Schützt Bitcoin vor Inflation?

Vor einigen Monaten hat Daniel Wingen auf dem YouTube-Kanal @Einundzwanzig (https://youtu.be/FuUcA6g7MyE?si=9h8uDegAOK92IO6I) in München eine Straßenumfrage gemacht, bei der er zufälligen Passanten nacheinander drei Fragen gestellt hat:

  • Was ist Inflation?
  • Wie schützen Sie sich vor Inflation?
  • Haben Sie schon mal von Bitcoin gehört?

Auf die erste Frage, was Inflation ist, wirkt jeder einzelne so, als ob ihm zunächst der Gedanke durch den Kopf schießt: „Es gibt dafür sicherlich irgendeine kurze, einfache und allgemein akzeptierte Definition, aber die hab ich jetzt so nicht parat. Ich muss also aus meinem Bauchgefühl heraus ausdrücken, was ich darunter verstehe.“ 

Trotzdem waren die Antworten zum Großteil relativ präzise: „Wenn mein Geld weniger wert ist“, „Wenn ich mir von meinem Geld weniger kaufen kann“, „Wenn die Preise steigen, aber mein Gehalt nicht ebenfalls steigt“ und vereinzelt sogar „Wenn die Geldmenge steigt, was dafür sorgt, dass ich mit meinem Geld nicht mehr so viele Sachen kaufen kann wie vorher.“ 

Aus irgendeinem Grund ist die frühere Definition, Inflation = Geldmengenausweitung, was schon die Wortherkunft inflare = aufblähen mit sich bringt, in den Hintergrund gerückt und wurde durch Preissteigerung als Definition abgelöst. 

Nun, Definitionen sind nicht richtig oder falsch, sondern mehr oder weniger nützlich und für den einfachen Bürger stellt sich daher auch intuitiv logisch die Frage: Kann ich mit meinem Geld mehr oder weniger kaufen als vorher? Insofern ist der Gedankengang zu Preissteigerung statt Geldmenge nachvollziehbar. Was bei dieser Definition jedoch geschieht, ist die Umkehr von Ursache und Wirkung. Wenn die Preise steigen, bedeutet das, ich brauche mehr Geld, damit ich noch genauso viel kaufen kann, wie vorher. Aber wenn ich mehr Geld bekomme, gebe ich bei höheren Preisen auch mehr Geld aus. Sprich: Die Nachfrage steigt, das Angebot wird knapper, wodurch die Preise wiederum steigen. Ein Teufelskreis.

„Wenn die Menschen das Geldsystem verstehen würden, hätten wir eine Revolution, noch vor morgen früh.“ – Henry Ford

Also lieber nochmal zurück zur Definition der Geldmenge: Wenn ich mir vorstelle, ich habe eine Druckerpresse im Keller, mit der ich echtes Geld, zu praktisch null Kosten herstellen kann, dann fange ich an Geld zu drucken und es auszugeben, um mir davon alles Mögliche zu kaufen. Diejenigen, von denen ich Güter (und Dienstleistungen) zuerst kaufe, haben nun Geld in der Hand, das zwar vorher noch nicht da war, das aber nicht von dem Geld, das vorher da war, unterscheidbar ist. Nach und nach geben auch sie das neu erworbene Geld aus, es verteilt sich im Wirtschaftskreislauf, das Geld ist weniger knapp und im Umkehrschluss sind Güter (und Dienstleistungen) mehr gefragt als vorher. 

Das gleiche Problem, aber mit höherem Erklärungsgehalt: In diesem Beispiel habe ich die Macht über die Druckerpresse. In der Realität ist das die europäische Zentralbank und der Staat, der ins Gesetz schreibt, welches das offizielle Zahlungsmittel ist. Aber egal, wer die Macht über die Schaffung neuen Geldes hat, eins wissen auch die Passanten der Einundzwanzig-Umfrage alle: „Ich habe sie nicht.“

Wie schütze ich mich vor Inflation? 

Ich habe keine Druckerpresse mit der ich Geld aus dem Nichts erzeugen kann. Und selbst wenn ich sie hätte, kommt es mir doch sofort relativ logisch vor, dass Geld hierdurch seinen Zweck verfehlen würde oder zumindest zum Missbrauch verführt. Die Antwort der Passanten, wie sie sich vor Inflation schützen, fiel auch zum überwältigenden Teil recht ratlos aus: „Naja … nichts?!“ 

Einige kamen hierbei auf den Gedanken, dass sie ihr Geld in etwas anlegen müssten, was dafür sorgt, dass es sich schneller vermehrt, als es durch die Inflation an Wert verliert. Dass hart arbeitende Menschen ohne Druckerpresse in ihrer Freizeit jedoch nicht all ihre Energie dem Versuch widmen, eine Anlagemöglichkeit zu finden, die Gewinn plus Inflationsausgleich erwirtschaftet, erscheint mir durchaus nachvollziehbar.

Haben Sie schon mal von Bitcoin gehört?

Die Augen von Bitcoinern leuchten, wenn sie über dieses Thema sprechen können. Sie glänzen nicht vor Begeisterung, sondern sie strahlen hell wie ein Laser, worauf sie aufmerksam machen, indem sie sich buchstäblich auf ihren Profilbildern in den sozialen Netzwerken Laser in die Augen photoshoppen. Und sie müssen auch so hell strahlen, denn meistens müssen sie sehr tief in die Abgründe ihres Gegenübers leuchten, wenn sie versuchen den Grund zu finden, warum sich der- oder diejenige absolut nicht mit dem Thema beschäftigen will. 

