Warum uns Windenergie teuer zu stehen kommt

Ein „Deutschland-Tempo“ zum Ausbau von Wind- und Solarenergie hat Bundeskanzler Olaf Scholz jüngst in einem Interview mit der Welt am Sonntag angekündigt. Damit wir weniger Gas, Kohle und Erdöl importieren, so der Kanzler, würden bis 2030 „an Land im Schnitt vier bis fünf Windräder jeden Tag“ gebaut werden. 

Kein Zweifel: Erneuerbare Energien werden ein wichtiger Teil des zukünftigen Energiemixes sein. Aber bis 2045 die gesamte Energieversorgung im Wesentlichen auf Wind und Sonne umzustellen, wird uns teuer zu stehen kommen.

Schauen wir mal genauer hin, warum das – besonders bei der Windenergie – so ist.

Überholungsbedürftige Kanzlerreden

Wenn Olaf Scholz die Ampel-Koalitionsvereinbarung noch einmal liest, wird er feststellen, dass bereits im Dezember 2021 ein massiver Gaskraftwerksausbau angekündigt wurde, um den Ausbau der Erneuerbaren Energien überhaupt zu ermöglichen. 

Denn mittlerweile hat sich auch bis Berlin herumgesprochen, dass Deutschlands Stromversorgung bei Wind- und Dunkelflauten, die durchaus einige Wochen andauern können, ohne Backup-Kraftwerke zusammenbrechen würde. 

Der in der letzten Woche verabschiedete Bericht der Bundesnetzagentur zur „Versorgungssicherheit Strom” zeigt, wie überholungsbedürftig die Reden des Kanzlers in Sachen Verringerung der Importabhängigkeit von Erdgas bei stärkerem Windkraftausbau sind. Die Bundesnetzagentur hält es für erforderlich, dass 20 000 Megawatt Gaskraftwerke zusätzlich neu gebaut werden sollen, um die Versorgungssicherheit zu gewährleisten. Das sind etwa 40–50 neue Gaskraftwerke. 

Windige Pläne

Es stellen sich die Fragen: Woher kommt das Gas, zu welchen Preisen wird es geliefert und wie werden die Gaskraftwerke die Strompreise beeinflussen? 

Wie windig die gesamte Stromplanung bis 2030 ist, zeigt die folgende Grafik der Bundesnetzagentur, die Annahmen über die CO2-Preise und die Gaspreise der nächsten Jahren abbilde (Quelle : Bundesnetzagentur).

Fahrlässige Spekulation

Dass sich nach Annahmen der Bundesnetzagentur der Gaspreis in den nächsten Jahren wieder auf die etwa 2,5 €ct/kwh wie in den Jahren bis 2020 zurückentwickelt, ist fahrlässige Spekulation. 

Und dass die Bundesnetzagentur annimmt, dass langfristig der CO2-Preis auf 200 € pro Tonne CO2 hochgeschraubt wird, bedeutet nichts Gutes für die Strompreise. Ein Gaskraftwerk emittiert 0,42 Kilogramm CO2 pro kwh. Ein Preis von 200 € pro Tonne CO2 lässt den Gasstrompreis um 8,4 €ct/kwh anschwellen. 

Selbst wenn es zu einem Rückgang der Gaspreise auf 2,5 €ct/kwh käme, entstünde dann ein Strompreis von über 13 €ct/kwh bei einem Wirkungsgrad des Gaskraftwerkes von 50 Prozent.

Die Preise steigen

Nun kann man einwenden, dass ja dennoch der übergroße Anteil, nämlich 80 Prozent des Stroms, durch Solar und Wind erzeugt werden soll. Allerdings steigen seit 2021 auch die Kosten für Solar- und Windkraftanlagen wieder deutlich an. 

Grund hierfür sind die rasant steigenden Material- und Kapitalkosten. Nordex hat die Preise um bis zu 20 Prozent, Enercon um bis zu 40 Prozent angehoben. Ein Beispiel: In einer großen Windkraftanlage stecken etwa 30 Tonnen Kupfer. Kupfer kostet mittlerweile 10 000 € pro Tonne. 

