In diesen Tagen des Januar 2025, nicht ganz zufällig kurz vor der Bundestagswahl, macht eine Jubelmeldung des pv-magazine zum vermeintlich bevorstehenden Durchbruch beim Speicherproblem die Runde in allen klassischen Medien, angetrieben durch die üblichen Propagandisten der Energiewende-Szene. Nachdem man uns jahrzehntelang vorgebetet hatte, daß man die „Erneuerbaren“ nur etwas überdimensionieren müsse, dann würden sich die Versorgungslücken ganz von selbst schließen, ist nun genau das Gegenteil eingetreten. Die Netzbetreiber warnen zunehmend vor unkontrollierbaren Überschüssen durch Solareinspeisung, wenn die überzählige Energie nicht mehr abgeschaltet oder abgeleitet werden kann. Und – wie durch ein Wunder! – haben die Energiewender mal wieder umgehend die Lösung parat.
Der FOCUS titelt euphorisch:
„Jetzt kommt der „Batterie-Tsunami“ – und löst unser größtes Energie-Problem“
Auch in den sozialen Netzwerken kennt die Freude keine Grenzen mehr. Top-Propagandist Quaschning, der generell gerne mit Luftzahlen operiert, sieht bereits „die Dunkelflaute sehr bald entschärft“.
Ist das so? Immerhin sprechen wir von mehreren wind- und sonnenarmen Wochen im Spätherbst, die mit schöner Regelmäßigkeit den Ertrag an Erneuerbaren auf ein absolutes Minimum drücken.
Wie ist die aktuelle Lage bei Netzspeichern?
Zuerst gilt es klarzustellen, was unter den Begriff „Netzspeicher“ fällt. Hierbei handelt es sich nicht um die kleinen Hausspeicher von etwa fünf bis zehn kWh Größe, die als Ergänzung zur Dach-PV installiert werden. Und schon gar nicht geht es um die Summe der in E-Mobilen verbauten Akkus, welche von skrupellosen Energiewendern manchmal einfach obendrauf addiert werden, obwohl diese technisch nicht an der Netzspeicherung beteiligt sind (außer als Verbraucher), und entgegen aller „Smart Grid“-Fantasien wohl auch nie nennenswert daran beteiligt sein werden.
Netzspeicher (oder „Netzpuffer“) sind Großprojekte an Knotenpunkten der Netzbetreiber in der Größenordnung von 5 bis 500 MW Leistung bei einer Speicherkapazität von üblicherweise etwa ein bis zwei Stunden. Allein die Tatsache, daß die Branche generell mit Leistungs- statt Speicherkapazitätsangaben operiert zeigt, um was es wirklich geht: Das Puffern von kurzfristigen Netzschwankungen, hervorgerufen durch den sogenannten „Flatterstrom“ von Wind- und Solarkraftwerken.
Der aktuelle Bestand an solchen Großbatterien ist mit 1,75 GW Leistung verschwindend gering. Lediglich weitere 2,39 GW sind in einem realistischen Projektstadium angekommen, so zum Beispiel der 250 MW-Speicher Kupferzell der Transnet BW.
(Bildrechte: Transnet BW)
Nun soll es aber zu einem sagenhaften Zuwachs von 226 GW kommen, was mehr als das Hundertfache (!) der bestehenden Leistung in wenigen Jahren wäre. Schauen wir uns diese Dimension mal in Relation zur derzeitigen und zukünftigen, durch Wärmepumpen und E-Mobilität deutlich höheren durchschnittlichen Netzlast an:
(Bildrechte beim Autor)
Beeindruckend, oder etwa nicht? Leider gibt es dabei ein kleines Problem: „Diese Anfragen werden meistens schon gestellt, bevor ein Bauprojekt offiziell in die Planungsphase übergeht. Nicht alle Projekte werden am Ende auch Realität, gerade Anschlüsse werden gerne mal unverbindlich reserviert.“ Auch Mehrfachanfragen für den gleichen Standort wurden dabei einfach aufaddiert.
