Warum Erbschaftsteuern ungerecht sind

„Disclaimer“: Dies ist eine handlungslogische Betrachtung und KEINE juristische Einordnung de lege lata.

Handlungslogisch ist es a priori eine feindliche Handlung, einen friedlichen Menschen zu einer Geldzahlung zu zwingen. Hat sich der Betroffene nicht zu einer Geldzahlung verpflichtet, dann hat auch niemand ein Recht auf diese. Denn handlungslogisch(!) ist das Recht dem Handeln nicht vorausgesetzt, sondern Recht entsteht erst durch Handeln. Recht ist das Ergebnis einer freiwilligen normativen Interaktion. Wenn sich jemand freiwillig zu etwas verpflichtet, dann erhält die andere Partei spiegelbildlich ein Recht. 

Beispiel: Einige ich mich so mit dem Bäcker, hat dieser die Pflicht, mir das Brötchen zu geben, und das Recht, von mir 40 Cent zu fordern. Ich habe das Recht auf das Brötchen und die Pflicht, die 40 Cent zu bezahlen.

Da dies freiwillig geschieht, ist das Ergebnis eine Pareto-Verbesserung, also eine Win-win-Situation. Dem Bäcker waren die 40 Cent mehr wert als das Brötchen und umgekehrt, sonst wäre es nicht zu dem Austausch gekommen. Denn Menschen handeln nur, wenn sie sich eine Verbesserung ihrer Situation hiervon versprechen. Im Ergebnis vermehrte sich der Wohlstand aller Beteiligten durch den freiwilligen Austausch.

Recht und Macht

Bei einer feindlichen Handlung hingegen kommt es zu einer Pareto-Verschlechterung, also zu einer Win-lose-Situation. Der eine gewinnt auf Kosten und zu Lasten des anderen. Bei der Erbschaftsteuer wird dem Erben ein Übel angedroht für den Fall der Nichtzahlung (Zwangsgeld, Zwangspfändung, Zwangshaft und letztlich unmittelbarer Zwang). Sofern dies dem Erben nicht recht ist, ist die Erbschaftssteuer handlungslogisch eben nicht Recht und in diesem Sinne ungerecht. Es liegt eine feindliche Handlung vor.

Auch wenn eine Gruppe von Menschen beschließt, dass Erbschaftssteuern zu erheben sind, ändert das an der handlungslogischen Einordnung als feindliche Handlung nichts. Nach dem vorgestellten Konzept des Rechtspositivismus kann Recht zwar einseitig ohne die Zustimmung der Betroffenen „gesetzt“ werden (von lateinisch posita: gesetzt). Handlungslogisch liegt hier jedoch kein Recht vor, da es an der freiwilligen Interaktion fehlt, sondern es wird Zwang eingesetzt. Grundlage der Forderung ist kein Recht, sondern die Macht, die Drohung mit Zwang durchsetzen zu können.

Der Ausspruch „Might is Right“, zu Deutsch „Wer die Macht hat, hat das Recht“, mag zwar der feuchte Traum jedes Herrschsüchtigen sein, aber Macht ist eben nicht dasselbe wie Recht. Ansonsten könnte man auf einen der beiden Begriffe verzichten, das kann man aber nicht, weil es sich um Unterschiedliches handelt. 

Handlungslogisch sind die Folgen von Machtausübung und Rechtsausübung – wie dargestellt – völlig unterschiedlich: Bei Rechtsvereinbarung kommt es zu Win-win-Situationen, bei Machtausübung durch Zwang, kommt es zu Win-lose-Situationen (Pareto-Verschlechterungen): Die einen gewinnen auf Kosten und zu Lasten der anderen.

Feindliche Mehrheit

Selbst wenn eine Mehrheit eine feindliche Handlung unternimmt, ändert das nichts an deren handlungslogischer Einordnung. Wenn vier einen Fünften zwingen zu bezahlen, dann bleibt dies eine feindliche Handlung. Der Handelnde ist immer das Individuum. Der Einzelne kann auch in Gruppen handeln, gegeneinander und miteinander. Aber es handelt nie ein „Kollektiv“. 