Um die Ausbauziele nicht zu gefährden, ließ der Bundeswirtschaftsminister, wie ich hier vor 14 Tagen bereits berichtet habe, kurz vor Weihnachten 2022 die Einspeisevergütung für Onshore-Windkraftwerke von 5,88 auf 7,35 €ct/kWh (für neue Anlagen auf 20 Jahre festgeschrieben) anheben. Für Schwachwindstandorte wurde die Einspeiseregelung sogar auf über 8,5 €ct/kw angehoben. Die Windenergie wird damit seit über 20 Jahren erstmals wieder teurer. 

Das gleiche gilt übrigens für die Solarenergie. Hier erhöhte die Bundesregierung die Einspeisevergütung kurz vor Weihnachten von 6,33 €ct/kwh auf 8,2 €ct/kwh.

Phantomstrom

Mit diesen Strompreisen für Gas, Wind und Solarenergie entfernt sich die Bundesregierung vom Ziel des Bundeskanzlers, der im Wahlkampf einen Strompreis von 4 €ct/kwh für die deutsche Industrie gefordert hat. Der Strompreis unserer Hauptkonkurrenten USA und China liegt bei 3-4 €ct/kwh. Der französische Industriestrompreis auf Basis Kernenergie liegt bei 4 €ct/kwh.

Dabei sind die Preise der Einspeisevergütung nicht die ganze Wahrheit. Denn Strom wird an der Börse gehandelt, und die Preise liegen seit einiger Zeit über den garantierten Vergütungen. Zudem kann Strom aus Windenergie nicht einfach so genutzt werden wie einer, der jederzeit gleichmäßig vorhanden ist. Wenn es sehr viel Wind gibt, dann glühen die Netze, und deswegen muss man die Windenergie-Kraftwerke dann abstellen. Der Windkraftwerk-Betreiber bekommt dann aber dieselbe Vergütung, als wenn er den Strom geliefert hätte.  

Dieser sogenannte „Phantomstrom“ nimmt jährlich zu, weil es immer mehr Windkraftwerke gibt. Wir haben jetzt 64 000 Megawatt Windenergiekapazität (davon 56 000 an Land), wenn diese Kraftwerke alle gleichzeitig volle Leistung bringen, dann können wir den Strom gar nicht komplett unterbringen, und je weiter wir ausbauen und solange wir noch nicht genug Stromtrassen haben, die Windstrom nach Süddeutschland transportieren, desto öfter wird das passieren, und das kostet dann immer richtig Geld.

Netzengpassmanagement

Dieses „Einspeisemanagement“, verniedlichend auch als „Eisman“ oder „Einsman“ bezeichnet und von der Bundesnetzagentur definiert als „Abregelung von Stromeinspeisung aus Erneuerbaren Energien- und KWK [Kraft-Wärme-Kopplung]-Anlagen auf Verlangen des Netzbetreibers mit Entschädigung“, ist aber nur ein Teil der Maßnahmen des durch die unzuverlässige Windleistung notwendigen „Netzengpassmanagements“. 

Dazu gehört auch noch das „Redispatch“, das ist das Herunterfahren oder Hinzuschalten von konventionellen Kraftwerken, wenn zu viel oder zu wenig erneuerbarer Strom das Netz in einem Versorgungsgebiet belastet – natürlich unter Erstattung der Kosten. 

Das passiert etwa, wenn Kraftwerke, die eigentlich zu teuer sind und deren Leistung deswegen normalerweise gar nicht ins Netz eingespeist wird, trotzdem aktiviert werden, um die Frequenz zu stabilisieren. Wenn wir zum Beispiel sehr viel Wind in Norddeutschland haben, dann kann auch in Süddeutschland ein Ölkraftwerk hochgefahren werden, damit die Frequenz auf der Strecke nicht abfällt.

Schließlich gibt es auch noch „Netzreservekraftwerke“, die nur hoch- und runterfahren werden, um die Frequenz zu stabilisieren, und sonst nie Strom liefern. 

Wahnsinnskosten

Die Kosten für das Netzanpassungsmanagement steigen seit Jahren und sind seit 2021 durch die Decke geschossen, wie Sie in der folgenden Grafik sehen können. Von 1,25 Milliarden Euro in 2020 sind sie 2021 um über 60 Prozent auf 2,05 Milliarden und 2022 noch einmal um 56 Prozent auf 3,26 Milliarden Euro angestiegen. 

