Kosten von Wind und Solar: „Ein Ausrufezeichen!“

„Gleich zu Beginn des neuen Jahres gibt es eine starke Nachricht aus dem Bereich der Energiepolitik, ich würde sogar sagen, es beginnt mit einem echten Ausrufezeichen“ – mit diesen bedeutungsvollen Worten wandte sich Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck am 3. Januar 2024 per Video an die Bundesbürger. 

Und er ergänzte auch, worauf er so stolz war: „(…) Denn der Anteil der erneuerbaren Energien am deutschen Strommix, er war noch nie so hoch wie im letzten Jahr. Die 50 Prozent, die haben wir deutlich geknackt, und wenn wir (…) das verstetigen können, (…) dann werden wir unsere Klimaschutzziele im Energiebereich ebenfalls erreichen.“ 

Also gibt es wirklich Grund zur Freude für uns alle? 

Nein, die Rechnung für diese Politik und damit das eigentliche Ausrufezeichen folgte bereits Ende Januar.

Nicht benötigt, aber bezahlt

Diese Rechnung wurde präsentiert von den vier Stromnetzbetreibern 50Hertz, Amprion, Tennet und Transnet BW, die, wie das Handelsblatt am 26. Januar berichtete, sich in einem gemeinsamen Brief an das Wirtschaftsministerium wandten. Unter Hinweis darauf, dass ab Juli 2024 eine „fehlende Liquidität“ drohe, verlangten sie zusätzliche Milliarden aus dem Bundeshaushalt für die Finanzierung und Umsetzung des Netzausbaus nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG). 

Der Grund für die Forderung: Der Ausbau von Wind- und Solarkraftwerken führt immer häufiger dazu, dass bei Starkwind oder starker Sonneneinstrahlung Strom produziert wird, der gar nicht benötigt wird. Dafür bringt er aber bei Windflaute und fehlendem Sonnenschein gar nichts. 

Das zeigen die beiden folgenden Grafiken auf der Basis der Stromproduktion im Dezember 2022. Auf der ersten Grafik sehen Sie links die Lücke, die während einer Dunkelflaute bei einer hundertprozentigen   Versorgung mit erneuerbaren Energien entstehen würde:

Die zweite Grafik zeigt nun denselben Monat unter der Voraussetzung, die Stromproduktion aus Solar- und Windenergie würde durch massiven Ausbau, wie es ja geplant ist, verdreifacht werden. Während wir es wie links bei Windflaute und fehlendem Sonnenschein weiter dennoch mit einer Unterversorgung zu tun hätten (3 x 0 = 0), entstünde rechts durch den Ausbau eine massive Überversorgung:

Dieser überschüssige Strom muss dennoch bezahlt werden: Die Windanlagenbetreiber bekommen für jede produzierte Kilowattstunde, auch wenn sie nicht benötigt wird, 7,35 €ct an garantierter Einspeisevergütung, die Solaranlagenbetreiber 11–13 €ct 

Gleichzeitig sinken jedoch, wie die folgende Grafik (von Energy-Charts) zeigt, die Strompreise an der Börse (rot) gen Null, wenn zu viel Wind- und Solarstrom (grün) im System ist (grau = Kohle- und Gasstrom).  

Steigende Kosten – kein Geld im Haushalt

Die Differenz zwischen dem aktuellen Strompreis und dem Garantiepreis strecken die Netzbetreiber vor, und der Bundeshaushalt gleicht das aus Mitteln der Steuerzahler aus. „Noch im Oktober vergangenen Jahres“, berichtet WELT online, „hatten die Netzbetreiber geschätzt, dass der Bund im Jahr 2024 rund 10,6 Milliarden Euro zuschießen muss, um den Subventionsanspruch der Ökostromer zu bedienen.“  

Auf Grund des häufigeren Überangebots ist die Einspeisevergütung mittlerweile aber eben immer öfter höher als der Börsenpreis. Diese steigende Differenz führt dazu, dass die Subvention der Wind- und Solaranlagenbetreiber für 2024 nach Darstellung der Netzbetreiber um sage und schreibe 7,8 Milliarden Euro, also rund 74 Prozent auf 18,6 Milliarden Euro steigtweshalb sie in ihrem Brief nun eine Anpassung von Abschlagszahlungen aus dem Bundeshaushalt für die Monate Februar und März für dringend notwendig hielten. 

