Was ist Faschismus?

Es gibt kaum einen Begriff, der im politischen Diskurs so häufig als verbale Pistole und Bannspruch benutzt wird wie der Begriff des Faschismus. Alles, was derzeit unserer linken Meinungsmacht widerstrebt, wird automatisch als „Faschismus“ oder „faschistoid“ gebrandmarkt – so ist Donald Trump selbstverständlich ein Faschist, Javier Milei logischerweise auch, Elon Musk sowieso und neuerdings auch Dackel, wie uns die Süddeutsche Zeitung lehrt. 

Was bei einer solch inflationären Verwendung eines Worts unweigerlich passiert, ist, dass es zunehmend an klarer Bedeutung verliert und seinen eigentlichen Gegenstand immer ungenauer und unschärfer beschreibt. Auf lange Sicht wird der Begriff für eine produktive Diskussion nutzlos und taugt nur noch als Mittel zur Polemik. 

Im Anbetracht der Schwere dieses Begriffs und was er repräsentiert, wäre dies aber geradezu verantwortungslos. Dieser Artikel möchte daher versuchen, den Begriff wieder „einzupegeln“, so dass wieder klar wird, was „Faschismus“ überhaupt bezeichnet. 

Nun ist es so, dass um die Definition von Faschismus seit jeher gestritten wird, mit Literatur und Theorien zum Thema könnte man eine große Bibliothek füllen und hätte massenhaft Stoff zum Auswerten und Diskutieren. So ist auch dieser Text nur der Versuch einer Annäherung an ein sehr komplexes Thema und soll daher vor allem als Denkanstoß dienen. 

Falsche Spuren

Das Problem, das sich beim Erforschen des Faschismus stellt, ist dass seine Auslegung seit Jahrzehnten von der Linken vereinnahmt wird. Folgt man deren Ansätzen von der Frankfurter Schule abwärts, ergibt sich das Bild vom Faschismus als rechtskonservativer Autoritarismus, als ein Phänomen des „Spätkapitalismus“, welcher auf die Errichtung eines streng hierarchischen, homogenen Obrigkeitsstaats abzielt, Rassismus inklusive. Dabei ist „Faschismus“ letztlich auch nur Synonym für den Nationalsozialismus. 

Der Knackpunkt: Faschismus ist per se „Rechts“, vor allem rechtsextrem oder rechtsradikal, weswegen ein „Rechter“ eigentlich unter Faschismusverdacht stehen müsste. Diese Sichtweise hält aber einer näheren Betrachtung nicht stand. So gibt es sehr wohl Unterschiede zwischen Faschismus, der de facto eine italienische Erscheinung war, und dem deutschen Nationalsozialismus. 

Ebenso wenig haltbar ist der Vorwurf, der Faschismus existiere innerhalb des konservativen Spektrums – und seine Beziehung zum Kapitalismus, d.h. zur freien Marktwirtschaft, ist gänzlich anderer Natur. Aber der Reihe nach.

Das Wort „Faschismus“ leitet sich vom italienischen „fasces“ (von ital. „fascio“, Bündel) ab, was „Leitbündel“ (ein Rutenbündel, in welchem ein Beil steckte) bedeutet und zuerst bei den Etruskern, später bei den Römern von hohen Beamten getragen wurde. Im Italienischen entwickelte sich „fascio“ zu einem Begriff für Gruppen jeder Art, im politischen Sprachgebrauch etwa konnte „fascio“ oder sein Plural „fasci“ auch „Gewerkschaft“ bedeuten. 

Ganz allgemein ist der Faschismus der Name für die Politik, wie sie in Italien zwischen 1922 und 1945 von der PNF, der Nationalen Faschistischen Partei unter Benito Mussolini betrieben wurde – wobei als „Vordenker“ (neben anderen) Giovanni Gentile gelten muss. 

