Warum KI Kernenergie braucht

Die rasante Entwicklung der Künstlichen Intelligenz (KI) verändert unsere Welt in einem nie dagewesenen Tempo. Von selbstfahrenden Autos über medizinische Diagnosen bis hin zu persönlichen Assistenten revolutioniert KI zahlreiche Branchen und hat das Potenzial, unser Leben grundlegend zu verbessern. Kaum eine Branche bleibt von diesen Entwicklungen unberührt, viele Berufsfelder werden absehbar durch KI-Lösungen ersetzt werden. Doch mit dieser stürmischen Entwicklung geht auch ein enormer Energiebedarf einher, der neue Herausforderungen für die Energieversorgung mit sich bringt.

Laut einem Bericht der Internationalen Energieagentur (IEA) wird die globale Stromnachfrage durch Rechenzentren erheblich ansteigen. Betrug diese im Jahr 2022 noch 460 Terawattstunden (TWh), was in etwa dem Gesamtstromverbrauch Deutschlands entspricht, so wird für 2026 bereits ein Verbrauch von 1.000 TWh erwartet. Dies entspricht einer Steigerungsrate von 22 Prozent pro Jahr. Solche Zahlen machen deutlich, dass ausreichende Mengen kontinuierlich verfügbaren Stroms zum Engpassfaktor der KI-Entwicklung werden können. 

Die Tech-Giganten entdecken die Kernkraft

In jüngster Zeit häufen sich die Meldungen, dass die großen Technologieunternehmen erkannt haben, dass die bisherigen Strategien zur Steuerung des Energiebedarfs nicht ausreichen werden, um den steigenden Energiebedarf ihrer Datenzentren zu decken. In den vergangenen Jahren verfolgten die Betreiber großer Anlagen hauptsächlich zwei Stoßrichtungen: Zum einen verbesserten sie stetig das Verhältnis zwischen dem Gesamtenergieverbrauch der Rechenzentren und dem tatsächlichen Verbrauch der IT-Komponenten, die sogenannte Power Usage Effectiveness (PUE), zum anderen sollte der Strombedarf der Rechenzentren zunehmend durch erneuerbare Energien gedeckt werden. So waren gerade die Betreiber von US-Rechenzentren Vorreiter von Direktverträgen, sogenannten PPAs, mit Anbietern erneuerbarer Energien.  

Spätestens mit der stürmischen Entwicklung von Nvidias neuer Generation von GPU-Prozessoren und deren hohem Strombedarf ist jedoch klar geworden, dass beide Strategien nicht mehr ausreichen: Weder kann der zunehmende Strombedarf durch Verbesserungen der PUE kompensiert werden, noch sind erneuerbare Energiequellen trotz ihres globalen Wachstums geeignet, die benötigten Strommengen kontinuierlich 24/7 anzubieten. Darüber hinaus erfordern die hier prognostizierten Wachstumsraten Stromerzeugungssysteme mit hoher Energiedichte, sonst lassen sich insbesondere in dicht besiedelten Gebieten die benötigten Flächen für Windkraft oder Solar nicht mobilisieren. 

All diese Faktoren haben ein Umdenken bei den großen Tech-Giganten bewirkt: Die expansive Entwicklung ihrer Geschäftsmodelle wird nur möglich sein, wenn sie auf die hocheffiziente und zudem auch klimafreundliche Energiequelle Kernkraft zurückgreifen. Insbesondere in den letzten Monaten hat sich hier ein regelrechter Wettlauf entwickelt – ein kurzer Überblick über aktuelle Entwicklungen verdeutlicht dies:

Oracle plant, ein neues Datenzentrum mit einer Leistung von einem GW durch drei kleine modulare Kernreaktoren (SMR) zu betreiben. Diese Reaktoren sollen eine stabile und kontinuierliche Energieversorgung sicherstellen und gleichzeitig den CO2-Ausstoß minimieren. Oracle setzt damit auf die Strategie, aktiv in die Entwicklung dieser neuen Generation von Kernkraftwerken zu investieren. 

Microsoft geht einen anderen Weg: Das Unternehmen hat mit der Ankündigung für Aufsehen gesorgt, das im Jahr 2019 stillgelegte Kernkraftwerk Three Mile Island wieder zu reaktivieren, um seine Datenzentren mit dekarbonisierter Energie zu versorgen. Die Inbetriebnahme ist für das Jahr 2028 vorgesehen. Gegenüber dem Betreiber Constellation verpflichtete sich Microsoft, mindestens zwei Jahrzehnte (!) lang die produzierte Leistung von 838 MW durchgehend abzunehmen. Dies zeigt, wie wichtig die durchgehende Verfügbarkeit ist und der Schritt hat gegenüber der Strategie von Oracle den Vorteil, dass man nicht durch evtl. Verzögerungen bei der Entwicklung von SMR zurückgeworfen würde. Jedoch stellt sich für Microsoft die Frage, wie sie zukünftige Entwicklungen in den 2030er Jahren mit Strom unterlegen wollen – hier sind wohl noch weitere Ankündigungen zu erwarten. 

