CDU: Wirtschaftswende um 360 Grad

Wir müssen Deutschland wieder in Ordnung bringen“, sagte Friedrich Merz auf dem kleinen CDU/CSU-Parteitag in Nürnberg. Er bezog sich dabei auch auf die desaströse Lage der Wirtschaft. Merz forderte einen echten Wechsel und eine Politik, „die den Wohlstand unseres Landes erhält und vergrößert“. Das Gute läge nahe: Am einfachsten würde man den Wohlstand fördern, indem man Konsumenten und Wirtschaft mehr Geld zum Investieren und Ausgeben lässt – das nennt man Steuersenkung. 

 Friedrich Merz beim Wahlkampf 2024. Wie will er die Wirtschaft ankurbeln, wenn seine Bundestagsfraktion die Energiepreise erhöht?
(Foto Steffen Prößdorf, Lizenz: https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0/deed.en)

Doch die Realität sieht anders aus. Es wird kein Wirtschaftswachstum nach Art des Friedrich Merz geben. Schon jetzt sind die Preise für fossile Brennstoffe wie Benzin und Diesel auf etwa 1,76 € bzw. 1,70 € gestiegen. Grund dafür ist die CO-Steuer.

Steigende Spritpreise wegen CO Steuer

Die nationale CO-Steuer sieht seit Einführung 2021 mit 25 Euro pro Tonne einen steigenden Preis vor, der 2026 bei 65 Euro pro Tonne ankommen kann. Als ob das nicht teuer genug wäre, setzt die CDU, die die Wirtschaft fördern und den Verbraucher entlasten will, jetzt noch eins drauf.

Am 31. Januar stimmte die CDU zusammen mit Grünen und SPD für eine Angleichung des Emissionshandels an europäische Richtlinien. In der Praxis ist der Preis für die Tonne CO im Emissionshandel dann ab 2027 nicht mehr festgelegt, sondern wie an einer Börse handelbar. Es wird über Preissprünge auf 200 Euro pro Tonne CO spekuliert. Dadurch würde sich laut Schätzung ein Liter Diesel um 49 Cent verteuern und Super E10 um 43 Cent.

Heizen schon jetzt deutlich teurer als 2021

Auch bei Öl und Gas zum Heizen sieht es nicht besser aus. Hier steigen die Preise ebenfalls durch die CO-Steuer. So liegt die Steuer beim Gas 2025 etwa bei 1,2 Cent pro Kilowattstunde, beim Heizöl sind es etwa 17,5 Cent pro Liter. Beides sind Bruttowerte inklusive der Mehrwertsteuer, die auf den CO-Preis aufgeschlagen wird.

Wenn wir davon ausgehen, dass ab 2027 ein CO-Preis von 200 Euro oder mehr fällig wird, bedeutet das Folgendes: Ein Einfamilienhaus mit Öl oder Gas zu heizen, kostet pro Jahr etwa 1.200 € nur an Steuern bei Gas. Für eine Ölheizung läge der Preis noch höher, bei etwa 1.700 €. Der Verbrauch ist bei dieser Modellrechnung auf etwa 6.500 kWh pro Jahr festgesetzt.

Hohe Steuern, Insolvenzen, Stellenabbau

Vor diesem Hintergrund nützt ein Bekenntnis von Merz zu Wirtschaftswachstum wenig. Auch auf Seiten von Industrie, Gewerbe und Handel ist die Lage nicht rosig. Allein im Oktober 2024 gab es bezogen auf 10.000 Unternehmen 5,9 Firmeninsolvenzen, so teilt das Statistische Bundesamt mit. Die meisten ereigneten sich in den Branchen Verkehr und Lagerei, Bau und Gastgewerbe. Insgesamt waren das über 35 Prozent mehr als im Oktober 2023. Die Verbraucherpleiten stiegen um 10,8 Prozent auf 6.237.

Laut dem Institut für deutsche Wirtschaft planen etwa 40 Prozent der deutschen Großunternehmen im Jahr 2025 weiter Stellen abzubauen, darunter der Softwarehersteller SAP, VW, Coca-Cola und Ford. Andere Unternehmen wie Bosch oder Continental haben bereits Stellen abgebaut und verlagern ihre Produktion ins Ausland. Grund hierfür sind oft die hohen Energiepreise. 

Auch Volkswagen wird im Jahre 2025 Stellen abbauen und Produktion ins Ausland verlagern. Hier das denkmalgeschützte Kraftwerk in Wolfsburg.
(Foto: Wikipedia, Foto: 
https://www.fahrradmonteur.de , Lizenz: https://creativecommons.org/licenses/by-nc-nd/3.0/)

Steuersenkung fordern, Erhöhung beschließen

Die CDU fordert deutliche Steuersenkungen und Bürokratieabbau für Industrie und Gewerbe. Sollen diese etwa bis 2027 mit der bereits gestiegenen CO-Steuer gegenfinanziert werden? Das wäre fatal, denn eine solche Gegenfinanzierung bedingt geradezu eine weitere Belastung durch höhere Energiekosten. Auch hat der Bürokratieabbau in den vergangenen Jahren nicht funktioniert, sondern führte letztendlich zu mehr Bürokratie.