Der totale Staat

Will man den Faschismus kategorisieren, schlage ich folgende Lösung vor: Es handelt sich um eine Form des kollektivistischen Etatismus, denn der Staat steht im Mittelpunkt des faschistischen Denkgebäudes. „Alles für den Staat, nichts außerhalb des Staats und niemand gegen den Staat“ – dies ist die zentrale Losung des Faschismus. 

An diesem Zitat des Duce wird eines klar: Das Individuum steht nicht im Zentrum des Faschismus. Seine einzige Funktion ist das Aufgehen im staatlichen Kollektiv. Der Staat oder die Nation ist dabei als eine „Körperschaft“ gedacht: Jedes Element, jeder Aspekt innerhalb der Gesellschaft ist Teil und Diener des Staats, jedes Handeln und Wirken unterliegt dessen Wohlwollen. Um etwa den ökonomischen Aspekt herauszugreifen, gibt es keine wirklich freie Wirtschaft im Faschismus: Industrie und Wirtschaft sind auf das Engste mit dem Staat verzahnt, jedwede Produktion und jedes Handeln unterliegt in letzter Instanz der Kontrolle durch die Vertreter des Staats (wie sich dies real im NS-Deutschland äußerte, analysierte Gunter Reimann in „Vampire Economy“ von 2014). Mussolini selbst verkündete etwa stolz, den Großteil der italienischen Wirtschaft verstaatlicht zu haben und bemerkte, dass man den Faschismus eigentlich Korporatismus nennen müsste. 

Der Faschismus ist eine grundlegend anti-liberale Ideologie. „Demokratie“ wird auf eine unorthodoxe Art begriffen: Da jeder Bürger Teil (und Objekt) des Staates ist, „herrscht das Volk“ in dem Sinne, dass der Staat den „volonté generale“ vollends repräsentiert. Einzelinteressen gibt es in einer solchen Körperschaft nicht. Die Repräsentation, die Personifizierung der Nation ist eine Führergestalt – in Italien eben Mussolini, in Deutschland Adolf Hitler. 

Das faschistische „Rechtsverständnis“ wurde am treffendsten vom deutschen Juristen Carl Schmitt formuliert, welcher die juristische Legitimation für den NS-Staat ersann. Das Stichwort lautet „Dezisionismus“, welcher besagt, dass der Staat Recht und Gesetz definiert, da eben er es ist, der sie mithilfe seiner Exekutive durchsetzt. 

Selbstverständlich entstand der Faschismus nicht im luftleeren Raum. Grundprinzipien lassen sich bis weit in die Geschichte zurückverfolgen, so etwa muss Hegel, aber auch der Franzose George Sorel (Syndikalismus, etc.) bei einer ideengeschichtlichen Aufarbeitung des Faschismus dringend genannt werden. Dies würde aber den Rahmen dieses Artikel enorm sprengen – dem Leser sei an dieser Stelle „Killing History“ von L.K. Samuels empfohlen. 

Wurzeln

Der Katalysationsmoment des Faschismus ist unzweifelhaft der Erste Weltkrieg, war dieser doch der Endpunkt der alten Weltordnung. Dabei sind jedoch zwei „Folgen“ besonders beachtenswert: Die russische Oktober-Revolution 1917 und die Einführung des allgemeinen Wahlrechts 1918. Die Nachkriegszeit war eine Zeit des Umbruchs, und damit des Chaos. 

Deutschland etwa verwandelte sich nicht über Nacht in eine stabile Demokratie, sondern in die prekäre Weimarer Republik. Die 1920er begannen nicht das Zeitalter der Demokratie, sondern müssen viel eher als Goldene Zeit des Totalitarismus gesehen werden, gekennzeichnet von den drei großen Diktaturen des 20. Jahrhunderts: Der italienische Faschismus, der deutsche Nationalsozialismus und, am langlebigsten, der Sowjet-Sozialismus, vor allem unter der Prägung Stalins. 

