Deutschland allein gegen die anderen

Am 13.12.2023 endete die Weltklimakonferenz in Dubai mit einem Abschlussdokument, in dem die Staaten zu einem „Übergang weg von fossilen Energien in einer gerechten, geordneten und ausgewogenen Weise“ aufgefordert werden. Außerdem verlangt der Entwurf, verstärkt auch auf andere emissionsfreie oder emissionsarme Technologien zu setzen. 

Genannt werden dabei neben den Erneuerbaren auch die Atomkraft, Wasserstoff und Technologien zum Auffangen und Speichern von CO₂ (CCS). Das Abschlussdokument sieht keinen verbindlichen Ausstieg aus Kohle, Öl und Gas vor.

Diese Abschlusserklärung und überhaupt der Verlauf der Konferenz in Dubai zeigen, wie weit sich Deutschland mittlerweile von der realen Energiepolitik der anderen Länder entfernt hat. Darauf will ich heute mit Ihnen noch einmal einen genaueren Blick werfen.

„Die Technologien sind da“

Bundeskanzler Olaf Scholz erzielte mit seinem Auftritt auf der Konferenz am 2.12., für den er extra die für die Koalition existenziellen Beratungen über die Konsequenzen des Verfassungsgerichtsurteils zum Haushalt verlassen hatte, wenig Resonanz. 

Denn die anderen kennen die deutsche Leier, dass Windkraft und Fotovoltaik die Welt retten. Sie kennen die fatalen Folgen der deutschen Energiepolitik für die wirtschaftliche Entwicklung und wissen, dass diese blauäugige, realitätsferne deutsche Energiepolitik das Land zu den höchsten Strompreisen der Welt geführt hat. 

Den Klimawandel nannte Scholz, dem der SPIEGEL erst vor Kurzem das Etikett eines „Besserwissers“ verpasst hatte, in seiner Rede dozierend „die große, weltumspannende Herausforderung unserer Zeit”, für deren Bewältigung aber schon alle nötigen Mittel vorhanden seien: „Die Technologien sind da: Windkraft, Fotovoltaik, elektrische Antriebe, grüner Wasserstoff.”

Allen Ernstes reduzierte er also die Energiezukunft auf nur zwei Energieträger – denn elektrische Antriebe und grüner Wasserstoff sind keine Primärenergieträger. Diese zwei Energieträger aber haben im Moment weltweit noch kaum Bedeutung: 2022 stammten lediglich 5 Prozent der weltweit erzeugten Primärenergie aus Solar- und Windenergie. Daher war seine Forderung nach Verdreifachung der Wind- und Solarenergie bis 2030 allenfalls dazu geeignet, den weiter wachsenden Energiehunger der Welt abzudecken, als in irgendeiner relevanten Form die Kohle-, Öl- und Gasbasis zu ersetzen. 

Klimaneutralität ohne Atomkraft „nicht erreichbar”

Und er vergaß, wie auch hierzulande immer wieder, zwei technologische Wege, die die ganze Welt beschreiten wird – nur das grün-ideologisch verbarrikadierte Deutschland nicht: den Ausbau der Kernenergie und die CO2-Abscheidung bei der Nutzung von Kohle, Öl und Gas. Andere Teilnehmer aber vergaßen das keineswegs. 

So mussten die 250 deutschen Delegierten zur Kenntnis nehmen, dass 22 Länder – darunter die USA, Großbritannien, Japan und die Ukraine, aber auch die EU-Mitglieder Frankreich, Belgien, Finnland, Polen und Schweden – in Dubai die Verdreifachung der Kernenergiekapazität forderten. 

Die Staatengruppe verlangt, dass die installierte Leistung der Atomkraftwerke weltweit bis 2050 verdreifacht wird – im Vergleich zum Stand von 2020. Verbreitet wurde die Erklärung durch niemand Geringeren als John Kerry, den Sonderbeauftragten des US-Präsidenten Joe Biden für Klimafragen. Er verwies auf Aussagen aus der Wissenschaft, wonach Klimaneutralität bis 2050 ohne Atomkraft „nicht erreichbar” sei.

Damit hat die Kernenergie – das tote Pferd des Olaf Scholz – ihr Mauerblümchendasein auf Weltklimakonferenzen hinter sich gelassen und ist Teil des Abschlussdokuments geworden.