Das Problem dabei: Der Bund hat hierfür jedoch kein Geld mehr im Haushalt. Denn das Verschieben von Milliardenschulden in den sogenannten Transformationsfonds, aus dem die Subvention bezahlt werden sollte, hatte das Bundesverfassungsgericht als verfassungswidrig eingestuft. Zwar fließen in den Transformationsfonds die CO2– Abgaben der Bürger für die Gas- und Stromheizung sowie für Benzin und Diesel, zudem die CO2-Abgabe der Industrie und die angehobene Dieselsteuer der Bauern – aber das wird nicht reichen, den wertlosen Überschussstrom aus Windanlagen und Solaranlagen mit den mittlerweile für 2024 geschätzten 18,6 Milliarden Euro zu bezahlen. 

Die Spitze des Eisbergs

Und das ist auch keineswegs nur ein Problem für das laufende Jahr: Aufgrund des weiteren Zubaus von Wind- und Solaranlagen wird auch der Strompreis bei starkem Wind oder intensiver Sonne weiter sinken und der Betrag für den Überschussstrom Jahr für Jahr weiter steigen, solange das EEG mit dem auf 20 Jahre garantierten Festpreis für die Einspeisung nicht geändert wird. 

Diese Änderung allerdings wäre dringend notwendig: Denn es kann doch nicht sein, dass etwa ein neues Windkraftwerk nur weiter die teuer subventionierte Überschussproduktion befördert, uns aber in der Flaute kein bisschen weiterhilft. Würde dem Windkraftwerks-Betreiber nur der Börsenpreis bezahlt, dann würde er nicht mehr bauen. 

Im Moment aber stehen die Zeichen anders: Weil die Regierung einen 80-Prozent-Anteil der erneuerbaren Energien will, baut und baut sie, was das Zeug hält – Kanzler Scholz etwa sprach im Februar 2023 von „vier bis fünf Windrädern“ pro Tag, die bis 2030 gebaut werden sollen. Aber das löst kein Problem, sondern bringt uns nur noch größeres Ungemach mit immer weiter steigenden Kosten. Jedenfalls, solange wir keine tragfähige Lösung haben, den überschüssigen Strom für die Flautezeiten zu speichern – und die haben wir im Moment nun mal nicht. 

Auch der energiepolitische Sprecher der FDP-Fraktion im Bundestag, Michael Kruse, forderte gegenüber der FAZ, die EEG-Förderung zu senken: „Im Koalitionsvertrag ist der Ausstieg aus der Dauersubventionierung der Erneuerbaren angelegt. Es wird Zeit, dass Minister Habeck sich an die Umsetzung macht, anstatt ständig nur Mehrausgaben im Milliardenbereich zu verursachen.“

Kruse sagte das vor dem Hintergrund eigener Berechnungen, die einen noch höheren Finanzierungsbedarf für die Einspeisevergütungen ergeben. Die bislang diskutierten Zahlen, so Kruse, seien für ihn „lediglich die Spitze des Eisbergs”. Er geht von einem Finanzierungsbedarf von insgesamt voraussichtlich 27,5 Milliarden Euro aus. Gegenüber den ursprünglich veranschlagten 10,6 Milliarden Euro wäre der Fehlbetrag im Jahr 2024 demnach mit rund 17 Milliarden Euro noch einmal mehr als doppelt so hoch wie die von den Netzbetreibern angenommenen 7,8 Milliarden. 

