Wie Polizeigewalt Freiheitsrechte zerstört

Lange Zeit bespielten hauptsächlich die Linken das Thema Polizeigewalt, während Rechte, Konservative und Freiheitliche das Thema oftmals herunterspielten. Doch das änderte sich, als in Zeiten des Corona-Regimes Beamte immer wieder die Grenzen der Verhältnismäßigkeit überschritten und unbescholtene Bürger teilweise brutal zusammenprügelten. 

Wichtig ist hier zu betonen, dass nicht alle Polizisten so agieren. Die linke Parole „All Cops Are Bastards“ (ACAB) verfehlt in seiner Pauschalität die Debatte. Jedoch ist es wichtig, gerade im Hinblick auf Bürgerrechte, diese Debatte zu führen – auch im Hinblick auf die Beamten, die einen guten Job machen.

Einer, der in seiner beruflichen Laufbahn immer wieder mit gewalttätigen Polizisten zu tun hatte, ist Christian Kott. „Die Konstellation war immer die gleiche: Niemals war ein neutraler Zeuge vor Ort, einziges Beweismittel waren die Aussagen der Polizisten. Diese waren, wenn man so dumm war, es auf ein Gerichtsverfahren ankommen zu lassen, zwar widersprüchlich und wirkten einstudiert, aber die Richter haben es immer geglaubt. Keine Ausnahme“, so der Jurist, der mehr als 15 Jahre als Rechtsanwalt gearbeitet hat.

Gerichte neigen dazu, den Beamten eher zu glauben“

Ein Fall ist dem 53-Jährigen besonders in Erinnerung geblieben. Es handelt sich um ein Jugendstrafverfahren gegen einen 16-Jährigen. Gemeinsam mit seinen Freunden war dieser mit Rollern unterwegs und kam zu einer Unfallstelle, die die Polizei abgesperrt hatte. Aus Neugierde hielten sie an und beobachteten das Geschehen. Ein Polizist fühlte sich davon gestört und erteilte den Jugendlichen einen Platzverweis. Nach einer Diskussion und der Drohung mit einer Festnahme zogen sich die Jungs daraufhin zurück und stellten sich auf einen nahegelegenen Deich. Von dort, erhöht, konnten sie weiter die Unfallstelle beobachten. Sie waren mindestens 50 Meter entfernt.

„Doch das fand der Polizist wohl immer noch zu nah und hat sich meinen Mandanten gemeinsam mit zwei Kollegen geschnappt, ihn nach allen Regeln der Kunst vermöbelt und zur Personalienfeststellung mit auf die Wache genommen. Mein Mandant wurde wegen Körperverletzung und Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte angeklagt, weil der Polizist und zwei seiner Kollegen behaupteten, er habe den Polizisten bei der Festnahme getreten.“ 

Das Problem, das viele Opfer von Polizeigewalt berichten, beschreibt der Jurist folgendermaßen: „Gerichte neigen dazu, den Polizisten zu glauben, statt den Opfern.“ 

Dabei hatte einer der Jugendlichen die Tat sogar gefilmt. „Doch die Richterin wollte sich das Video nicht einmal ansehen, weil es damals hochumstritten war, ob die Aufzeichnung ohne Zustimmung der Aufgenommenen überhaupt legal war – was heute geklärt ist.“ 

Stattdessen drohte sie dem Jugendlichen, wenn sein Anwalt auf das Abspielen der Aufzeichnung bestehen würde, mit dem nächsten Strafverfahren. „Das war besonders skurril, weil mein Mandant selbst die Aufzeichnung ja gar nicht gemacht hatte“, so Kott.

12.000 Fälle pro Jahr

Nachdem der Jurist mit einem Befangenheitsantrag drohte, was im Jugendstrafrecht völlig unüblich ist, und nachdem er betonte, dass das Video entweder vor Gericht abgespielt wird oder beim Weserkurier landet, bot die Staatsanwaltschaft an, das Verfahren gegen eine Verwarnung nach Jugendstrafrecht einzustellen, was der Jugendliche dann auch annahm. 

„Das einzig Ungewöhnliche an diesem Fall, der ungefähr 2013 oder 2014 gewesen sein muss, ist, dass man in diesem Fall den Polizisten den Übergriff nachweisen konnte. Seitdem es Handykameras gibt, achten sie immer darauf, dass sie unbeobachtet sind“, resümierte Kott.

Doch nicht jeder, wie im Falle des Jugendlichen, hat so viel Glück. Laut einer Studie der Ruhruniversität Bochum unter Leitung des Kriminologen Professor Tobias Singelnstein ereignen sich jährlich in Deutschland mindestens 12.000 Fälle unrechtmäßiger Polizeigewalt. An der Befragung nahmen mehr als 1.000 Betroffene teil. „Nach unseren bisherigen Befunden kann man davon ausgehen, dass das Dunkelfeld mehr als fünfmal so groß ist wie das Hellfeld, das wir in der Statistik sehen“, so Singelnstein laut dem RBB. 

Vor Gericht sehen die Verfahren immer gleich aus. Die Polizisten, die Täter sind, machen das Opfer zum Angeklagten. Dabei berufen sich die betroffenen Beamten immer wieder auf gleiche Gedächtnislücken, während die Geschichte, die sie dem „Täter“ vorwerfen, abgesprochen wirkt. 

Und die Richterschaft? Viele nehmen die Geschichte der Polizisten ungefragt für bare Münze. Nicht selten werden Opfer verurteilt, weil sie gegen Vollstreckungsbeamte Widerstand geleistet haben – obwohl sie sich eigentlich nur gegen die Gewalt gewehrt hatten.

Frustration, Bitterkeit, verletzte Seelen

Die Auswirkungen für die Opfer, aber auch für das Umfeld, können nicht unterschätzt werden. Und das Schlimme: Oftmals werden diese Geschichten angezweifelt. „Es hat schon einen Grund, dass die Polizei kommt“, heißt es oft. 

Dabei sind Gewalterfahrungen auch immer mit Scham verbunden, mit Erniedrigungen und Demütigungen. Man kann den „verurteilten Opfern“ gar keinen größeren Bärendienst erweisen, als das Erlebte in Frage zu stellen. Das Einzige, was Freunde oder Familie machen können, ist, da zu sein, zuzuhören und vor allem ihrem Liebsten zu vertrauen. Denn niemand erfindet aus Langeweile, dass er von Polizisten verprügelt und misshandelt wurde.

Die Polizei, aber auch die staatlichen Behörden, müssten sich und der Gesellschaft eigentlich den Gefallen tun, mit den Fällen transparent umzugehen. Dazu gehören auch Bodycams für Beamte, was in anderen Ländern gang und gäbe ist. Denn unverhältnismäßige Polizeigewalt erschüttert das Vertrauen in den Rechtsstaat und zerstört die grundgesetzlich verbrieften Bürgerrechte. Tritt ein Teil des Staates – die Polizei – Freiheitsrechte im wahrsten Sinne des Wortes mit Füßen, kann man von den Opfern nicht erwarten, dass das Vertrauen in die Institutionen zunimmt. 

Zu einer freiheitlichen Ordnung gehört es denknotwendig, sich gegen die Übergriffigkeit des Staates zur Wehr zu setzen. Kann der Bürger das nicht, so hat das System versagt. Denn ein Staat ist nur so lange stark, wie er von den Bürgern getragen wird. All das konterkariert unverhältnismäßige Polizeigewalt und hinterlässt Frustration, Bitterkeit und verletzte Seelen. 

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