Der politisch interessierte Teutone scheint keine Ambivalenzen zu vertragen. Entweder abgrundtief böse oder himmelstürmend gut – dazwischen gibt’s für gewöhnlich nichts bis wenig. Putin sitzt entweder mit Lenin und Stalin im neunten Kreis der postsowjetischen Hölle oder er gilt als neuer Erzengel Michael, der mit seinen Spetsnaz den korrupten Westen von islamischer Bedrohung, Wokismus und Neoliberalismus befreien soll. Die Ansicht, er könnte ein im Kern relativ rational und vorsichtig agierender russischer Nationalist sein, findet wenig Anklang.
Ebenso Donald Trump: Für die einen die Abrissbirne der Demokratie, ein Mann, der die Welt in einen finsteren Neofeudalismus zurückdrehen will – für die anderen der Ritter Georg mit MAGA-Mütze, der den freien Welthandel retten, die „Deplorables“ mit anständigen Arbeitsplätzen versorgen und einen dysfunktionalen, überwoken Staat zu neuer Schlankheit und Funktionalität zurückführen will. Ihn als amerikanischen Nationalisten zu sehen, der nicht selten Politik mit einem orientalischen Basar verwechselt, fällt auch den wenigsten leicht.
Und dass man einen Krieg – sei es nun ein realer auf dem Schlachtfeld oder ein Handelskrieg – am besten gewinnen sollte, wenn man ihn schon anfängt: Soviel „Verstand ist stets bei wenigen gewesen“ (Goethe, Faust).
Das Gemeinsame der beiden Erzbösewichte oder Weltretter – je nach Gusto und Weltanschauung – scheint eben der Nationalismus zu sein. Und auf dieser Ebene verstehen sie sich wohl auch.
Hierzulande tobt nun der Krieg der Apostel und Gesandten in Artikeln und Leserbriefen wie im Mittelalter das Kriegsgeschrei: „Hi, Welf!“ – „Hi, Staufer!“
Ein doch begeisterter Trumpist scheint Roger Köppel von der Weltwoche zu sein – ein Journalist, den man zweifellos mögen kann, dem aber bei dem Thema die Zügel der Begeisterung durchgehen. Das Unkalkulierbare der trumpschen Zollpolitik könnte bereits Partner, Lieferanten und Abnehmer vergrätzt haben – unabhängig davon, ob Zölle nun bleiben oder nicht. Der Drache der Staatsverschuldung, der sich immer weiter aufbläht, dürfte so leicht nicht in den Griff zu bekommen sein. Und vor allem: „China, China!“
Ob die Asiaten, die sich ja bereits – wie man hört – zu einer antitrumpschen Allianz zusammengefunden haben, so leicht unter die Knute zu bekommen sein werden? Das darf man sich fragen. Denn: Was brauchen die Chinesen unbedingt von den USA? So gut wie nichts. Und umgekehrt? Eine ganze Menge – angefangen bei den leidigen Seltenen Erden. Und was exportieren die USA nach China? Sojabohnen. In Brasilien soll man schon Samba tanzen ob der kommenden Geschäfte.
Und der fallende Ölpreis? Dürfte als Erstes die amerikanische Shale-Industrie aus dem Rennen werfen. Und „Drill, baby, drill!“ – bei fallenden Ölpreisen? Wann bitte?
Trump hat auf jeden Fall ein Zeitproblem: Liefern müsste er bis zu den Zwischenwahlen. Und was sind schon eineinhalb Jahre?
Das macht die Chose auch so gefährlich. Dass Trumps Ego – im Gegensatz zu Putins – doch etwas überdimensioniert ist, ist wohl nicht zu viel behauptet. Was wird er tun, wenn seine Politik nicht klappt? Kann er gegen China und den Großteil der BRICS etwas ausrichten? Oder wird Amerika, das „Shining City on the Hill“, plötzlich zu einem alles verzehrenden Feuer?
Und wie so oft: Krieg ist die letzte Lösung. Der Zunder an der iranischen Lunte glimmt schon.