Zeitgenössische Quellen verblüffen insofern, dass vor allem westliche Intellektuelle diese neue Form der Politik bejubelten, und die „Planpolitik“, „wissenschaftlich“ verbrämt, als Heilmittel zu einer unkontrollierbaren „liberalen“ Politik empfanden. In der Diskussion der verwandten (aber nicht identischen) Systeme von Faschismus und Nationalsozialismus besitzt eine von Friedrich August von Hayek (dessen Werk „The Road to Serfdom“ für den interessierten Leser von großem Interesse sein sollte) geprägte Formel besondere Schlagkraft: Sozialismus + (preußischer) Korpsgeist. 

In ihm finden sich zwei prägende Aspekte eines faschistischen Systems vereint. Der „Korpsgeist“ steht für die militärische Organisationsform der Gesellschaft. Als Gegengift zur „Unordnung“ einer liberalen, freien Gesellschaft galt die strenge Organisation, aber auch Kameraderie (die vielgerühmte „Solidarität“) der Schützengräben. Doch der kontroverse Punkt in dieser Theorie des Faschismus ist die erste Variable: Die des Sozialismus. Hier stoßen wir an eine kontroverse Frage, welche in letzter Zeit an Brisanz gewann: Ist der Faschismus links?

Rechts oder Links?

Diese Frage ist nicht einfach zu beantworten. Doch, festgehalten: Es gibt Argumente dafür, dass der Faschismus eine Mutation des Sozialismus ist. Macht ihn dies links? Oder, da das Links-Rechts-Schema der politischen Ideologien immer unschärfer und ungenauer wird, wäre man besser beraten, dem Sozialismus nicht unbedingt allein dem „linken“ Lager zuzuschlagen? Hieß es nicht in Deutschland ganz konkret National-Sozialismus? 

Auf den ersten Blick bestehen zwischen Faschismus und Sozialismus klare Gemeinsamkeiten. Beide sind unverkennbar Kollektivismen. Die zentrale Gewalt liegt beim Staat, welcher auch die Wirtschaft lenkt. Profile der beiden Ideologien sind anti-liberal in ihrer Natur, der Einzelne wird nur als Teil eines größeren Ganzen wahrgenommen. Was aber dieses Große Ganze ist, darin liegt der größte Unterschied, und das nicht nur zwischen Faschismus und Sozialismus, sondern auch zwischen ihnen und dem Nationalsozialismus. 

Wie bereits gezeigt, legt der Faschismus den Fokus auf die „Nation“. Der Sozialismus hingegen legt das Augenmerk auf die „Klasse“ – ganz konkret auf das „Proletariat“. Ähnlich fokussiert ist der National-Sozialismus, welcher die Rasse noch über den Staat stellt, und zwar die „arische Rasse“. Der maßgebliche Antisemitismus des NS war kein Bestandteil des italienischen Faschismus, als Mussolinis „Muse“ galt die Jüdin Margherita Sarfatti. Der Sozialismus hat eine klare internationale Ausrichtung, geht es doch um die „Proletarier aller Länder“, während der Faschismus sich auf eine einzige Nation konzentriert. 

In diesem Kontext kann die paradoxe Beobachtung angestellt werden, dass Hitler ein größerer „Internationalist“ als Mussolini war, ging es ihm doch um die Gesamtheit aller Arier, so auch z.B. in Österreich.  

Der Zusammenhang zwischen Faschismus, NS und Sozialismus verstärkt sich, besieht man sich die Biographien ihrer Protagonisten. Mussolini entstammte dem sozialistischen Lager, er war sogar als Redakteur der größten sozialistischen Zeitung Italiens ein bekanntes Gesicht der Szene, welches sogar Lenin hoch schätzte. Was aber zum großen Umdenken führte, war der Erste Weltkrieg. Denn dieser strafte Marx Lügen: Die Arbeiter stellten sich hinter ihre Nation, statt zusammen die Weltrevolution anzugehen. 