Die Systemkosten steigen gewaltig

Doch damit sind wir noch nicht bei allen Kostenrisiken. Die entstehen nämlich nicht nur bei überflüssigem und dennoch produziertem Strom, sondern immer häufiger müssen bei überschießender Windproduktion Anlagen sogar abgestellt werden – und auch hier wird der nicht produzierte Phantomstrom trotzdem bezahlt. 

Wenn Sie also durch Deutschland fahren und verwundert feststellen, dass heute anscheinend aber wieder ganz schön viele Windräder kaputt sind, dann müssen Sie wissen: Die sind wahrscheinlich abgestellt, weil sonst zu viel Strom im System wäre. 

Auch für diesen Stillstand fließt aber das Geld, als ob sie produziert hätten. Das war im Jahr 2022 rund 1 Milliarde Euro. Die gesamten Netzanpassungsmaßnahmen, die auf Grund der schwankenden Einspeisung erneuerbarer Energien zur Frequenzstabilisierung erforderlich waren, betrugen im Jahr 2022 4,2 Milliarden Euro. Dieser Betrag wird über die Netznutzungsgebühren von jedem Kunden bezahlt.

Steigende Netzausbaukosten

Aber es geht noch weiter. Bis 2045 soll ein beträchtlicher Teil des Gasnetzes außer Betrieb genommen werden, zudem müssen die Stromnetzbetreiber demnächst erhebliche Investitionen und Modernisierungen für den Ausbau der erneuerbaren Energien durchführen. 

Das soll lt. einem Bericht vom Focus, der extra bei der Bundesnetzagentur nachgefragt hat, 300 Milliarden Euro bis 2045 kosten, die Kosten der Verteilnetze in Städten und Gemeinden sollen bei 150 Milliarden Euro liegen – das wären in Summe 200 Milliarden Euro mehr als bisher veranschlagt! Einen Vorgeschmack davon bekommen wir alle seit dem 1. Januar 2024. Seitdem hat sich die Netznutzungsgebühr schon von 3,12 €ct je Kilowattstunde auf 6,43 €ct verdoppelt.

Ein Teil der Investitionen betrifft Hochspannungsleitungen vom Norden in den Süden, die nötig werden, um den weggefallenen Kernenergiestrom in Bayern und Baden-Württemberg zu ersetzen. Allerdings ist an rund 120 Tagen im Jahr auch im Norden kein Wind, so dass dann auch die Leitungen nicht viel nutzen. Hochspannungsleitungen sind kein ausreichender Ersatz für Kernkraftwerke.

Ganz schlaue Grüne schlagen daher vor, dass man in Bayern sehr viel mehr Windkraftwerke bauen möge. In Bayern ist aber die mittlere Windgeschwindigkeit  deutlich geringer als im Norden. Daher haben die grünen Schildbürger im Wirtschaftsministerium mit § 36h des EEG-Gesetzes die Windkraft-Beglückungsprämie für Bayern erfunden: Jedes Windkraftwerk in Bayern, das nur auf eine Windgüte von 50 Prozent kommt, wird mit einem Festpreis für 20 Jahre von 1,55 x 7,35 €ct/kwh, das sind 11,4 €ct/kwh, belohnt und macht so den Strompreis in Deutschland teurer.

Konjunktur runter – Preise runter

Die Energiefachfrau Katrin Göring-Eckardt hatte unmittelbar nach der Stilllegung der Kernkraftwerke im April 2023 geweissagt: „Der Strompreis wird natürlich günstiger werden, je mehr Erneuerbare wir haben.“ Damit hatte sie, wie wir gesehen haben, einerseits recht, da ein Zuviel an Solar- und Windstrom tatsächlich den Börsenpreis sinken lässt – aber an die etlichen Milliarden mehr, die wegen der EEG-Regelungen und den steigenden Ausbaukosten entstehen, hatte sie keinen Gedanken verschwendet. 

