Das Elend mit der Partnersuche

Unlängst las ich einen Artikel – leider ist mir nicht mehr erinnerlich, wo –, in dem beschrieben wird, dass eine junge US-amerikanische Dame potenziellen Datingpartnern einen Katalog mit 16 Minimalforderungen zukommen ließ, der positiv auszufüllen war, bevor sie überhaupt in ein erstes Treffen einwilligen würde. Die Forderungen lauteten unter anderem: mindestens 300.000 Dollar Jahresgehalt, attraktives Aussehen, Größe über 1,80, die Bereitschaft, Haushaltshilfen zu finanzieren, Nichtraucher, im Kern nett sein und keine Ansprüche stellen – und dergleichen mehr. Kurz: pflegeleicht und stubenrein sollte er sein! 

Für die Suche nach einem Haustier könnte so ein ähnlicher Katalog durchaus nützlich sein, aber im Zusammenhang mit Dating? Welche Qualitäten sie selbst einzubringen hatte, davon war nicht die Rede.

Nun ist offensichtlich klar, dass die Erwartungen der jungen Dame den Kreis möglicher Bewerber massiv einschränken dürften. Lustigerweise gibt es eine Internetseite, die die Zahl potenzieller Männer abhängig von den Auswahlkriterien auf die Stelle hinterm Komma berechnet. Angewendet auf den beschriebenen Fall kam heraus, dass knapp über 30.000 amerikanische Männer diesen Standards entsprechen dürften – natürlich ohne mit einzuberechnen, ob die potenziellen Kandidaten eventuell schon verheiratet oder in festen Händen sind oder aus sonstigen Gründen ausscheiden würden. Ich würde sagen: „Houston, wir haben ein Problem.“ Die Suche unserer Heldin scheint nicht unbedingt zum Erfolg verdammt – aber auch nicht ganz unmöglich.

Vor Jahren las ich einmal einen Text, mit dem ein amerikanischer Manager auf einem Blog die Frage einer jungen Frau kommentierte. Diese beklagte sich darüber, dass sie – ihrer Ansicht nach sehr attraktiv und durchaus von höherer Bildung – keinen adäquaten festen Partner finden könne. Der Geschäftsmann entgegnete, dass Schönheit ja ein vergängliches Gut sei und er grundsätzlich vergängliche Güter eher lease als kaufe. Über diese Äußerung, die ja implizit klar Beziehungen als Ware behandelt, kann man empört sein – wobei sich die Dame durchaus auch selbst als Ware sieht, dummerweise aber als eine, die keiner kauft.

Die Mating-Chose

Ich will hier moralinfrei argumentieren: Das alles sind Folgen unseres Selbstoptimierungswahns, vor dessen logischen Konsequenzen man gern zurückschreckt. Auch das heute teilweise propagierte Modell der „Tradwives“ setzt ja den „Tradman“ voraus, der das Geld heranschafft, damit der Thermomix seine Arbeit tun kann.

Die ganze Mating-Chose scheint überhaupt im Argen zu liegen. Blättert man durch die Seiten von Spiegel, Focus, FAZ, Bild, dann fällt doch auf, dass die eigentlichen Nachrichten spärlicher werden und zunehmend durch Diätratgeber, Kochrezepte, Sex-Meinungsvorschläge und die Predigten von Beziehungsexperten abgelöst werden. Wo viel Rauch ist, da ist auch viel Feuer. Ratschläge sind auch Schläge – zweifellos.

Natürlich hat das auch soziologische Gründe. Herausgearbeitet hat das schon die israelische Wissenschaftlerin Eva Illouz. Früher, also in Zeiten der Knappheit und des beschränkten Angebots möglicher Partner, musste man rascher zugreifen. Oder der Partner wurde ohnehin von der Familie nach wirtschaftlichen oder politischen Interessen ausgesucht. Liebe war eher ein Nebenprodukt – nicht auszuschließen, aber auch nicht im Kern vorauszusetzen. Auch die romantische Liebe ist eigentlich ein Produkt der Romantik und gerade mal etwas mehr als 200 Jahre alt – wenn man von Sonderformen wie dem Minnesang absieht, die aber keineswegs etwas mit der bürgerlichen Ehe zu tun hatten.

