Wachstum und Klimaschutz gleichzeitig?

Eine Studie, die im Auftrag der Parteistiftung der CDU, der Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) herausgegeben worden ist, hält die Entkopplung von Wirtschaftswachstum und CO2-Emissionen für möglich. Nun sagte Goethe schon „Wer Großes will muß sich zusammenraffen; In der Beschränkung zeigt sich erst der Meister“. Die gestellte Aufgabe, Wachstum und Klimaschutz zu vereinen, war so groß, dass es den Autoren nicht gelungen ist, sich wirklich zusammenzuraffen, denn herausgekommen ist ein Schriftstück von 109 Seiten und immerhin auch noch 210 Quellenangaben. Ob nun Beschränkung gelungen ist, wie von Goethe empfohlen, oder doch eher Beschränktheit deutlich geworden ist, das müssen die Leser der Studie beurteilen.

Ich beschränke mich bei der kritischen Durchsicht der Studie hier auf wesentliche Aussagen – mehr lohnt auch nicht, denn der überwiegende Eindruck zeigt, die Studie wurde in der Weihnachtszeit verfasst, und da ist es ein beliebter Brauch, eine Wunschliste für kommende Gaben aufzustellen, die, wie das bei Kindern auch oft ist, mit der Realität der Möglichkeiten wenig zu tun haben. 

Der Titel der Studie stellt bereits einen frommen Wunsch dar, denn in der jetzigen Situation erleben wir ja gerade das Gegenteil von Wachstum, verursacht durch Bemühungen, die den Schutz des Klimas im Sinn haben oder das zumindest vorgeben. In der Studie ergibt sich allerdings der Eindruck, dass den Autoren der sogenannte „Klimaschutz“ wichtiger ist und dafür wenn notwendig auch Wachstum geopfert werden muss.

Welches Ziel denn?

Unter „Klimaschutz“ verstehen die Autoren wie das im Moment auch die landläufige Meinung ist, dass man in der Wirtschafts- und Energiepolitik die Verwertung von fossilen Rohstoffen einschränken oder ganz auf null reduzieren soll. Die Frage, ob das überhaupt einen Sinn macht, wird in der Studie nicht gestellt. Die sogenannten „Klimaziele“ werden wie ein Mantra vor sich hergetragen, als wären sie göttlichen Ursprungs und nicht eine rein politische Entscheidung, die jeden Tag geändert werden kann. 

Die drei Autoren sind doch mal zur Schule gegangen, und zum üblichen Lernstoff der Mitttelstufe gehört die Photosynthese, dabei wird mit Hilfe des Sonnenlichts das CO2 der Atmosphäre in die Grundstoffe von Pflanzen verwandelt, und dieser Prozess ist die Voraussetzung für das Leben von Tieren und Menschen auf dieser Erde. Dann muss man doch mindestens die Frage stellen, wie viel CO2 brauchen wir mindestens, um das Leben auf der Erde gerade noch zu erhalten. Man schätzt, dass dieser Mindestwert bei 150 ppm (also 0,015 Prozent) liegt, den ganz genauen Wert kennt man nicht, da unserer Erde diese Art von Selbstmord bisher erspart geblieben ist, aber am Ende der sog. „kleinen Eiszeit“ waren wir mit 270 ppm von diesem Wert nicht sehr weit weg, während in früheren erdgeschichtlichen Zeiten die Konzentration von CO2 sehr viel höher war als heute, was Flora und Fauna der damaligen Zeit gut getan hat. Nun haben wir heute einen bescheidenen Anstieg der Konzentration von CO2 auf etwa 420 ppm, und dieser Anstieg hat zu einem Ergrünen der Erde geführt, Wüstengebiete sind spürbar zurückgedrängt, was durch Beobachtung über Satelliten gut dokumentiert ist. Und wenn ein höherer Anteil von CO2 das Pflanzenwachstum und auch die Welternährung fördert, dann muss man doch fragen, haben wir eine optimale Konzentration schon erreicht oder sollte sie doch noch höher sein? Diese so notwendige Frage wird in der Studie überhaupt nicht angesprochen.

