Freier Markt und freie Meinung

Diesen Text gibt es auch als Episode im Wurlitzer, dem Podcast des Sandwirts und im Televisor des Sandwirts: Hier.

Der gute Bürger ist das Produkt des freien Marktes, der aus privaten Lastern öffentliche Tugenden macht. In der Gesellschaft lernt der Mensch, seine ursprünglich aus Notwehr geborene Aggressivität, seine Leidenschaften wie Eitelkeit, Ruhmsucht und Misstrauen in produktive Energien zu verwandeln. Das zeigt sich in Konkurrenz und Wettbewerb genauso wie in den Akten der Kreativität.

Dabei ist es in der bürgerlichen Gesellschaft und ihrer freien Marktwirtschaft wichtig, zu verstehen, dass nicht die Fähigkeit selbst belohnt wird, sondern nur ihre geschickte Nutzung. Friedrich von Hayek hat das Ganze mit dem Wort „Findigkeit“ bezeichnet. Sie eröffnet für jeden einen Spielraum der Freiheit, nämlich der Freiheit zum Eigensinn und zum Experiment. 

Dass nicht die Fähigkeiten belohnt werden, sondern ihre geschickte Nutzung, also Findigkeit, bedeutet natürlich auch, dass es in einer liberalen Gesellschaft immer unverdiente Erfolge und unverschuldete Misserfolge gibt. Freiheit ist nämlich nur die formale Garantie für die Gelegenheit, Erfolg zu haben. Erfolg ist die Belohnung für den, der an die Freiheit glaubt, denn er sieht sich allein verantwortlich für sein Schicksal. Doch wohlgemerkt: Nicht der Erfolg ist garantiert, sondern nur seine Chance.

Wie in Friedrich von Hayeks Marktmodell aktivieren die sozialen Medien das Wissen, das breit in der Gesellschaft gestreut ist. Plattformen wie X bieten heute einen Wettbewerb der Ideen. Daran nehmen natürlich auch Wissenschaftler und Philosophen teil, doch viel wichtiger sind die Vielfalt der Erfahrungen ganz normaler Menschen und ihr gesunder Menschenverstand. Viele ganz normale, durchschnittlich begabte Bürger können klüger sein als der Klügste, wenn sichergestellt ist, dass sie ihre abweichenden Meinungen frei einbringen können. Die Klugheit der Menge verdankt sich also dem Dissens, nicht dem Konsens. So klären die Bürger sich gemeinschaftlich selbst auf – genau wie der große Philosoph der Aufklärung, Kant, sich das vorgestellt hat.

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