Er ist wieder da: Karl-Theodor

Manchmal kann die Wartezeit beim Zahnarzt ja auch informativ sein: Man versucht, die Zeit mit der Lektüre häufig etwas antiquarischer Magazine zu überbrücken – und so erfuhr ich, dass unser Ex-Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg seit Neuestem mit der eben inaugurierten Wirtschaftsministerin Katharina Reiche liiert ist. Zeitgleich lief seine Scheidung von Stephanie zu Guttenberg, geborene Gräfin von Bismarck-Schönhausen. Nach der Trennung wurde berichtet, dass Stephanie zu Guttenberg eine Beziehung mit Philipp Herzog von Württemberg eingegangen ist. Die beiden sollen sich bereits seit längerer Zeit kennen und gemeinsame Urlaube verbracht haben. Wir konstatieren also einen Aufstieg im Gotha – Karl-Theodor war ja „nur“ Baron.

Stephanie zu Guttenberg engagiert sich weiterhin im Bereich der digitalen Bildung und kritisiert regelmäßig die mangelhafte Ausstattung deutscher Schulen sowie die unzureichende Vermittlung von Medienkompetenz. Alles scheint sich also bestens gefügt zu haben im Hause Guttenberg – und Stephanie hat mit ihrem Einsatz für unsere Schulen sicher einiges bewegt.

Karl-Theodor war für einige Jahre nach seinem Abgang wegen der Plagiatsaffäre in den USA untergetaucht. Nun soll angemerkt werden, dass diese Affäre nach heutigen Maßstäben eigentlich „Pillepalle“ war: einige vergessene Zitatangaben und mangelnde Originalität. Mein Gott – das könnte man heutzutage den meisten wissenschaftlichen Arbeiten vorwerfen. Und die schriftlichen Ergüsse mancher „Ex-Minister:innen” der vergangenen Ampelregierung toppen das locker.

Guttenberg hat sich seither schriftstellerisch betätigt, und ich finde, er schreibt nicht schlecht – im belletristischen Bereich sogar halbwegs originell. So weit, so gut.

In letzter Zeit nimmt seine Medienpräsenz deutlich zu, und ich wage zu vermuten, dass er für zukünftige, höhere politische Weihen sozusagen „renoviert“ und wiederaufgebaut wird. Wie schon CSU-Granden bemerkten: So ein außerordentliches politisches Talent kann man ja auf lange Sicht nicht verkommen lassen.

Schon vor seinem Abgang war es so. Wikipedia schreibt:

„Guttenberg stieg innerhalb kurzer Zeit zu einem der populärsten Politiker in Deutschland auf. In einer Umfrage der Zeitschrift Stern aus dem Juni 2009 erreichte Guttenberg bei den beliebtesten Politikern den dritten Platz. 61 Prozent der Befragten gaben an, mit seiner Arbeit zufrieden zu sein. Laut Stern war dies bis dahin der beste Wert, der je für einen Wirtschaftsminister in Deutschland gemessen worden war.“

Gleichwohl kritisierte etwa die Frankfurter Allgemeine Zeitung die „Hofberichterstattung“ einiger Medien, darunter Spiegel Online und Bild. Sehe man genauer hin, „dann fällt auf, dass Karl-Theodor zu Guttenberg für blanke Selbstverständlichkeiten gepriesen wird.“ 

Auch dem Boulevardblatt Bild wurde vorgeworfen, durch seine Berichterstattung über das Ehepaar Guttenberg „Starkult“ zu betreiben und den Minister zum künftigen Kanzler aufbauen zu wollen.

Die Zeit resümierte, dass für Guttenberg in der „Kluft zwischen öffentlicher Bewunderung und politischer Bilanz“ die Gefahr liege: „Wie soll er die Projektionen mit seinen realen Möglichkeiten je zur Deckung bringen?“ Bislang versuche er, „mit demonstrativer Unterstützung des Boulevards diese Differenz zwischen Schein und Sein durch Inszenierung und Imagebildung zu überspielen.“ Auf die irrealen Hoffnungen, die sich an seine Person knüpften, „antwortet er mit Selbststilisierung“.

Nun ist Karl-Theodor ja im Exil gereift – und wir meinen das ernst. In den letzten Wochen war er mehrfach zu Gast in der ZDF-Talkshow Markus Lanz und äußerte sich dort zu verschiedenen politischen Themen.

In einer aktuellen Sendung erinnerte Guttenberg daran, dass er bereits 2007 vor der wachsenden Bedrohung durch Wladimir Putin gewarnt habe. Nach Putins Rede auf der Münchner Sicherheitskonferenz 2007 und dem Angriff in Südossetien 2008 habe er früh die geopolitische Strategie Russlands erkannt – insbesondere den Einsatz von Energie als Waffe. Dennoch stießen seine Warnungen parteiübergreifend auf taube Ohren. Rückblickend kritisierte er den Umgang mit Nord Stream 2 und betonte, dass viele osteuropäische Staaten frühzeitig vor Putin warnten.