Deutsche CO2-Intensität steigt an

Scholz und die deutsche Delegation verschwiegen bei ihrem Kampf gegen Kohle, Öl und Gas, dass die seit Jahrzehnten sinkenden CO2-Emissionen hierzulande erst durch die Ampelregierung als Folge der Stilllegung der letzten sechs Kernkraftwerke wieder angestiegen sind. In der folgenden Grafik sehen wir die CO2-Lastigkeit der deutschen Stromversorgung, die seit 2021 wieder zunimmt. 

In diesem Jahr ist die CO2-Intensität nur deswegen nicht weiter angestiegen, weil die energieintensive Industrie um 20 Prozent eingebrochen und daher die Nachfrage nach Kohlestrom nicht weiter angestiegen ist. Fakt ist: Zur Zeit der Dubai-Konferenz hatte Deutschland eine CO2-Intensität von 597g CO2/kWh –  eine der höchsten der letzten sechs Jahre. 

Neben dem Mehrausstoß von CO2 ist die Bundesregierung auch verantwortlich für eine Verdopplung der Börsenstrompreise. Das macht allein in einem Jahr 25 Mrd. Euro Mehrkosten für Bürger und Unternehmen aus (500 TWh mal 5 €ct/kWh). Hinzu kommen 10,6 Mrd. Euro EEG-Umlage für 2024 für Wind und Solarenergie, die nun von den Steuerzahlern durch den Bundeshaushalt bezahlt werden sollen. Von den gestiegenen Netzkosten und Kosten für abgestellten Windstrom (1 Mrd. Euro im Jahr 2022) reden wir besser erst gar nicht.

Geht es nach der Koalitionsvereinbarung der Bundesregierung, soll „idealerweise” der Kohleausstieg auf 2030 vorgezogen werden. Wenn der Wind nicht weht und die Sonne nicht scheint, sollen 50 neue Gaskraftwerke (25 000 MW) gebaut werden (Bauzeit ca. 6 Jahre), die im Wesentlichen durch zusätzliches Flüssiggas versorgt werden sollen.

Klug ist das nicht. Erstens ist importiertes Flüssiggas teurer als Pipelinegas. Aber auf Grund einer Berechnung des US-Wissenschaftlers Robert Howarth von der Cornell University führt dieser Weg zweitens zu extrem hohen Treibhausgasemissionen (siehe meinen Sandwirt-Beitrag dazu vom 14.11.2023).

Die Welt retten 

In ihrer Pressekonferenz in Dubai erklärte die deutsche Außenministerin: „Wir sind hier, um die Welt für die ganze Menschheit zu retten.” Immer wieder verweist sie bei solchen Gelegenheiten auf das Pariser Klimaschutzabkommen von 2015, das die Erwärmung der Erde auf unter 2 Grad Celsius gegenüber der vorindustriellen Zeit – möglichst auf 1,5 Grad Celsius – begrenzen soll.

Wir wollen uns an dieser Stelle nicht damit beschäftigen, dass die Zeit um 1860 mit dem Auslaufen der Kleinen Eiszeit eine der kältesten Perioden der letzten 2000 Jahre war. Diese Zeit, die für die Menschheit bedrohlich kalt war, als Ausgangsbasis für ein Temperaturziel zu nehmen, darf durchaus hinterfragt werden. Der Durchschnitt der Temperaturen der letzten 2000 Jahre ist eher um das Jahr 1950 zu suchen (mehr dazu in meinem Buch „Unerwünschte Wahrheiten“, S. 45f.).

