Kippa zu tragen, da der Anteil von radikalen Moslems die kritische Masse längst überschritten hat. Für den Rabbi, der seine Synagoge und seine Gemeinde vor Angriffen schützen muss, weil der Staat es nicht auf die Kette kriegt, trotz absurden Steueraufkommens für die basale Sicherheit jüdisches Leben sorgen.
Aleha Hashalom, Ruhe in Frieden, liebe Margot Friedländer, möge Ihr Andenken ein Segen bleiben und möge Ihr unvergleichliches Vermächtnis auch in Zukunft vielen Menschen den Ansporn für ein gutes, ein besseres Leben geben.