Die Studie versteigt sich weiter zu der Aussage: „Klimawandel zählt zu den bedeutendsten Herausforderungen des 21. Jahrhunderts.“ Das ist nun wirklich Unsinn. Klimawandel ist der Normalzustand auf unserer Erde, Zeiten ohne Klimawandel hat es nie gegeben (und diese kann man auch nicht fordern). Durch den Fortschritt in Technologie und Wissenschaft waren die Chancen, den Herausforderungen des Klimawandels erfolgreich zu begegnen noch nie so gut wie heute.

Wachstum wodurch?

Zu dem anderen Punkt der Studie, dem Wachstum, oder zumindest dem Erhalt unserer Wirtschaft auf hohem Niveau: Die Entwicklung, die wir gerade erleben, ist ja eine andere, seit einigen Jahren wandern wichtige Teile der Industrie und des Mittelstandes aus Deutschland ab. Der entscheidende Grund dafür ist der ständig steigende Preis für Energie. Dadurch sind Teile der Industrie immer weniger wettbewerbsfähig, wir erleben also eine Deindustrialisierung mit der Folge von Einschnitten im Wohlstand der Bevölkerung und am Ende der Gefahr sozialer Unruhen. Diese Entwicklung ist eine Folge der deutschen Energiepolitik, beginnend mit dem EEG (Erneuerbaren-Energie-Gesetz) im Jahre 2000 und in der Folge dem Atom-Ausstieg und dem Kohleausstieg, beschlossen in der Kanzlerschaft von Angela Merkel. Diese Maßnahmen werden begründet mit der Forderung nach dem Klimaschutz. Wenn es also gelingt, wie es diese Studie darstellt, Wachstum und Klimaschutz zu vereinen, und es eben nicht so ist, wie wir das gerade erleben, dass das eine das andere ausschließt, so wäre das der Königsweg.

„Eine wirksame Klimapolitik gelingt mithilfe geeigneter Rahmenbedingungen, insbesondere einer konsequenten CO2-Bepreisung“, steht in der Studie. Die „konsequente CO2-Bepreisung“ bedeutet jedoch eine Erhöhung der Steuern auf Energie, zumindest soweit diese auf fossiler Basis hergestellt wird. Damit wird Energie deutlich teurer, denn wenn es die Möglichkeit gäbe, Energie zum gleichen Preis auch ohne CO2 bereitzustellen, dann würde das von ganz alleine im Markt und ohne Verteuerung geschehen. 

Nun gibt es diese CO2-freie Energie tatsächlich, das ist die Kernenergie, und in der Studie äußert man sich dazu an einigen Stellen.

„Für Deutschland bedeutet der Ausstieg aus der Atomkraft und der Kohleverstromung, dass eine möglichst kostengünstige Stromversorgung auf der Basis von erneuerbaren Energien, (langfristig mit Wasserstoff betriebenen) Gaskraftwerken, Speichern und Flexibilitäten erreicht werden muss.“ 

Also, eine „möglichst kostengünstige Stromversorgung auf der Basis von erneuerbaren Energien“ muss (!) erreicht werden, aber wie das tatsächlich erreicht werden kann, dazu fehlt in der Studie jeder konkrete Hinweis. Tatsächlich ist es ja bis jetzt so, dass die „ Stromversorgung auf der Basis von erneuerbaren Energien“ den Preis für Energie massiv erhöht hat, und da die grünen Parteien (einschließlich CDU) eine Änderung der Strategie nicht erkennen lassen, ist eine weitere Verteuerung und damit die Fortsetzung der Deindustrialisierung zu erwarten.

