Auf dem Plattenspieler: Jimmy Owens

Künstler: Jimmy Owens

Album: Jimmy Owens (Horizon Records 1976)

Es gibt so viele großartige Künstler, die an Talent kaum zu überbieten sind, die aber den ganz großen Durchbruch trotzdem nie schafften. Die Werke solcher Künstler sind dann später oft extrem teuer. Bei Schallplatten liegt es daran, dass sie zum Erscheinen nur in geringeren Stückzahlen produziert wurden, da sich der große Verkaufserfolg nicht einstellte. Viele Jahre später, als man dann die Qualität der Künstler oder ihrer Tonträger zu schätzen lernte, sind die Scheiben dann rar geworden und werden dementsprechend von Jahr zu Jahr immer höher gehandelt. Aus dieser Erkenntnis wurde auch der Begriff „Raregroove“ in den 90er Jahren geboren. Sehr gute, groovige Platten, die aber nicht einfach zu finden sind.

Eines dieser wunderbaren, eher seltenen Alben, habe ich heute für Sie auf den Plattenspieler gelegt: Jimmy Owens und sein gleichnamiges Album aus dem Jahr 1976.

Jimmy Owens, geboren 1943 in New York,  gehört definitiv zu der Kategorie „underrated“. Ein extrem talentierter, hart arbeitender Trompeter, der im Alter von zehn Jahren begann das Horn zu blasen. Er war der Schüler keines geringeren, als dem legendären Blue-Note-Trompeter Donald Byrd. Man mag denken, Jimmy wäre faul und erfolglos gewesen, weil er gerade mal drei eigene Langspielplatten herausgebracht hat, was für einen Jazzmusiker im allgemeinen sehr wenig ist, sein Lehrer Donald Byrd hat in seiner Karriere zum Beispiel weit mehr als das zehnfache an Alben veröffentlicht. Doch das ist ein Irrtum. Jimmy Owens war umtriebig und fleißig. 

Bereits Ende der 50er Jahre, da war er noch keine 18 Jahre alt, tourte er mit bekannten Musikern wie Lionel Hampton, Bobby Timmons oder Hank Crawford, in den 60ern dann auch mit Genies wie Dizzy Gillespie, Charles Mingus, Herbie Mann, Clark Terry, Duke Ellington, Gerry Mulligan oder Count Basie und bespielte berühmten Jazzbühnen wie das Newport Jazz Festival oder das JazzFest Berlin. 

Auch als Studiomusiker und Gast auf diverse Alben von berühmten Künstlern wie Billy Cobham, Gary Bartz, Kenny Burrell, Jaki Byard, Teddy Edwards, Archie Shepp, Booker Ervin und vielen anderen ist er zu hören. In den 70er Jahren wurde er sogar noch festes Mitglied der Bigband von David „Fathead“ Newman.

Jimmys Umtriebigkeit weitete auch seinen musikalischen Horizont immer weiter, was sehr gut auf dem Album „Jimmy Owens“ zu hören ist, das heute hier aufliegt. Diese Scheibe ist nicht nur recht selten, sie ist eben auch ein Wunderwerk in Sachen Stilmix. Grundlage sind die fetten Basslines, die mit Kontrabass oder E-Bass äußerst eigenwillig klingen und sehr funky grooven, so, wie wir es ja von vielen Jazzfunk-Produktionen der 70er Jahre kennen. Jimmy würzte das ganze dann aber auch noch mit Elementen aus Bebop und Latin und vergaß dabei nicht die klassischen Jazz-Arrangements im Stile von Coltrane und Shepp. Ein sehr vielseitiges Album mit Titeln zum tanzen und schönen Balladen! 

Aber eines unterscheidet diese Platte dann doch von allem, was bis dahin erschienen war: Die Produktion. Hier wurde überaus aufwändig mit tollen Effekten wie Hall und Delay gearbeitet und es entwickelte sich dadurch ein ganz eigener und für die Zeit auch eigenwilliger Sound, der mich stilistisch am ehesten an den Trip-Hop-Sound Anfang der 90er erinnert: Massive Attack, Tricky, DJ Shadow oder Portishead. – Sehr gut zu hören auf dem Track „What’s The Use“. 

In genau dieser Hinsicht hat mich Jimmy Owens in meiner Arbeit als Musikproduzent beeinflusst: Den Einsatz von Effekten wirkungsvoll zu nutzen, um ein individuelles Sounddesign zu erzeugen, effektiv und ohne in Effekthascherei abzudriften.

„Jimmy Owens“ ist ein faszinierendes Album, das sich lohnt aufzulegen! Es hat viele Charakterzüge von trippig über meditativ bis hin zu ausgeflippt und funky, ist dabei sehr gut durchdacht produziert und es macht einfach Spaß. Der Digitalisierung sei Dank, finden wir heute auch die seltenen Werke großartiger Künstler irgendwo im Netz, wie auch in diesem Fall.

Hören Sie von Jimmy Owens das gleichnamige Album in voller Länge auf YouTube.

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