Die Lehre, die der spätere Duce hieraus zog, war, dass der wahre Sozialismus nur auf Basis der Nation möglich sei. Tatsächlich gab es innerhalb des Faschismus mit den Syndikalisten eine Strömung, welche die Grundgedanken der Ideologie mit dem Marx’schen Gebot des Klassenkampfes zusammendachten – also ja, es gab einen „linken Faschismus“. 

Auch Hitler hatte eine „linke Vergangenheit“: Um 1919 herum, so behauptet er in seinem manischen Manifest „Mein Kampf“, hätte er der Sozialdemokratie nahe gestanden, später wetterte er gegen Marxismus und Kapitalismus als „jüdische Erfindungen“. Sein späterer Propagandaminister Joseph Goebbels verstand sich in jungen Jahren als Kommunist und verehrte die Sowjetunion. 

Damit nicht genug: Die Sozialpolitik des NS-Staats kann geradezu als feuchter Traum eines jeden Sozialisten gesehen werden. Der „Volksgenosse“ konnte sich einer Rundumbetreuung durch den Staat erfreuen, bei denen Sozialleister wie „Kraft durch Freude“ sogar Kreuzfahrten organisierten (wobei das selbstredend nur für „reine Arier“ galt und die Kriegsjahre natürlich nicht viel Raum für Angenehmes ließen). 

Radikalere frühe Mitstreiter wie Ernst Röhm wollten in der Wirtschaftspolitik sogar noch weiter als Hitler und die Großkonzerne, die mit dem Wohlwollen des Staates produzierten, zerschlagen. Die „rote Spur“ im Nationalsozialismus ist daher äußerst lang. 

Besonders bezeichnend ist der Werdegang des britischen Faschisten Oswald Mosely: Obwohl Aristokrat, schloss dieser sich nach dem Krieg der Labour Party an, sah seine wirtschaftlichen Vorstellungen dann aber bei den Faschisten realisiert und gründete die British Union of Fascists. Er geriet jedoch mehr und mehr unter den Einfluss der Nazis (Hitler selbst war auf seiner Hochzeit anwesend) und fand so zum Nationalsozialismus. Umgekehrt trug die UdSSR unter Stalin mit ihrem Führerkult und ihrer institutionellen Brutalität faschistoide Züge. Ist der Faschismus also Sozialismus von Rechts? Gänzlich unfundiert ist die Aussage jedenfalls nicht.

Konservativ oder progressiv?

Ganz sicher aber war der Faschismus im Kern konservativ? Auch hier wäre dies eine vorschnelle Einschätzung. Im Zeitkontext beliefe sich „Reaktion“ darauf, die Monarchie und das dazugehörige Gesellschaftssystem der Vorkriegszeit erhalten oder wiederherstellen zu wollen. 

Man mag nun einwenden, dass Mussolini doch genau das tat, als er sich mit Italiens Obrigkeit aus Großgrundbesitzern, Königshaus und Kirche arrangierte – doch muss man dies als reinen Pragmatismus (und auch Opportunismus) werten, analog zu Hitlers (anfänglichem) Auskommen mit der deutschen Großindustrie und der alten Elite (Hitler selbst war vehement gegen die Monarchie und bezeichnete den letzten deutschen Kaiser Wilhelm II. als „Idioten“). 

Doch verstanden sich faschistoide Systeme eben nicht als reaktionär, sondern tatsächlich als revolutionär. Die „Körperschaft“ des neuen, faschistischen Staates sollte das alte Modell ersetzen, so dass jeder als „Organ“ des Staats funktioniert. Das ist die Utopie. Hier kommt die bolschewistische Revolution ins Spiel, welche zeigte, was möglich war, zeigte, wie selbst ein so gewachsenes Land wie das Russische Zarenreich verändert werden kann. 

