Mehr Utopie wagen

Robert Habecks Wirtschaftspolitik ist von der Mission, nicht von der Realität her bestimmt. Die noch dazu dilettantische Groteske, die vom Bundeswirtschaftsministerium mit dem PCK in Schwedt aufgeführt wird, ist alles andere als eine Provinzposse, sie entlarvt schonungslos wie utopieselig, falsch und verheerend die dirigistische Wirtschaftspolitik von Robert Habeck und der hinter ihm stehenden Kreise ist. 

Die PCK Raffinerie GmbH in Schwedt verarbeitet Rohöl und versorgt Berlin und Brandenburg mit Kraftstoffen, mit Benzin, Diesel, Kerosin und Heizöl zu 95 Prozent. Außerdem stellt das PCK Erdölprodukte wie Bitumen für den Straßenbau her. Karina Dörk (CDU), die Landrätin der Uckermark, beschrieb das Unternehmen als „eine der erfolgreichsten europäischen Raffinerien, die jährlich 1,5 Milliarden Euro Energiesteuer und 500 Millionen Euro Umsatzsteuer bezahlt und die seit Jahren Millionenbeträge in Umwelt- und Sicherheitstechnik investiert hat.“  

Erdölraffinerien, besonders in dieser Größe, besitzen, was Habeck und dessen Helfer nicht verstanden haben, eine strategische Bedeutung. Und so taumelt man ahnungslos durch die komplizierte und komplexe Erdölwelt, weil man sich den Träumen einer schönen, neuen Welt grünen Wasserstoffs heillos hingegeben hat. Franz Kafka hat Leute wie Habeck treffend in dem Bonmot beschrieben: „Er läuft den Tatsachen nach wie ein Anfänger im Schlittschuhlaufen, der überdies irgendwo übt, wo es verboten ist.“

Offiziell bei null

Im September 2022 hat die Bundesregierung wohl auf Betreiben von Robert Habeck die Anteile des Hauptgesellschafters Rosneft Deutschland (RDG) (54,17 Prozent), der auf massiven polnischen Druck hin enteignet werden sollte, unter die Treuhand des Bundes gestellt, genauer: unter die von dem Grünen Klaus Müller geleitete Bundesnetzagentur, die sich zum Exekutor von Habecks Verstaatlichungswünschen entwickelt. 

Ab Januar nimmt auf Geheiß der Bundesregierung das PCK Russland durch die Pipeline Drushba kein Rohöl mehr ab, obwohl Pipeline-Öl vom Embargo ausgeschlossen ist und Polen im Januar 500.000 Tonnen Erdöl von Russland kaufte. Insgesamt werden es bis 2024 sechs Millionen Tonnen Erdöl werden, die Polen importiert, wie man hört. Aber Polen liefert der Ukraine auch keine Panzer, obwohl Polen darauf gedrungen hat, dass Deutschland sich dazu durchringt. 

Und weil die Grünen es eben so wollen, nimmt das PCK Schwedt auch kein russisches Pipeline-Öl mehr ab. Schließlich hatte Deutschlands feministische Weltinnenministerin Annalena Baerbock in Riga im April 2022 verkündet: „Wir werden bis zum Sommer das Öl halbieren und bis Ende des Jahres bei null sein.“ 

Offiziell bei Null ist man in Schwedt, was russisches Erdöl betrifft, doch weder Annalena Baerbock, die auch in Riga nicht vermeiden konnte, eine ihrer grünen Parteitagsreden zu halten, noch der Bundeswirtschaftsminister und dessen zuständiger Staatssekretär Michael Kellner wissen, woher das Rohöl kommen soll, wenn nicht aus Russland. Anfangs schwärmte Robert Habeck von den Gesprächen mit seiner polnischen Amtskollegin Anna Moskwa und behauptete, dass man sich geeinigt habe, über den Naftoport von Danzig das Öl via Pipeline nach Schwedt zu befördern, der Rest müsste im wesentlich kleineren Öl-Hafen in Rostock umgeschlagen und durch die alte Not-Pipeline nach Schwedt transportiert werden. Von Danzig führt eine Pipeline nach Plock und durch Plock führt die Drushba von Russland nach Schwedt.  