An diese Wahnsinnskosten denkt aber niemand, wenn über die Strompreise gesprochen wird. Der Grund: Sie werden separat über die sogenannten Netznutzungskosten abgerechnet, die wir alle, die privaten (und natürlich auch die gewerblichen) Stromkunden über unsere Stromrechnung zahlen müssen, neben den eigentlichen Stromerzeugungskosten. 

Bei Netznutzungskosten dachte man früher an Gebühren dafür, dass der Strom durchs Netz geleitet wird, aber mittlerweile kommt der ganze andere Batzen vom Netzengpassmanagement obendrauf und macht die Sache nochmal richtig teuer. Haushalt und Gewerbe zahlen das alles, und das ist nur eine Folge der äußerst volatilen Einspeisung von Wind- und Solarenergie. 

Nicht wettbewerbsfähig

Diese Kosten tragen mit dazu bei, die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands massiv einzuschränken. In der folgenden Grafik können Sie zum Beispiel die kumulierten Kosten des Engpassmangements 2022 in Deutschland im Vergleich zu denen in Frankreich sehen:

So wird die Industrie in Deutschland auf lange Sicht keine international wettbewerbsfähigen Strompreise erhalten.

Glauben Sie niemandem, der erzählt, dass in ein bis zwei Jahrzehnten eine Vollversorgung mit Energie aus Solar- und Windenergie möglich sein wird. Bei einem Anteil von in der Leistung schwankenden Erneuerbaren Energien von 30–50 Prozent des Stromversorgungssystems halten sich die Regelungs- und Speicherkosten noch in vertretbaren Grenzen – darüber hinaus aber wird es sehr teuer und sehr instabil werden.

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2 Kommentare. Leave new

  • Sehr guter Artikel, ohne Frage! 🙂

    Allerdings wie glaubwürdig ist es, wenn jemand ihn verfasst hat, der zuvor für Windkraftkonzerne gearbeitet hat? (Und sich gut mit rotem Phosphor auskennt, und dessen Bruder ein Problem mit Schülerinnen hat – aber das tut Nichts zur Sache.)
    Hat er sich jemals von seiner Pro-„Erneuerbare Energien“-Zeit glaubhaft distanziert?

    Antworten
  • Die Energiewende ist zum Scheitern verurteilt. WKA liefern 100% Leistung wenn die Windgeschwindigkeit 12m/s beträgt. Die durchschnittliche WKA Laufzeit beträgt 25%. Was für eine 2MW Anlage einen maximal möglichen Ertrag von 0.5MW bedeutet. Also braucht man 4x 2MW Anlagen um 2MW Ertrag zu erhalten, vorausgesetzt die Windgeschwindigkeit beträgt 12m/s. Sinkt die Windgeschwindigkeit auf 6m/s, reduziert sich der Ertrag auf 12.5% bzw. 1/8.
    Übrigens sind 6m/s die Durchschnittswindgeschwindigkeit in Süddeutschland. Somit bräuchte man schon 32WKA mit 2MW Leistung um die 2MW Ertrag zu erhalten.
    Sinkt die Windgeschwindigkeit auf 3m/s braucht man 256 dieser 2MW Ungetümer um den Ertrag von 2MW zu bekommen. Der Ertrag jeder WKA reduziert sich auf 1.56% der möglichen Maximalleistung und auf 0.39% durch die 25%ige jährliche Betriebsdauer (6 Std. durchschnittliche tägliche Betriebsdauer).
    Um sein Ziel von 5x 2MW WKA (10MW Ertrag) zu erreichen, müsste Olaf Scholz im günstigsten Fall 20 WKA, bei 12m/s Windgeschwindigkeit täglich errichten lassen, bei 6m/s müssten es 160 WKA täglich sein und bei 3m/s braucht der Doppelwums 1.280 WKA taglichen Zubaus.
    Da erklärt sich auch Baerbock’s Kriegserklärung an Russland, Olaf hat zu wenig Platz um die Energiewende alleine mit dem verfügbaren Boden in Deutschland zu erreichen.

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