Wichtiger ist jedoch, sich mit dem Wortlaut des Pariser Abkommens zu beschäftigen. In Artikel 4, Abs.1 des Abkommens sind die Emissionsziele in diesem Jahrhundert formuliert:

„Zum Erreichen des in Artikel 2 genannten langfristigen Temperaturziels sind die Vertragsparteien bestrebt, so bald wie möglich den weltweiten Scheitelpunkt der Emissionen von Treibhausgasen zu erreichen, wobei anerkannt wird, dass der zeitliche Rahmen für das Erreichen des Scheitelpunkts bei den Vertragsparteien, die Entwicklungsländer sind, größer sein wird, und danach rasche Reduktionen im Einklang mit den besten verfügbaren wissenschaftlichen Erkenntnissen herbeizuführen, um in der zweiten Hälfte dieses Jahrhunderts ein Gleichgewicht zwischen den anthropogenen Emissionen von Treibhausgasen aus Quellen und dem Abbau solcher Gase durch Senken … herzustellen. [Hervorhebung von mir]

In der zweiten Hälfte dieses Jahrhunderts soll also ein Gleichgewicht zwischen den CO2-Emissionen und den CO2-Senken, das sind Ozeane und Pflanzen, die CO2 aufnehmen, erreicht werden.

Wie die vor einigen Tagen veröffentlichten CO2-Bilanzen des Global carbon project zeigen, werden mittlerweile 57 Prozent des CO2-Ausstosses von Ozeanen und Pflanzen aufgenommen. 

In der in der folgenden Grafik dargestellten historischen Entwicklung zeigt sich, dass die Aufnahme der Pflanzen und der Ozeane mit den gestiegenen CO2-Konzentrationen in der Atmosphäre zugenommen hat. Eine Verminderung der Emission auf das Niveau der Aufnahme von Ozeanen und Pflanzen in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts, wie es das Pariser Abkommen verlangt, würde ein weiteres Ansteigen des CO2 in der Atmosphäre stoppen. 

Insofern ist Nettonull dann erreicht, wenn die CO2-Emissionen halbiert werden. Denn die Aufnahme von Ozeanen und Pflanzen richtet sich allein nach der erreichten CO2-Konzentration in der Luft und nicht nach den Emissionen aus den Schornsteinen. Bleibt also die Aufnahme von Ozeanen und Pflanzen konstant und werden die Emissionen halbiert, ist das CO2-Problem gelöst. 

Spendierhosen nach außen …

So isoliert Deutschland international mittlerweile in vielerlei Hinsicht auch ist: Aufmerksamkeit erringen unsere Politiker noch, wenn sie die Spendierhosen anziehen. Wie am ersten Tag, als die Entwicklungsministerin Svenja Schulze 100 Mio. Dollar zur Verteilung an andere Länder auf den Tisch in Dubai legte. 

Außenministerin Annalena Baerbock legte dann zum Schluss noch einmal 60 Mio. Euro drauf mit der Begründung: „Es reicht überhaupt gar nicht, wenn wir uns hier auf die ambitioniertesten Ziele einigen, aber dann die technische Umsetzung nicht überall auf der Welt gelingen kann.”

Deswegen verteilt Deutschland auch schon seit Jahren den größten Batzen an Steuermitteln aller Länder der Welt: 10 Mrd. Euro pro Jahr für Klimaschutzprojekte in anderen Ländern. Hier wäre in den letzten Wochen ein großer Fundus gewesen für die Suche nach Ausgabenkürzungen, zur Vermeidung weiterer Schulden und um die Schuldenbremse nicht aufgeben zu müssen. Mit deren Streichung wären keinerlei Wohlstandseinbußen in Deutschland verbunden gewesen.

… Schröpfen nach innen

Dafür werden nun die deutschen Bürger erheblich geschröpft, sie müssen, statt die Segnungen der Spendierhosen zu genießen, den Gürtel deutlich enger schnallen. Im neuen Haushalt für 2024, über den die Ampel-Koalition wochenlang gegrübelt hat, ist zum Beispiel, wie die WELT vorrechnet, vorgesehen, dass im kommenden Jahr jeder, der eine Tonne klimaschädliches CO₂ verursacht, 45 Euro wird zahlen müssen. Bisher war dagegen nur ein Anstieg von bisher 30 auf 40 Euro geplant gewesen. 2025 soll der Preis dann erneut um 10 Euro auf 55 Euro steigen, gegenüber bisher vorgesehenen 50 Euro.

Wenn der CO₂-Preis zum Jahreswechsel um 15 Euro pro Tonne steigt, verteuert sich der Preis für einen Liter Benzin an der Tankstelle um rund 4,5 Cent (bei Diesel liegt das Plus noch etwas darüber). Ab 2025 müssen Autofahrer dann sogar ein Plus von knapp 7,5 Cent für Benzin und 8 Cent für Diesel gegenüber heute einkalkulieren.