Der Arbeitnehmer soll nach CDU-Vorstellung ebenfalls mehr brutto vom Netto erhalten, aber gleichzeitig bis 67 arbeiten müssen und, wie Merz sagt, „die Ärmel hochkrempeln.“ Arbeiten nach dem Renteneintrittsalter von 67 Jahren soll erleichtert werden. Weiterhin fordert er ein flexibleres Arbeitszeitgesetz sowie die Abschaffung des Bürgergeldes. Es setze die falschen Anreize. Die Union könne nicht dulden, dass sich Arbeitslosigkeit mehr lohne als ein regulärer Job, hieß es auf einer Wahlkampfveranstaltung in Konstanz.

Bürgergeld abschaffen rettet nichts

Eine Abschaffung des Bürgergeldes ließe sich allerdings nicht schnell umsetzen. Auch hier ergibt sich das Problem, dass die gestiegenen Energiekosten für die etwa 5,5 Millionen Bürgergeldempfänger nicht von diesen erwirtschaftet werden, sondern aus dem Staatssäckel, also steuerfinanziert, bezahlt würden. Wo soll das Geld herkommen?

Kernkraftwerk Neckarwestheim, Block II, vom Netz genommen 2023 trotz Stopps russischer Gaslieferungen und ständig steigender Energiepreise.
(Foto: Felix König, Lizenz: https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/deed.en)

Die CDU müsste sich deutlich dazu bekennen, wieder Energie aus Kernkraftwerken nutzen zu wollen und sogar die Kerntechnologie zu fördern. Ebenso wäre es dringend notwendig, die weitere Erhöhung des CO-Preises zu verhindern. Eine Aussetzung der CO-Steuer wäre der effektivste Weg, kurzfristig Arbeitnehmer wie Arbeitgeber zu entlasten und damit die Wirtschaft anzukurbeln. Leider hat die Abstimmung Ende Januar im Bundestag gezeigt, dass sich die CDU dagegen entschieden hat.

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4 Kommentare. Leave new

  • Ja, es gibt die Theorie-Union und die Praxis-Union. Diese verhalten sich zueinander wie Mr. Hyde zu Dr. Jekyll. Merz verspricht Sachen, die er nur mit der AFD erreichen kann. Mit dieser ab schließt er eine Zusammenarbeit aus. Ich nehme er, er hält seine Wähler nicht unbegründet für reichlich dumm. Die Union soll bitte der literarischen Vorlage treu bleiben, zumindest was den Selbstmord von Mr. Hyde betrifft.

    Ein zweites, kleineres, aber die Gesellschaft grundsätzlich demotivierendes Problem, sehe ich in seiner Äußerung, daß man die Ärmel hochkrempeln solle. Gerade im Niedriglohnsektor lohnt es sich, wenn man Ertrag und Zeitaufwand miteinander verrechnet, auf jeden Fall mehr, sich beim Bürgergeld anzumelden. Da bekommt man von gestiegenen Heizkosten nichts mit, die Miete wird bezahlt, weitere Annehmlichkeiten und Bargeld inklusive. Und das sind jetzt nur die legalen Möglichkeiten. Wir holen seit 2015 Millionen von Leuten ins Land, von denen ein überwältigender Anteil Bürgergeld bezieht. Intelligente, faire Lösungen, die im Verhältnis zu Arbeitszeit, Sprachkenntnissen und Arbeitsmotivation stehen, gibt es nicht. Stattdessen zahlen die, die arbeiten gehen, immer mehr Abgaben, immer mehr Steuern und immer mehr Geld für alles Mögliche. Und dann spricht Merz von „Ärmel hochkrempeln“.

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    • Denken ist Glückssache
      14. Februar 2025 12:35

      „Ja, es gibt die Theorie-Union und die Praxis-Union.“
      Ich frage mich immer wider wie man auf diesen völlig absurden Trichter kommen kann. Die Union ist in Theorie und Praxis der radikale Flügel der woke-grünen Einheitsfront. Und genau deswegen werden die auch gewählt.

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      • Nein. Wenn Merz jetzt Versprechen in Richtung Migrationsbegrenzung abgibt, ist das die Theorie und nicht „absurd“. Die Theorie-CDU sieht man auf Plakaten: „Wir sind die Partei der Sicherheit“. In der Praxis macht die CDU alles, damit es unsicherer wird. Ich sehe hier eindeutige und für jeden vernünftigen Mensch ersichtliche Diskrepanzen, die man – warum nicht? – mit Theorie und Praxis benennen kann. Anders sieht es bei der Energiepolitik aus, da ist die Union sehr auf linker Linie, auch in der Theorie. Aber auch hier lassen sich Äußerungen finden, die von wachsender Wirtschaft usw. sprechen, und auch hier macht die CDU so ziemlich alles, daß es der Wirtschaft nicht besser geht. Das zieht sich, wie auch bei der FDP, wie ein roter Faden durch die gesamte Partei.

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    • Wie gesagt, der einfachste Weg, direkte Entlastungen herbeizuführen, wäre eine Gesetzesinitiative, die die Steuern auf Energiepreise senkt. Durch die höhere verbliebene Kaufkraft beim Verbraucher bestünde eine sehr große Chance, dass eine solcher Schritt Steuereinnahmen nicht beeinträchtigt, sondern auf längere Sicht sogar erhöhen könnte.

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