ETS2: Die Belastung durch CO₂-Bepreisung

Am 31. Januar 2025 verabschiedeten die Bundestagsabgeordneten von CDU, SPD und Grünen gemeinsam die Novellierung des Treibhausgas-Emissionshandelsgesetzes, mit der der Verkehrs- und Wärmesektor ab 2027 in den CO-Emissionshandel integriert wird. Besonders für Geringverdiener könnten die erwarteten Preiserhöhungen bei Heiz- und Mobilitätskosten eine erhebliche finanzielle Belastung darstellen. 

Eine Einordnung.

Rückblick: Die Entwicklung der CO-Bepreisung

Die Einführung des Brennstoffemissionshandelsgesetzes (BEHG) im Jahr 2021 markierte den Beginn der CO-Bepreisung des Wärme- und Verkehrssektors in Deutschland. Der Startpreis wurde auf 25 Euro pro Tonne CO festgelegt und in den folgenden Jahren schrittweise erhöht:

  • 2022: 30 Euro
  • 2023: 35 Euro
  • 2024: 45 Euro
  • 2025: 55 Euro

Diese Beträge waren feste Zuschläge, die direkt bei den Inverkehrbringern der Brennstoffe erhoben und über diese an die Verbraucher weitergegeben wurden.

Systemwechsel ab 2027

Mit dem Übergang zum europäischen Emissionshandel (ETS2) ab 2027 wird das bisherige nationale System durch ein marktbasiertes Modell auf EU-Ebene ersetzt. Statt fester CO-Abgaben müssen Unternehmen Zertifikate für jede ausgestoßene Tonne CO erwerben. Der Preis dieser Zertifikate wird durch Angebot und Nachfrage auf dem europäischen Markt bestimmt.

Ähnlich wie beim ETS1 (Industrie- und Energiesektor) soll die Anzahl der verfügbaren Zertifikate schrittweise gesenkt werden. Dies wird zu steigenden Kosten für Erdgas, Heizöl und Treibstoffe führen – mit spürbaren Auswirkungen für Verbraucher.

Studien prognostizieren eine breite Preisspanne für CO-Zertifikate im ETS2 – zwischen 140 und 340 Euro pro Tonne. Eine Berechnung des Mercator Research Institute geht davon aus, dass der Preis bis Ende 2027 bei etwa 220 Euro pro Tonne liegen könnte. Lassen wir diesen Wert als Grundlage dienen und berechnen die Auswirkungen auf die Verbraucherpreise.

Mobilität und Heizung: Steigende Kosten 

Ein durchschnittlicher Benziner mit 25.000 km Jahreslaufleistung und einem Verbrauch von 6 Litern pro 100 km wäre wie folgt betroffen: 

  • Ein Zertifikatspreis von 220 Euro pro Tonne CO entspricht einer CO-Kostenbelastung von 0,50 Euro pro Liter Benzin.
  • Im Vergleich zur aktuellen Belastung von 55 Euro pro Tonne steigen die Mehrkosten pro Jahr um 570 Euro.

Ein Einfamilienhaus mit Gasheizung und einem Jahresverbrauch von 25.000 kWh wäre ebenfalls erheblich betroffen:

  • Ein Zertifikatspreis von 220 Euro pro Tonne CO entspricht einer CO-Kostenbelastung von 4,40 ct pro Kilowattstunde Erdgas.
  • Im Vergleich zur bisherigen Belastung steigen die Mehrkosten pro Jahr um 825 Euro.

Diese Zahlen verdeutlichen die erhebliche finanzielle Belastung, insbesondere für Geringverdiener, die kaum eine Gegenfinanzierungsmöglichkeiten haben. Vom ursprünglich versprochenen „Klimageld“, das diese Mehrkosten ausgleichen sollte, ist mittlerweile keine Rede mehr. Die neue Bundesregierung benötigt Geld – und zwar viel Geld.

Politische Kommunikation: Ablenkung statt Klarheit?

Nachdem am 31. Januar die Tragweite dieser Kostensteigerungen sichtbar wurde, bemühte sich die CDU im Wahlkampf, die Konsequenzen herunterzuspielen. Am 8. Februar behauptete ihr energiepolitischer Sprecher Andreas Jung auf Instagram – bei deaktivierten Kommentaren – dass es im europäischen System eine Preisdeckelung gebe, die die Kosten auf aktuellem Niveau halte. Diese Aussage war falsch: Eine Preisdeckelung gibt es nicht, lediglich Mechanismen zur Vermeidung extremer Preisspitzen beim Start des ETS2.

Nach der gewonnenen Bundestagswahl änderte sich die Rhetorik. Friedrich Merz erklärte am 13. April bei Caren Miosga offen: „Es wird zunächst einmal für alle teurer. Dieses europäische System werden wir in Deutschland einführen … und dann wird es sukzessive teurer, weil wir einfach dafür sorgen wollen.”

Erstaunlich, dass eine solche Offenheit keine tieferen Konsequenzen für die Wähler hat.

Auf europäischer Ebene plädieren derzeit vier EU-Mitgliedstaaten – Polen, Tschechien, die Slowakei und Estland –für einen Aufschub der ETS2-Einführung, um soziale Verwerfungen zu vermeiden. Doch dass sich die deutsche Regierung diesen Bedenken anschließen wird, erscheint nach den jüngsten Äußerungen von Merz eher unwahrscheinlich.

Fazit: Ein fragwürdiger Weg

Befürworter des ETS2 argumentieren, dass der Umstieg auf Elektroautos und Wärmepumpen die Belastungen für die Verbraucher langfristig abfedern könnte. Doch die Realität zeigt: Elektromobilität steckt in der Sackgasse und steigende Strompreise bremsen den Umstieg weiter aus. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt wirkt die ETS2-Belastung wie eine verdeckte Steuer, die den Binnenkonsum dämpft und die wirtschaftliche Lage des Landes verschärft.

Im Hinblick auf die Klimathematik wies Hans-Werner Sinn schon vor über zehn Jahren darauf hin, dass sinkender fossiler Energieverbrauch in Deutschland lediglich die Nachfrage dieser Ressourcen in energiehungrigen Entwicklungsländer fördert. Damit wird dort die industrielle Entwicklung vorangetrieben, während Deutschland wirtschaftlich geschwächt wird.

Das ETS2 könnte sich daher als eine der größten Fehlkalkulationen der letzten Jahre entpuppen und erinnert damit fatal an ein Zitat von Mark Twain: „Manchmal frage ich mich, ob die Welt von klugen Menschen regiert wird, die uns zum Narren halten, oder von Schwachköpfen, die es ernst meinen.”

Beitrag teilen …

Der nächste Gang …

Andreas Tiedtke Blog

Keine Angst vor KI & Co.

Baader-Treffen: Wie entfliehen wir der Politik?

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Fill out this field
Fill out this field
Bitte geben Sie eine gültige E-Mail-Adresse ein.
You need to agree with the terms to proceed

Autoren