Weitere Verteuerungen lt. WELT:

  • Beim Heizen wird ein vierköpfiger Musterhaushalt mit einem Gasverbrauch von 20 000 Kilowattstunden netto 60 Euro mehr zahlen müssen (brutto 71 Euro).
  • Für Heizöl müssen die Verbraucher pro Liter mit einem Plus von rund 4,5 Cent im Vergleich zu 2023 rechnen.
  • Der „Geschwindigkeitsbonus” beim Heizungstausch soll nun nicht mehr von 20 Prozent der Kosten auf 25 Prozent erhöht werden, und ihn sollen auch weiterhin nur Besitzer selbst genutzter Immobilien bekommen, nicht, wie bisher geplant, auch Vermieter und Wohnungskonzerne. 
  • Eine Kerosinsteuer für innerdeutsche Flüge soll eingeführt werden, während im gewerblichen Luftverkehr eingesetztes Kerosin bisher von der Energiesteuer befreit war.
  • Der für 2024 angekündigte Zuschuss des Bundes zu den Netzentgelten fällt weg. Dabei geht es um 5,5 Milliarden Euro. Ohne den Zuschuss ist der Betrag mit 6,68 €ct/kWh mehr als doppelt so hoch wie die die bisherigen 3,19 €ct/kWh (für einen vierköpfigen Musterhaushalt mit einem Stromverbrauch von 5000 Kilowattstunden zusätzliche Kosten von mehr als 100 Euro pro Jahr.)
  • Die geringere Mineralöl- und Kraftfahrzeugsteuer für Landwirte, die einen Großteil des Diesels auf den Äckern und nicht auf den durch die Steuer zu finanzierenden Straßen verbrauchen, soll aufgehoben werden. Die Mehrbelastung von 1 Mrd. Euro werden wir in teureren Lebensmitteln spüren. 

In der Welt isoliert – von den Bürgern entfernt

Und ganz aktuell kam jetzt die neueste Zumutung. Am 16.12. hat die Regierung bekannt gegeben, dass ab dem Tag darauf, dem 17.12., keine staatliche Förderung für Elektroautos mehr beantragt werden kann. Vermutlich wird der Absatz dadurch massiv einbrechen, obwohl Deutschland noch weit von den Regierungszielen für E-Autos entfernt ist.

Wie desolat muss eine Regierung sein, die samstags etwas bekannt gibt, was ab sonntags schon gilt? Wenn man das Ende auf den 1.1.24 datiert hätte, wäre das schon hart gewesen, aber so? All das zeugt nur zu deutlich, wie weit diese Regierung, die in der Welt Wohltaten verteilt, von ihren eigenen Bürgern entfernt ist.

Eine Zumutung allerdings bleibt den deutschen Verbrauchern erspart – aber nur, weil Deutschland auch hier wieder, diesmal innerhalb der EU, isoliert war.  Noch am 9. März 2023 hatte Wirtschaftsminister Robert Habeck erklärt, dass man die „EU-Gebäuderichtlinie, insbesondere die dorthin enthaltenen Mindesteffizienzstandards, zügig umsetzen” werde. Das hätte eine Sanierungspflicht von 6 Mio. Häusern zur Folge gehabt. 

Vertreterinnen und Vertreter des europäischen Parlaments, der Mitgliedsländer und der EU-Kommission haben sich am 7.12.2023 im „Trilog-Verfahren“ auf die elementaren Punkte der neuen EU-Gebäuderichtlinie (EPBD) geeinigt. Die bisher geplante Sanierungspflicht über Mindest-Energiestandards (MEPS) für die energetisch schlechtesten Gebäude (Worst Performing Building – WPB) wird es für Wohngebäude nicht mehr geben.

Dagegen hatte es überall in der EU und natürlich auch in Deutschland heftige Widerstände gegeben. Da 2024 Europawahlen sind, vor denen die meisten Regierungen große Angst haben, wurde hier eine verbraucherfeindliche Planung wieder eingesammelt. Das zeigt zweierlei: 1. Außerhalb Deutschlands wird eher auf die Sorgen der Bürger Rücksicht genommen. Und 2.: Widerstand kann etwas bewirken.

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