Wie ich weiß, ist der geschätzte „Sandwirt“ eher eine Publikation, die Grundsätzliches und Philosophisches positiv diskutieren will. Aber ausnahmsweise möchte ich kurz auf die parteipolitische Situation in unserem Land, in dem wir gut und gerne leben, eingehen.
Roland Tichy schrieb am 30.9.24 in seinem Blog „Tichys Einblick“ Folgendes: „Alle gegen einen. So wird das politische Spiel in Deutschland gegeben. Die CDU verbrüdert sich mit der SPD, der Linken und der jüngsten Variante der vielfach umbenannten SED, dem Bündnis Sahra Wagenknecht. Sollten die Grünen irgendwo noch den Einzug schaffen, sind sie in diesem Club gerne gesehen. Über die FDP lohnt es sich nicht mehr zu sinnieren. In Thüringen wird die CDU den Ministerpräsidenten von der Gnade der Linken abhängig machen dürfen. Mario Voigt schmiedet das Bündnis in diesen Tagen.“
Auch Herr Woidke in Brandenburg sitzt vor einer großen Herausforderung: Die CDU will nicht mit ihm, abgesehen davon, dass es ohnehin nicht reichen dürfte, und die einzige Koalitionsoption, die funktioniert, ist die mit dem BSW. Oder eben gar keine, was – bedenkt man die Folgen – für die BRD eine ungewohnte Wiederinkraftsetzung parlamentarischer Debatten bedeuten würde. Zumal das BSW nicht müde wird zu betonen, dass man sich durchaus vorstellen könne, „vernünftigen“ Vorschlägen der AfD zuzustimmen. Für die politischen Gewohnheiten der BRD-Demokratie, wie Koalitions- und Fraktionszwang, zweifellos eine mittlere Katastrophe. Das haben nur so „ungefestigte“ Staaten wie Belgien oder die Niederlande schon einmal überlebt. Das Parlament sollte mehr als eine Abnickmaschine für die Vorhaben der Regierung sein, aber hierzulande scheint das kaum denkbar.
Ob die Altparteien in den östlichen Bundesländern Wagenknechts Kröten, wie die Forderung nach einer Corona-Aufarbeitung und die Distanzierung von Waffenlieferungen an die Ukraine, schlucken werden, bleibt abzuwarten. Darauf zu verzichten, würde für das BSW bedeuten, die Bratwurst statt des Spanferkels (die Bundestagswahl 2025) zu wählen. Und ob ein alter Fuchs wie Oskar Lafontaine davor zurückschreckt, halte ich für unwahrscheinlich. Herr Kretschmer in Sachsen könnte sich vielleicht darauf einlassen – er hat ja bereits vor der Wahl gelegentlich die Russlandpolitik Berlins kritisiert –, aber das wird man sehen.
Eine stark abweichende Position vertritt der CDU-Politiker Roderich Kiesewetter, nach dem Verschwinden von Frau Strack-Zimmermann in die Brüsseler Katakomben der dezidierteste Ukraine-Apologet hierzulande. Seine Aussagen sind geradezu revolutionär. So heißt es im „Merkur“ vom 29.9.24: „CDU-Politiker Kiesewetter warnt vor einer Koalition mit dem BSW – und will in Thüringen notfalls Höcke regieren lassen.“ Aber Höcke könnte ja auch nur mit der Duldung durch das BSW regieren. Weiter steht dort: Die erst in diesem Jahr neu gegründete Partei BSW sei „ein Retortenbaby Moskaus, eine Weiterentwicklung der AfD“, sagte Kiesewetter in der ZDF-Sendung „Markus Lanz“ am Donnerstag (26. September). „Ich wage zu prophezeien, dass wir entweder das BSW unglaubwürdig machen, weil wir keine Bundesratsinitiativen durchbringen, oder die Union wird unglaubwürdig. Deshalb kann ich davor nur warnen“, so der Politiker.
Es ist schwer zu entscheiden, wer da nun Recht hat – Roland oder Roderich. Ich neige dazu, Roderich durchaus ernst zu nehmen, und dies noch mehr im Hinblick auf eine mögliche SPD-BSW-Koalition in Brandenburg. Zu erwarten ist, dass in beiden Fällen die großen Parteien schlecht abschneiden. Das hat sich schon bei der Ampel gezeigt. Das BSW kann seine potenziellen Partner vor sich hertreiben, weil es bis zur Bundestagswahl im Grunde auf keine Koalition angewiesen ist, um sein Profil zu schärfen.
Betrachtet man die AfD und das BSW als eher sozial orientierte, „antiwoke“, migrationskritische Parteien mit einer ukrainekritischen Tendenz, so kratzt dieses Bündnis bereits an der Mehrheit im Osten oder liegt sogar darüber. Diese potenzielle Mehrheit darf sich nun auf keinen Fall auswirken, und dafür ist Kiesewetter offenbar bereit, ein kleines Bundesland dem Feind in den Rachen zu werfen. AfD und BSW – das wäre ja der Hitler-Stalin-Pakt in Neuauflage. Und genau so werden die Parteien und ihre Protagonisten auch von libertärer Seite beschrieben. Klar, es ist einfacher, an Herrn Milei, den „Onkel Ho“ deutscher Rechtsintellektueller, zu glauben, als sich einem gegebenen Hufeisen zu widmen, damit sich faktisch etwas ändert.
Wir bleiben dabei: Unser Staat wird eher von außenpolitischen Katastrophen überrollt, als dass sich hier etwas bewegt. Doch die stehen bereits vor der Tür.