Warum der ÖRR zerschlagen werden muss

Diesen Text gibt es auch als Episode im Wurlitzer, dem Podcast des Sandwirts: Hier.

Die Selbstüberhöhung des Öffentlich-Rechtlichen Rundfunks darf man guten Gewissens als spektakulär bezeichnen. Auf die Frage, inwieweit die SPD-Mitgliedschaft des ARD-Vorsitzenden Kai Gniffke mit der Profession als Journalist kollidierte, antwortete er: „Natürlich bin ich im Laufe meiner Arbeit als Reporter, landespolitischer Korrespondent, Chefredakteur und jetzt Intendant oft gefragt worden, wie ich als Parteimitglied denn neutral sein könne. Die wichtige Antwort darauf lautet: Transparenz!”

Gut, so kann man es natürlich auch sehen. Immerhin weiß man nun, dass Gniffke SPD-Mitglied ist und das Programm entsprechend gefärbt ist. Transparenz, eben. Unter uns gesagt, hätte es die Transparenz von Gniffke gar nicht gebraucht. Es genügt ein Blick ins Programm. Von Monitor bis Panorama oder „Titel, Thesen, Temperamente“ ist dem Gebührenzahler völlig klar, was er bekommt: Regierungsnahe Bestrahlung und Beschallung, bezahlt von Ihren Zwangsgebühren.

Ein rechtes Magazin, weil es die AfD gibt? 

Unlängst stritt ich mit meinem Namensvetter in unserem Podcast, der „Tiefblick Podcast“ heißt, genau um dieses Thema. Während der andere Julian eher auf die Reformierung des ÖRR setzt, stehe ich für die Zerschlagung. Obwohl ich seinen Ansatz durchaus interessant finde, ist er aus systemischen Gründen abzulehnen.

Sein Ansatz ist, dass man sich, bzw. andere Formate ins Programm gewissermaßen einklagen kann. Hat beispielsweise die AfD bei der nächsten Bundestagswahl 20 Prozent, so muss sich das auch in den Sendungen widerspiegeln. Weniger, dass die Partei ein eigenes Format bekommt. Vielmehr ist sein Gedanke, dass es dann auch ein rechtes Magazin geben muss. Eben entsprechend des Wahlergebnisses.

Das Problem, neben der fraglichen Umsetzbarkeit, ist ein definitorisches. Wer entscheidet denn, was „rechts“ ist? Auf Twitter las ich von einem SPD-Mitglied, dass nicht nur ich rechts sei, sondern auch Jens Spahn. Ich kenne niemanden aus der Rechten, der sagen würde, Jens Spahn sei ein Teil von ihm. Und ehrlich gesagt kenne ich auch kaum jemanden aus der Rechten, der sagen würde, ich wäre ein Teil von ihnen.

Staatsfunk! Was denn sonst?

Wer definiert das? Der Rundfunkrat? Kai Gniffke? Ursula von der Leyen?! Die Idee hat Charme, dürfte aber am Problem wenig ändern. Denn das Problem ist systemischer Natur. Der Filz verschwindet nicht mit einer Quotierung. Und überhaupt: Wer sagt denn, dass diese Quotierung so bleibt? Ich möchte genauso wenig, dass wenn eine AfD-Regierung an der Macht ist, der ÖRR zu einem AfD-nahen Sender wird, so wie aktuell der ÖRR-nahe der Ampelregierung steht. Ich möchte unabhängige Medien und freie Medien. Und das ist mit einem zwangsfinanzierten Öffentlichen Rundfunk nicht zu machen.

Denn der Staatsfunk hat die Eigenschaft, der Funk des Staates zu sein. Kritiker der Kritiker entgegnen hier gerne, dass der ÖRR eben kein Staatsfunk sei, weil er nicht durch Steuergelder finanziert wird. Dieses Argument ist wahlfrei, haarspalterisch und nicht besonders schlau. Denn der „Servicebeitrag“ hat alle charakterlichen Eigenschaften einer Steuer. Sie wird vom Staat erhoben. Sie wird vom Staat abgeführt. Und der Staat entscheidet über die Höhe. Wie man das Kind am Ende nennt, Berta oder Fridolin, am Ende bleibt es ein Kind.

Kritikunfähig

Möchten wir in einem Land der freien Presse leben, ohne zwangsfinanzierte Wettbewerbsverzerrung, dann muss der ÖRR zerschlagen werden. Denn es ist immer ein ungleiches Rennen, wenn der eine Marktteilnehmer acht oder zehn Milliarden Euro bekommt, völlig losgelöst von Quote und Qualität, während das andere Medium um jeden Leser, Hörer oder Zuschauer ringen muss. Entziehen wir doch dem ÖRR seine Mittel, dann können sich Monitor und Panorama ihre finanziellen Mittel suchen. Und vielleicht, ich glaube es ja nicht, setzen sich die Sendungen am Markt durch.

Ein weiteres, beliebtes, dafür nicht minder falsches Argument ist, dass durch die Zwangsgebühr die Arbeit der Sender unabhängiger wäre. Genau umgedreht ist es richtig: Eben weil ARD, ZDF und Co. zwangsfinanziert werden, sind sie nicht unabhängig. Sie sind vom Wohlwollen der Politik abhängig, denn die Politik kann den Beitrag anpassen. Nach oben, oder eben nach unten. Daher kann substanzielle und fundamentale Kritik im Öffentlich-Rechtlichen Rundfunk nicht stattfinden. Es schließt sich aus, wie Veganismus und Kannibalismus, Lightning-Stecker und USB-C und Jan Böhmermann und Humor.

¡Afuera!

Wo wir beim Höhepunkt dieses absurden Systems sind: Jan Böhmermann macht eine Sendung für ein relativ kleines Publikum. Der Zuschauer ist 25, vielleicht 42, selten älter als 50 und natürlich links. Dem Rest ist Böhmermann entweder egal, oder sie werden von Böhmermann beschimpft. Es ist schon eine besondere Art von Sadismus: Wir müssen jemanden bezahlen, der uns niedermacht. Das muss sich kein Volk gefallen lassen, tut es aber, denn man hat sich daran gewöhnt.

Ein weiteres Zitat aus dem Reich der Selbstüberhöhung aus dem Hause Gniffke, SPD-Mitglied und nebenbei ARD-Intendant, geht so: „Ich fordere, dass sie (Journalisten) ihre Arbeit nach professionellen Standards machen und dabei die eigene Meinung von der Arbeit trennen.” 

Da hat er völlig Recht. Nur sollte er auch das leben, was er von anderen fordert. Der ÖRR hat sich aufgrund des steten Geldregens unabhängig von der Qualität längst von vielen Zuschauern verabschiedet. Es ist Zeit, ihn zu zerschlagen.

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