Google plant analog Oracle den Einsatz von SMR für seine geplanten GW-Datenzentren. Hierzu hat Google eine Partnerschaft mit Kairos Power geschlossen, um die Entwicklung von SMR zu beschleunigen. 

Amazon Web Services (AWS) plant, auf einer 65 Hektar großen Fläche in Pennsylvania 15 Rechenzentren zu errichten. Dieser Standort befindet sich in nächster Nähe zum Kernkraftwerk Susquehanna, welches bereits ein dort bestehendes Datenzentrum mit Strom versorgt. Um den wachsenden Strombedarf der Zukunft zu decken, kündigte Amazon in einer Pressemitteilungvom 16. Oktober an, analog zur Strategie von Oracle und Google in die Entwicklung von SMR zu investieren. Hierzu schloss das Unternehmen drei Abkommen mit Energy Northwest, X-Energy und Dominion Energy ab. 

Green Energy Partner (GEP), ein Betreiber von Rechenzentren in den USA, plant, 30 neue Datenzentren in Virginia in der Nähe des Kernkraftwerks Surry aufzubauen. Parallel sollen an diesem Standort ebenfalls neue SMRs gebaut werden. 

Meta: Einen Rückschlag musste Presseberichten zufolge dagegen Mark Zuckerberg hinnehmen. Sein Meta-Konzern plante ebenfalls die Errichtung eines neuen Rechenzentrums in Kooperation mit einem Kernkraftbetreiber, aber das Projekt wurde offenbar dadurch eingebremst, dass auf dem Areal eine seltene Bienenart heimisch ist. 

Mit dieser Strategie können die Techgiganten auf die breite Unterstützung der Politik – sowohl aus dem demokratischen wie auch aus dem republikanischen Lager – fest rechnen. So verkündete der scheidende Präsident Biden vor wenigen Tagen, dass die USA eine „neue Ära der Kernenergienutzung“ einleiten und dominieren möchten. Bis 2050 sollen 200 GW neue Leistung gebaut werden, dies entspricht 150 – 200 Kernkraftwerken herkömmlicher Bauart. Die neue Administration unter Trump unterstützt diese Pläne voll und ganz.  

Deutschland droht den Anschluss zu verlieren

Die vorstehenden Beispiele zeigen, dass der Ausbau der Kernenergie unverzichtbar ist, um den steigenden Energiebedarf der KI-Technologie zu decken. Während die großen Technologieunternehmen nun in großem Stil investieren, stehen Länder wie Deutschland an der Seitenlinie und kämpfen mit den Problemen der Energiewende, die selbst für die bestehenden Strombedarfe abseits der KI die benötigten Strommengen weder preiswert noch versorgungssicher liefern kann, wie der aktuelle Bericht des Bundesrechnungshofs gezeigt hat. 

Die Entwicklung in den USA zeigt auch deutlich auf, wie faktenfremd hier in Deutschland argumentiert wurde. Neue Kernkraftprojekte seien zu teuer, nicht mehr realisierbar und fänden daher keine privaten Investoren, wurde stets gebetsmühlenhaft wiederholt – ausgerechnet in dem Land, wo selbst mit gigantischen Subventionen die Energiewende keine Erfolge zeigt, sondern das Land nachhaltig in Rezession und Deindustrialisierung sendet. 

Die stürmische Entwicklung der KI ist ein weiteres Beispiel dafür, dass Deutschland seine Stromversorgungsstrategie dringend ändern muss, um nicht auf lange Zeit ins Hintertreffen zu geraten. Es ist an der Zeit, die Möglichkeiten der Kernenergie neu zu bewerten und innovative Wege zu finden, um die Herausforderungen der Zukunft zu meistern. 

Und eines sei auch betont: Die Fokussierung auf Kernenergie bedeutet nicht, dass Google & Co. auf erneuerbare Energien gänzlich verzichten werden. Wo diese klimatisch begünstigt sind, wie beispielsweise die Solarenergie in den südlichen US-Bundesstaaten, werden die Tech-Unternehmen auch weiterhin PPA-Verträge als ergänzende Absicherung ihres hohen Stromverbrauchs nutzen. Wo ökonomische Vernunft waltet, nutzt man ein Portfolio von Erzeugungsformen. Deutschland ist mit seiner 100-Prozent-EE-Strategie vom Weg der Vernunft weit abgekommen und bezahlt dafür einen hohen Preis. 

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