Alles nicht so einfach

Das könnte sogar einigermaßen funktionieren, wenn die Polen für Deutschland bestimmtes Erdöl entladen, nicht nur den einen Tanker, von dem Michael Kellner schwärmte, sondern viele Tanker und das Öl nach Schwedt weiterleiten würden. Machen sie aber nicht. Dem Vernehmen nach weigerten sich die Polen, die zwei Rosneft-Tanker in Danzig zu löschen und den Shell-Tanker entluden sie erst verspätet. Eine Auskunft darüber, ob wenigstens dieses Öl inzwischen in Schwedt ist, wird verweigert. 

Auffällig ist, dass seitens des Bundeswirtschaftsministerium nicht mehr so sehr vom Rohöl aus Danzig, sondern inzwischen vom kasachischen Erdöl geschwärmt wird, so dass schließlich zusammen mit dem Rohöl, das via Rostock Schwedt erreicht, die Kapazität, die notwendig zum wirtschaftlichen Betrieb ist, gesichert wird. 

Doch das Erdöl aus Kasachstan wird durch die Drushba fließen müssen. Es bedarf also nicht nur einer Einigung mit Kasachstan, sondern auch mit Russland, Belorus und Polen hinsichtlich des Transits des Erdöls. Das ist auch der Grund, weshalb die Bundesregierung trotz polnischen Drucks und dem Wunsch der Fraktion der Linken im Landtag von Brandenburg Rosneft Deutschland nicht enteignet, sondern lieber die Treuhand verlängern wird, weil die Enteignung juristische Auseinandersetzungen mit Rosneft nach sich ziehen und die Verhandlungen mit Russland bezüglich der Durchleitung des Rohöls erschweren dürften. 

Ungeklärt ist die Frage, woher das Rohöl kommen wird, das die Tanker in Rostock und eventuell in Danzig für Schwedt entladen sollen. Ungeklärt ist auch die Frage, wie man überhaupt Erdöl verschiedener Herkunft in Schwedt verarbeiten kann, da sich die Rohöle signifikant unterscheiden und deshalb die Raffinerie auf diese Rohöle eingestellt sein muss. Das PCK Schwedt wurde für russisches Erdöl ausgelegt. Fachleute versichern, dass man zwar die Anlage umstellen kann, aber nicht von einer Stunde auf die nächste. 

Deutsche Märchen-Agentur

Anfang Februar zitierten einige Zeitungen eine dpa-Meldung, in der es hieß: „Nach dem Importstopp für russisches Pipeline-Öl bekommt die PCK-Raffinerie Schwedt nach Angaben aus Regierungskreisen inzwischen genug Ersatz für eine Auslastung von 70 Prozent. Entsprechende Ölmengen kämen per Tanker über Rostock und den polnischen Hafen Danzig in die Anlage in Brandenburg, erfuhr die Deutsche Presse-Agentur aus dem Bundeswirtschaftsministerium.“ 

Zur Erinnerung: Zum Zeitpunkt der Meldung war in Danzig gerade einmal ein Tanker gelöscht. Fast zeitgleich, am 6. Februar, lud Ministerpräsident Dietmar Woidke die Mitglieder der Task Force „PCK Schwedt“ zu einer Sondersitzung für den 15. Februar ein. Einziger Tagesordnungspunkt sollte „der Bericht der Bundesregierung über die Sicherstellung der Versorgung der PCK Raffinerie mit Rohöl“ sein. Es schien also großen Gesprächsbedarf zu geben. 

Woidke schrieb: „Dabei sind wir davon ausgegangen, dass bis Ende Januar 2023 über die Häfen in Rostock und Danzig sowie ggf. weiterer Lieferungen aus Kasachstan eine Auslastung der Raffinerie von 70 Prozent sichergestellt sein wird.“ Doch: „Die ist bislang so noch nicht erkennbar.“ 

In Potsdam ist nicht erkennbar, was in Berlin laut dpa als Tatsache verkauft wird. Kein Wunder, dass Michael Kellner seine Teilnahme an der Sondersitzung sogleich abgesagt hat. Er reiste lieber mit dem Bundespräsidenten nach Kambodscha und Malaysia, als sich um Schwedt zu kümmern. In der Sondersetzung müsste er seine Behauptungen womöglich belegen. 