Das können wir nicht ganz unkommentiert lassen: 2007 habe er die von Putin ausgehende Gefahr erkannt – aber warum hat er dann entscheidend daran mitgewirkt, die Wehrpflicht abzuschaffen, die Kreiswehrersatzämter einzustampfen und generell die Bundeswehr zu einer Interventionsarmee umzubauen? Alles Entwicklungen, die man heute gerne wieder rückgängig machen würde. 

In einer weiteren Sendung sprach Guttenberg offen über den Zustand der Bundeswehr. Er betonte, dass er schon immer ein Anhänger der Wehrpflicht gewesen sei – und es auch heute noch sei, sofern sie anständig ausgestaltet werde. Die Wiedereinführung der Wehrpflicht sei spätestens seit dem russischen Angriffskrieg in der Ukraine wieder in aller Munde.

Nun, das könnte man wohl als leichte Verdrehung der Tatsachen einordnen. Historisch korrekt war es nämlich so: Ein auf Guttenbergs Initiative gestellter Antrag des CSU-Vorstands, die Wehrpflicht auszusetzen, wurde auf dem CSU-Parteitag am 29. Oktober 2010 mehrheitlich angenommen. Auch der CDU-Parteitag stimmte dem am 15. November 2010 mehrheitlich zu, nachdem Guttenberg zuvor in einer Rede bei den Delegierten für seine Bundeswehrreform geworben hatte.

Nun ja: Tempora mutantur, et nos mutamur in illis. Die Zeiten ändern sich – und Flexibilität muss ja kein Fehler sein. Auch nicht Vergesslichkeit, die ja eine grassierende Krankheit in den oberen politischen Rängen zu sein scheint.

Prioritäten müssen eben gesetzt werden – da beißt die Maus keinen Faden ab. Guttenberg äußerte sich kritisch zum Koalitionsvertrag von Union und SPD. Er echauffierte sich darüber, dass man sich über Themen wie Mütterrente, Pendlerpauschale und Mindestlohn unterhalte, während es eigentlich ganz andere, wichtigere Themen gebe. Er sprach von einer Schieflage in der Debatte und fragte sich, wo man eigentlich stehe.

Also: Schluss mit dem Sozialgedöns – der Blick muss sich wehrhaft gen Osten richten.

Nebenbei: „Nach Putins Rede auf der Münchner Sicherheitskonferenz 2007 und dem Angriff in Südossetien 2008 erkannte er früh die geopolitische Strategie Russlands, insbesondere den Einsatz von Energie als Waffe.“

Dass der Iwan stets treu und brav geliefert hat und Nord Stream wahrscheinlich nicht von Putin gesprengt wurde – geschenkt. Und dass der Angriff auf Südossetien von Georgien ausging und dahinter wohl auch NATO-Interessen standen – ebenso. Man wollte halt die Saufeder in den Unterleib des russischen Bären injizieren. Und die Politik ging ja munter weiter. Der Krieg war nach ein paar Tagen vorbei, und es wird nicht erwähnt, dass sich die Russen freiwillig aus Georgien zurückzogen.

Man sollte schon bei einer etwas komplexeren historischen Wahrheit bleiben – aber das ist hierzulande, wo die Welt angeblich erst im Februar 2022 zu rotieren begann, wohl kaum zu erwarten.

Nun, was macht Karl-Theodor zu Guttenberg heute? Nach einem Versuch als Moderator („RTL-Jahresrückblick“) ist er nun als „Nachwuchs-Literat und Suchender“ unterwegs und veröffentlichte am 9. Oktober 2023 das Buch „3 Sekunden” mit Alltagsbeobachtungen. Auf LinkedIn postete er kurz vor seiner neuntägigen Wanderauszeit in Montana: „Mein ganzes Leben ist eine Perlenschnur des Verlustes. Eine Aneinanderreihung von Abschieden. (…) Von geliebten Menschen, Erfolgsmodellen, Lebensentwürfen.“ Nach seiner Rückkehr flog der Ex-Politiker nach Saint-Tropez, um die Liebe von Freunden zu feiern.

Auffällig ist das quasi schon Habeck’sche Zerknirschungsmotiv. In gewisser Weise wirkt Guttenberg wie ein Revenant des Ex-Wirtschaftsministers: auch ein bisschen verwuschelt, mit Dreitagebart. Relativ jung, gutaussehend, ganz klar ein Schwiegermutterliebling. Vielleicht sogar besser vernetzt – und klüger. Das kann durchaus sein.

Ich bin sicher: Wir werden von unserem Karl-Theodor noch einiges hören. Wie gesagt – wir dürfen hier einen Persönlichkeitswiederaufbau erleben.

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