Die Hilflosigkeit auf die Frage, ob sie schon mal von Bitcoin gehört haben, ist fast jedem einzelnen Passanten anzumerken. Manche sind uninformiert („Äh, gehört hab ich’s schon, aber nicht wirklich verstanden.“, andere sind falsch informiert („Äh, ich hatte mal Ethereum.“) Vielleicht bringt Daniel die Antwort auf die Frage, wie jeder sich vor Inflation schützen kann, noch zu subtil rüber, aber mit Sicherheit suggeriert er seinen Interviewpartnern, dass Bitcoin ihr Problem lösen würde. Niemand darf die Macht über eine Druckerpresse haben, bzw. weitergedacht: Geld muss knapp sein. Und diese Botschaft wiederum steht in fetten Buchstaben auf seinem T-Shirt geschrieben: EINUNDZWANZIG. Es gibt nur 21 Millionen Bitcoin und es wird niemals mehr geben. 

Ich wage zu behaupten, dass die hierauf folgende Skepsis in den Augen des jeweiligen Gesprächspartners jeden Bitcoiner schon mal an den Rand der Frustration getrieben hat, denn worauf Bitcoiner eigentlich aufmerksam machen wollen, ist die Tatsache, dass es kein einziges Gut auf diesem Planeten gibt, das so knapp ist wie Bitcoin und dabei gleichzeitig auch noch verfügbar (schließlich kann jeder Bitcoin kaufen), nützlich (Bitcoin hat einen Preis, zu dem man es in reale Güter tauschen kann) und beliebig teilbar (100 Mio. Satoshis sind 1 Bitcoin, ebenso wie 100 Cent 1 Euro). 

Bitcoiner geben keine Anlageempfehlung, die mit Immobilien, Aktien, ETFs, Edelmetallen oder Staatsanleihen vergleichbar sind, sondern möchten auf den heiligen Gral aufmerksam machen: Die am besten geeigneten Eigenschaften, um als Geld, also als das meist akzeptierte Zahlungsmittel, zu gelten. 

Investition oder Sparbuch?

Die meisten Bitcoiner haben in ihrer Anfangsphase Bitcoin als spekulatives Investitionsobjekt betrachtet und manche davon möglicherweise sogar viel Geld damit verdient. Der harte Kern der sogenannten Bitcoin-Maximalisten (Es gibt Bitcoin und es gibt Shitcoin / es gibt kein zweitbestes) hat dieses Konzept so weit überwunden, dass sie nicht mal mehr im Traum daran denken, ihre Bitcoins zurück in beliebig vermehrbares Fiat-Geld (also Euros) zurück zu tauschen, sondern es dauerhaft halten (oder hodln, wie es viele inzwischen aufgrund eines Rechtschreibfehlers in einem Bitcoin-Forum scherzhaft nennen). 

Der Unterschied zwischen Bitcoin und Euro ist bei weitem größer als der zwischen Auto und Pferd. Wer die Vorzüge des Autos verstanden hat, lässt sich nicht mehr davon überzeugen, dass ein Pferd viel besser sämtliche Wege bestreiten kann, ebenso wie Bitcoiner sich nicht erzählen lassen, dass der Euro deshalb die besseren Eigenschaften von gutem Geld hätte, weil jeder per Gesetz Euros als Bezahlung annehmen muss. 

Die Methode, Geld wie bei einem Sparbuch einfach auf die Seite legen zu können, übertrifft Bitcoin, weil es keinen Mittelsmann wie die Sparkasse dafür benötigt. Der Traum vom Geld unter dem Kopfkissen horten, ist greifbarer als je zuvor und trifft auf eine Zeit, in der die Generation, die das damals getan hat, mit Bitcoin nicht zurechtkommt, weil es digital ist und eine Generation, die das sparen völlig verlernt hat. 

Gesundes Geld – gesunde Welt

Der simple Gedanke, der Inflation durch Investition in besseres Geld ein Schnippchen schlagen zu können, klingt zu schön um wahr zu sein und ist doch real. Man muss kein politischer Anarchist sein, um zu dem Gedanken zu kommen, dass man im Endeffekt mehr davon profitiert, wenn niemand die Gelddruckerpresse kontrolliert, als dass man selbst Nutznießer dieses Systems ist, aber es ist hilfreich. 

Und es muss auch niemand darauf warten, dass jemand von @Einundzwanzig in der Fußgängerzone auf einen zukommt und einem ein Mikrofon unter die Nase hält. Auf https://einundzwanzig.space/meetups/ kann jeder eine Gruppe von Bitcoinern in seiner Nähe finden, um sich zu dem Thema auszutauschen. Der @blocktrainer streamt fast täglich auf YouTube über die neuesten Ereignisse rund um das Thema Bitcoin und @aprycotmedia verlegt Bücher, die sich ausschließlich mit Bitcoin beschäftigen. 

Und wer all die Gelegenheiten, die er 2023/24 geboten bekommt, um sich über Bitcoin zu informieren, immer noch in den Wind schlägt, dem wünschen Bitcoiner von Herzen: Have fun staying poor.

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