Die Sitzung wurde verlegt, in Potsdam möchte man doch sehr gern hören, was der Abgesandte aus dem Bundeswirtschaftsministerium und Habeck-Vertraute zur Versorgungssicherheit von Schwedt zu sagen hat. 

Im Januar lag die Auslastung übrigens nicht bei 70 Prozent, sondern zwischen 54 und 56 Prozent.

Die Hängepartie hat begonnen

Während also Staatssekretär Michael Kellner alles für in Ordnung hält, hofft Brandenburgs Wirtschaftsminister Jörg Steinbach, dass zu Ostern alles in trockenen Tüchern sei – mit Kasachstan. In Potsdam scheint man sehr auf die kasachische Lösung zu setzen. Und wohl auch innig zu hoffen? Seit Mitte vorigen Jahres, seit dem klar ist, dass man kein russisches Erdöl mehr importieren möchte, setzt das Bundeswirtschaftsministerium auf ein Verwirrspiel, ist nichts an der Causa Schwedt transparent, haltbar und verifizierbar. 

Das hat einen Grund – und der ist Desinteresse, weil man im Bundeswirtschaftsministerium von der großen Wasserstoff-Zukunft träumt und fossile Energieträger für die Welt von gestern hält. Deshalb setzt man alles auf die Wasserstoffkarte – um das Erdöl können sich andere kümmern, der polnische Energieriese PKN Orlen zum Beispiel. 

Polen wünscht die Enteignung von Rosneft wohl auch deshalb, damit der staatsnahe Energiegigant PKN Orlen in Schwedt einsteigen kann. Der Vorstandsvorsitzende von PKN Orlen, Daniel Obajtek, gilt nicht nur als PiS-nah, sondern als „politischer Zögling Jarosław Kaczyńskis“. Wenn PKN Orlen in Schwedt einsteigt, macht sich Deutschland vom polnischen Staat abhängig. 

Die Pipeline von Danzig nach Plock besitzt nicht die Größe, um die Raffinerien Schwedt und Plock vollständig zu beliefern. Bedenkt man, dass die Raffinerie in Plock, die von PKN Orlen betrieben wird, sehr groß ist, stellt sich die Frage, ob PKN Orlen Schwedt überhaupt benötigt, ob PKN Orlen nicht eher Teile vom PCK für wenig Geld übernehmen, die Subventionen einsacken und dann das PCK langsam sterben lassen würde? 

Auf einer gemeinsamen Pressekonferenz von Olaf Scholz, Robert Habeck und Dietmar Woidke hatte der Bundeskanzler am 16. September 2022 verkündet: „Die Hängepartie ist zu Ende.“ Da Russland kein zuverlässiger Partner mehr sei, hätte die Bundesregierung eine „weitreichende energiepolitische Entscheidung zum Schutz unseres Landes“ getroffen. 

Habeck pflichtete Scholz mit den Worten bei: „Mit diesem Tag heute kann man sagen: Der Standort ist gesichert und die Zukunft für Schwedt wird erarbeitet.“ Und Dietmar Woidke betonte tapfer: „Keiner muss sich Sorgen machen, dass er seine Hauskredite und Rechnungen nicht bezahlen kann.“ 

Der Abgeordnete Felix W.H. Teichner (AfD) berichtete hingegen am 7. Februar im Wirtschaftsausschuss des Brandenburger Landtags: „Auch das Vertrauen der Banken sei davon offenbar betroffen, denn Unternehmer vor Ort und auch Privatpersonen, die einen Finanzierungskredit für ein Haus haben wollen, aber in der Raffinerie arbeiten, oder Unternehmer, die zum Teil von der Raffinerie abhängig seien, wo PCK für die Zulieferer der größte Kunde sei, die bekämen alle keine Kredite mehr.”