Auch wenn im vorgenannten Beispiel 80 Prozent (vier von fünf) für die feindliche Handlung sind, so ist es handlungslogisch falsch, zu behaupten, das Kollektiv „will den Zwang zu 80 Prozent“. Ein Kollektiv hat keinen eigenen Willen und dem Betroffenen ist der Zwang – in unserem Falle – unrecht, also ist die Handlung in diesem Sinne Unrecht und ungerecht.

Im Übrigen ist die Handlungslogik (Praxeologie) weder moralisierend noch normativ. Niemand ist verpflichtet, nicht feindlich zu handeln. Die feindliche Handlung ist weit verbreitet und vor der Aufklärung war sie die wesentliche „gesellschaftliche Institution“, um Güter- und Leistungsaustausch zu erzwingen. Erst mit Aufkommen des Laissez-faire und des Kapitalismus erlebte der freundliche Austausch eine Blütezeit, die aber schon bald ein jähes Ende fand mit dem Aufkommen pro-herrschaftlicher, sozialistischer Narrative in verschiedensten Ausprägungen sowie deren Umsetzung.

Ist Erben gerecht?

Erben ist gerecht, wenn der Erblasser die Erbschaft per Testament verfügt – oder ihm die rechtspositivistische gesetzliche Erbfolge recht ist. Es ist keineswegs ein „ungerechter Vermögensanfall“, wie manche behaupten, sondern handlungslogisch eine freiwillige Zuwendung zum Zeitpunkt des Ablebens. Zugewendet wird das Vermögen des Erblassers, und da er dabei keinem Dritten schadet, ist es handlungslogisch schlicht eine freundliche Handlung, es jemand anderem für den Fall des eigenen Ablebens zu „schenken“. 

Ebenso handelt der Erbe freundlich, wenn er die Erbschaft annimmt. Durch das Vererben eines Vermögens kommt auch kein Dritter zu Schaden. Das Vermögen des Erblassers gehörte vor dem Tod keinem Dritten und nach dem Tod auch nicht. Kein Dritter steht also nach der Erbschaft vermögensmäßig schlechter da als davor. Der „faire“ oder „gerechte“ Anteil Dritter an der Erbschaft ist handlungslogisch: null. Damit ist klargestellt, dass es sich bei einer Erbschaft keineswegs um einen „ungerechten Vermögensanfall“ handelt.

Ist es dem Erben und dem Erblasser recht und kommt auch kein Dritter zu Schaden, ist Erben in diesem Sinne also gerecht.

Die Ökonomie des Vererbens

Vererben ist im Übrigen auch nicht irrational in dem Sinne, dass es handlungslogisch dem Erblasser doch egal sein könnte, was nach seinem Ableben mit seinem Vermögen passiert. „Nach mir die Sintflut!“, mag die Haltung so manches Egoisten sein, aber vielen Menschen ist eben nicht nur am Wohl ihres Egos gelegen, sondern auch am Wohl ihrer Familie, ihrer Angehörigen, ihrer Freunde, ihrer ärmeren oder kranken Mitmenschen, dem Wohl der Tiere und der Umwelt und dergleichen. All diese können sie mit einer Erbschaft bedenken oder ihr Vermögen für solche Zwecke stiften.

Die Wertentscheidungen, etwas in der Zukunft zu regeln, sind immer gegenwärtige Wertentscheidungen. Es geht um die Wichtigkeit, die das Erreichen eines Ziels in einer Zeitspanne in der Zukunft heute für den Handelnden hat. Der Handelnde ist heute unzufrieden mit dem Zustand der Zukunft, der sich nach seiner Vorstellung ergeben würde, wenn er jetzt und hier nicht handelte. 

Wenn also beispielsweise der kinderlose Erblasser wählt, seine Nichten schon heute per Testament als Erben seines Nachlasses einzusetzen, dann tut er dies nicht, weil er sich für den Zeitpunkt, in dem die Nichten das Erbe genießen werden, eine Verminderung seiner Unzufriedenheit verspricht; denn zu diesem Zeitpunkt kann er ja auch nach seiner Vorstellung nicht mehr in den Genuss kommen, sich daran zu erfreuen. Er tut es, weil es hier und heute, im Zeitpunkt der Abfassung des Testamens seine Unzufriedenheit vermindert, wenn er sich vorstellt, dass seine Nichten sich in der Zeitspanne nach seinem Ableben an seinem Nachlass erfreuen; und nicht jemand, der in der gesetzlichen Erbfolge ohne das Testament vor seinen Nichten geerbt hätte, also zum Beispiel sein Bruder.

