Die gestrickte Moral der „Omas gegen Rechts“

Im November 2017 erblickte in Wien eine zivilgesellschaftliche Initiative mit einem harmlos anmutenden Namen die Welt. Sie ist heute in aller Munde: „Omas gegen Rechts“. Was zunächst wie eine skurrile Randerscheinung retardierter sowie renitenter Rentner wirkte – ältere Damen mit Wollmützen und Transparenten gegen „Nazis auf unseren Straßen“ – entwickelte sich rasch zu einer immer größer werdenden Initiative, deren Einfluss weit über Österreich hinausreicht. 

Gegründet wurde sie von der Wiener Theologin, Psychotherapeutin und früheren ORF-Journalistin Monika Salzer, Jahrgang 1948. Sie war in ihrer beruflichen Laufbahn unter anderem Kolumnistin der Kronen Zeitung und setzte sich bereits in den 1980er-Jahren für feministische Anliegen ein. Mit der Gründung der „Omas“ reagierte sie nach eigener Aussage auf das Erstarken rechter Kräfte in Österreich – insbesondere auf die Regierungsbeteiligung der FPÖ unter Sebastian Kurz.

Der moralinsaure Impuls, der sie antrieb, war nicht neu, aber in seiner Form strategisch. „Wir alten Frauen sind nicht mehr brauchbar. Und gerade deshalb sagen wir jetzt laut, was wir denken“, erklärte Salzer in einem Interview. Die Initiative positionierte sich als „moralische Instanz gegen den politischen Rückschritt“, als eine Art späte politische Reinkarnation der 68er-Generation – diesmal mit weißen Haaren und rosa Hauben, Kukident-Flavor und Ermäßigungen für Kunst und Kultur, obwohl diese Generation monetär prächtig ausgestattet ist; zumindest im Verhältnis zu den kommenden Nettosteuerempfängern.

Von Beginn an wurde die Bewegung medial überaus freundlich begleitet, insbesondere von öffentlich-rechtlichen Medien wie ORF, ARD und ZDF. Susanne Scholl, ehemalige Auslandskorrespondentin des ORF und Co-Initiatorin, brachte mediale Professionalität in das Projekt ein. Das Narrativ der widerständigen Großmutter, die sich noch einmal mit letzter Kraft aufmacht, um das Land vor dem „Rechtsruck“ zu retten, ließ sich ideal in Talkshows und Sonntagszeitungen transportieren. Rasch formierten sich lokale Gruppen in deutschen Städten – zunächst in Berlin, dann Leipzig, später in ganz Deutschland. 

Nach außen geben sich die „Omas“ dezentral, fast anarchisch organisiert. Tatsächlich verfügen sie über ein bemerkenswert professionelles Kommunikationsnetz, eigene Merchandise-Linien, Social-Media-Redaktionen und regelmäßige Protestkalender. Finanziert wird dies offiziell durch Spenden der Mitglieder, doch auch staatliche Unterstützung fließt.

Debanking als Machtdemonstration

So berichtete das österreichische Nachrichtenportal exxpress.at, dass aus deutschen Demokratieförderprogrammen „zehntausende Euro“ an die deutschen Ortsgruppen der Omas gegen Rechts überwiesen wurden. Besonders brisant ist die grenzüberschreitende Komponente: Die Mittel sollen auch für Aktivitäten in Österreich genutzt worden sein, etwa zur Unterstützung von Demonstrationen gegen FPÖ-Politiker. Die deutsche Bundesregierung – namentlich das Familienministerium – verwies aber auf allgemeine Programme der „zivilgesellschaftlichen Demokratieförderung“, an denen „zahlreiche Initiativen“ partizipieren würden. Zu diesen zählen auch NGO-Plattformen wie Campact oder Attac, die ihrerseits als Unterstützer oder Kooperationspartner von Omas-Verbänden auftreten. 

Die Unschärfe in der Förderstruktur ist augenfällig: Gelder fließen in Netzwerke, die wiederum lokale Initiativen fördern, die sich auf politische Gegner fokussieren. Die Omas selbst betonen ihre Unabhängigkeit – doch die Nähe zu parteinahen Strukturen der SPD und Grünen ist evident.

Während viele Aktionen der Omas harmlos bleiben – Mahnwachen, Redebeiträge auf Kundgebungen, Präsenz bei „bunten“ Demonstrationen, wie sie vor allem die weiße Mittelschicht ansprechen, also gar nicht mal so bunt –, mehren sich die Hinweise, dass sie auch aktiv an repressiven Maßnahmen gegen Andersdenkende mitwirken. 

Besonders deutlich wird das beim sogenannten „Debanking“. Dabei handelt es sich um gezielte Aufrufe an Banken und Sparkassen, politische Gruppen, Parteien oder Medien durch Kündigung ihrer Kontoverbindungen von der finanziellen Infrastruktur auszuschließen. Was in autoritären Staaten als staatliches Mittel eingesetzt wird, übernimmt hierzulande zunehmend die sogenannte Zivilgesellschaft – moralisch aufgeladen, politisch flankiert. Die Omas gegen Rechts waren an mehreren solchen Kampagnen beteiligt.