Nimmt man alles zusammen, dann lautet die Wahrheit: Die Hängepartie hat begonnen. Der Standort ist nicht gesichert und die Zukunft schon gar nicht. 

Der Wasserstoff, aus dem die Träume sind

Am 7. Dezember 2022 bemängelten Landtagsabgeordnete im Wirtschaftsausschuss, dass die Äußerungen Michael Kellners, der damals als Gast geladen und sogar erschienen war, „nicht wirklich viel Neues gebracht hätten“, und, „dass das BMWK 25 Tage vor dem Embargo keine Antworten habe, stattdessen werde davon fabuliert, dass die Versorgungssicherheit irgendwie gewährleistet werde.“

Obwohl das Bundeswirtschaftsministerium auf den Rostocker Hafen als Erdöllieferant für Schwedt setzt, erteilte die Bundesregierung dem Bau einer zweiten Pipeline von Rostock nach Schwedt eine Absage. Lieber möchte sie für 400 Millionen Euro die alte Leitung, die 1969 gebaut worden war, „ertüchtigen“. Das einzige, was Habeck und Kellner wirklich bauen wollen, sind Wasserstoffleitungen. 

Kellner wurde in der E-Mail, in der er seine Teilnahme an der Sitzung des Wirtschaftsausschusses im Landtag von Brandenburg vom 7.2. absagte, über die Gründe, warum keine zweite Pipeline gebaut wird, deutlich: „Vielleicht mag hierbei auch der Umstand eine Rolle spielen, dass in der Nähe zur Raffinerie PCK Schwedt bislang zwei größere Wasserstoffpipelines in der Planung sind, insbesondere das Projekt, eine der EUGAL – bzw. OPAL-Pipelines umzuwidmen, hat eine enorme Bedeutung für Schwedt und hat in den vergangenen Monaten Fahrt aufgenommen.“ 

EUGAL und OPAL sind zwei Pipelines, die nicht von Rostock, sondern von Lubmin in den Süden führen und das über NordStream gelieferte Erdgas in den Süden transportiert hatten. 

Beide Pipelines müssten allerdings umgebaut werden, denn man kann sie nicht einfach „umwidmen“, da Wasserstoff ganz andere Eigenschaften als Erdgas hat. Für den Umbau der Wasserstoffpipelines benötigen Habeck und Kellner das Geld, das sie nicht für eine zweite Erdöl-Pipeline ausgeben wollen.

Visionäre

Zur Stunde existiert kein wasserstofffähiges Kraftwerk und es ist keine vollwasserstofffähige Turbine im Angebot. Woher die Mengen an grünem Wasserstoff kommen sollen, die gebraucht werden, ist auch noch völlig unklar. Aus Südamerika? Aus Namibia? Nach Habecks und Kellners Träumen soll sich Deutschland vollständig abhängig machen von politisch instabilen Staaten im Süden von Afrika und in Südamerika. 

Robert Habeck ist auf einer Mission – und ganz gleich, was es die Menschen in Schwedt, aber auch in der gesamten Bundesrepublik kosten wird, denn Schwedt ist überall, darauf können die Grünen keine Rücksicht nehmen, denn über allem steht die Klimaneutralität. 

Grüne Politik im Allgemeinen und grüne Wirtschaftspolitik im Besonderen funktioniert nach dem Schema, dass grüne Funktionäre ein tolles Ziel verkünden, ohne über die Realisierbarkeit nachzudenken, denn dazu gibt es ja Unternehmer, Techniker, Wissenschaftler, die sich um die Details zu kümmern haben. Wirklichkeit ist wirklich nur etwas für unverbesserliche Reaktionäre, nicht für Visionäre wie Robert Habeck.  

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1 Kommentar. Leave new

  • Starker Artikel. Habeck kann – nach eigenem Beunden – mit Deutschland nichts anfangen; es ist ihm egal.
    Für die östlichen Bundesländer scheint er noch negativere Gefühle zu hegen.)

    (Und allein die Phantasiebezeichnung “Grüner Wasserstoff”.)

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