Der Riss durch die Welt

Darf, soll sich einer nicht zerrissen fühlen, wenn er die Schönheit der Welt erschaut, hört, mit allen Sinnen sich ihr zeitlebens geöffnet hat, andererseits immer wieder der Massaker gewahr wird, der unbelehrbaren Hassgesänge in den Medien, des Gekreischs der nach Aufmerksamkeit gierenden Sozialmechaniker, die mit ihren kausalen Kurzschlüssen alles erklären zu können meinen, kurz: Aller erdenklichen Hässlichkeit jenseits allen Maßes und ohne Aussicht auf Besinnung, ohne Einlenken mit dem Blick darauf, wie viel Schönheit ihre fanatisch auf eigene Dominanz fixierte Wahrnehmung fortwährend, in jedem Augenblick, unwiederbringlich zerstört? 

Es wird ihn zerreißen. 

Und er wird resignierend feststellen, dass hier Naturgesetze geradesogut für das Geschehen verantwortlich zu machen sind wie eine undurchschaubare göttliche Weisheit.

Das befreiende Nein

Ich werde nie akzeptieren, dass irgendwer für sich beanspruchen darf, göttlicher oder „wissenschaftlicher” Sendung zu folgen. Im Falle der „wissenschaftlichen Weltanschauung” des Marxismus-Leninismus-Maoismus handelt es sich nämlich ebenso wie bei der politisch gefügigen „Wissenschaft“ totalitärer Staaten um Ersatzreligion. Aber solche Unterschiede werden von ihren Anhängern beharrlich ignoriert: Just ihre Weltsicht soll unangreifbar sein, religiöse, politische oder/und wirtschaftliche Vormacht legitimieren, die Deutungshoheit erlangen und befestigen, also materielle und informelle Macht .

Die vermeintliche zeitliche Abfolge von Gesellschaftsformen erweist sich dabei als fortdauerndes Nebeneinander. Sie sind alle da: Die Rudelführer, Kriegsherren, Sklavenhalter und -händler, Cäsaren und ihre Statthalter, Propheten aller Art nebst Mitläufern, Zaren, Kaiser, Revoluzzer und Umstürzler, Dorftyrannen, Stammesfürsten samt Harem, Menschenfresser, Bombenwerfer, Blockwarte und Lagerverwalter – und Heerscharen von Nutznießern, Weißwäschern, Denunzianten – Männlein und Weiblein – haschen nach ihrem Anteil am beseligenden Gefühl der Zugehörigkeit, nach dem Schutz der Herde und ihrem Moment der Teilhabe an Gewalt – Macht – Lust.

Menschen, Wölfe und Aasfresser

Sie sammeln sich auch um passende Mit- und Gegenspieler. Gern maskiert sich der Wunsch nach Umsturz als Opferpose; passiv-aggressiv verharrt, wer zur Ohnmacht verurteilt ist, beim Prinzip „Mir nützt, was anderen schadet“, lauert insgeheim auf den Sturz der Mächtigen, wenn sie in unvermeidliche Krisen geraten, dann läuft er den neuen Herren zu. Dabei sortieren sich künftige Herrinnen gern im Hintergrund: In Jahrhunderttausenden haben sie gelernt, mit Verhältnissen umzugehen, die Männern Heldenposen gestatten, ihnen selbst und der Nachkommenschaft ein gedeihliches Auskommen im Windschatten. Natürlich kennt die Neuzeit den Prinzgemahl. Aber egal wie “queer” sich Geschlechter-Verhältnisse gestalten mögen: Die überkommenen menschlichen Handlungsimpulse aller Epochen prägen das Verhalten und werden als ausbrechende Gefühle beschrieben: Neid, Hab- und Machtgier, Eifersucht, Missgunst, Argwohn, Feigheit, Rachsucht . 

„Der Mensch ist des Menschen Wolf“ – so wird der römische Komödiendichter Titus Maccius Plautus oft zitiert. Das korrekte  Zitat lautet:

„lupus est homo homini, non homo, quom qualis sit non novit.“ 

Der deutsch-schweizerische Übersetzer Artur Brückmann übertrug es ins Deutsche:

„Ein Wolf ist der Mensch dem Menschen, kein Mensch, solange er nicht weiß, welcher Art der andere ist.“

Der Mensch ist das Schicksal des Menschen: als Wolf oder als Gott, fand Thomas Hobbes 400 Jahre später: 

„Der Mensch ist ein Gott für den Menschen, und: Der Mensch ist ein Wolf für den Menschen; jener, wenn man die Bürger untereinander, dieser, wenn man die Staaten untereinander vergleicht. Dort nähert man sich durch Gerechtigkeit, Liebe und alle Tugenden des Friedens der Ähnlichkeit mit Gott; hier müssen selbst die Guten bei der Verdorbenheit der Schlechten ihres Schutzes wegen die kriegerischen Tugenden, die Gewalt und die List, d. h. die Raubsucht der wilden Tiere, zu Hilfe nehmen.“

Israel – eine Hoffnung

Wenn einer angesichts der Nachrichten von Gewalt – Macht – Lust nicht verzweifeln will, muss er sich vergegenwärtigen, dass Liebe, Hilfsbereitschaft, Aufgeschlossenheit, Vernunft und die Suche nach Wahrheit die jüdisch-christliche Kultur des Westens über alle Grausamkeiten und Katastrophen hinweg geformt haben. Was unter Schmerzen entstand – einzigartig Schönes – bleibt. 

So mancher Politkitsch wollte und will es in plastinierter Form dienstbar machen: historische Müllhalden sind voll von billiger Propaganda, Ersatzwährung für Vertrauen, Verantwortung und Freiheit . 

Wofür, wenn nicht fürs Schöne, lohnte sich, das Leben einzusetzen? 

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