Der Strompreis sinkt aber auch noch aus einem ganz anderen Grund, der alles andere als ein Anlass zur Freude ist. Wie ich hier bereits in meinem Sandwirt-Beitrag vom 22. November 2023 berichtete, haben wir es in den letzten Jahren mit einem Rückgang der Produktion der energieintensiven (rot) gegenüber der nicht-energieintensiven (blau) Industrie zu tun: 

Auch nach Angaben der AG Energiebilanzen ist der Energieverbrauch in Deutschland 2023 auf ein historisches Tief gefallen. Sie rechnet mit einem Rückgang um 7,9 Prozent, damit liegt der Verbrauch an Primärenergien in Deutschland um mehr als ein Viertel unter dem bisherigen Höchststand von 1990. Zu den Gründen merkt sie an: „Den größten Einfluss auf den Rückgang des Energieverbrauchs hatte die zurückgehende wirtschaftliche Leistung in Deutschland. Vor allem die energieintensiven Industriezweige verzeichneten Produktionsrückgänge, was spürbare Auswirkungen auf den Energieverbrauch hat.“

Die Kosten für den Strom sinken also, weil unsere Konjunktur wegbricht. Die Nachfrage der energieintensiven Industrie nach Gas und Strom ist in den Keller gegangen. Das führt natürlich zu einer immer größer werdenden Differenz zu dem durch das EEG garantierten Abnahmepreis – und zu den rapide steigenden Kosten für uns alle. 

CO2-Emissionen werden steigen

Dieser ganze Wahnsinn in dem Bestreben, unsere deutschen CO2-Emissionen auf Kosten unserer Industrie und damit unseres Wohlstandes und mit erheblichen Folgekosten herunterzufahren, wird umso unverständlicher, wenn man liest, was gerade eine US-amerikanische Regierungsbehörde, die U.S. Energy Information Administration (eia) veröffentlicht hat.

Sie hat eine Projektion der globalen CO2-Emissionen bis 2050 vorgenommen und resümiert: „Wir prognostizieren, dass die globalen energiebezogenen CO2-Emissionen aus dem Verbrauch von Kohle, flüssigen Brennstoffen und Erdgas in den nächsten 30 Jahren in den meisten Fällen, die wir in unserem International Energy Outlook 2023 (IEO2023) analysiert haben, zunehmen werden.“  

Die Welt wird also, so sagt es uns eine Behörde der demokratischen Biden-Regierung (!), unvermindert CO2 emittieren. Doch unsere Regierung setzt unbeirrbar weiter, koste es, was es wolle, auf CO2-Minderung durch erneuerbare Energien auf null CO2, auch wenn es unbezahlbar wird und weltweit der CO2-Ausstoss nicht zurückgeht.

Diese Minderung wäre zwar auch durch Kernkraft oder CO2-Abscheidung zu erreichen, aber Deutschland will 100 Prozent erneuerbare Energien und wirft deshalb Milliarden schlicht aus dem Fenster hinaus! Während unsere Infrastruktur langsam, aber sicher den Bach runtergeht …

Das eigentliche „Ausrufezeichen“ für 2024: Der deutsche Irrweg ist gepflastert mit enormen Wohlstandsverlusten – die noch sogar damit gerechtfertigt werden, dass wir mit gutem Beispiel vorangehen müssten. Aber das bedeutet nicht nur eine grandiose Selbstüberschätzung – sondern auch die Selbstaufgabe Deutschlands. 

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2 Kommentare. Leave new

  • Andreas Huber
    14. Februar 2024 18:40

    Spannender Beitrag mit interessanten Informationen, dankeschön!
    Eine Bitte: die Grafiken sind zwar erklärt, aber dennoch schlecht lesbar. Könnten diese höher aufgelöst oder ggfls. verlinkt werden?

    Antworten
  • Gertrud Aumann
    17. Februar 2024 10:04

    Sehr interessant diese genauen Details zu erfahren! Es waere auch interessant zu hoeren, wie Herr Habeck aus dieser Misere heraus kommen will, die er uns da beschert hat!!!

    Antworten

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