„Irrationalität“ könnte man dagegen den Apologeten einer Erbschaftsteuer unter dem ökonomischen Aspekt der Kapitalbildung vorhalten, wenn man davon ausgeht, dass diese das Wohl der Masse der Menschen im Auge hätten. Irrational in dem Sinne, weil die Erbschaftsteuer, wie wir mit Ludwig von Mises (1881 – 1973) sogleich zeigen werden, keineswegs den Wohlstand der Masse hebt, sie also ein untaugliches Mittel hierzu ist.

Ludwig von Mises schrieb in Human Action (1949), dass es zwar richtig sei, dass das Kapitalvermögen des Erblassers durch die Erbschaftsteuer nicht zerstört würde; es ändert sich lediglich, wer der Eigentümer ist. Aber die investierten Mittel der Käufer, die ausgegeben werden, um das Kapitalvermögen der Erben zu erwerben, damit diese die Erbschaftsteuer bezahlen können, hätten andernfalls zu einer Netto-Zunahme des investierten Kapitals geführt. Diese Akkumulation von zusätzlichem Kapital wird durch die Erbschaftsteuer ausgebremst. Deshalb ist die Realisation technischer Verbesserungen beeinträchtigt, die Quote des investierten Kapitals pro Arbeiter vermindert, die Steigerung der Produktivität der Arbeit wird gehemmt und damit auch das Ansteigen der Reallöhne. Es sei daher offensichtlich, so Mises, dass der populäre Glaube, dass diese Art der konfiskatorischen Besteuerung nur die unmittelbaren Opfer treffe, also die Reichen, falsch sei.

Zudem werden potentielle Erblasser in Kenntnis der Erbschaftsteuer ihr Handeln anpassen. Wollen sie vererben und dürfen das nicht, wird ihre Zeitpräferenzrate steigen und sie werden den Konsum gegenüber dem Investieren vorziehen. Sie werden ihr Vermögen vor ihrem Tod „verprassen“, was im Ergebnis ebenfalls die Reallöhne der Masse der Menschen schädigt.

Sind „Steuererleichterungen“ Subventionen?

Zum Abschluss noch etwas zu dem Geistesblitz mancher Apologeten der Erbschaftsteuer, dass Steuererleichterungen bei der Erbschaftsteuer, etwa betreffend Betriebsvermögen, eine Subvention darstellen. Dieses Argument ist aus handlungslogischer Sicht etwa so sinnvoll, wie zu behaupten, der Dieb subventioniere den Bestohlenen, wenn er diesem nicht alles wegnimmt. So betrachtet wäre jede Steuer unter 100 Prozent eine Subvention, und der Gedanke dahinter ist, dass grundsätzlich alles der Gruppe der Staatsführer gehören sollte, außer dasjenige, was großzügigerweise von der Konfiskation ausgenommen ist.

Der wahre Zweck von Steuern

Ludwig von Mises erkannte bereits, dass die hauptsächliche Funktion von Steuern die gesellschaftliche Reform nach den Vorstellungen der Apologeten von „Social Justice“ sei. Es geht sozusagen darum, den Sozialismus unter dem Kampfbegriff der „Sozialen Gerechtigkeit“ schrittweise umzusetzen. 

Die interventionistischen Autoren und Politiker, so Mises, schauen auf die gegenständlichen Probleme aus der Perspektive ihrer willkürlichen Ideen davon, was „sozial wünschenswert“ sei. So, wie sie es sehen, sei der Zweck der Besteuerung niemals, Einnahmen zu erzielen, denn die Regierung könne das Geld, das sie brauche, auch drucken. Der wahre Zweck der Besteuerung sei, weniger Geld in den Händen der Steuerzahler zu lassen.

Quellen:

Ludwig von Mises, Human Action, Scholar’s Edition 1998, S. 803 f.; 731

Andreas Tiedtke, Der Kompass zum lebendigen Leben. Die Logik des Handelns

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