Heute ist über das Internet das Knüpfen zahlloser Kontakte möglich geworden. Die Auswahl wird wichtiger als das, was man auswählt. Eine Entscheidung inmitten dieses Überangebotes wird nunmehr nach Regeln der Effizienz und nicht so sehr nach Regeln der Höflichkeit oder aufgrund von Intuition (Face-to-Face-Kommunikation) getroffen. Auch ein Trennungspathos wird unüblich. Wenn man mit einer entsprechenden Selbstbeschreibung an diesem Verfahren teilnimmt, unterwirft man sich einer radikalen Konsumhaltung und einer Objektivierung des Selbst. 

Dazu kommt noch einiges mehr an Problemen:

  • Wahlfreiheit und Vergleichbarkeit: Die moderne Liebe basiert auf der Idee, dass man ständig wählen kann – und vielleicht eine „bessere“ Option finden könnte. Das führt zu Bindungsangst, Unsicherheit und ständiger Selbstoptimierung.
  • Ambivalente Männerrollen: Männer in der heutigen Zeit sind einerseits emotional geöffnet, andererseits sozial nach wie vor darauf trainiert, sich nicht zu stark zu binden. Dies führt zu asymmetrischen Beziehungen, in denen Frauen oft emotional mehr investieren und verletzlicher sind.
  • Kommunikationsformen der Gegenwart: Die digitale Kommunikation (z.B. über WhatsApp, Dating-Apps) fördert Unverbindlichkeit. Ghosting, Swipen, Warten auf Nachrichten – all das führt zu chronischer Unsicherheit und Angst, nicht genug zu sein.

Mit der Einschränkung, dass der Großteil der Kandidatinnen in jüngeren Jahren einen eher geringen attraktiven Anteil der verfügbaren Männer überhaupt in Erwägung zieht (was natürlich später auch umgekehrt gilt), dreht sich das Ganze ab einem gewissen Alter um. Reproduktionsbereite Frauen, oft unter Zeitdruck, treffen auf einen kleinen Teil noch verfügbarer, verantwortungsbereiter Männer, mit denen eine Familiengründung möglich scheint.

Resultat der Liebe im Westen: Massiver Rückgang der Geburtenraten – am allermeisten in Gesellschaften wie Japan und Südkorea, in denen die Frauen teils emanzipiert, aber gleichzeitig von restriktiven Rollenerwartungen bedroht sind.

„Entitlement“ – Anspruchsdenken

Die bisherigen Überlegungen zu den Erwartungen an den idealen Mann verlangen im Kern noch nach einer Ergänzung. Nur mit Ironie ist dem Thema nicht beizukommen, und junge Frauen sehen sich heute tatsächlich zu einem größeren Teil sozial begründeten Schwierigkeiten ausgesetzt, die nicht einfach wegzudiskutieren sind.

Ich spreche hier eher von dem bundesweit fast 50 Prozent betragenden Anteil an der Bevölkerung, der die Schule mit einem Sekundarabschluss verlässt. Ob diese 50 Prozent im engeren Sinne – und das gilt geschlechtsübergreifend – wirklich studierfähig sind, darf bezweifelt werden. Die kritischen Stimmen aus dem universitären Bereich sind Legion. 

Doch: Sehr häufig sind junge Leute im Alter von etwa 16 Jahren mit einer Berufswahl noch völlig überfordert. Was bleibt dann, als weiter zur Schule zu gehen und auf eine Erleuchtung zu warten? Und wenn man dann schon einen – wie auch immer qualifizierten – Abschluss hat, warum dann nicht studieren? Es muss ja nicht immer Physik oder Medizin sein; es gibt auch eine breite Palette von Geisteswissenschaften – böse Zungen nennen sie „Geschwätzwissenschaften“ –, die sich da als Lösung anbieten.

