Trump unchained

„Atlas Shrugged“ heißt das Hauptwerk der russisch-amerikanischen Autorin Ayn Rand aus den frühen 50er Jahren, bei dessen Lektüre man höchst unangenehm an gegenwärtige Zustände erinnert wird. Es sei hier ausdrücklich empfohlen. Bemerkenswerterweise, so habe ich gehört, hatte das Werk in den USA extrem hohe Auflagen. Hierzulande ist es jedoch kaum bekannt und sündhaft teuer. Man will wohl die tumben Europäer vor einigen unangenehmen Einsichten schützen.

Der entfesselte Trump und sein Zauberlehrling Elon Musk fegen derweil durchs amerikanische System und wirbeln so einiges auf – momentan USAID, eine als Entwicklungshilfeorganisation gedachte Institution, die in Wirklichkeit aber der Medienmanipulation und dem fröhlichen Regime-Change verpflichtet ist. Hand in Hand vermutlich mit der CIA und ähnlichen Organisationen.

Dabei geht Musk nicht mit der Kettensäge vor, sondern eher mit dem Caterpillar – und dessen Absätze scheinen mittelfristig durch Trumps Zollpolitik bedroht. Diese findet nun auch beim an sich trumpfreundlichen Kommentariat in den USA nicht nur Zustimmung: Während Trump der Meinung zu sein scheint, die berühmten Tariffs würden dem Durchschnittsamerikaner das Leben leichter machen, wird das Gegenteil insinuiert: Zölle seien eine Art Steuer, die letztendlich auf den Konsumenten abgewälzt werde. Jeder weiß, dass die Regale eines durchschnittlichen Walmart zu einem hohen Prozentsatz mit chinesischer Ware gefüllt sind. Kommt da ein Zoll als Sahnehäubchen auf den ohnehin inflationär aufgeblähten Preis, dann schmerzt das am meisten Trumps Wählerschichten. Und die Autos aus Mexiko würden auch nicht billiger – dasselbe gilt für kanadisches Öl.

Wohlgemerkt: Wenige wissen, dass Kanada der Hauptlieferant von Öl in die USA ist – nicht die Saudis, wie man annehmen würde. Interessanterweise wurden die Zölle gegen Mexiko und Kanada ja recht schnell wieder pausiert – sicher auch, weil eine Preiserhöhung im Supermarkt der Begeisterung für MAGA keinen Vorschub leisten dürfte.

Und China scheint relativ immun gegen Zölle zu sein. Elektrofahrzeuge werden ohnehin kaum in die USA verkauft bei gegenwärtig 110 Prozent Aufschlag; zudem schaden die angedrohten Gegenzölle massiv der amerikanischen Landwirtschaft, die bisher stark nach China exportierte. Dazu kommen jetzt noch die unkalkulierbaren Folgen der chinesischen Exportbeschränkungen auf seltene Erden und strategische Metalle, bei denen China fast ein Monopol hat. Ob das der Reindustrialisierung der Vereinigten Staaten dient, sei dahingestellt.

Im Netz kursieren geradezu lustige Videos, die Einkäufe in amerikanischen Supermärkten zum Thema haben: Geradezu irrwitzig für einen Europäer sind die extrem hohen Preise. Auch gelegentliche Nachrichten über exorbitant hohe Löhne in den Staaten lassen aufhorchen. Zieht man daraus ein Fazit, so liegt nahe, dass der Dollar extrem überbewertet ist. Experten schätzen seinen wahren Tauschwert auf eher 50 Cent – nicht mehr.

Das heißt wiederum, dass die Produktion in den USA extrem teuer ist. In die Staaten übersiedelnde Firmen könnten zwar innerhalb der USA zollfrei verkaufen, aber kaum exportieren: Gegenzölle, hohe Kosten sowie Defizite bei der Infrastruktur würden das in Frage stellen.

Eigentlich müsste der Dollar massiv abwerten, um konkurrenzfähig zu sein. Das aber widerspricht den Interessen der Wall- Street und ihrer Exponenten, die in Trumps Team wohl das Sagen haben. Schwierig, schwierig – das alles!

Was bleibt, ist das Modell des Raubzugs: Grönland, Kanada, Panama, Gaza – derartige Themen wirbeln heftig Staub auf und sind geeignet, den klaren Blick auf die wirklichen Probleme zu verhindern. Populär bei vielen Amerikanern dürfte die Wildwest-Manier auf jeden Fall sein.

Und als Sahnehäubchen auf der Problemtorte: Die USA müssen demnächst ein Viertel ihrer Schulden ablösen oder „überrollen“, wie man so schön sagt. Das sind fast schlappe 10 Billionen. Dazu brauchen sie niedrige Zinsen und Investoren, die das Zeug kaufen. Beides ist nicht wirklich in Sicht. Kreditbedarf erhöht die Zinsen, und das Einfrieren des russischen Kapitals war für die eigene Verschuldung keine vertrauensbildende Maßnahme. Trump scheint „between a rock and a hard place“ festzustecken. Und: Gold geht durch die Decke! Warum wohl?

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2 Kommentare. Leave new

  • Wer die Industrie – und damit die guten Arbeitsplätze für Nicht-Akademiker – zurückholen will, muss erst einmal Zölle erhöhen.

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  • Eine sehr gut lesbare und aktuelle Übersetzung ist als „Der freie Mensch“ 2021 erschienen. Das hochwertig produzierte Hardcover (vermutlich meint der Autor auch dieses) ist mit 60 Euro tatsächlich eher teuer, es gibt aber auch eine erschwingliche 9,99 Euro Variante als e-Book. Seltsamerweise nicht auf der Seite des Verlages verlinkt, aber z.B. bei Thalia problemlos zu finden.

    Auf jeden Fall ein sehr empfehlenswertes Buch, mit vielen gespenstischen Ähnlichkeiten zu unserer Zeit.

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