Was kostet der grüne Ehrgeiz eigentlich? Als Näherungswert für solche Großspeicherprojekte kann man 600.000 bis 800.000 Euro pro Megawatt annehmen. Zwar könnten die reinen Batteriepreise noch sinken, dafür dürften aber alle weiteren Kosten eher deutlich steigen in den nächsten Jahren. Machte dann schlappe 150 bis 180 Milliarden Euro für die avisierten 226 Gigawatt. Wohlgemerkt, das Meiste von diesem Geld wird ins Ausland überwiesen, da die Batterieproduktion in Deutschland mit der Northvolt-Pleite zuletzt einen herben Rückschlag erlitten hat, was den Steuerzahler 600 Millionen Euro für Nichts kosten könnte.
Aber gut, dem steht ja auch ein Gewinn gegenüber. Eine Studie, die zeitgleich mit der 226-GW-Jubelmeldung herauskam, bäckt da allerdings sehr kleine Brötchen: Dort hält man gerade mal 15 GW bis 2030 und 72 GW bis 2050 (!) für realistisch, und beziffert die „Steigerung der Wohlfahrt um mindestens 12 Mrd. € bis 2050“. Desweiteren sollen die „Großhandelspreise in Deutschland im Durchschnitt um 1 €/MWh“ sinken. Also um (ja, Sie lesen richtig!) einen Zehntel Cent pro Kilowattstunde.
Was können Großspeicher in Zukunft leisten?
Um etwas Licht in den Kaninchenbau zu bringen, arbeiten wir im Folgenden mit einer anzustrebenden Speicherkapazität von 83 GWh. Die Zahl entstammt einer Studie des Fraunhofer-Instituts, welche deutlich realistischer sein dürfte als die des Branchen-Propagandablatts „pv-magazine“.
(https://www.kyon-energy.de/blog/batteriegrossspeicher-als-schlusseltechnologie-der-energiewende)
Unter Zugrundelegung der tatsächlichen Netzdaten aus 2024 haben wir zwei Szenarien modelliert: Was hätte es gebracht, diese Speicher bereits jetzt zu haben, und was könnten sie leisten, wenn wir in fünf Jahren das Doppelte an „Erneuerbaren“ zur Verfügung hätten? Wohlgemerkt, wir unterstellen hier Neubau oder Aufrüstung von über 30.000 Windrädern sowie einen massiven Zubau an Photovoltaik und Biogas. Desweiteren wurden Negativfaktoren wie etwa Ladeverluste weggelassen, es geht hier um eine näherungsweise Veranschaulichung des Effekts von Batterie-Netzspeichern auf die Nutzung von nicht-fossilen Energieträgern.
Für den steigenden Strombedarf durch Wärmepumpen liegen sehr unterschiedliche Projektionen vor, hier wurde ein Mittelwert von plus 40 Prozent angesetzt. Wir nehmen vier Beispielzeiträume aus dem Frühjahr und Sommer, der Dunkelflaute im November sowie dem Jahreswechsel 2024/2025. Die Rohdaten (blaue Balken) zeigen ein absolut ernüchterndes Bild: Selbst im normalerweise sonnenreichen Juni reichten die EE nur zu 4,5 Prozent der Zeit aus, um die komplette Netzlast zu decken. In der Dunkelflaute schafften sie das in keiner einzigen Stunde. Erst zum Jahreswechsel, als reichlich Wind blies, konnte immerhin zu 7,1 Prozent der Zeit rechnerisch auf Fossile verzichtet werden.
(Bildrechte beim Autor)
Warum sind diese Werte in der Simulation mit Speicher nur unwesentlich besser? Weil eine Batterie nur Überschüsse speichern kann, die auch vorhanden sind. Sehr schön erkennt man das an diesem Stunden-Verlauf des Juni-Modells:
(Bildrechte beim Autor)
Aus den gerade mal 15 Stunden mit Überschuss in 14 Tagen lässt sich nunmal kein Honig saugen.
Szenario 2030
Es ist also notwendig, die Netzspeicher immer im Zusammenhang mit der zur Verfügung stehenden regenerativen Stromerzeugung zu betrachten, genau wie die Batterie im Keller eines kleinen Einfamilienhauses der Leistung der Dach-PV-Anlage angepasst sein muß.