Der Sozialismus, egal wie „real-existierend“ oder „wissenschaftlich“ er sich deklamierte, ist in seinem Kern immer Utopismus. Erneut: Dachten sich die Sozialisten ein internationales „Arbeiterparadies“, die klassenlose Gesellschaft, so war eben diese für Faschisten und Nationalsozialisten nur auf nationaler oder rassischer Ebene zu erreichen. 

Eine Rückkehr zur Monarchie, oder deren Stärkung, war darin nicht vorgesehen. Der „Führer“ war der Ausdruck des Volkswillens, kein von „Gott bestimmter“ oder anderweitig auserwählter Monarch – der Historiker Sebastian Haffner sprach im Zusammenhang mit Hitler von einem „Volkstribun“ (Haffner rückte Hitler übrigens mehr in Richtung von Stalin). 

Zudem war der Faschismus wie auch der Nationalsozialismus offen atheistisch, (christliche) Religion spielte keine Rolle. Was ebenfalls beachtet werden muss: Die Ideen von Planwirtschaft und damit auch Plan-Staat galten zu jener Zeit als die politische Avantgarde. Es waren vor allem die Nachwirkungen der Weltwirtschaftskrise, welche die Skepsis gegenüber der Marktwirtschaft verstärkten und in intellektuellen Kreisen nach einem besseren, „rationaleren“ System rufen ließen – in diesem Kontext ist auch der New Deal unter US-Präsident Franklin D. Roosevelt zu verstehen, der von Mussolinis Wirtschaftspolitik Inspiration nahm. 

Planwirtschaft unter Vorherrschaft eines autoritären, lenkenden Staates war ein Hauptmerkmal der drei großen Totalitarismen, so dass niemand zu jener Zeit den Faschismus als „konservativ“ bezeichnet hätte. Ein Schlagwort jener Zeit war „The Italian Experiment“, analog zum „Russian Experiment“, beide Staaten als Modelle für die Zukunft. Der Faschismus, wie auch der Nationalsozialismus, dachten daher „progressiver“ als heute allgemein angenommen. In ihrer Eigenwahrnehmung sahen sich Faschisten als der „Dritte Weg“ zwischen Sozialismus und Kapitalismus. 

Faschismusreste

Um die Ausgangsfrage zusammenfassend zu beantworten: Was war der Faschismus? Wie gezeigt, steht da als erstes das Profil eines antiliberalen Kollektivismus: Der Staat durchwirkt und bestimmt alle Lebensbereiche, das Individuum ist nur ein „Bestandteil“ des körperschaftlichen Staates – seine „Freiheit“ äußert sich in seiner „Pflicht“ gegenüber dem Staat. 

Er unterscheidet sich dergestalt vom Sozialismus, dass er das Nationale betont, nicht das Internationale. Der Nationalsozialismus ist ein ähnliches Phänomen, betont aber den Aspekt der Rasse wesentlich stärker. 

Merkmal des Faschismus ist sowohl ein starker Führerkult als auch ein starker militärischer Anstrich. Er selbst versteht sich als revolutionäre Bewegung. Eine freie Marktwirtschaft gibt es nicht, am ehesten herrscht ein korporatistisches Modell vor, mit zunehmender Verstaatlichung bis hin zur Planwirtschaft. 

Doch reichen diese trockenen Worte wirklich aus, um dieses Phänomen zu beschreiben? Zumal, befasst man sich mit dem Faschismus tiefer, wird eine Vielzahl von Fragen aufgeworfen. Wie „links“ er nun wirklich war, ist nur eine davon. So müsste diskutiert werden, wie einflussreich der Syndikalismus auf die Formung des Faschismus wirkte, war jener doch Grundgedanke der Gewerkschaftsbewegung. 

Was eine Diskussion für sich wäre, ist sein Verhältnis zum Nationalsozialismus. Einiges ist in diesem Text bereits angerissen worden, doch ist dies ein weitaus komplexeres Thema. Vergleicht man die beiden Ideologien, kann man sich der Einschätzung nicht erwehren, dass der Faschismus sich relativ „rationaler“ ausnimmt als der deutsche Nationalsozialismus, der zu großen Teilen in einem esoterischen Mystizismus wurzelt und ein spezifisch deutsches Phänomen mit langem Vorlauf darstellt. 