Im besten Fall landet man dann im Beamtenstatus, als Lehrerin oder Ähnliches, und ist existenziell abgesichert. Wichtig auch: Man kann durchaus Kinder bekommen – der Arbeitsplatz ist garantiert. Für viele sieht das aber anders aus. Nach einer Findungsphase mit häufig angetretener Neuseeland-Rundreise und dergleichen wird studiert, oft länger als geplant. Lustig ist das Studentenleben, und so jung trifft man sich nie wieder.

Dann folgen Praktika, bis endlich – womöglich nach einer Anpassungsschulung durch das Amt – eine passende Stelle gefunden ist. Die gibt man auch nicht sofort wieder auf, jetzt, wo endlich etwas Geld fließt. Für einen späteren Aufstieg ist auch Berufserfahrung unabdingbar, und flugs ist man Mitte dreißig. Partnerschaften wurden schon öfter gewechselt, nicht immer ganz schmerzfrei – obwohl das ungern zugegeben wird. Man hat ja gelernt, über allem zu stehen, und es gibt Literatur in Hülle und Fülle sowie professionelle Hilfe bei der Bewältigung von Traumata.

Durchtherapiert und finanziell erfolgreich steht man nun da und erwägt die Gründung einer Familie – natürlich ohne ökonomische Einschränkungen akzeptieren zu wollen. Hier greift nun das finale Gefühl des „Entitlement“: Man hat so viel in die eigene Karriere und Selbstentwicklung investiert – das muss sich doch auch gelohnt haben! Austherapiert und auf dem Höhepunkt der Selbstverwirklichung steht man da und wartet nun auf den berühmten „weißen Ritter“, der einen für alles kompensiert.

Leider sind die „weißen Ritter“ dann aber nur spärlich oder gar nicht vorhanden – oder bereits unter Dach und Fach. Und mit den soften Schluffis, die sich von Nebenjob zu Bürgergeld hangeln, will man nichts zu tun haben.

So vergeht die Zeit, und die Vierzig werden überschritten. Damit ist man in der Regel aus dem Reproduktionskarussell ausgestiegen. Das heißt nicht, dass das Leben nicht lustig weitergehen kann – keineswegs! Aber der U-Turn ins bürgerliche Familienleben dürfte nicht mehr gelingen.

Was bleibt, sind für die Entschlossenen alternative Familienmodelle – vor allem in den Zentren des Progressivismus wie Berlin oder Köln. Coparenting usw. sind oft elegante Umschreibungen für „Single Moms“.

Das mag etwas düster gezeichnet sein, aber das Problem ist klar: Weder kann man einem Mädchen heutzutage eine berufliche Karriere verweigern, noch ist definitiv klar, wann dann der „richtige“ Zeitpunkt für Kinder sein soll.

Zurück in die Zukunft

Meine persönliche Meinung ist folgende: So früh wie möglich! Man dürfte im Studium eher einmal Zeit für eine Unterbrechung haben – und wenn dieses länger dauert, dann dauert’s halt länger. Außerdem wäre noch der erweiterte Familien- und Freundeskreis in Rechnung zu stellen. Großeltern sind heutzutage oft noch vergleichsweise jung und fit und könnten sich einbringen. Auch Geschwister, Onkel und Tanten sollten eine Rolle spielen. Ein Kind trägt eher zur Stabilisierung einer Beziehung bei. Frühe Promiskuität – nennen wir es mal so – verstärkt nicht unbedingt die Bindungsenergie, die für eine Familie notwendig wäre.

Der Staat – wenn er denn will – könnte das Seine tun und junge Familien unterstützen. Vorbildlich ist hier, wie man hört, ausgerechnet das Reich des Bösen im Osten.

Ansonsten gehen wir doch den Weg des Verschwindens unserer Ethnie. Für manche mag das erstrebenswert sein. Dafür sind aber auch die Folgekosten erheblich – im Bildungssektor und in der Wirtschaft. Und wenn eine Frau nach Kinderphase und Ausbildung erst mit 35 richtig mit ihrer Karriere anfängt, hat sie immer noch 32 Jahre vor sich – Tendenz steigend, wenn die Reproduktion weiter einbricht. Das wäre nun ein Plädoyer für das Aufwachsen von Kindern in größeren sozialen oder familiären Verbänden. Die Funktionslosigkeit der verrenteten oder pensionierten Bevölkerung wäre auch mit bearbeitet.