Im „Szenario 2030“ (grüne Balken im obigen Schaubild mit verdoppelten EE und 83 GWh Speicher) sehen wir eine deutliche Verbesserung. Im sonnenreichen Beispielzeitraum Juni ist, trotz der um 40 Prozent erhöht angenommenen Netzlast, immerhin gut die Hälfte der Zeit autonome Stromversorgung ohne Importe und Fossile möglich.
(Bildrechte beim Autor)
Doch wie verhält sich dieses mit gigantischem Aufwand von Hunderten von Milliarden Euro aufgepumpte System beim Endgegner der deutschen Energiewende, der berüchtigten „Dunkelflaute“? Ist diese nun am „Ende“, wie der Münchener Merkur und manche anderen Medien jubelnd verkündet haben?
Nicht im Geringsten. Denn mit batteriebasierten Netzspeichern, genauso übrigens wie mit Pumpspeicherkraftwerken, kann Strom bestenfalls wenige Tage aufgefangen und etwa nachts wieder eingespeist werden. Dazu muss es zwingend tagsüber einige Stunden Überschuss geben. Und die sind im trüben deutschen November definitiv nicht erreichbar, nicht einmal mit einer Vervierfachung der aktuell installierten Wind-, Solar-, Wasserkraft- und Biogas-Anlagen.
(Bildrechte beim Autor)
Wie realistisch ist die Umsetzung des „Batterie-Tsunamis“?
Kurzfristig überhaupt nicht. Selbst FOCUS gibt zu:
„Die Betreiber kommen mit den Anschlüssen nicht mehr hinterher. Denn Großbatterien sind anspruchsvoll. Oft müssen für die Projekte eigens Leitungen ausgebaut oder neue Trafostationen errichtet werden, weil sonst die großen Stromtransfers nicht bewältigt werden können. Es ist paradox: Die Speicher, die das deutsche Netz entlasten sollen, können nicht angeschlossen werden, weil das Netz schon voll ist.“
Und der Merkur ergänzt bemerkenswert offen:
„Ob das reichen wird, um die flexible Natur der Erneuerbaren in den Griff zu bekommen, bezweifeln einige Experten. Der Energie-Ökonom Christof Bauer von der TU Darmstadt sagt, die Menge und Größe der Batteriespeicher, die man bräuchte, sei nach aktuellem Stand der Technik unrealistisch groß. Um den aktuell produzierten Überschuss von 10.000 Megawatt für eine Stunde zu speichern, bräuchte es eine Batterie, die fünf Milliarden Euro kosten würde und „eine Fläche von 4000 Fußballfeldern in Anspruch nehmen würde. Die Lithiummenge, die alleine für diese Batterie benötigt würde, läge bei etwa einem Prozent der Weltjahresproduktion.
Um eine Stunde Strom zu speichern, nur für Deutschland.
tl;dr:
Großbatterien als Netzspeicher sind nur für kurzfristiges Puffern im Bereich von Stunden bis wenigen Tagen geeignet. Für eine Gesamtlösung der Energiewende inclusive Dunkelflaute sind sie weder technisch geeignet, noch umsetzbar oder bezahlbar. Der EnBW-Vorstand Kusterer sagt dazu ganz klar:
„Egal, wie viel Erneuerbare wir zubauen, es wird trotzdem weiter Dunkelflauten geben. Batteriespeicher helfen für ein paar Stunden, vielleicht auch einen Tag lang. Aber was machen Sie, wenn die Dunkelflaute zwei Tage oder sogar eine Woche dauert?“
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Juut!
In die Zusammenfassung am Schluß gehört:
Mittelfrisitg erreichbare Verbilligung des Haushaltsstroms durch Batteriespsiecher: Ein Zahltel Cent / Kilowatstunde Haushaltsstrom – zu Deutsch: Null.
Der ZEIT-Artikel im Bund Wissenschaft vom 2024 stellt eine Verhundertfachung der Batteriespeicherkapazität in Aussicht: Man sollte mit Blick auf das Renommée – und dne Einfluß! – dieser Wochenzeitung diese dazu aufforden, diesen Stromspeicher-Artikel vom Dezember zurückzuziehen.