Vor allem aber: Im Faschismus existiert keine feingeschriebene Vernichtungsideologie, der Duce ließ keine Konzentrationslager bauen. Zwischen Hitler und Mussolini bestand sogar Antipathie, keiner von beiden wollte sich mit der Bezeichnung des anderen benannt wissen. 

Der Nationalsozialismus, so viel sei angemerkt, verdient eine eigene Betrachtung, weitgehend losgelöst vom Faschismus und auch eine, deren durchgängiger Fokus nicht Adolf Hitler ist – denn dieser war mitnichten sein Vordenker. 

Noch drängender ist die Frage: Hörte der Faschismus je auf? Ist er mehr als ein Zeitphänomen? In den Weiten des Internets gibt es immer noch Menschen, die sich unironisch als „Faschist“ bezeichnen. Viel wichtiger aber: Verbergen sich unter den heutigen Phrasen der „Zivilgesellschaft“ und der „Verantwortung“ Überreste des Faschismus? Womöglich in ungeahnten Bereichen? Hier beginnt die wahrhaft spannende Diskussion. 

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3 Kommentare. Leave new

  • Volker Birk
    21. Januar 2025 7:05

    Ich kenne niemanden, der Faschismus für konservativ hält, im Gegenteil, es ist eine progressive Ideologie. Mussolini verwendete Marinetti-Futurismus, Hitler sagte “Es kommt eine neue Zeit”.

    Schriften, die man kritisiert, sollte man besser vorher kennen lernen.

    Antworten
  • Tommaso Targi
    21. Januar 2025 15:39

    Viel zu kompliziert. Seit Lenin nennen Kommunisten Kommunismus „Demokratie“ (gerne auch „unsere Demokratie“, zur Unterscheidung von der echten sowie um Eigentumsphantasien zu signalisieren) und Demokratie „Faschismus“. Orwell’sche, verleumderische Tatsachenumkehr, in der Psychopathologie auch als „Gaslighting“ bezeichnet.
    Sobald wir Zeit und Aufmerksamkeit damit vergeuden, uns inhaltlich daran abzuarbeiten, uns am besten noch darüber zu empören, ist das Ziel erreicht.

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  • Dieser Artikel führt m.E. den Faschismus zu nahe an den Nationalsozialismus heran. Faschismus ist Korporatismus, Sozialismus, einschließlich des Nationalsozialismus aber ist Kollektivismus. Korporatismus ist mehr elitär, Kollektivismus dagegen (gelenkt) demokratisch und deshalb stets auch Totalitarismus. Und war das Hauptmerkmal des Nationalsozialismus tatsächlich Rassismus? Ist es nicht vielmehr so, daß die Juden für die Nationalsozialisten nicht aus rassistischer, sondern aus antikapitalistischer, also sozialistischer Motivation zum Hauptfeind gemacht wurden (Finanzkapital etc.) und der Rassismus nur ein propagandistischer Vorwand war, um ein entsprechendes Feindbild aufzubauen? Und wenn man Marx‘ Äußerungen zum Judentum liest, weiß man auch, wo die Wurzeln des Nationalsozialismus liegen. Für mich sind Bolschewismus und Nationalsozialismus zwei Seiten einer Medaille, der des Marxismus, also des Sozialismus. Ihnen würde ich den Faschismus gegenüberstellen, der ja in Österreich von Hitler auch schnellstmöglich beseitigt wurde. (Hat Hitler sich dadurch nicht als „Antifaschist“ geoutet?) Aber ich gebe zu, daß es auch mir schwerfällt, den Faschismus einzuordnen, mit den sozialistischen Strömungen würde ich ihn jedoch nicht in einen Topf werfen.

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