An anderer Stelle der Studie heißt es: „Einige (Länder) setzen weiter auf die Atomkraft, andere lehnen diese ab und sind damit in großem Umfang auf wasserstofffähige Gaskraftwerke und Batteriespeicher angewiesen.“ 

Zu den „anderen“, die diese (die Atomkraft) ablehnen, gehört Deutschland, und wenn man wirklich „Klimaschutz“ erreichen will, dann wäre Deutschland „in großem Umfang auf wasserstofffähige Gaskraftwerke und Batteriespeicher angewiesen“. Nun gibt es in Deutschland auch nach über 20 Jahren einer üppigen Subventionierung der EE-Anlagen weder wasserstofffähige Gaskraftwerke noch Batteriespeicher in nennenswertem Umfang, und wie die dazu notwendigen immensen Kosten aufgebracht werden sollen wird nicht verraten. Dass man so auch noch Wirtschaftswachstum erreichen kann statt weiteren Niedergangs, das kann man nicht ernsthaft erhoffen.

Die Kapitulation

Wie soll es denn nun wirklich gehen ? Dazu die Studie: „Der Schlüssel für die Verbindung von Wachstum und Klimaschutz sind Innovationen und der technologische Fortschritt.“ 

Das nun hat wieder den Charakter eines Wunschzettels zur Weihnachtszeit. Welche Innovationen (Erfindungen) sollen das denn sein, die plötzlich vom Himmel fallen, pünktlich zum nächsten Wahlkampf ? Erfindungen, die das Weltbild der Physik revolutionieren, kommen nicht im Stundentakt und nicht auf Bestellung. Das ist also das Eingeständnis, dass die Energiewende mit der heute vorhandenen Technik nicht zum Erfolg gebracht werden kann. 

Weiter fordert die Studie: „Begrenzte staatliche Förderung zur Sicherstellung einer bezahlbaren Energieversorgung sowie der Versorgungssicherheit“. 

Wenn die wichtigen politischen Entscheidungen, also der Atom-Ausstieg und der Kohle-Ausstieg dazu geführt haben, dass das elektrische System unsicherer geworden ist und die Kosten auf ein Mehrfaches gestiegen sind, dann kann man nicht hoffen, diese Fehler durch Zuschütten mit großen Mengen von Geld auszugleichen. Der Staat hat kein Geld, es sei denn, er nimmt es vorher oder später den Bürgern ab. Eigentlich ist zu fordern, dass man an die Ursachen der Teuerung herangeht. Diese stattdessen durch weitere Subventionen auszugleichen ist hoffnungslos.

Nun kommt in dieser Studie auch das Thema Wasserstoff zur Sprache: „Die Bundesregierung setzt mit ihren Wasserstoffstrategien und weiteren wirtschaftspolitischen Maßnahmen darauf, die energieintensive Produktion zum Teil im Land zu halten.“ 

Das kommt einer Kapitulation gleich, denn die energieintensive Produktion soll nur „zum Teil im Land zu halten“ sein, der andere Teil (welcher Teil?) wird aufgegeben. So kann man aber Wachstum nicht erwarten.

Zum Schluss ist festzustellen, dass die beiden Bereiche, die den Titel der Studie ausmachen, nämlich „Wachstum“ und „Klimaschutz“ sehr unterschiedlich gewichtet werden. 

Die Autoren der Studie ahnen wohl auch selbst, dass die Vereinigung von Wachstum und Klimaschutz doch nicht gelingt. So schreiben sie: „Viele Menschen machen sich zu Recht Sorgen über finanzielle Härten, die die Transformation für sie mit sich bringt.“ 

Damit ist die Studie hier immerhin ehrlich: Die Agenda der Union bedeutet weitere Einschränkungen im Lebensstandard und Herausforderungen des Sozialstaats, und wer sich mit der Studie der Konrad-Adenauer-Stiftung befasst hat, kann am Ende nicht sagen, dass er das nicht gewusst hat. 

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