Das Zurückdrehen der Emanzipation – das implizit in der häufigen sozialen Deklassierung der Single-Mom-Familien passiert – ist auf keinen Fall eine Lösung oder erstrebenswert. Leihmutterschaft und Schwangerschaften im hohen Alter aber auch nicht wirklich.

Es scheint mir, als gäbe es einen gewissen Trend zurück zu traditionelleren Lebensformen. Dazu gehören auch Kinder als integraler Teil des Lebens. Machbar wäre das gesellschaftlich – wenn es denn gewollt wird. Aber vielleicht ist es einfacher, die Fachkräfte zu importieren, als sie aufzuziehen. Wenn sie denn dann das tun, was sie sollen – was bezweifelt werden darf.

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2 Kommentare. Leave new

  • W Herzog
    5. Mai 2025 8:55

    Eine sehr treffende Analyse. Bravo 👏

    Antworten
  • S. Wietzke
    5. Mai 2025 13:26

    Und wo soll da jetzt ein Problem sein? Die „hochkomplexen“ Gesellschaften der Moderne (gilt ja nicht nur für den „Westen“) sind evolutionsbiologisch schlicht nicht überlebensfähig und werden bis Ende dieses Jahrhunderts weitgehend aussterben. Den Platz den sie räumen werden automatisch tribale, also evolutionsbiologisch überlebensfähige, Gesellschaften einnehmen. Das ist ja das schöne an der Evolution: Alle wesentlichen Probleme regeln sich immer und überall komplett von alleine.
    Und entgegen eines weit verbreiteten Irrtums laufen evolutionäre Prozesse häufig mit einer hohen Geschwindigkeit ab. In diesem Fall liegt der Beginn der Entwicklung am Ende des 18. Jahrhunderts und wird nach gerade einmal drei bis fünf Lebensspannen abgeschlossen sein. Und alles läuft wieder „normal“, also wie in den letzten 200T bis 1 Million Jahren auch. Die modischen Variationen kann man dabei ignorieren.

    Anmerkung 1:
    „Das Zurückdrehen der Emanzipation ist auf keinen Fall eine Lösung oder erstrebenswert.“
    Also mal abgesehen davon das ich nicht weiß was dieses Wieselwort „Emanzipation“ (außer das millionste Synonym für Machtkampf und Herrschaftsbegründung) eigentlich bedeuten soll wird genau das passieren (siehe oben). Und natürlich ist das erstrebenswert. Und zwar einfach weil es passiert, wenn auch in einer anderen modischen Form. Soziale Systeme sind nun mal ebenfalls evolutionäre Systeme. Sie sind weder vorhersagbar, noch planbar, noch steuerbar. Und das ist kein Problem mangelnden Wissens oder fehlender „Methoden“, sondern ihre grundlegende konstituierende Eigenschaft.

    In der Evolution ist immer „richtig“ was „ist“ und „falsch“ was „nicht ist“. Der evolutionäre Pfad ist dabei immer zufällig (wobei gilt, das die möglichen Pfade unendlich in der Anzahl, aber trotzdem nicht beliebig sind).

    Anmerkung 2:
    “ Machbar wäre das gesellschaftlich “
    Viel einfacher. Evolutionsbiologisch überlebensfähige Sozialverbände verstehen den Sinn eines solchen Satzes überhaupt nicht. Besonders peinlich ist dann immer der Hinweis auf die „Rente“. Die Menschheit ist eine Million Jahre ohne Rente und sogar ohne sogenannte „zivilisatorische Errungenschaften“ ausgekommen. Sie wird es auch in Zukunft. Das der ein oder andere dabei mit den Konsequenzen seiner eigenen Lebensentscheidungen konfrontiert wird liegt in der Natur der Sache und ist keines Gedankens wert.

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