Hallo Spencer – eine Filmkritik

Es gibt Erinnerungen an die Kindheit, die begleiten einen das ganze Leben. Einen besonderen Platz nehmen dabei die Helden der Kindheit ein. Sie denken jetzt sicher an Winnetou, He-Man, Jim Knopf oder die Biene Maja. – Das Schöne ist: Jede Generation hat ihre ganz eigenen Helden. 

Eine meiner ersten und schönsten Kindheitserinnerungen ist eine Sendung, die eigentlich immer ein Nischendasein gefristet hat: „Hallo Spencer“. – Klar, später haben mich Knight Rider, He-Man und Saber Rider mehr begeistert, aber mit „Hallo Spencer“ hat alles angefangen. Vor allem die Hörspiele habe ich rauf und runter gehört. 

Die witzigen Puppen, die in dem fiktiven Runddorf lebten erzählten Geschichten, die lehrreich waren, ohne den Zeigefinger zu erheben, die witzig waren, ohne sich über jemanden lustig zu machen und positiv chaotisch waren, ohne Kinder zu überfordern. 

Besonders die Folge „Wo ist Kasi“ hat mich nachhaltig beeinflusst. Gerade in der Coronazeit habe ich diese Folge für mich wiederentdeckt. Falls Sie ein wenig Zeit und Lust haben, finden Sie diese Folge sicher auf den bekannten „Internetportalen für Videos“ als Hörspiel. 

Wie dem auch sei, irgendwann wurde „Hallo Spencer” einfach abgesetzt und war aus dem Fernsehen verschwunden. 

Bis jetzt. 

Böhmermann wird zum Knetmännchen

Denn niemand geringeres als der Chef-Satiriker von unserem heiß geliebten ZDF, Jan Böhmermann, hat sich der Sache angenommen und einen Hallo-Spencer-Film gedreht. Denn Böhmermann ist riesiger Fan dieser Sendung. 

Deshalb hat er einen durchaus wahren realen Kern in eine fiktive Geschichte verpackt: Grob zusammengefasst geht es um den Schöpfer von „Hallo Spencer“, der in einer alten Diskothek mit allen Requisiten, Archiven und Spencer-Puppen lebt. Die Puppen haben ein merkwürdiges Eigenleben, das allerdings nie wirklich erklärt wird. Nun ja, der Schöpfer der Sendung muss auf jeden Fall zehn Millionen Euro aufbringen, um den Abriss seiner Diskothek zu verhindern. Er möchte deshalb einen Spencer-Film (total meta und so) drehen. 

Problem dabei sind nicht nur das komplett überzeichnete und irgendwie politisch rechts stehende ostdeutsche Paar, das die Rechte (höhö) an „Hallo Spencer“ hält, sondern auch die desinteressierten Streaming-Dienste und die verstaubten ÖRR-Vertreter. 

Um es gleich vorweg zu nehmen, die Liebe Böhmermanns zu „Hallo Spencer“ nehme ich ihm grundsätzlich ab und diese schimmert auch immer mal wieder durch. Vor allem bei den vielen Anspielungen, etwa auf die Folge „Kasi braucht Hilfe“ oder wenn der Maestro selbst im Vorspann zum Mensch gewordenen Knetmännchen wird. 

Allerdings hören damit auch die positiven Dinge auf, die man über den Film sagen kann. 

Parabel statt Märchen

Denn laut Böhmermann soll der Film nichts für Nostalgiker sein. Wir erinnern uns, „Menschen von gestern“ sind eh nicht so seins. Vielmehr soll es ein modernes Märchen sein, das einen Erklärungsversuch liefern soll, warum die Sendung damals abgesetzt wurde. 

Problem ist nur, dass dieser Film generell nicht weiß, was er sein will. Er ist Medienkritik, Satire, Liebesfilm, Drama, Gesellschaftskritik und Komödie, aber nichts davon ist er wirklich überzeugend. 