In Berlin sammelten sie gemeinsam mit anderen Gruppen über 30.000 Unterschriften, um die Berliner Volksbank zur Kündigung des AfD-Spendenkontos zu bewegen. In der Petition wurde argumentiert, dass die Bank mit der AfD „faschistische Tendenzen“ unterstütze. Die Proteste gipfelten in einer öffentlichkeitswirksamen „Heckenscherenaktion“ vor der Bankfiliale – ein Symbol gegen das „Abschneiden rechter Finanzströme“. 

Mit Erfolg: Die Volksbank entfernte das Spendenkonto. In anderen Städten, darunter Leipzig, Rosenheim und Marburg, gab es ähnliche Initiativen. In Düsseldorf und Neuss beendeten Banken ihre Geschäftsbeziehungen zur AfD – unter Verweis auf allgemeine Geschäftsbedingungen. Auch hier fanden sich Omas auf der Straße, unterstützend im Protest oder organisatorisch eingebunden.

Gerontologischer Wächterrat

Der Vorwurf wiegt schwer: Eine ursprünglich als harmlos wahrgenommene Gruppe älterer Damen entwickelt sich zu einem moralischen Rammbock im Dienste der politischen Exekutive. Und was sie regelmäßig und wissentlich vermischen, ist die Tatsache, dass sie ganz bewusst nicht zwischen rechts und rechtsextrem unterscheiden. Unter dem Deckmantel zivilgesellschaftlicher Wachsamkeit werden Akteure des demokratischen Spektrums – namentlich rechte Parteien oder unliebsame Medien – wirtschaftlich stranguliert. Denn wer kein Konto besitzt, kann weder Spenden empfangen noch Rechnungen bezahlen. 

In Deutschland sind Banken gesetzlich verpflichtet, jedem Bürger ein Basiskonto anzubieten – Parteien hingegen genießen keinen solchen Schutz. Somit kann Debanking als strategisches Instrument genutzt werden, um missliebige Kräfte mundtot zu machen.

Von dieser Praxis waren auch alternative Medien betroffen. Dem Kontrafunk etwa, ein Radioprojekt des Journalisten Burkhard Müller-Ullrich mit Sitz in der Schweiz, berichtete mehrfach von der Kündigung deutscher Konten ohne Begründung, bis dem Sender selbst das Konto gesperrt wurde. Das rechte Freilich-Magazin aus Österreich war ebenso betroffen. Dass sie Ziel ökonomischer Ausgrenzung wurden, ist ein katastrophales Signal, welches den undemokratischen Geist dieser repressiven Linken offenlegt. Die Rolle der Omas gegen Rechts dabei ist nicht immer direkt, aber oft begleitend. Ihr Protest liefert den moralischen Überbau, mit dem solche Eingriffe in die Meinungsvielfalt öffentlich legitimiert werden können.

Insgesamt lässt sich feststellen: Die Omas gegen Rechts sind mehr als eine Seniorengruppe mit politischem Anliegen. Sie agieren professionell, strategisch und mit starker medialer Rückendeckung. Ihre Nähe zu NGO-Strukturen, ihre Verflechtung mit Demokratieförderprogrammen und ihre Bereitschaft zur Unterstützung von Maßnahmen wie dem Debanking machen sie zu einem politischen Akteur, dessen Einfluss nicht unterschätzt werden darf. Während sie sich selbst als Bollwerk gegen Faschismus verstehen, handeln sie in mancher Hinsicht selbst faschistoid – indem sie politische Gegner wirtschaftlich isolieren helfen. Die Frage bleibt: Wollen wir eine Demokratie, in der Meinung nur dann frei ist, wenn sie kompatibel mit dem Mainstream ist?

Was früher mit Flugblättern begann, wird heute mit Kontokündigungen durchgesetzt. Aus der rebellischen Oma ist eine autoritäre Patrouille, ein gerontologischer Wächterrat geworden, deren Strickzeug nicht nur zum Wärmen, sondern auch zum Würgen taugt. Wer heute den Banken diktieren will, wem sie ein Konto zu geben haben, diktiert morgen dem Buchhandel, welches Buch er zu führen hat. Und übermorgen dem Bäcker, wem er noch Brötchen verkaufen darf. Wehret den Anfängen, dieser Spruch könnte hier kaum besser passen – auch wenn sie in großmütterlicher Harmlosigkeit daherkommt.

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1 Kommentar. Leave new

  • Nordlicht
    2. Juli 2025 12:20

    „Wir alten Frauen sind nicht mehr brauchbar. (…)“

    Eine dumme taktische Eigendefinition. Wer sowas sagt, hat offensichtlich psychische Probleme (- was ja dann die Berufswahl erklärt).

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