Wer schon mal einen Schlefaz geguckt hat, kennt das Muster: Die Figuren sind bewusst schrill überzeichnet und haben null Tiefgang. Keiner der Figuren entwickelt sich im positiven oder negative Sinne, alle bleiben, wie sie sind: nervig und anstrengend. Garniert wird das Ganze mit dem typischen Böhmermann-Humor, der ebenfalls ein Nischendasein fristet. Obwohl sich Böhmermann als Schauspieler bewusst in den Hintergrund der Handlung stellt, wirkt dieser Film dennoch weniger wie ein Märchen, sondern eher wie eine Parabel auf das Schaffen Böhmermanns.

Dem Zeitgeist erlegen

Denn, gerne und ausgiebig kritisiert er den Zeitgeist, ist dabei aber stets ein Vertreter eben dieses Zeitgeistes. So auch in dem Hallo-Spencer-Film. Hier persifliert er moderne Influencer, die mehr Wert auf „Content“ denn auf „Inhalte“ legen, lässt seine Figuren aber dennoch fröhlich vor sich hin gendern und politisch korrekt sein. 

Auch die grundsätzliche Idee, weniger auf Nostalgie zu setzen und dafür den Stoff in die Moderne zu übersetzen, ist ja gerade schwer angesagt. Egal ob Indiana Jones, Star Wars oder Ghostbusters, alle alte Helden der 80er werden dekonstruiert und in die Moderne übersetzt. Alle diese genannten Beispiele haben das Problem, dass nicht die Kunst an sich, sondern die richtige Haltung in den Vordergrund rückt. Genau daran scheitert letztlich auch Böhmermann mit seiner Hallo-Spencer-Verfilmung. 

Es gelingt ihm niemals Distanz zu sich und dem Stoff aufzubauen. Alles wirkt so verkrampft, so gewollt und gezwungen. Die hölzernen Schauspieler machen die humorbefreite Handlung auch nicht wirklich besser. Einzige positive Ausnahme ist Hendrik von Bültzingslöwen. 

Das heißt aber nicht, dass der Film nichts zu bieten hätte. Er ist nämlich ausgerechnet dann am stärksten, wenn er die ursprünglichen Figuren einfach machen lässt. Beispielsweise wenn Poldi (der Drache mit dem Sprachfehler) statt zehn Millionen, zehn Melonen sagt und anschließend glücklich aus dem Bild tobt.

Wie man es hätte besser machen können

Und hier liegt der große Denkfehler Böhmermanns: Hätte er auf Nostalgie gesetzt, anstatt eine Art „Werner: beinhart” in langweilig und mit Haltung zu inszenieren, wäre ihm sicher ein netter Film gelungen. Denn grundsätzlich ist die Idee, dass Geld gebraucht wird, weil sonst die Puppen ihre Heimat verlieren, doch gar nicht so schlecht. Es ist zwar nicht sonderlich innovativ, liefert aber guten Stoff mit dem man arbeiten kann, wenn man die Handlung nicht in die Realität, sondern ins Puppendorf verlagert hätte: Lasst doch die Spencer-Puppen versuchen Geld aufzutreiben, damit ihr Dorf nicht abgerissen wird! 

Daraus hätten sich viele lustige Situationen mit ordentlich Chaos, einem guten Lied der Quietschboys und Galactica, die am Ende alles in Ordnung bringt, stricken lassen. Ich wette, daran hätten viele Menschen wirklich Freude gehabt. Aber dann wäre es halt nicht hauptsächlich um Böhmermann und seine Haltung gegangen, sondern die blöden Nostalgiker von gestern hätten auch noch ihren Spaß gehabt …

Beitrag teilen …

Der nächste Gang …

Dietrich-Eckardt-Blog

Staat als Monopolkonzern mit Einheitskasse

Podcast V1

Operation Silbervogel

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Fill out this field
Fill out this field
Bitte geben Sie eine gültige E-Mail-Adresse ein.
You need to agree with the terms to proceed

Autoren